Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2011, Az. VI ZB 59/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1702

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]/10
vom
8. November
2011
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 148; [X.] § 12 Abs. 2
[X.] das Gericht die Aussetzung nach §
148 ZPO unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Beteiligung des Schädigers am Sozialverwaltungsverfahren, hat es grund-sätzlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Beteiligung gemäß §
12 Abs.
2 SGB
X schlüssig dargelegt sind.
[X.], Beschluss vom 8. November 2011 -
VI [X.]/10 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
8. November
2011
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter
Wellner, Pauge und [X.] und die Rich-terin von Pentz
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 7. Oktober 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Beschwerdewert:
2.145

Gründe:
I.
Die
klagende Berufsgenossenschaft macht als Unfallversicherungsträge-rin gegen den [X.]n aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprü-che aufgrund eines Fahrradunfalls
am 5.
Juli 2006
geltend,
den die geschädigte Versicherte aufgrund
eines Zusammenstoßes mit dem Fahrrad des [X.]n erlitten haben will.
Der [X.] stellt die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage. 1
-
3
-

Er macht geltend, es habe sich nicht um einen Wegeunfall gehandelt, für den die Klägerin leistungspflichtig sei.

Mit Urteil vom 26.
Februar 2009 hat das [X.] einen gegen den [X.]n erlassenen Vollstreckungsbescheid über 10.179,19

aufrechterhalten,
den [X.]n verurteilt, an die Klägerin weitere 42,09

nebst Zinsen zu zahlen, und festgestellt, dass der [X.] verpflichtet ist, darüber hinausgehende Aufwendungen der Klägerin zu zahlen.
Während des Beru-fungsverfahrens
erließ die Klägerin
ohne Beteiligung des [X.]n
einen an die Geschädigte gerichteten "Bescheid über Anerkennung eines Arbeitsunfalls"
vom 26.
Januar 2010, in
dem sie den Unfall als Arbeitsunfall (Wegeunfall)
aner-kannte. Mit Schriftsatz vom 7.
April 2010 teilte die Klägerin mit, der Bescheid sei bestandskräftig
geworden.
Mit Anwaltsschriftsatz
vom 9.
April 2010 erhob
der [X.] Widerspruch gegen den Bescheid. Die Klägerin legte den [X.] als Antrag auf Beteiligung an dem Verwaltungsverfahren aus und lehnte eine
Beteiligung
des [X.]n am Sozialverwaltungsverfahren
mit Bescheid vom 3.
September 2010
ab.
Dagegen hat der [X.] Widerspruch eingelegt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Rechtsstreit
gemäß §
148 ZPO ausgesetzt, bis über den Widerspruch des [X.] gegen den Bescheid vom 26.
Januar 2010 rechtskräftig entschieden worden ist. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde.

II.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Entscheidung des [X.] hänge von der Frage ab, ob der
ohne Beteiligung des [X.]n erlasse-2
3
4
-
4
-

ne
Bescheid vom 26. Januar 2010 bestandskräftig sei und das Berufungsge-richt gemäß §
118 [X.] binde. Insoweit
seien
das von dem [X.]n einge-leitete Verwaltungsverfahren
und ein sich möglicherweise anschließendes sozi-algerichtliches Verfahren
vorrangig gegenüber dem vorliegenden Rechtsstreit. Ohne Aussetzung nach
§
148 ZPO bestehe das Risiko sich widersprechender Entscheidungen der Sozial-
und Zivilgerichte.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat
auch
in der Sache Erfolg, weil
die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß §
148 ZPO nicht vorliegen.

a)
Nach §
148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von
einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, [X.], dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Die Aus-setzung der Verhandlung setzt die Vorgreiflichkeit der in dem
anderen Rechts-streit oder dem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung in dem
Sinne einer (zumindest teilweise) präjudiziellen Bedeutung voraus (vgl. [X.], [X.] vom 30.
März 2005 -
X
ZB 26/04, [X.]Z 162, 373, 375; MünchKomm-ZPO/[X.], 3.
Aufl., §
148 Rn.
6 ff.; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
148 Rn.
23; [X.]/[X.], ZPO, 28.
Aufl., §
148 Rn.
5).

b) Im Streitfall ist eine solche Vorgreiflichkeit des
Sozialverwaltungsver-fahrens
für den vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Auffassung des
Beru-fungsgerichts nicht wegen des vom [X.]n mit dem Ziel einer Beteiligung am Sozialverwaltungsverfahren eingeleiteten Verfahrens gegeben.

