Bundessozialgericht, Urteil vom 12.03.2019, Az. B 13 R 27/17 R

13. Senat | REWIS RS 2019, 9481

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus der gesetzlichen Rentenversicherung - Beurteilung, ob die Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 SGB 6 gefährdet oder gemindert ist - letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Bezugsberuf ohne zeitliche Beschränkung)


Leitsatz

Bei der Beurteilung, ob die Erwerbsfähigkeit bedroht oder beeinträchtigt ist, ist ohne zeitliche Beschränkung regelmäßig an die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit anzuknüpfen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig.

2

Nach einer fünfjährigen Tätigkeit als Kontoristin absolvierte die im September 1961 geborene Klägerin von Juli 1989 bis Juni 1991 eine Ausbildung zur Physiotherapeutin. Nach dem Anerkennungsjahr (August 1991 bis Dezember 1992) übte sie diesen Beruf von April 1993 bis Mai 1997, von Mai 1998 bis August 1999 und von Juni 2001 bis Mai 2003 aus. Anschließend ist die Klägerin arbeitslos bzw arbeitsunfähig und seit 2007 als Kellnerin geringfügig nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Bei ihr besteht - jedenfalls seit März 2013 - eine ausgeprägte Heberden-Arthrose, eine geringere Arthrose im Fingermittelgelenk, eine Rhizarthrose rechts und eine Gonarthrose des linken Kniegelenks.

3

Unter Hinweis auf diese Erkrankungen beantragte die Klägerin am [X.] Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der [X.], die den Antrag mit Schreiben vom [X.] an die Beklagte weiterleitete. Diese lehnte die beantragten Leistungen ab (Bescheid vom [X.]). Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie zurück, weil die Klägerin Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit ausüben könne. Ihr Berufsleben sei in den letzten zehn Jahren von keiner Tätigkeit geprägt gewesen. Deshalb könne kein spezieller [X.] festgestellt werden. [X.] sei daher der allgemeine Arbeitsmarkt (Widerspruchsbescheid vom 22.10.2013).

4

Das [X.] hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2013 verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom 31.7.2015). Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das [X.] mit der Begründung zurückgewiesen, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei gemindert, weil sie wegen ihrer Erkrankung den Beruf der Physiotherapeutin nicht mehr ausüben könne. Dieser und nicht sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei maßgeblicher [X.], auch wenn er von der Klägerin längere [X.] nicht mehr ausgeübt worden sei. Ein Anhaltspunkt für eine zeitliche Grenze, nach der nicht mehr auf einen zuvor ausgeübten Beruf oder eine zuvor ausgeübte Tätigkeit abzustellen sei, sei weder dem Gesetz noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmen. Zudem könne für den Beruf der Physiotherapeutin nicht pauschal vom Verlust der Kernkompetenzen und Qualifikationen durch eine längere [X.] der Nichtausübung ausgegangen werden (Urteil vom 10.3.2016).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 10 Abs 1 [X.]. Durch die Rechtsprechung des [X.] sei bereits geklärt, dass die Erwerbsfähigkeit im Sinne dieser Norm auf einen konkreten bisher ausgeübten Beruf bezogen sei. Dies meine nicht nur die letzte Tätigkeit und nicht überhaupt nur eine bisherige Tätigkeit; vielmehr seien die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lang zurückliegender [X.], in die Betrachtung einzubeziehen. Der überwiegende Teil der Rechtsprechung wie auch Teile der Literatur schlössen daher - je nach den Umständen des Einzelfalles - eine zuletzt etwa zehn Jahre vor Antragstellung ausgeübte Tätigkeit als [X.] aus.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 10. März 2016 und des [X.] vom 31. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidungen des [X.] und des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet (§ 170 Abs 1 [X.] SGG).

Zu Recht hat das [X.] mit dem angegriffenen Urteil die Berufung der Beklagten gegen die Aufhebung des Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2013 zurückgewiesen. Die [X.]lägerin hat Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§§ 131 Abs 3, 153 Abs 1, 165 [X.] SGG). Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Teilhabe am Arbeitsleben liegen vor. Insbesondere ist die Erwerbsfähigkeit der [X.]lägerin in dem Beruf als Physiotherapeutin wegen [X.]rankheit erheblich gemindert iS des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.].

Die [X.]lägerin hat einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 9, 10, 11, 12, 16 [X.] (in der Fassung durch Bekanntmachung der Neufassung des [X.] vom [X.], [X.] 754) iVm § 33 [X.] (in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung durch Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, [X.] 2854). Die Zuständigkeit der Beklagten hierfür folgt - nach Weiterleitung des Antrags durch die [X.] - aus § 14 Abs 2 [X.] (in der Fassung des [X.] schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, [X.] 606).

Gemäß § 9 Abs 2 [X.] können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "ob" der Leistung, der uneingeschränkten gerichtlichen [X.]ontrolle, während das "wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (stRspr, vgl nur [X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 15/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] Rd[X.] 12 mwN).

