Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.02.2022, Az. 4 StR 495/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2022, 9897

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Konkurrenzverhältnis zwischen Kraftfahrzeugdiebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. Juni 2021 im Schuld- und Strafausspruch wie folgt gefasst:

Der Angeklagte wird wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 21. August 2019 unter Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Der Angeklagte wird wegen Diebstahls in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen versuchten Diebstahls, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und unerlaubtem Besitz eines verbotenen Gegenstands ([X.]), wegen Betruges, wegen Kennzeichenmissbrauchs, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in drei Fällen sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln „unter Einbeziehung des Urteils des [X.]“ vom 21. August 2019 „und unter Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten in ihre [X.]n“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten wegen Diebstahls in fünf Fällen sowie wegen versuchten Diebstahls, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen, in einem Fall davon „in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und des unerlaubten Besitzes eines verbotenen Gegenstandes“, sowie wegen Betruges, wegen Kennzeichenmissbrauchs und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in drei Fällen, sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von drei Jahren ausgesprochen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der [X.] ersichtlichen Änderung des Tenors und der Aufhebung einer [X.]. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

II.

3

1. Zu Unrecht ist die [X.] im Fall II.7 der Urteilsgründe davon ausgegangen, dass der Diebstahl des Fahrzeugs zu dem nachfolgenden Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit (§ 53 StGB) steht. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich indes, dass insoweit Tateinheit vorliegt.

4

a) Nach den Feststellungen entwendete der Angeklagte in der Tatnacht das unverschlossene Fahrzeug [X.], indem er den Motor mit dem im [X.] steckenden Schlüssel startete und davonfuhr. Dabei verfügte der Angeklagte, wie er wusste, nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis.

5

Die Kammer hat dazu zwar in ihrer rechtlichen Würdigung ausgeführt, der Angeklagte habe tateinheitlich zu dem Diebstahl den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG erfüllt; jedoch hat sie die Taten im Tenor und durch die Verhängung von gesonderten [X.]n von acht Monaten für den Diebstahl und drei Monaten für das Fahren ohne Fahrerlaubnis als tatmehrheitlich begangen behandelt.

6

b) Der Diebstahl und das Fahren ohne Fahrerlaubnis stehen in Tateinheit (§ 52 StGB), weil die Wegnahme des Fahrzeugs gerade durch das Wegfahren erfolgte.

7

Denn weggenommen im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB wurde das Kraftfahrzeug dem Eigentümer und Gewahrsamsinhaber erst dadurch, dass der Angeklagte mit dem in Gang gesetzten Fahrzeug wegfuhr und es dadurch der Einwirkungsmöglichkeit des [X.] entzog. Bereits dieses Wegfahren erfüllt aber den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG. Die tatbestandsmäßigen Ausführungshandlungen fallen teilweise zusammen, so dass Tateinheit vorliegt (vgl. [X.], Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, [X.]St 18, 66 ff.; Beschluss vom 8. August 2006 – 4 [X.]/06).

8

2. Die im Fall II.7 der Urteilsgründe für das Fahren ohne Fahrerlaubnis verhängte [X.] von drei Monaten Freiheitsstrafe entfällt daher.

9

3. Die Gesamtstrafe in Höhe von drei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe bleibt davon unberührt. Dieser liegen neben der [X.] von zwei Jahren Freiheitsstrafe insgesamt sechzehn weitere [X.]n bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe zugrunde. Angesichts dessen schließt der Senat aus, dass die [X.] eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, zumal der Gesamtunrechtsgehalt aller Taten durch die abweichende Beurteilung der Konkurrenzen bei der einen Tat unverändert geblieben ist.

4. Die Prüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat im Übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.

III.

1. Der Senat berichtigt die Urteilsformel im Hinblick auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe insoweit, als bei der nachträglichen Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht das Urteil des [X.] vom 21. August 2019 einbezogen ist, sondern die darin ausgesprochenen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 1991 – 1 StR 749/91).

2. Da das Fahren ohne Fahrerlaubnis sowohl vorsätzlich (§ 21 Abs. 1 StVG) als auch fahrlässig (§ 21 Abs. 2 StVG) begangen werden kann, ergänzt der Senat im Tenor die vom [X.] festgestellte Schuldform in allen Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. November 2017 ‒ 3 StR 411/17; vom 15. Januar 2020 – 4 StR 584/19).

3. Ferner stellt der Senat das Konkurrenzverhältnis im Fall II.6 der Urteilsgründe dahingehend klar, dass das vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und unerlaubtem Besitz eines verbotenen Gegenstands erfolgte, und fügt die konkrete Bezeichnung „[X.]“ hinzu (zur Tenorierung vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 – 2 [X.]; Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 [X.]/18; Beschluss vom 23. August 2018 – 3 [X.]/18).

4. Der geringe Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

[X.]     

      

Bartel     

      

Rommel

      

Maatsch     

      

Messing     

      

Meta

4 StR 495/21

02.02.2022

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Zweibrücken, 30. Juni 2021, Az: 1 KLs 4113 Js 7109/20

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 242 Abs 1 StGB, § 21 Abs 1 Nr 1 StVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.02.2022, Az. 4 StR 495/21 (REWIS RS 2022, 9897)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9897

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 72/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung eines Fahrzeugführers: Konkurrenzen bei Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Fahrzeug mit falschem amtlichen Kennzeichen …


4 StR 629/16 (Bundesgerichtshof)

Diebstahl fremder Kfz-Kennzeichen und deren mehrfache Benutzung: Konkurrenzrechtliche Beurteilung


5 StR 85/18 (Bundesgerichtshof)

Urkundenfälschung durch Anbringen eines fremden Fahrzeugkennzeichens


1 StR 173/17 (Bundesgerichtshof)

Kraftfahrzeugsteuerhinterziehung bei widerrechtlicher Benutzung von Kraftfahrzeugen


4 StR 364/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Urkundenfälschung und Fahren ohne Fahrerlaubnis: Konkurrenzverhältnis bei Entwenden eines amtlichen Kfz-Kennzeichens und anschließender …


Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 485/23

Zitiert

3 StR 115/18

2 StR 522/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.