Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2006, Az. IV ZB 20/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 434

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[X.] [X.] vom 6. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein _____________________ ZPO §§ 519 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 2 Eine Berufung darf nicht mehr wegen Mängel bei den Formerfordernissen des § 519 Abs. 2 ZPO verworfen werden, [X.]n sich diese Mängel über ei-nen Abgleich mit den erstinstanzlichen Prozessakten vor Ablauf der Beru-fungsfrist als unschädlich erweisen. [X.], Beschluss vom 6. Dezember 2006 - [X.]/06 - [X.]

AG Köln - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] am 6. Dezember 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Be-schluss der 23. Zivilkammer des [X.] vom 25. April 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Von der Erhebung von Ge[X.]kosten für das [X.] wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG). [X.]: 4.722,33 •

Gründe: 1 I. Durch das am 25. November 2005 verkündete, der Klägerin am 9. Dezember 2005 zugestellte Urteil wies das [X.] die Klage - 3 -

auf Erstattung ärztlicher Behandlungskosten in Höhe von 4.722,33 • nebst Zinsen ab. Dagegen legte der Streithelfer - behandelnder Arzt der Klägerin - mit einem am 17. Dezember 2005 bei der gemeinsamen Brief-annahmestelle des [X.]s und des [X.] eingegan-genem Telefax Berufung ein. Die Berufungsschrift enthielt lediglich ein abgekürztes Rubrum bestehend aus dem Nachnamen der Klägerin und einer Kurzform der Firmenbezeichnung der Beklagten, das Aktenzeichen des angefochtenen Urteils und einen formulierten Antrag (Aufhebung und Zurückverweisung oder - im Falle einer Sachentscheidung - Zahlung des bezifferten Klagebetrages nebst genauer Zinsforderung). Erstinstanzli-ches Gericht, Verkündungs- und Zustellungsdatum, Streithelfer, Partei-bezeichnungen und Parteirollen im Rechtsmittelverfahren waren nicht angegeben; eine Urteilsabschrift war nicht beigefügt.
Auf Verfügung vom 20. Dezember 2005 "[X.]A. dem [X.] Köln - Berufung -" gingen die Vorgänge am 22. Dezember 2005 beim [X.] ein. Am 27. Januar 2006 verlängerte die Vorsitzende der [X.] die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 9. März 2006. Nach fristgerechtem Eingang der Berufungsbegrün-dung wies sie den Streithelfer auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hin, da die Berufungsschrift nicht die gemäß § 519 ZPO erfor-derlichen Angaben enthielte. 2 Durch Beschluss vom 25. April 2006 hat das [X.] die Beru-fung wegen Verstoßes gegen das Formerfordernis des § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und der daraus folgenden Nichteinhaltung der Berufungsfrist des § 517 ZPO als unzulässig verworfen und zur Begründung weiter ausgeführt: Infolge der fehlenden Ortsangabe des erstinstanzlichen [X.] - 4 -

[X.] habe es sich aus den vorhandenen Unterlagen nicht die Gewiss-heit über die Identität des angefochtenen Urteils verschaffen können, zumal dem [X.] Köln als Berufungsinstanz und damit auch der Sachgebietskammer für Personenversicherung neun Amtsgerichte [X.] seien. Ein weiterer Formverstoß liege in der unterbliebenen Be-zeichnung des Rechtsmittelführers und der schlechterdings nicht er-kennbaren Beteiligung des Streithelfers.
Hiergegen richtet sich die vom Streithelfer eingelegte Rechtsbe-schwerde. 4 II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdege[X.] zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO; vgl. [X.]Z 165, 371, 372 f. m.w.[X.]). Sie ist auch begründet, weil sich die Mängel der Berufungsschrift im Streitfall als unschädlich erwie-sen haben. Auf die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Grundsatzfrage, ob ein Berufungsgericht rechtzeitig auf formelle Mängel hinzuweisen habe, kommt es nicht an. 5 2. Im Ausgangspunkt stellt das Berufungsgericht zutreffend fest, dass die Berufungsschrift den an eine wirksame Berufungseinlegung gemäß § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu stellenden Formerfordernissen nicht genügt. Dazu gehört vor allem die vollständige und eindeutige Bezeich-nung des Urteils und des Berufungsführers, die ihrerseits die Angaben der Parteien, des Ge[X.], das das angefochtene Urteil erlassen hat, 6 - 5 -