Die [X.]lägerin erfüllte nach den nicht mit [X.] angegriffenen und für den [X.] bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des [X.] bei Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 [X.]) der beantragten Teilhabeleistungen; ein [X.] iS des § 12 [X.] ist nicht gegeben. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt die [X.]lägerin auch die persönlichen Voraussetzungen für eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 10 [X.] in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung der Neufassung des [X.] vom [X.], [X.] 754).

Nach § 10 Abs 1 [X.] haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen [X.]rankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (§ 10 Abs 1 [X.] 1 [X.]). Darüber hinaus muss - nur dies ist vorliegend von Bedeutung - bei geminderter Erwerbsfähigkeit des Versicherten diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden können (§ 10 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]).

An der grundsätzlichen Rehabilitationsfähigkeit der [X.]lägerin, die zur Feststellung einer derartigen Erfolgsaussicht gegeben sein muss (vgl [X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 15/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] Rd[X.]9), bestehen aufgrund der vom [X.] festgestellten Tatsachen keine Zweifel.

Auch ist die Erwerbsfähigkeit der [X.]lägerin erheblich gemindert. Sie kann wegen der bei ihr - nach den Feststellungen des [X.] - vorliegenden [X.]rankheiten bzw Behinderungen (zu diesen Begriffen vgl Zabre in [X.], [X.], 5. Aufl 2017, § 10 Rd[X.] 5 f; Günniker in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/2012, [X.] § 10 Rd[X.] 7 mwN) in ihrem Beruf als Physiotherapeutin nicht mehr arbeiten. Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne ist die Fähigkeit, den "bisherigen Beruf" - oder die bisherige Tätigkeit - weiter ausüben zu können. Dies ist grundsätzlich der zuletzt innegehabte Arbeitsplatz (hierzu 1.). Der Anknüpfung an den Beruf Physiotherapeutin steht nicht entgegen, dass die [X.]lägerin in diesem Beruf letztmalig im Mai 2003 beschäftigt war, ihn mithin für einen [X.]raum von zehn Jahren vor Antragstellung nicht ausgeübt hat (hierzu 2.). Dies folgt angesichts des indifferenten Wortlauts aus der Regelungsgeschichte des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] und hiermit im Zusammenhang stehender rehabilitationsrechtlicher Vorschriften (hierzu a) wie auch aus systematischen Erwägungen (hierzu b). Aus den Urteilen des [X.] (11 RA 8/79 - [X.], 263, 267 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10) und vom [X.] ([X.] R 20/14 R - [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1) folgt nichts anderes (hierzu c). Schließlich sind die [X.]rankheiten bzw Behinderungen der [X.]lägerin auch kausal für die erhebliche Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit (hierzu 3.).

1. Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] ist die Fähigkeit eines Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Ausgangspunkt der Betrachtung ist mithin die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in Bezug auf die bisher ausgeübte(n) Tätigkeit(en). Auf eine etwaige Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommt es grundsätzlich nicht an. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.], der anders als § 43 [X.] nicht auf die Erwerbsminderung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes abstellt. Auch fehlt es an einer Bezugnahme des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] auf § 43 [X.] oder § 240 Abs 2 [X.]. Die dortigen [X.]riterien sind im Rahmen des § 10 Abs 1 [X.] nicht anwendbar ([X.] vom 29.3.2006 - [X.] RJ 37/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] 1 Rd[X.] 15; [X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 15/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] Rd[X.] 17, 21, jeweils mwN; vgl auch Günniker in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/2012, [X.] § 10 Rd[X.] 3; [X.]ater in [X.]asseler [X.]ommentar, Stand März 2017, § 10 Rd[X.] 3).

Dies hat das [X.] bereits in der grundlegenden Entscheidung vom 29.2.1968 (4 RJ 423/66 - [X.], 18 = [X.] [X.] 4 zu § 1236 Reichsversicherungsordnung <[X.]>) zu dem seit 1957 geltenden Rehabilitationsrecht hervorgehoben. Dort wird darauf hingewiesen, dass § 1236 Abs 1 [X.] den Begriff der Erwerbsfähigkeit verwende, wohingegen § 1246 [X.] die Berufsunfähigkeit betreffe. Der damals zuständige 4. [X.] ist ausdrücklich der Auffassung entgegengetreten, die Voraussetzungen für die Minderung der Erwerbsfähigkeit im rehabilitationsrechtlichen Sinne seien im Lichte der Voraussetzungen eines Rentenanspruchs zu verstehen. Daher stehe die [X.] auf eine andere Tätigkeit dem Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen nicht entgegen ([X.] vom 29.2.1968 - 4 RJ 423/66 - [X.], 18 = [X.] [X.] 4 zu § 1236 [X.], Juris Rd[X.] 17). In späteren Entscheidungen hat das [X.] diesen Ansatz immer wieder bekräftigt (zuletzt [X.] vom 11.5.2011 - [X.] R 54/10 R - [X.], 158 = [X.] 4-2600 § 17 [X.] 1, Rd[X.] 46 mwN).

