Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2015, Az. VI ZR 54/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16506

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

VI [X.]

Verkündet am:

27. Januar 2015

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 116 Abs. 1; [X.] § 14 Abs. 1, Abs. 2
1.
Eine mit einem [X.] verbundene Leistungszuständigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass ein Rehabilitationsträger nach §
14 Abs. 2 Satz 1 [X.] mangels Weiterleitung des Antrages gemäß § 14 Abs. 1 [X.] im Außenver-hältnis gegenüber dem betroffenen behinderten Menschen [X.] ge-worden ist.
2.
Der Rehabilitationsträger kann wegen der
Beiträge, die er gem. § 251 Abs. 2 Satz 2 [X.] für den geschädigten behinderten Menschen dem Träger der Einrichtung zu erstatten hat, nach § 116 Abs. 1 [X.] Rückgriff bei dem zum Ersatz des [X.] verpflichteten Schädiger nehmen, wenn der Geschädigte vor dem schädigenden Ereignis in der Krankenversicherung pflichtversichert gewesen ist oder ohne den Unfall pflichtversichert geworden wäre.
[X.], Urteil vom 27. Januar 2015 -
VI [X.] -
O[X.]

LG [X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat
des [X.]s hat auf die mündliche Verhandlung vom
27. Januar
2015
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter
Pauge, Stöhr
und Offenloch sowie die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird
das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 14. Januar 2014 aufgeho-ben.
Soweit die Klage durch das vorbezeichnete Urteil in Höhe ei-nes Betrags von 26.912,85

worden ist, wird die Berufung
der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkam-mer des [X.] vom 3. Dezember 2012 zu-rückgewiesen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Das klagende Land als Sozialhilfeträger verlangt von der Beklagten als Haftpflichtversicherung aus übergegangenem, hilfsweise aus übergeleitetem 1
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Recht des Geschädigten [X.] Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 7.
April 1986, bei dem
der Geschädigte
schwere Hirnverletzungen erlitt.
Die zuständige Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall als Wegeun-fall an. Am 18. Dezember 1989 schlossen der Geschädigte
und die Beklagte einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte unter anderem verpflich-tete, dem Geschädigten
50 % aller nachgewiesenen zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen waren. Ohne zu wissen, dass der Behinderung des Geschädigten ein Wegeunfall zugrunde lag, gewährte der Kläger ihm auf einen im Jahr 2002 gestellten Antrag
seit dem 1.
Februar dieses Jahres
Sozialhilfe in Gestalt von Leistungen im Arbeitsbe-reich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen und von Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. In den Jahren 2008 bis 2011 erbrachte der Kläger Leistungen in Höhe von insgesamt
59.980,7wodem Träger der Werkstatt erstattete Krankenversiche-rungsbeiträge
entfallen.
Das [X.] hat der auf hälftige Erstattung des Betrags von nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Das Oberlandesge-richt hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der
Kläger
die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht
hat die Aktivlegitimation des Klägers verneint. Es hat ausgeführt, der sich jedenfalls aus dem gerichtlichen Vergleich ergebende Schadensersatzanspruch des Geschädigten wegen vermehrter Bedürfnisse könne nicht gemäß §
116 [X.] auf den Kläger übergegangen sein. Der
An-spruch sei
vielmehr spätestens mit [X.] der Erforderlichkeit der er-brachten Sozialleistungen, also spätestens 2002, auf die Berufsgenossenschaft übergegangen, weshalb auch die spätere Überleitungsanzeige keinen Rechts-übergang auf den Kläger bewirkt haben könne.
Die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen [X.] sei gemäß §
35 [X.], §§
41, 42 Abs.
2 Nr.
1 [X.] für die Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen zuständig gewesen, auch wenn es sich nicht um Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedereingliederung des Geschädigten ins Arbeitsleben gehandelt habe, sondern es nur noch um die Erhaltung und Verbesserung seiner Lebensqualität gegangen sei. Zwar ha-be der [X.] in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 1995 (VI
ZR 271/94, [X.]Z 131, 274) festgestellt, dass von den gesetzlichen [X.] gemäß §
567 RVO lediglich die Kosten des der beruflichen Re-habilitation dienenden Arbeitstrainingsbereichs einer Werkstatt für behinderte Menschen getragen würden, nicht aber diejenigen einer Beschäftigung im [X.]. Das habe sich aber durch den Ersatz der Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung durch das [X.] geändert. §
35 [X.] verweise ausdrücklich auf §
41 [X.], der Leistungen im Arbeitsbe-reich einer Werkstatt für behinderte Menschen betreffe. Da in dieser Vorschrift ausdrücklich und sogar an erster Stelle
Behinderte erwähnt seien, deren Be-4
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schäftigung oder Qualifizierung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Art und Schwere ihrer Behinderung gar nicht in Betracht komme, könne §
41 SGB
IX nur so verstanden werden, dass er auch für Fälle ohne Aussicht auf Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt gelte. Eine Beschränkung auf das Ziel der Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt wäre angesichts der Pflicht des Unfallversicherers zur umfassenden Durchführung aller geeigneten Maßnah-men auch überraschend. Im Bereich des §
35 [X.] bestehe für Maßnahmen nach §
41 [X.] auch keine zeitliche Begrenzung.

