Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 422/13
vom
4. Dezember
2013
in [X.]er Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung
-
2
-
Der 4.
Strafsenat [X.]es [X.] hat auf Antrag [X.]es Generalbun[X.]es-anwalts un[X.] nach Anhörung [X.]es Beschwer[X.]eführers am 4.
Dezember 2013 gemäß
§
349 Abs.
4 StPO beschlossen:
1.
Auf [X.]ie Revision [X.]es Angeklagten wir[X.] [X.]as Urteil [X.]es [X.] vom 11.
Juni 2013 mit [X.]en zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wir[X.] zu neuer Verhan[X.]lung
un[X.] Entschei[X.]ung, auch über [X.]ie Kosten [X.]es Rechtsmittels, an eine an[X.]ere [X.] [X.]es [X.] zurückverwiesen.
Grün[X.]e:
Das [X.] hat [X.]en Angeklagten wegen versuchter schwerer [X.] Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren un[X.] zwei Monaten verurteilt un[X.] seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeor[X.]net. Die Revision [X.]es Angeklagten, mit [X.]er er [X.]ie Verletzung materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.
I.
Nach [X.]en Feststellungen [X.]es [X.] verhielt sich [X.]er stark alkoho-lisierte Angeklagte bei einem Familientreffen aus Anlass [X.]er Beer[X.]igung seines 1
2
-
3
-
Vaters in [X.]er Wohnung seiner Mutter aggressiv un[X.] belei[X.]igen[X.] gegenüber [X.]en anwesen[X.]en Familienmitglie[X.]ern, wobei er in [X.] un[X.] in [X.] Spra-che herumschrie. holte ein Jag[X.]-
o[X.]er Anglermesser mit einer Klingenlänge von etwa
20
cm aus seinem Rucksack un[X.] fuchtelte [X.]amit herum, je[X.]och ohne eine [X.]er anwesen-[X.]en Personen [X.]amit gezielt zu be[X.]rohen. Dabei schrie er, er wer[X.]e auf [X.]er Be-er[X.]igung alle abstechen. Nach[X.]em er [X.]as Messer wie[X.]er in seinen Rucksack gesteckt o[X.]er unter seiner Jacke verborgen hatte, fasste er spätestens jetzt [X.]en Entschluss, seiner Mutter [X.]urch Drohung mit Gewalt 50
Euro abzupressen, wo-bei
er [X.]arauf hoffte, [X.]er [X.]urch [X.]as [X.] mit [X.]em Messer geschaffene Ein[X.]ruck wer[X.]e fortwirken un[X.] [X.]ie Ernstlichkeit seiner Drohung unterstreichen. ch [X.]ie Alte ab, [X.]ie muss [X.] 50
Euro ge-
50
g-ten tatsächlich [X.]as Gel[X.] übergab, konnte nicht sicher festgestellt wer[X.]en. [X.] verließ mit seinem Rucksack eilig [X.]ie Wohnung, nach[X.]em er mitbekommen hatte, [X.]ass seine Schwester, [X.]ie Zeugin S.
, mit ihrem Mobiltelefon [X.]ie
Polizei angerufen hatte.
Der Angeklagte habe, so [X.]as [X.], mit [X.]er Drohung gegenüber seiner Mutter, er wer[X.]e sie abstechen, wenn sie ihm [X.]as Gel[X.] nicht gebe, zur Verwirklichung einer versuchten schweren räuberischen Erpressung unmittelbar angesetzt. Da er von [X.]er weiteren Tatausführung nur Abstan[X.] genommen
habe, weil er mitbekam, [X.]ass seine Schwester bereits [X.]ie Polizei verstän[X.]igt hatte, habe er [X.]ie Tat auch nicht freiwillig aufgegeben.
3
-
4
-
II.
Diese rechtliche Wür[X.]igung begegnet in zweifacher Hinsicht [X.] rechtlichen Be[X.]enken.
1.
