Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.02.2023, Az. 2 ARs 302/22

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 1121

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gerichtsstandsbestimmung für die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Gründe

1

1. Gegen den Beschuldigten wurden Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft [X.] und bei der Staatsanwaltschaft [X.] geführt. In beiden Verfahren ist ihm durch Beschluss des Amtsgerichts [X.] und durch Beschluss des Amtsgerichts [X.] antragsgemäß Rechtsanwalt R.     aus A.        als Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

2

Die Staatsanwaltschaft [X.] hat das bei der Staatsanwaltschaft [X.] geführte Verfahren übernommen und sodann beide Verfahren mit Zustimmung des Amtsgerichts [X.] gemäß § 153 Abs. 1 [X.] eingestellt. Der mit der Festsetzung der Gebühren und Auslagen des Pflichtverteidigers befasste Rechtspfleger des Amtsgerichts [X.] hat die Sache zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Zuständigkeit für die Festsetzung der Pflichtverteidigung „gemäß § 14 [X.]“ der zuständigen Richterin vorgelegt, da sowohl das Amtsgericht [X.] als auch das Amtsgericht [X.] aufgrund der jeweiligen Beiordnungsbeschlüsse für die Festsetzung der Gebühren zuständig seien. Die zuständige Richterin hat die Sache ohne weitere Begründung dem [X.] „gemäß § 14 [X.] zur Entscheidung“ vorgelegt.

3

2. Der [X.] ist als gemeinschaftliches oberes Gericht der Amtsgerichte [X.] (Oberlandesgerichtsbezirk [X.]) und [X.] ([X.]) gemäß § 14 [X.] zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.

4

3. Der Antrag ist zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 [X.] sind nicht gegeben.

5

Der [X.] hat in seiner Antragsschrift vom 26. August 2022 u.a. ausgeführt:

„Eine Entscheidung durch das gemeinschaftliche obere Gericht nach § 14 [X.] setzt voraus, dass zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit besteht. Die Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn die Zuständigkeit für eine richterliche Tätigkeit in Streit steht (st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 8. Februar 2018 - 2 ARs 41/18 -, juris, Rn. 5; Beschluss vom 15. Dezember 2021 - 2 [X.] -, juris, Rn. 6; [X.], in: [X.], 8. Aufl., § 14 Rn. 2, jeweils m. w. Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall:

1. Bei der Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung nach § 55 Abs. 1 Satz 2 [X.] handelt es sich nicht um eine richterliche Tätigkeit, sondern um eine Aufgabe der Justizverwaltung (vgl. [X.], Beschluss vom 8. August 1990 - 1 ARs 24/90 -, juris; [X.], in: [X.], [X.], 27. Aufl. 2016, § 14 Rn. 2).

Die dem als Pflichtverteidiger in einer Strafsache beigeordneten Rechtsanwalt gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 [X.] zustehende Vergütung wird, wenn das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden ist, nach § 55 Abs. 1 Satz 2 [X.] von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts festgesetzt, das den Verteidiger bestellt hat. Die Vergütungsfestsetzung fällt demnach von vornherein nicht in die funktionelle Zuständigkeit des Richters, sondern in die der Geschäftsstelle. Das Festsetzungsverfahren wird zwar gemäß Teil A Nr. 1.2.1 der Verwaltungsvorschrift über die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 19. Juli 2005 (VwV Vergütungsfestsetzung) von Beamten des gehobenen Dienstes wahrgenommen, also in der Regel von [X.]. Diese werden insoweit aber lediglich als „besonders qualifiziertes Organ der Geschäftsstelle“ (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Juli 2007 - 3 (s) Sbd I - 8/07 -, juris, Rn. 12 m. w. Nachw. [zu § 24 Abs. 1 Nr. 1 RPflG]) und nicht im Rahmen der ihnen durch das Rechtspflegergesetz übertragenen Aufgaben aus dem richterlichen Zuständigkeitsbereich tätig. Das Rechtspflegergesetz erfasst das Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht und kommt daher in diesem Verfahren auch nicht zur Anwendung (vgl. [X.], in: [X.]/[X.], Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 8. Aufl., § 55 Rn. 36 m. w. Nachw.); § 21 Nr. 2 RPflG betrifft lediglich die Festsetzung der zu den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens gehörenden Rechtsanwaltsvergütung nach § 11 [X.]. […]

2. Unabhängig davon besteht in vorliegender Sache auch kein Streit über die Zuständigkeit, weil es an den dafür erforderlichen divergierenden Entscheidungen mehrerer verschiedener Gerichte fehlt (vgl. dazu [X.], a.a.[X.], 3 14 Rn. 1; [X.]/[X.], a.a.[X.] 3 14 Rn. 1). Dass der Rechtspfleger des Amtsgerichts [X.] – neben der eigenen Zuständigkeit – auch eine Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.] gegeben sieht, begründet noch keinen Zuständigkeitsstreit im Sinne von § 14 [X.]; das Amtsgericht [X.] war mit der Frage der Zuständigkeit für die Vergütungsfestsetzung noch gar nicht befasst.“

6

Dem schließt sich der Senat an.

Franke     

  

Appl     

  

Zeng

  

Grube     

  

Schmidt     

  

Meta

2 ARs 302/22

08.02.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 14 StPO, § 55 Abs 1 S 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.02.2023, Az. 2 ARs 302/22 (REWIS RS 2023, 1121)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1121

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 ARs 131/21 (Bundesgerichtshof)

Gerichtsstandsbestimmung in Jugendstrafsachen: Ablehnung der Verfahrensabgabe an das neu zuständige Gericht nach Aufenthaltswechsel des Angeklagten …


2 ARs 122/22 (Bundesgerichtshof)

Befasststein einer Strafvollstreckungskammer mit der Entscheidung über eine Reststrafenaussetzung bei Verlegung drei Monate vor dem …


13 Qs 14/21 (LG Nürnberg-Fürth)

Berufung, Staatsanwaltschaft, Verteidiger, Pflichtverteidiger, Beschwerde, Revision, Rechtsmittel, Festsetzung, Erfolgsaussicht, Freispruch, Anfechtung, Wahlverteidiger, Kostenfestsetzung, Berufungsverfahren, sofortige …


2 Ws 179/17 (Hanseatisches Oberlandesgericht)


2 ARs 322/21 (Bundesgerichtshof)

Zuständigkeit in Strafvollsteckungssachen: Befasststein einer Strafvollstreckungskammer mit der Entscheidung über eine Reststrafenaussetzung in Ansehung der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 ARs 363/21

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.