II.
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der [X.] des Geschädigten gegen die Beklagte
gemäß
§
116 Abs.
1 SGB
X in Höhe der [X.] für die Leistungen zur Teilhabe am [X.] und am Leben in der [X.] auf das klagende Land überge-gangen
(1.
-
4.). Hinsichtlich der vom Kläger erstatteten [X.] kommt ein solcher [X.] in Betracht, wenn der [X.] zum Zeitpunkt des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert war
oder ohne den Unfall später pflichtversichert geworden wä-re.
Dazu sind noch Feststellungen zu treffen
(5.).
Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] geht ein auf anderen gesetzlichen Vor-schriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versiche-rungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser aufgrund des Scha-densereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines 6
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Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen.
1. Der Kläger hatte dem Geschädigten als nach § 14 Abs. 2 Satz
1 SGB
IX zuständiger Rehabilitationsträger ab dem 1. Februar 2002 [X.] Sozialleistungen zu erbringen.
Auf
den im Jahre 2002 gestellten Antrag des Geschädigten bewilligte der Kläger diesem Sozialhilfe in Gestalt von Leistungen im Arbeitsbereich einer an-erkannten Werkstatt für behinderte Menschen und Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten.
Ob für diese Leistungen nach §
41 Abs.
1,
§ 55 Abs.
2 Nr.
6 [X.] gem. §
35
Abs.
1,
§
39 Abs.
1 Nr.
2 [X.] an sich die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen [X.] zuständig gewesen wäre, kann offen bleiben. Denn der Kläger ist bereits dadurch im Verhältnis zum Geschädigten [X.]er [X.] geworden, dass er dessen Antrag nicht weitergeleitet hat.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags festzustellen, ob er für die Leistung zuständig ist. Stellt er seine Unzuständigkeit fest, hat er nach Satz 2 der Vorschrift den Antrag unver-züglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Träger
zuzuleiten. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, hat der angegangene Träger gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] den Rehabilitationsbedarf unverzüglich festzustellen.
Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Men-schen und den Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken ([X.], 283 Rn. 17; 98, 267 Rn. 12; 102, 90 Rn. 23; 114, 147 Rn. 14). Durch die genannten Bestimmungen wird dementsprechend eine im Außenverhältnis 9
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zum Antragsteller verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilita-tionsträgers geschaffen, der den Antrag nicht fristgerecht an einen anderen Träger weitergeleitet hat. In diesem Fall ist der erstangegangene Träger unab-hängig von seiner materiell-rechtlichen Leistungszuständigkeit verpflichtet, Leis-tungen auf Grund aller Rechtsgrundlagen zu erbringen, die in der konkreten Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich überhaupt vorgesehen sind (vgl. [X.], 267 Rn. 9, 14, 22; 101, 207 Rn. 29 f.; 102, 90 Rn. 23; 109, 293 Rn. 14; [X.], [X.]-2500 § 33 Nr. 35 Rn. 20). Diese Zuständigkeit ist eine aus-schließliche; ist materiell-rechtlich eigentlich ein anderer Rehabilitationsträger zuständig, verliert dieser im Außenverhältnis zum Antragsteller seine Entschei-dungsbefugnis (vgl. [X.], 40 Rn. 16 f.; 102, 90 Rn. 23; [X.], NJW 2010, 2236 Rn. 15 f.; [X.]-2500 § 33 Nr. 35 Rn. 20).
2. Hatte der Kläger dem Geschädigten mithin Sozialleistungen zu erbrin-gen, dann ging nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Schadensersatzanspruch des Geschädigten -
soweit sachliche und zeitliche Kongruenz gegeben war
-