5
6
7
-
5
-

aa) Nach §
118 [X.]
ist ein Zivilgericht, das über einen nach §
116 Abs.
1 [X.] vom Geschädigten auf einen
Sozialversicherungsträger überge-gangenen Anspruch zu entscheiden hat, an eine unanfechtbare Entscheidung eines Sozial-
oder Verwaltungsgerichts oder eines [X.] über den Grund oder die Höhe der dem Leistungsträger obliegenden Verpflich-tung grundsätzlich gebunden. Damit soll verhindert werden, dass die Zivilge-richte anders über einen Sozialleistungsanspruch entscheiden als die hierfür an sich zuständigen Leistungsträger oder Gerichte.
[X.] Vorfragen [X.] den Zivilprozess nicht belasten und deshalb vor den Zivilgerichten grund-sätzlich nicht erörtert werden. Der im Wege des Regresses in Anspruch ge-nommene Schädiger soll deshalb grundsätzlich nicht Einwendungen gegen die Aktivlegitimation des klagenden [X.] erheben können
(vgl. Senatsurteil vom 5.
Mai 2009 -
VI
ZR 208/08, [X.], 995 Rn.
13, 17
f.). Die danach gegebene Bindungswirkung erfasst
grundsätzlich auch die Feststellung der Zuständigkeit der den Bescheid erlassenden Behörde (vgl. Se-natsurteil vom 5.
Mai 2009 -
VI
ZR 208/08, aaO, Rn.
13 [X.]).
Eine Bindungs-wirkung kann ausnahmsweise nicht bestehen, wenn ein von vornherein unzu-ständiger Leistungsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines zwar rechtswidrigen, ihn selbst aber bindenden Verwaltungsakts erbringt oder mehrere Leistungsträger ihre Zuständigkeit hin-sichtlich gleichartiger sozialversicherungsrechtlicher oder sozialrechtlicher Leis-tungen beanspruchen (vgl. Senatsurteile vom 8.
Juli 2003 -
VI
ZR 274/02,
[X.]Z 155, 342, 347
ff.;
vom 5.
Mai 2009 -
VI
ZR 208/08, aaO, Rn.
17
f. [X.]).
§
118 [X.] greift grundsätzlich unabhängig davon ein, ob der Schädi-ger am Sozialverwaltungsverfahren beteiligt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 15.
Juli 2008 -
VI
ZR 105/07, [X.], 1358
Rn.
20; [X.], [X.], 418, 419; LPK-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
118 Rn.
1). Etwas anderes gilt
al-lerdings
in Fällen, in denen dieser nach §
12 Abs.
2 [X.] zu dem Sozialver-8
9
-
6
-

waltungsverfahren hinzuzuziehen war; in diesen Fällen setzt die Bestandskraft ihm gegenüber voraus, dass er in der gebotenen Weise beteiligt worden ist (vgl. Senatsurteile vom 4.
April 1995 -
VI
ZR 327/93, [X.]Z 129, 195, 200
ff.;
vom 20.
April 2003 -
VI
ZR 189/03, [X.]Z 158, 394, 397;
vom 20.
November 2007 -
VI
ZR 244/06, [X.], 255 Rn.
11,
13 [X.]).
bb)
Im Falle eines Wegeunfalls gemäß §
8 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 [X.] ist der Unfallversicherungsträger zuständig;
zugleich sind Leistungen der ge-setzlichen Krankenversicherung gemäß §
11 Abs.
5 [X.] (früher §
11
Abs.
4 SGB
V) ausgeschlossen. Der [X.] hat
auch nicht vorgetragen, dass
andere Leistungsträger ihre Zuständigkeit beanspruchen.
Er macht allerdings geltend, entgegen dem Vortrag der Klägerin sei der Bescheid vom 26. Januar 2010 nicht bestandskräftig geworden, weil er am So-zialverwaltungsverfahren nicht beteiligt worden sei.
Mit diesem Vorbringen hat er keinen Erfolg, wenn eine Hinzuziehung des [X.]n als Beteiligter an die-sem Verfahren nach §
12 Abs.
2 [X.] zu Recht abgelehnt worden ist, weil der
Ausgang des Sozialverwaltungsverfahrens (Anerkennung des Unfalls als Wegeunfall) weder eine rechtsgestaltende Wirkung für den [X.]n hat noch dadurch dessen rechtliche Interessen
berührt werden können.
Ist nämlich der Schädiger -
anders als in einem hier nicht vorliegenden
Fall
der §§
104
ff. [X.]
-
durch die Entscheidung des [X.] nicht in eigenen Rechten berührt, kann er nicht mit einer erfolgreichen Anfechtung in dieses Rechtsverhältnis hineinwirken (vgl. BVerwG,
NJW 1993, 1610, 1611). [X.] ein Gericht
eine Aussetzung nach
§
148 ZPO
unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Beteiligung des Schädigers, hat es grundsätzlich
im Rahmen der
für eine Aussetzungsentscheidung erforderlichen
Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens zu
prüfen, ob die Voraussetzungen einer
Beteiligung am Sozialver-waltungsverfahren gemäß §
12 Abs.
2 [X.]
schlüssig dargelegt sind. Ließe 10
11
-
7
-