des [X.], des Aktenzeichens, des Berufungsklägers und des Berufungsbeklagten erfordert (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 24. April 2003 - [X.]/02 - VersR 2004, 623 unter 2 a; Urteile vom 11. Januar 2001 - [X.]/00 - VersR 2002, 212 unter [X.] und 19. Februar 2002 - [X.]/00 - [X.]R ZPO § 518 (i.d. Fassung vom 3.12.1976) Abs. 2 "[X.] 19"; jeweils m.w.[X.]). Gemessen daran war die Berufungsschrift, wie auch die [X.], mangelhaft. Insbesondere bleiben bei bloßer Mitteilung des [X.] ohne weitere Angaben zum Gericht des ersten [X.] nicht behebbare Zweifel an der Identität des angegriffenen Urteils. Diese Unsicherheiten ergaben sich bereits aus der Zuständigkeit des Beru-fungsge[X.] für neun Amtsgerichte (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Oktober 1986 - [X.] - [X.]R ZPO § 518 Abs. 2 Nr. 1 "Urteils-bezeichnung 1"), und wurden zusätzlich verstärkt durch die Möglichkeit, dass - wie im Streitfall auch geschehen - der Ge[X.]stand der [X.] der Beklagten durch den des Versicherungsagenten (§ 48 [X.]) verdrängt werden kann. Ebenso [X.]ig war in der Berufungsschrift mit der gebotenen Deut-lichkeit angegeben, für [X.] die Berufung eingelegt werden sollte (vgl. [X.], Urteil vom 8. April 2004 - [X.]/03 - [X.]R ZPO (1.1.2002) § 519 Abs. 2 "[X.] 1"); die Antragsformulierung sprach in-soweit lediglich gegen die Beklagte. Für die Stellung des Streithelfers als alleinigen Rechtsmittelführer (vgl. [X.], 125; [X.]/[X.]/ [X.], ZPO 27. Aufl. § 67 Rdn. 4) fehlte indes jeder Anhalt. 7 8 3. Richtig ist ferner der Hinweis des Berufungsge[X.], dass die danach bestehenden Unklarheiten behoben wären, [X.]n der [X.] 6 -

schrift entsprechend der Sollvorschrift des § 519 Abs. 3 ZPO eine Ab-schrift der angefochtenen Entscheidung beigefügt worden wäre ([X.]Z 165, 371, 373). Dies ist aber nicht die einzige Möglichkeit, über die Män-gel einer Berufungsschrift ausgeglichen werden können.
Anerkannt ist insbesondere, dass - gemessen an den formalen An-forderungen des § 519 Abs. 2 ZPO - an sich unzureichende Angaben [X.] sein können, [X.]n sich vor Ablauf der Berufungsfrist im Zu-sammenhang mit den Prozessakten für das Berufungsgericht zweifelsfrei ergibt, welches Urteil von wem angegriffen wird ([X.], Beschlüsse vom 24. April 2003 aaO unter 2 b und vom 25. Februar 1993 - [X.] - [X.]R ZPO § 518 Abs. 2 Nr. 1 "Urteilsbezeichnung 7" unter 2; Musielak/ Ball, ZPO 5. Aufl. § 519 Rdn. 4; [X.]/[X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 519 Rdn. 33; jeweils m.w.[X.]). Denn die prozessualen Formvorschriften sind kein Selbstzweck. Sie sollen insbesondere dem Rechtsmittelgericht eine rasche und unkomplizierte Anforderung der erstinstanzlichen Akten ermöglichen und damit den Geschäftsgang erleichtern und ihm zu einer eindeutigen Identifizierung des angefochtenen Urteils und Klärung des Rechtsmittelführers verhelfen (vgl. [X.]Z 165, 371, 375; [X.], Urteil vom 8. April 2004 aaO). 9 Dem hat das Berufungsgericht nicht Rechnung getragen. Ihm la-gen ab dem 22. Dezember 2005 die Berufungsschrift und die vollständi-gen erstinstanzlichen Akten vor; diese waren nach Eingang der Berufung bei der [X.] bereits beigezogen und ihre Übersendung zusammen mit der Berufungsschrift am 20. Dezember 2005 verfügt [X.]. Die Berufungsfrist lief erst am 9. Januar 2006 ab. Das [X.] war daher trotz der unvollständigen Berufungsschrift seit Beginn 10 - 7 -

seiner Befassung mit der Sache nicht gehindert, seine [X.] Tätigkeit aufzunehmen (vgl. [X.]Z 165, 371, 374). Über einen [X.] der Berufungsschrift mit dem in den Prozessakten befindlichen erstinstanzlichen Urteil waren zudem unschwer jedwede bestehenden Zweifel mit völliger Sicherheit auszuräumen. Das Aktenzeichen, die [X.] der Parteien, der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers und die formulierten Anträge mit den genauen Angaben zum Zahlungsbegehren einschließlich Zinsforderung ergaben nunmehr eindeutig, dass der Streithelfer auf Klägerseite das vorliegende Urteil des [X.] überprüft wissen wollte. Selbst die anfangs bestehende theoretische Möglichkeit mehrerer Verfahren der Parteien bei verschiedenen Amtsge-richten des Bezirks des Berufungsge[X.] war damit lange vor Ablauf der Berufungsfrist ausgeschlossen. - 8 -

Eine Verwerfung der Berufung wegen formunwirksamer Einlegung kam danach nicht mehr in Betracht. 11 [X.][X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.11.2005 - 120 C 293/02 - [X.], Entscheidung vom 25.04.2006 - 23 S 73/05 -

Meta

IV ZB 20/06

06.12.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2006, Az. IV ZB 20/06 (REWIS RS 2006, 434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 434

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