Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.06.2012, Az. 33 W (pat) 10/11

33. Senat | REWIS RS 2012, 5509

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "SeasonStart" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 056 845.6

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch den Vorsitzenden [X.], [X.] am [X.] und die Richterin Dr. Hoppe am 19. Juni 2012

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 

1

Am 24. September 2009 hat die Anmelderin die Wortmarke

2

[X.]

3

für folgende Waren angemeldet:

4

Klasse 1: [X.], Düngemittel, chemische Erzeugnisse zur Phosphatreduktion, jeweils zur Verwendung in Gartenteichen und soweit in Klasse 1 enthalten; [X.].

5

Mit Beschluss vom 20. Januar 2011 hat die Markenstelle für Klasse 1 die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, „[X.]“ ähnele dem [X.] Begriff „Saisonstart“ so sehr, dass die Wortzusammensetzung unmittelbar und ohne tiefergehende [X.]kenntnisse in dieser Weise verstanden werde. Die Marke werde von dem Verkehr deshalb als Hinweis darauf aufgefasst, dass die hiermit bezeichneten Waren für den Saisonstart (etwa der Gartensaison) benötigt werden. Weil alle in Rede stehenden Waren auch prinzipiell geeignet seien, bei der Wiederinbetriebnahme des Gartenteiches im Frühling verwendet zu werden, erkenne der Verkehr die Marke in keinem Fall als Hinweis auf ein konkretes Unternehmen, weshalb die Marke für sämtliche Waren keinerlei Unterscheidungskraft aufweise.

6

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Wortzusammensetzung sei die Bedeutung der einzelnen Wortbestandteile oder die sprachliche Korrektheit der [X.] Übersetzung unbedeutend. Ebenso sei es nicht erforderlich, dass die Kombination lexikalisch nachweisbar sei. Maßgeblich sei allein, dass die Wortkombination ihrem Sinn nach als „Saisonstart“ verstanden würde.

7

Außerdem werde der Begriff „[X.]start“ - wie anhand von [X.] dargelegt - bereits im allgemeinen Sprachgebrauch für den Beginn einer Saison verwendet. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Marke „[X.]“ auch deshalb nicht als einen Hinweis auf die Produkte einer (konkreten) Institution verstehen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

9

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die Wortfolge „[X.]“ eine sprachlich unübliche, phantasievolle Bezeichnung darstelle, weshalb der Verkehr diese nicht als rein beschreibende Angabe, sondern vielmehr als Herkunftsnachweis verstehe. Außerdem handele es sich bei der angemeldeten Wortmarke auch nicht um ein freihaltebedürftiges Zeichen, weil es für die beanspruchten Waren keinen beschreibenden Begriffsinhalt aufweise.

Die Wortbestandteile „[X.]“ und „Start“ der Wortmarke „[X.]“ seien für sich genommen für den Verkehr zwar möglicherweise verständlich. Die durch die Verbindung der beiden Worte entstehende Wortschöpfung verfüge jedoch über einen unpräzisen und mehrdeutigen Sinngehalt, weshalb der Wortmarke „[X.]“ in Verbindung mit den angemeldeten Waren keine eindeutige, unmittelbar im Vordergrund stehende beschreibende Aussage zugeordnet werden könne. Eine Interpretation der Wortmarke als „Saisonstart“ sei weder eindeutig noch zwingend. Der Begriff „Saisonstart“ wäre im [X.] vielmehr mit „start of the season“ o. ä. zu übersetzen. Auch die „[X.]“, die vom [X.] IPO für die Marke „[X.]“ ausgegeben wurde, zeige, dass es sich bei „[X.]“ weder um einen feststehenden Begriff der [X.] Sprache noch um eine beschreibende Angabe der angemeldeten Waren handele.

Außerdem liege eine Beschreibungseignung im Hinblick auf die beanspruchten Waren prinzipiell nicht vor, weil es sich bei den angemeldeten Waren um (Teich-) Pflegeprodukte handele, die das ganze Jahr über verwendet werden könnten.

Außerdem bemängelt die Anmelderin, dass die von ihr im Anmeldeverfahren angeführten Voreintragungen „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“, „MINT SEASON“, „[X.]“, „Saison Börse“, „[X.]“, „[X.]“ und „[X.]“ nicht berücksichtigt worden seien.

Der Senat hat die Anmelderin mit Schreiben vom 10. Mai 2012 auf das mögliche Vorliegen von [X.]sen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] hingewiesen und entsprechende Anlagen aus der [X.]recherche des Senats (im Folgenden zitiert als „Anlagen“) übersandt.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, aber erfolglos.