man für eine Aussetzung nach §
148 ZPO lediglich genügen, dass der [X.] als Schädiger seine Hinzuziehung zu dem Sozialverwaltungsverfahren betreibt, bestünde regelmäßig
die Möglichkeit, den Zivilprozess mit Hilfe von [X.] und in einem anschließenden Sozialge-richtsprozess ohne sachliche Rechtfertigung erheblich
zu verzögern.
cc)
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine notwendige Hinzu-ziehung des
[X.]n
gemäß §
12 Abs.
2 Satz
2 SGB
X
nicht vor. Der Aus-gang des Verwaltungsverfahrens
über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls
hat
nämlich
für den [X.]n keine rechtsgestaltende Wirkung.
(1) Rechtsgestaltende Wirkung hat der Ausgang des Verfahrens, wenn die in Betracht kommende Entscheidung unmittelbar Rechte eines [X.], ändert oder aufhebt
(vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 7.
Aufl., §
13 Rn.
40; [X.]/[X.]/[X.], SGB
X, §
12 Rn.
36 [Stand:
September
2007]; [X.]/[X.], §
12 SGB
X Rn.
11 [Stand:
Dezember 2003]; von [X.]
in von [X.], SGB
X, 7.
Aufl., §
12 Rn.
14). Die konkrete Möglichkeit einer rechtsgestaltenden Wir-kung genügt (vgl. [X.], 75, 80; BVerwGE 18, 124, 128; von [X.], aaO). In den Anwendungsbereich des §
12 Abs.
2 Satz
2 [X.] sind auch Verwal-tungsverfahren einzubeziehen, die
den Erlass eines feststellenden Verwal-tungsaktes zum Ziel haben, sofern der Verwaltungsakt die Rechtsstellung eines [X.] dergestalt berührt, dass dieser in einem anschließenden Gerichtsverfah-ren nach §
75 Abs.
2 des Sozialgerichtsgesetzes ([X.]) notwendig beizuladen ist (vgl. [X.], 160, 162; [X.]/[X.]/[X.], aaO,
Rn.
37; [X.]/[X.], aaO). Die Beiladung ist nach §
75 Abs.
2 Fall 1 [X.]
notwen-dig, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre des [X.] unmittelbar eingegriffen wird, wenn also
die Entscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch unmittelbar 12
13
-
8
-

Rechte Dritter gestaltet werden (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
75 Rn.
10
[X.]; [X.]
Sozial-recht/[X.], §
75 [X.] Rn.
2 [Stand:
1. Juni 2011]; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
75 Rn.
4).
(2) Nach diesen Grundsätzen hat die Anerkennung des Arbeitsunfalls durch die Klägerin keine rechtsgestaltende Wirkung für den [X.]n.
Der [X.] nach §
116 [X.] führt zu keiner inhaltlichen Änderung des Anspruchs. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ge-gen den Schädiger geht gemäß §
116 [X.] so auf den Sozialversicherungs-träger über, wie er zur [X.] besteht, nicht in Höhe
etwa
darüber hinaus
gehender Sozialleistungen (vgl.
Senatsurteil vom 23.
Februar 2010 -
VI
ZR 331/08, [X.], 550 Rn.
7;
[X.]/Kater, §
116 [X.] Rn.
141 [Stand:
April 2011]).
Ein eigenes subjektiv-öffentliches Recht eines Un-fallverursachers, dass der Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird, ist der Rechtsordnung nicht zu entnehmen (vgl. [X.], Urteil vom 25.
April 1990 -
L 3 U 1/90, juris). Die Legalzession erfolgt aus seiner Sicht zu-fällig.
Einreden verliert der Schädiger
wegen §§
404, 412
[X.] nicht (vgl. [X.]/Eichenhofer, [X.]/3, §
116 Rn.
29
[Stand:
März 2001]; LPK-SGB
X/
[X.], 3.
Aufl., §
118 Rn.
1; [X.]/[X.], [X.], 70.
Aufl., §
412 Rn.
1, Vorb.
v.
§
249 Rn.
120). Er soll durch den [X.] weder besser noch schlechter gestellt werden (vgl. LPK-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
116 Rn.
15).
Solange der Schädiger nicht Gefahr läuft, wegen gleichartiger Leistungen mehrfach auf Ersatz in Anspruch genommen zu werden, besteht für ihn kein Interesse daran, die Zuständigkeit gerade des betreffenden Leistungsträgers überprüfen lassen zu können. Insoweit stellt sich für den Schädiger bzw. des-sen Haftpflichtversicherer das System der [X.] Sicherungen mit seinen in 14
15
16
-
9
-