auf ihn über.
Dafür ist es unerheblich, dass die Regelungen des § 14 [X.] nicht ohne Weiteres auf das Innenverhältnis der Rehabilitationsträger untereinander übertragen werden können und dass Ausgleichsansprüche des erstangegan-genen Trägers gegen den eigentlich zuständigen Träger bestehen können (vgl. [X.], 267 Rn. 14; 105, 271 Rn. 14 f.; [X.], [X.]-3250 § 14 Nr.
2 Rn.
15
ff.). Denn der [X.] nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist an die Voraussetzung geknüpft, dass der Sozialleistungsträger nach außen hin, das heißt gegenüber dem Geschädigten, zur Leistung gesetzlich verpflichtet ist. Wenn von mehreren in Betracht kommenden Sozialleistungsträgern nur einer im Außenverhältnis leistungspflichtig ist, ist also dieser allein als [X.] des Geschädigten gegenüber dem Schädiger anspruchsberechtigt, und 13
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zwar ohne Rücksicht darauf, ob er nach den einschlägigen [X.] im Innenverhältnis ebenfalls Ersatz für seine Aufwendungen verlangen könnte ([X.], Urteil vom 17. April 1958 -
II
ZR 198/56, [X.]Z 27, 107, 111; Ka-ter in [X.] Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 116 [X.] Rn.
153 [Stand: Juni 2013]). Eine doppelte Entschädigung des ausgleichsbe-rechtigten und eine dadurch eintretende Benachteiligung des ausgleichspflichti-gen Trägers werden entweder dadurch vermieden, dass der [X.] von dem Ausgleichsverpflichteten einen Ausgleich nur erhält, wenn er die-sem den Schadensersatzanspruch in Höhe des [X.] abtritt, oder dadurch, dass er dem anderen Träger den Ausgleichsbetrag nach Empfang der Schadensersatzleistung zurückzuzahlen hat ([X.], Urteil vom 17. April 1958
-
II
ZR 198/56, aaO, 122 f.). Auch eine etwaige spätere Regressabwicklung zwischen den Rehabilitationsträgern wird dadurch erleichtert, da sich die Erstat-tungspflicht in Höhe des bereits geleisteten Schadensersatzes mindert (vgl. [X.], [X.] 3-3100 § 81a Nr. 1, S. 5).
Etwas anderes folgt nicht aus der Rechtsprechung des erkennenden Se-nats, wonach die in den §§ 102 ff. [X.] enthaltenen [X.] die Annahme ausschließen, ein unzuständiger Leistungsträger könne durch eigenes Handeln auf den [X.] Einfluss nehmen und auf diese Weise zulasten des zuständigen Leistungsträgers über den Anspruch verfügen (Senatsurteile vom 8. Juli 2003 -
VI
ZR 274/02, [X.]Z 155, 342, 348 und vom 5.
Mai 2009 -
VI
ZR 208/08, [X.], 995 Rn. 17). Denn in der vorliegenden Konstellation ist der [X.] eine Folge der besonderen Regelung des § 14 [X.], wonach der erstangegangene Träger binnen kurzer Frist und mit im Außenverhältnis auch den eigentlich zuständigen Träger bindender Wir-kung über seine Leistungszuständigkeit entscheidet.
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Soweit das [X.] entschieden hat, dass sich die [X.] nach § 14 [X.] nicht auf eine rechtlich eigenständige Heranziehungs-verfügung erstreckt ([X.]E 114, 147 Rn. 14), lässt sich dies auf den Anspruchs-übergang nach § 116 [X.] nicht übertragen. Denn dieser knüpft, wie ausge-führt, unmittelbar an die Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis an. Für eine davon zu trennende Regresszuständigkeit ist, wie auch die Vorschrift des §
118 SGB
X zeigt, kein Raum.
3. Dem Geschädigten stand ein nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf den Kläger übergehender Schadensersatzanspruch zu.
Es steht außer Streit, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Geschädig-ten 50 % aller zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 7.
April 1986 zu ersetzen. [X.] sind danach auch die Kosten, die durch die Beschäftigung des Geschädigten in einer Werkstatt für behinderte Men-schen und durch die Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten [X.] entstanden sind. Denn die
mit der Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen verbundenen Kosten dienen der Aktivierung der ver-bliebenen Arbeitskraft des Behinderten und in diesem Sinne der [X.] eines dem früheren [X.] möglichst nahe kommenden [X.]. Sie stellen sich deshalb als materieller Schaden dar (Senatsbeschluss vom 11.
Juni 1991 -
VI
ZR 307/90, [X.], 387; vgl. auch [X.], [X.], 459 f.; [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., [X.]. 4 Rn. 49). Entsprechendes gilt für die Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, die dem behinderten Menschen eine möglichst selbständi-ge und selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen oder erleichtern sollen (vgl. Majerski-[X.] in [X.]/[X.]/dies., [X.], 12. Aufl., § 55 Rn. 21). Dass der behinderungsbedingte Bedarf des Geschädigten an beiden Leistun-gen auf den Verkehrsunfall vom 7. April 1986 zurückzuführen ist, ist unstreitig.
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4. Nicht infrage steht auch, dass die von dem Kläger in Gestalt von Leis-tungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen und Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten er-brachten Sozialleistungen mit dem -
als Erwerbs-
oder Mehrbedarfsschaden (§
843 BGB) zu qualifizierenden
-
Schaden des Verletzten sachlich und zeitlich kongruent sind.
5. Ein Anspruch auf Ersatz der dem Träger der Werkstatt vom Kläger gemäß § 251 Abs. 2 Satz 2 [X.] erstatteten Krankenversicherungsbeiträge steht dem Kläger zu, wenn der Geschädigte durch den Wegeunfall seine kran-kenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit verloren hat.
Dann diente die Über-nahme der Krankenversicherungsbeiträge durch den Kläger der weiteren [X.] des dem Geschädigten als Pflichtversicherten zustehenden Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung (sachliche Kongruenz im
Sin-ne des § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.]).
Dem Geschädigten kann insoweit ein Schadensersatzanspruch erwach-sen sein, der durch die Zahlung der Beiträge ausgeglichen worden ist. Dies setzt voraus, dass ein entsprechender Verdienstausfall entstanden ist; das kann in Ermangelung diesbezüglicher Feststellungen nicht beurteilt werden.
a) Ein [X.] kann Krankenversicherungsbeiträge ein-schließlich der Arbeitgeberanteile umfassen, wenn ein pflichtversicherter Ge-schädigter vor dem schädigenden Ereignis durch seine Arbeit solche Beiträge "verdient"
hat. Dies setzt voraus, dass dieser "Verdienst"
infolge des [X.] entfällt, die Beiträge aber gleichwohl auf Grund einer [X.] Mitgliedschaft des Geschädigten in der gesetzlichen [X.] werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 8. November 1983
-
VI
[X.], [X.]Z 89, 14, 15 ff. und vom 10. Juli 2007 -
VI
[X.], 19
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-