Der Anmeldung stehen [X.]se nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen, so dass das Amt die Eintragung nach § 37 [X.] zu Recht abgelehnt hat.

1.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Bei der Auslegung der absoluten [X.]se ist nach der Rechtsprechung des [X.] zu Art. 3 Abs. 1 der [X.] (Richtlinie des [X.] und des [X.] 2008/95/[X.]) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen ([X.] GRUR 2008, 608 ([X.]) - [X.] m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der [X.] zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten ([X.] GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - [X.]). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten [X.] - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - [X.]; [X.] [X.], 146 (Nr. 31) - [X.]; [X.] [X.], 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; [X.] [X.], 680 (Nr. 35 - 36) - [X.]; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 265 m. w. N.).

b) Bei der Prüfung von [X.]sen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. [X.] [X.], 428 (Nr. 65) - [X.]).

Hier richten sich sämtliche Waren und Dienstleistungen sowohl an [X.] im Gartenbereich als auch an Endverbraucher. Auszugehen ist dabei vom normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ([X.] GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen/[X.]/[X.]; [X.] GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 30 ff.).

c) Ausgehend von diesen Vorgaben ist das begehrte Zeichen für die beanspruchten Waren der Klasse 1 ([X.], Düngemittel, chemische Erzeugnisse zur Phosphatreduktion, jeweils zur Verwendung in Gartenteichen und soweit in Klasse 1 enthalten; [X.]) aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die Marke darf wegen der darin enthaltenen inhaltlichen Sachaussage, die geeignet ist Merkmale der angemeldeten Waren zu beschreiben, nicht monopolisiert werden.

aa) „[X.]“ ist eine Wortzusammensetzung aus den [X.] Worten „season“ und „start“. Diese Worte sind überaus gebräuchlich und weisen zudem ein so hohes Maß an Ähnlichkeit mit ihren [X.] Übersetzungen „Saison“ bzw. „Start“ auf, dass die Begriffe vom Durchschnittsverbraucher zweifelsfrei auch in diesem Sinne verstanden werden. Weite Teile des angesprochenen Verkehrs sprechen [X.], weshalb auch Worte, die wie die vorliegend beanspruchten Zeichenbestandteile zum Grundwortschatz der [X.] Sprache zählen, für diese verständlich sind. Die Verständnisfähigkeit des [X.] Durchschnittsverbrauchers darf insoweit nicht zu gering veranschlagt werden, denn die Fremdsprachenkenntnisse werden durch den gemeinsamen europäischen Markt und das Erlernen verschiedener Fremdsprachen, insbesondere der [X.] Sprache in der Schule, laufend verbessert (vgl. Ströbele/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rd. 395).

bb) Bei der Beurteilung einer Wortzusammensetzung ist zu berücksichtigen, wie die Gesamtaussage der zusammengesetzten Wortbestandteile verstanden wird. Die Gesamtaussage kann von den Einzelbestandteilen abweichend aufgefasst werden, wenn es sich um eine Wortneubildung handelt und zwischen der Wortneubildung und deren einzelnen Bestandteilen - z. B. aufgrund einer ungewöhnlichen Kombination in Bezug auf die Waren - ein Unterschied entsteht, der über die bloße Summenwirkung hinausgeht (Ströbele/[X.], 10. Auflage, § 8 Abs. 2 Nr. 1 Rd. 139 ff; [X.] [X.], 680 (Nr. 37) - [X.]; [X.] 2008, 71 (Nr. 13) - [X.]). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Die Wortzusammensetzung „[X.]“ ähnelt dem [X.] Begriff „Saisonstart“ sehr stark. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Kombination beim durchschnittlichen Verbraucher als eine ungewöhnliche Wortneubildung wahrgenommen werden wird. Hinzu kommt, dass „seasonstart“ in unterschiedlichen Schreibweisen im [X.] Sprachgebrauch bereits im Sinne von „Saisonstart“ verwendet wird. Dies zeigen die seitens der Markenstelle dem Beschluss beigefügten [X.]auszüge und die beigefügte Anlage [X.] aus der [X.]recherche des Senats. Auch im [X.] Sprachgebrauch wird „seasonstart“ - wie in Anlage [X.] dargestellt - zumindest als schlagwortartige Abkürzung im Sinne von „Saisonbeginn“ oder „Start einer Saison“ verwendet. Auch der Umstand, dass die Wortbildung durch die Großschreibung der ersten Buchstaben von „[X.]“ und „Start“ den [X.] Sprach- und Grammatikregeln widerspricht führt nicht vom Bedeutungsgehalt weg, da eine grammatikalisch fehlerhafte Struktur allein keine hinreichende Abweichung von dem Eindruck bewirkt, den die Begriffe hervorrufen, aus denen das Zeichen besteht ([X.] (Nr. 33, 34) - [X.] ([X.])). Zudem wird der mögliche Effekt einer Aneinanderreihung der Worte ohne Zwischenräume durch die Binnengroßschreibung vollständig neutralisiert ([X.] (Nr. 34) - [X.] [X.]). Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, dass es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare, neue Wortkombination handelt (vgl. [X.], 680 (Nr. 39) - [X.]; [X.] GRUR 2010, 931 (Nr. 63) - [X.]; [X.] 2012, 272 (Nr. 13) - [X.]). Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der verständige Durchschnittsverbraucher es gewöhnt ist, mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, die in ihrer sprachlichen oder grammatikalischen Ausgestaltung oder Zusammensetzung nicht unmittelbar zum [X.] Sprachschatz zählen, sondern den in der Werbesprache üblichen Darstellungen folge, wie [X.] oder Abkürzungen. Gleichwohl nimmt der Durchschnittsverbraucher durch derartige prägnante Formulierungen sachbezogene Informationen auf.