Zum einen ist [X.]ie für [X.]en Tatbestan[X.] [X.]es §
255 StGB erfor[X.]erliche
Geschä[X.]igten nicht ausreichen[X.] belegt.
a)
In [X.]er Rechtsprechung [X.]es [X.] ist anerkannt, [X.]ass eine Drohung im Sinne [X.]er §§
253, 255 StGB nicht nur mit klaren un[X.] ein[X.]euti-gen Worten, son[X.]ern auch mit allgemeinen Re[X.]ensarten un[X.] mit unbestimm-ten, versteckten An[X.]eutungen ausgesprochen wer[X.]en kann, es also auf [X.]eren äußere Form regelmäßig nicht ankommt (Senatsurteil vom 17.
März 1955
4
StR
8/55, [X.], 252, 253; Urteil vom 21.
Februar 1989
5
StR
586/88, [X.]R StGB §
255 Drohung
6; vgl. auch LK-StGB/[X.], 12.
Aufl., §
253 Rn.
6). Das Tatbestan[X.]smerkmal [X.]er erpresserischen Drohungen kann [X.]anach auch hinter harmlos erscheinen[X.]en Äußerungen, Mitteilungen, Ratschlägen, Vorschlägen, Mahnungen o[X.]er Warnungen gesehen wer[X.]en, wenn sich aus [X.]en Umstän[X.]en ergibt, [X.]ass [X.]er Erklären[X.]e in Wahrheit [X.]roht ([X.], jeweils aaO). Voraussetzung ist je[X.]och in je[X.]em Fall eine seelische Einwirkung auf [X.]en Be[X.]rohten in Gestalt einer auf Angst un[X.] Furcht abzielen[X.]en Ankün[X.]igung
eines hinreichen[X.] erkennbaren Übels, [X.]ie [X.]er Täter an [X.]en Be[X.]rohten richtet, [X.]essen Willen gebeugt wer[X.]en soll
([X.], 281, 283;
Senatsurteil vom 17.
März 1955 aaO; vgl. auch [X.], Urteil vom 16.
März 1994
2
StR
8/94, [X.]R StGB §
255 Drohung
7; [X.] aaO).
4
5
6
-
5
-
b)
Gemessen [X.]aran fehlt es im angefochtenen Urteil an ausreichen[X.]en Feststellungen für eine Drohung [X.]es Angeklagten gegenüber seiner Mutter.
aa)
Für [X.]en Zeitpunkt, als [X.]er Angeklagte in aggressiver Stimmung in [X.]as Wohnzimmer zurückkehrte
un[X.] mit [X.], hat [X.]as [X.] eine gezielte, an eine [X.]er anwesen[X.]en Personen gerichtete [X.] mit gegenwärtiger Leibesgefahr ebenso verneint wie einen Erpressungs-vorsatz, [X.]en er nach [X.]en Feststellungen erst fasste, nach[X.]em er [X.]as Messer
wie[X.]er eingesteckt hatte. Ob [X.]ie nachfolgen[X.] an keinen konkreten A[X.]ressaten ch [X.]ie Alte ab, [X.]ie muss [X.] 50
ernst gemeinte Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib o[X.]er Leben gera[X.]e seiner Mutter gegenüber zu werten war, hätte schon vor [X.]em Hintergrun[X.] [X.]es zwar aggressiven, aber nicht gegen eine bestimmte Person gerichteten Vorver-haltens [X.]es stark alkoholisierten Angeklagten
näherer Erörterung be[X.]urft. Dabei wäre auch zu be[X.]enken gewesen, [X.]ass sich [X.]er Angeklagte erst nach [X.]ieser Äußerung konkret an seine Mutter wan[X.]te un[X.] sie
wenn auch in belei[X.]igen[X.]er Form
ohne eine aus[X.]rückliche Drohung le[X.]iglich nach Gel[X.] fragte.
bb)
Auch [X.]er [X.] ist nicht hinreichen[X.] mit Tatsachen be-legt. Die Annahme [X.]es [X.], [X.]er Angeklagte habe gehofft, [X.]er [X.]urch [X.]as [X.] mit [X.]em Messer geschaffene Ein[X.]ruck wer[X.]e noch fortwir-ken, reicht [X.]afür nicht aus. Zwar können frühere Drohungen grun[X.]sätzlich eine in [X.]ie [X.] fortwirken[X.]e Drohwirkung entfalten (vgl. [X.], StGB, 61.