§§ 102 ff. [X.] vorgesehenen internen Ausgleichsregelungen als Einheit dar (vgl. Senatsurteile
vom 3.
Mai 1960 -
VI
ZR 74/59, NJW 1960, 1452; vom 5.
Mai 2009 -
VI
ZR 208/08, [X.], 995 Rn.
18). Mangels einer
rechtsgestalten-den Wirkung der Anerkennung des Arbeitsunfalls ihm gegenüber scheidet eine Hinzuziehung des beklagten
Schädigers
zu dem Verwaltungsverfahren nach
§
12 Abs.
2 Satz
2 [X.] aus (vgl.
auch
[X.], Haftungsrecht des [X.], 4.
Aufl., §
32 Rn.
91; [X.], NJW 2010, 2311, 2316 f.; LPK-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
118 Rn.
1
und für den ähnlich
gelagerten [X.] nach dem
Opferentschädigungsgesetz LSG Hessen,
NVwZ-RR 1996, 450, 451;
[X.], [X.], 418, 419; [X.]/[X.], [X.], §
12 Rn.
40
[Stand:
Februar 2011]).
[X.]) Auch die Voraussetzungen für eine einfache
Hinzuziehung des [X.] nach §
12 Abs.
2 Satz
1 [X.] liegen nicht vor.
(1) Nach §
12 Abs.
2 Satz 1 [X.] können diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden, als Beteiligte hinzugezogen werden. Inwieweit die Behörde hiervon Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen. Entscheidend kommt es darauf an, ob durch die Hinzuziehung eine Verbesserung des [X.] und des [X.] erwartet werden kann (vgl. Wannagat/[X.], [X.]/1, §
12 Rn.
9 [Stand:

April 2001]).
Ein rechtliches Interesse ist gegeben, wenn der Ausgang des Verwal-tungsverfahrens
die Rechtslage des [X.]n verbessern oder verschlechtern kann.
Rechtliche Interessen können wirtschaftliche,
finanzielle, sozialrechtliche und sonstige Interessen sein, wenn sie durch eine Norm des
öffentlichen oder des Privatrechts geschützt sind. Bloße tatsächliche oder ideelle Interessen, die rechtlich nicht geschützt
sind, rechtfertigen die Hinzuziehung nicht (vgl. [X.], 291, 293; [X.]/[X.]/[X.], aaO,
Rn.
30; [X.]/[X.], aaO,
17
18
19
-
10
-