[X.]Z 173, 169 Rn. 12). Danach können auch
die Beiträge ersatzfähig sein, die für einen behinderten Menschen entrichtet werden müssen, der in einer aner-kannten Werkstatt für behinderte Menschen tätig und deshalb nach § 5 Abs.
1 Nr.
7 [X.] versicherungspflichtig ist. Es handelt sich dabei nicht um
einen Schaden des zur Beitragszahlung verpflichteten Trägers der Einrichtung (§
251 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2 [X.]), sondern um einen solchen des Geschädigten; denn die Heranziehung des Trägers zu den Beiträgen ist nicht Ausfluss eines internen Lastenausgleichs zwischen ihm und dem Krankenversicherungsträger, sondern die Beiträge dienen der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes des Geschädigten (vgl. Senatsurteile vom 8. November 1983 -
VI [X.], [X.]Z 89, 14, 21 ff. und vom 10. Juli 2007 -
VI [X.], [X.]Z 173, 169 Rn.
16; anders [X.], [X.], 436, 437 m. zust. [X.]). Hinter-grund für die Beitragstragung durch Dritte in diesem Fall ist nämlich der [X.], dass es sozial unvertretbar ist, von diesen Personen mit typischerweise sehr geringen Einkünften Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu fordern (vgl. [X.] in jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 251 Rn. 37).
b) Die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] liegen vor.
Bei den Erstattungen gemäß § 251 Abs. 2 Satz 2 [X.] handelt es sich um Sozialleistungen. Sozialleistungen im Sinne des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB
X in Verbindung mit § 11 SGB I liegen regelmäßig dann vor, wenn die Leistung durch einen Sozialleistungsträger nach den Bestimmungen des [X.] einem Sozialleistungsberechtigten zu erbringen ist und diesen individuell begünstigt; sie wird dann in aller Regel auch der Verwirklichung eines [X.] Rechts im Sinne der §§ 3 bis 10 SGB I dienen (vgl. [X.], [X.] 2014, 938, Rn.
13
f.). Der zuständige Leistungsträger hat nach den Bestimmungen des [X.] für die vom [X.] zu tragenden Beiträge wirt-schaftlich einzustehen und begünstigt diesen individuell (vgl. [X.], aaO Rn. 15). 23
24
-