Im Übrigen ist die Marke „[X.]“ nicht lediglich „sprechend“, sondern weist direkt und unmittelbar auf bestimmte Merkmale der beanspruchten Waren hin. Sämtliche beanspruchten Waren können in Zusammenhang mit der Pflege von Gartenteichen Verwendung finden. Gerade im Rahmen von Gartenteichen bedarf es je nach Saison besonderer Pflegemaßnahmen. Im Frühling sind verschiedene besondere Maßnahmen zur Pflege eines Gartenteiches sinnvoll. Im [X.] finden sich - wie bereits im Anmeldeverfahren dargelegt - zahlreiche Tipps zur Teichpflege im Frühjahr, also zu Beginn der Garten(teich)saison (Anlage [X.] und [X.] zum Prüfungsbescheid vom [X.]; [X.]. 6 bis 9 sowie Anlagen [X.], [X.], [X.] und [X.] aus der [X.]recherche des Senats). Anlage [X.] beschreibt Tipps für den Gartenteich unter der Überschrift „Start in die [X.]“. Es heißt, dass nach den Wintermonaten meist eine präzise Wasserpflege angebracht sei, um die Teichbiologie und die Mikroflora gezielt aufzubauen, zu kräftigen und zu stabilisieren“. Anlage [X.] zeigt einen Artikel mit dem Titel „Ein guter Start in die [X.]“. In beiden [X.] ist beschrieben, wo die besonderen Probleme im Frühjahr liegen und wie gegen diese vorgegangen werden kann. Problematisch ist demnach häufig vermehrtes Fadenalgenwachstum u. a. aufgrund eines überhöhten [X.], weshalb Algenpräparate, insbesondere Phosphatbinder eingesetzt werden sollten (s. hierzu insbesondere Anlage [X.]: [X.] letzter Absatz und [X.]; [X.]: 2. Spalte 1 Absatz) und ein bestimmtes Maß an Karbonathärte zur pH-Stabilisierung eingestellt werden soll (Anlage [X.] 1. Spalte 1. und 2. Absatz). Beim Wiedereinsetzen des Filters im Frühling dauere es zudem eine Zeit, die notwendigen Filterbakterien zu kultivieren (vgl. Anlage [X.]: Neustart des Filters S. 2 und S. 3).

Die Anlagen [X.] und [X.] zeigen damit eindeutig, dass eine besondere Pflege des Teiches im Frühjahr unter Verwendung verschiedener Pflegeprodukte sinnvoll ist, um möglichst zeitnah mit dem Beginn der Gartensaison einen schönen Teich zu haben. Zahlreiche Hersteller bieten unterschiedliche Produkte an, die zur Pflege des Gartenteichs im Frühjahr geeignet sind und die auch explizit mit der Eignung zu diesem Zweck beworben werden (Anlagen [X.], [X.], [X.] und [X.]). Zu diesen Produkten zählen auch sämtliche Waren, für die die Eintragung der Marke „[X.]“ beantragt ist.