Rn.
10; LPK-[X.]/[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
12 Rn.
11; [X.]/[X.], aaO,
Rn.
24; von [X.],
aaO, §
12 Rn.
10).
Es kommt darauf an, ob es im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand eine Rechtsnorm gibt, die -
zumindest auch
-
die Interessen des eventuell [X.] schützt, und ob diese möglicherweise tangiert sind (vgl. [X.], 291, 293; [X.], 99, 100
f. [X.]; LPK-[X.]/[X.]/[X.], aaO). Im Zweifel ist bei der Annahme des Berührtwerdens großzügig zu verfahren. Ausreichend ist die konkrete Möglich-keit einer Interessenberührung zu Beginn des Verwaltungsverfahrens (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO,
Rn.
32; LPK-[X.]/[X.]/[X.], aaO).
(2) Die Möglichkeit, dass
rechtliche
Interessen des [X.]n von dem Sozialverwaltungsverfahren über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls der [X.] berührt werden, besteht nicht.
Ein rechtlich geschütztes Interesse des [X.]n ist nicht deshalb be-rührt, weil
ein von der Krankenkasse zu zahlendes Krankengeld in der Regel niedriger ausfällt als das von dem Unfallversicherungsträger zu zahlende [X.] (vgl. dazu [X.], r+s 2002, 441, 444). Die Klägerin kann [X.] nur in dem Umfang einer sachlichen Kongruenz zu dem [X.] des Geschädigten von dem Schädiger ersetzt verlangen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 26.
Aufl., Kap.
30 Rn.
9);
eine sach-liche Kongruenz kann zwischen Kranken-
oder Verletztengeld und Erwerbs-schaden bestehen (vgl. [X.]/[X.], aaO, Kap.
30 Rn.
25). Dem Sozial-versicherungsträger
steht ein übergeleiteter Anspruch nur bis zur Höhe des [X.] zu.
Wenn die Sozialleistungen dahinter zurückbleiben, steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des restlichen
Erwerbsschadens gegen den Schädiger zu. Der Schadensersatzanspruch, dem der [X.] [X.] ist, ist demnach in der Summe unabhängig davon, welcher Sozialver-sicherungsträger eintritt.
20
21
-
11
-

Das Interesse des
[X.]n an einem etwaigen
Verjährungseintritt ge-genüber dem Krankenversicherungsträger rechtfertigt es ebenfalls
nicht, den [X.]n an dem Verwaltungsverfahren über die Anerkennung eines
Arbeits-unfalls zu beteiligen. Dieses Interesse ist nicht durch eine Norm des öffentlichen oder des Privatrechts geschützt. §
11 Abs.
5 [X.] (früher: §
11 Abs.
4 SGB
V), der Leistungen aus der Krankenversicherung ausschließt, wenn [X.] aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehen, dient der klaren Abgrenzung dieser Versicherungszweige (vgl. die Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 3.
Mai 1988, BT-Drucks.
11/2237, S.
163).
Ein rechtlich geschütztes Interesse des [X.],
das
eine Beteiligungsmöglichkeit nach §
12 Abs.
2 Satz
1 [X.] eröff-net, liegt insoweit nicht vor
(vgl.
auch
[X.], [X.], 418, 419).
ee) Eine Vorgreiflichkeit des
Verwaltungsverfahrens ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus der Möglichkeit, dass
die Klägerin den
Bescheid vom 26.
Januar 2010 auf Betreiben des [X.]n [X.] (vgl. §§
44 bis 48 [X.]).
Als Durchbrechung der -
jedenfalls im [X.] zum [X.]n bestehenden
-
Bestandskraft ausgestaltete Möglichkei-ten zur Aufhebung oder Abänderung von Entscheidungen stehen der [X.] nach §
118 [X.] nicht entgegen (vgl.
[X.] Sozialrecht/[X.], §
118 [X.] Rn.
4b [Stand: 1.
Juni 2011]; von [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Sozialgesetzbuch, §
118 [X.] Rn.
3.2 [Stand: November 2000]; LPK-SGB
X/[X.], 3.
Aufl., §
118 Rn.
2).
c) Nach den vorstehenden Ausführungen liegt die für eine Aussetzung des Verfahrens nach §
148 ZPO erforderliche Vorgreiflichkeit nicht deswegen vor, weil der [X.] am Sozialverwaltungsverfahren über die Anerkennung des Unfalls der Geschädigten als Arbeitsunfall (Wegeunfall) nicht beteiligt [X.] ist. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung verweist allerdings darauf, dass der 22
23
24
-
12
-

[X.] auch die von der Klägerin mitgeteilte Bestandskraft des Bescheids vom 26. Januar 2010 unter Hinweis auf die von der Klägerin ursprünglich mitge-teilten Zustellungsprobleme in Frage gestellt habe.
Das Berufungsgericht wird deswegen nach der Zurückverweisung der Sache zu prüfen haben, ob der Vor-trag des [X.]n der Annahme einer unanfechtbaren Entscheidung
im Sinne des §
118 [X.]
entgegensteht und der Klägerin
gegebenenfalls Gelegenheit geben müssen, die Bestandskraft des Verwaltungsakts nachzuweisen (vgl.
auch
§
37
Abs.
1, 2
[X.]).
Galke
Wellner
Pauge

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 26.02.2009 -
17 O 291/08 -

KG [X.], Entscheidung vom 07.10.2010 -
12 U 83/09 -

Meta

VI ZB 59/10

08.11.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2011, Az. VI ZB 59/10 (REWIS RS 2011, 1702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1702

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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