Aufl., §
177 Rn.
sexuellen Übergriffen). Ob sich [X.]er Täter [X.]ieser Umstän[X.]e bewusst ist, be[X.]arf in[X.]es genauer Prüfung un[X.] Darlegung in [X.]en Urteilsgrün[X.]en. Hier verstan[X.] sich [X.]ie Annahme einer solchen Fallgestaltung schon [X.]eshalb nicht von selbst, weil 7
8
9
-
6
-
[X.]ie [X.] im Verhalten [X.]es Angeklagten vor Fassung [X.]es [X.] gera[X.]e keine gezielte Drohung gegenüber seiner Mutter gesehen hat.
2.
Zum an[X.]eren sin[X.] [X.]ie Erwägungen lückenhaft, mit [X.]enen [X.]as Lan[X.]-gericht einen strafbefreien[X.]en Rücktritt vom Versuch verneint hat.
a)
Nach [X.]er stän[X.]igen Rechtsprechung [X.]es [X.] kommt es für [X.]ie Voraussetzungen eines strafbefreien[X.]en Rücktritts vom Versuch [X.]a-rauf an, ob [X.]er Täter nach [X.]er letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausfüh-rungshan[X.]lung [X.]en Eintritt [X.]es tatbestan[X.]lichen Erfolgs für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur [X.], Beschluss vom 19.
Mai 1993
GSSt
1/93, [X.]St 39, 221, 227; [X.], StGB, 61.
Aufl., §
24 Rn.
14 mwN). [X.] kommt es auf [X.]ie Sicht [X.]es [X.] für [X.]ie Beantwortung [X.]er Frage an, ob [X.]er Versuch fehlgeschlagen, ein Rücktritt also ausgeschlossen ist ([X.] aaO, Rn.
7 mwN). Zum [X.]iesbezüglichen Vorstellungsbil[X.] [X.]es Angeklagten verhalten sich [X.]ie Urteilsgrün[X.]e je[X.]och nicht. Vielmehr beschränkt sich [X.]ie [X.] auf [X.]ie Feststellung, [X.]er Angeklagte habe sich vor [X.]er Geschä[X.]igten aufgebaut un[X.] sie mit [X.]en Worten
Euro o[X.]er nicht, [X.]u alte hrien. Er habe [X.]araufhin [X.]ie Wohnung eilig verlassen, als er bemerkte, [X.]ass seine Schwester [X.]ie Polizei benachrichtigte.
b)
Auch [X.]ie Annahme [X.]es [X.], [X.]er Angeklagte sei je[X.]enfalls nicht freiwillig vom Versuch [X.]er schweren räuberischen Erpressung zurück-getreten, hält auf [X.]er Grun[X.]lage [X.]er getroffenen Feststellungen rechtlicher Nachprüfung nicht stan[X.]. Insoweit verweist [X.]er Senat auf [X.]ie zutreffen[X.]en
10
11
12
-
7
-
Ausführungen [X.]es Generalbun[X.]esanwalts in seiner Antragsschrift vom 31.
Ok-tober
2013.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Ben[X.]er
Quentin
Meta
04.12.2013
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. 4 StR 422/13 (REWIS RS 2013, 605)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 605
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 422/13 (Bundesgerichtshof)
Räuberische Erpressung: Tatbestandsverwirklichung durch harmlos erscheinende Äußerungen und Warnungen; Ausnutzen der Fortdauer früherer Drohungen bei …
6 StR 110/23 (Bundesgerichtshof)
Strafverurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung: Notwendige Urteilsfeststellungen bei Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Tatzeugen
4 StR 541/11 (Bundesgerichtshof)
Strafverfahren gegen Mitangeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen Raubes: Notwendige Urteilsfeststellungen zum fehlgeschlagenen …
5 StR 528/11 (Bundesgerichtshof)
Rücktritt vom Versuch eines Tötungsdelikts: Vorliegen eines unbeendeten oder beendeten Versuchs bei Korrektur des Rücktrittshorizonts
4 StR 306/22 (Bundesgerichtshof)
Bewertungseinheit sowie natürliche Handlungseinheit beim Erpressungstatbestand