So werden [X.] und chemische Erzeugnisse zur Phosphatreduktion in den Anlagen [X.] und [X.] explizit erwähnt (vgl. auch Anlagen [X.] unter („Weitere Infos“) und [X.] (2. Absatz; PhosphateMinus)).

[X.] ist ein Oberbegriff für sämtliche Mittel, die die Wasserqualität beeinflussen. Hierzu zählen beispielsweise auch Phosphatbinder (beschrieben in Anlagen [X.], [X.], [X.] und [X.]), Mittel zur Regulierung der Karbonathärte (Anlage [X.]), Bakterien (Anlage [X.]) oder Mittel zur Mineralisierung des Wassers (vgl. Anlage [X.], u. a. „Im Frühjahr… dem Teich Salz zuzuführen“ und „Gesundes Wasser - gesunde Fische!“). Daneben ist die Stabilisierung des Wassers als wichtige Maßnahme zur Teichpflege beim Start in die [X.] auch in Anlage [X.] erwähnt (S 3. Spalte letzter Absatz).

Düngemittel zur Verwendung bei der Teichpflege im Frühjahr sind in den Anlagen [X.] und [X.] beschrieben („Spurenelemente, Vitamine und Nährstoffe“; [X.] „liefert Eisen um das Pflanzenwachstum zu fördern“).

Folglich sind die angemeldeten Waren allesamt zur Teichpflege im Frühjahr zu Beginn der Gartensaison geeignet, weshalb „[X.]“ in Verbindung mit diesen Waren vom Verkehr dahingehend verstanden werden dürfte, dass die Produkte zur Verwendung bei „Saisonbeginn“ geeignet sind.

Im Übrigen kommt es im Rahmen von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht darauf an, ob das Zeichen auch eine mögliche andere Bedeutung haben könnte. Der Umstand, dass das beanspruchte Zeichen neben dem dargelegten Inhalt auch andere Deutungen zulassen könnte, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht zu überwinden. Das [X.] besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat ([X.] [X.], 146 (Nr. 32) - [X.]; [X.] [X.], 680 (Nr. 38) - [X.]).

2.

Dem begehrten Zeichen fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], denn das angesprochene Publikum wird ihm insoweit nicht den Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen können.

aa) Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 29) - [X.]; [X.] [X.], 428 (Nr. 30 f.) - [X.]). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2005, 1042 (Nr. 23, 24) - [X.]; [X.] [X.], 943 (Nr. 23) - SAT.2; [X.] 2008, 710 (Nr. 12) - [X.]). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist. In Anbetracht des Umfangs des einer Marke verliehenen Schutzes gehen das Allgemeininteresse, das § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zugrunde liegt, und die wesentliche Funktion der Marke, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, um diese ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, offensichtlich ineinander über ([X.] [X.], 943 (Nr. 23, 27) - SAT.2). Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat dabei streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern ([X.] [X.], 1027 (Nr. 45) - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] GRUR 2003, 604 ([X.]) - [X.]; [X.] GRUR 2003, 58 (Nr. 20) - Companyline).

bb) Soweit ein Zeichen Merkmale von Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibt, fehlt ihm regelmäßig die Unterscheidungskraft ([X.] [X.], 674 (Nr. 86) - Postkantoor; [X.] [X.], 680 (Nr. 19) - [X.]). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. [X.] 2008, 710 (Nr. 16) - [X.]; [X.] 2006, 850 (Nr. 19) - [X.] m. w. N.). Im Hinblick auf die angemeldeten Waren wird der Verkehr in dem Zeichen daher schon wegen der darin enthaltenen inhaltlichen Sachaussage keinen Herkunftshinweis erkennen.

3.

Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese keine Bindungswirkung haben (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 (Nr. 18) - Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.] 2008, 1093 (Nr. 8) - [X.]). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Ausgehend von Art. 20 Abs. 3 GG ist die rechtsprechende Gewalt allein an Recht und Gesetz gebunden, nicht aber an vorangehende Entscheidungen eines Amtes, dessen Tätigkeit gerade überprüft werden soll. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt zudem, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.

Zum anderen fehlt es aber auch wegen der Unterschiede bei der Zeichenbildung an der Vergleichbarkeit des angemeldeten Zeichens mit den von der Anmelderin erwähnten Voreintragungen.

Meta

33 W (pat) 10/11

19.06.2012

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.06.2012, Az. 33 W (pat) 10/11 (REWIS RS 2012, 5509)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5509

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