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Die Erstattungszahlungen dienen auch der Verwirklichung [X.] Rechte im Sinne der §§ 3 ff. [X.] Dabei ist der den Regelungen zur Versicherungspflicht behinderter Menschen bei Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen und den ergänzenden Regelungen zur Beitragstragung und Beitragserstattung zugrundeliegende Zweck der Förderung behinderter Menschen zu [X.]. Die [X.] zielen nicht auf die Bereicherung des Einrich-tungsträgers, sondern dienen in erster Linie einem [X.] Zweck (vgl. [X.], [X.] 2014, 938, Rn. 16) bzw. dem [X.] Recht auf Teilhabe nach §
10 SGB
I. Danach ist davon auszugehen, dass sie nicht nur den [X.] sondern ebenso
den behinderten Menschen begünstigen; sie haben auch ge-genüber diesem den Charakter von Sozialleistungen
im Sinne des § 116 Abs.
1 Satz 1 SGB
X.
Dass die Sozialleistung
hier nicht unmittelbar an den Geschädigten oder für ihn an die Krankenkasse erfolgt, sondern an den Träger der Einrichtung, hindert den [X.] nicht. Es entspricht vielmehr dem Zweck der Legalzession des § 116 Abs. 1 [X.], den Schädiger durch die Sozialleistung nicht unverdient zu entlasten (vgl. nur Senatsurteil vom 28.
Juni 2011 -
VI
ZR 194/10, [X.]Z 190, 131 Rn. 21 mwN).
Die Erstattungspflicht des klagenden Rehabilitationsträgers ist auch durch das Schadensereignis ausgelöst worden. Ohne die unfallbedingten [X.] wäre eine Behinderung des Geschädigten, die zu einem Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Versicherungspflicht nach §
5 Abs. 1 Nr. 7 [X.] geführt hat, nicht eingetreten.
6. Nach alledem ist das angefochtene Urteil auf die Revision aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO), hinsichtlich der Kosten für die Teilhabe am Arbeitsleben und die Hilfen zum Leben in der [X.] ist das landgerichtliche Urteil 25
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wiederherzustellen (§ 563 Abs. 3 ZPO) und im Übrigen die Sache an das [X.] zurückzuverweisen, da sie insoweit zur Endentscheidung noch nicht reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Galke
Pauge
Stöhr

Offenloch
Oehler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.12.2012 -
4 O 3011/11 (374) -

O[X.], Entscheidung vom 14.01.2014 -
7 U 20/13 -

Meta

VI ZR 54/14

27.01.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2015, Az. VI ZR 54/14 (REWIS RS 2015, 16506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16506

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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