Zu prüfen ist danach, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des bisher bzw gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs (oder der ausgeübten Tätigkeit) noch nachkommen kann ([X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 15/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] Rd[X.] 17, 19). Sowohl bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung, nämlich ob die Erwerbsfähigkeit bedroht oder beeinträchtigt ist, als auch bei der Auswahl einer konkreten Leistung ist grundsätzlich von dem zuletzt innegehabten Arbeitsplatz auszugehen ([X.] vom [X.] - [X.] R 20/14 R - [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1 Rd[X.] 41 mwN). In die Betrachtung können jedoch, soweit erforderlich, auch alle weiteren beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre einbezogen werden, sofern sie nicht in allzu lange zurückliegender [X.] ausgeübt wurden. Nicht maßgeblich sind aber Tätigkeiten, die nur verhältnismäßig kurze [X.] verrichtet ([X.] vom [X.] - [X.] R 20/14 R - [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1 Rd[X.] 41; zu § 14a [X.] [X.]: [X.] vom 31.1.1980 - 11 RA 8/79 - [X.], 263, 267 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10 [X.]8 - Juris Rd[X.]0) oder nicht versicherungspflichtig ausgeübt worden sind (vgl [X.] vom 29.2.1968 - 4 RJ 423/66 - [X.], 18 = [X.] [X.] 4 zu § 1236 [X.], Juris Rd[X.] 15).

2. Der Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass "bisheriger Beruf" der [X.]lägerin nicht mehr die Tätigkeit als Physiotherapeutin sein könne, da diese zuletzt 2003, also fast zehn Jahre vor Antragstellung, ausgeübt worden sei. Weder der Wortlaut des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] noch die Regelungsgeschichte der rehabilitationsrechtlichen Vorschriften, anhand derer die vorstehend dargestellte Rechtsprechung entwickelt wurde, bieten Anhaltspunkte für eine Einschränkung des in § 9 [X.] formulierten Teilhabeanspruchs wegen [X.]ablaufs.

a) Dem Wortlaut des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] und dem dort verwandten Begriff "Erwerbsfähigkeit" ist keinerlei Hinweis zu der vorliegenden Problematik zu entnehmen. Jedoch legt die Regelungsgeschichte der Vorschriften über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der gesetzlichen Rentenversicherung (früher: Berufsförderung bzw berufsfördernde Leistungen) nahe, ohne zeitliche Beschränkung regelmäßig an die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit anzuknüpfen, um die erhebliche Gefährdung bzw Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.

Die [X.]odifikation der Rehabilitation im Rentenrecht erfolgte zunächst durch das [X.] (vom 23.2.1957, [X.] 45 - [X.]) und das [X.] (vom 23.2.1957, [X.] 88 - [X.]), durch welche auch die Berufsunfähigkeitsrente eingeführt wurde (§ 1246 [X.] bzw 23 [X.] idF des [X.] bzw des [X.]). Nach § 1236 Abs 1 [X.] bzw § 13 Abs 1 [X.] (in der genannten Fassung) konnte der jeweilige Rentenversicherungsträger Maßnahmen in dem in § 1237 [X.] bzw § 14 [X.] bestimmten Umfang zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von [X.]rankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen [X.]räfte gefährdet oder gemindert war und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden konnte. Diese Maßnahmen erstreckten sich auf Heilbehandlung, Berufsförderung und [X.] Betreuung (§ 1237 Abs 1 [X.] bzw § 14 Abs 1 [X.]), wobei die Berufsförderung Maßnahmen zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit im bisherigen Beruf (§ 1237 Abs 3 Buchst a [X.] bzw § 14 Abs 3 Buchst a [X.]), Ausbildung für einen anderen nach der bisherigen Berufstätigkeit zumutbaren Beruf (Buchst b) und Hilfe zur Erhaltung oder zur Erlangung einer Arbeitsstelle (Buchst c) umfasste. Die Formulierungen "im bisherigen Beruf" und "nach der bisherigen Berufstätigkeit" verdeutlichen, dass die rehabilitationsrechtliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht anhand der Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, sondern an denen der konkreten, "bisher" ausgeübten Tätigkeit zu bestimmen war (vgl bereits [X.] vom 29.2.1968 - 4 RJ 423/66 - [X.], 18 = [X.] [X.] 4 zu § 1236 [X.], Juris Rd[X.] 15).

In der Begründung der Bundesregierung zum späteren § 1237 [X.] idF des [X.] wird dies durch die Ausführungen unterstrichen, es seien Maßnahmen einzuleiten, "die es dem Betreuten ermöglichen, seinen alten Arbeitsplatz, einen anderen Arbeitsplatz im bisherigen oder einem neuen Beruf einzunehmen und einen solchen Arbeitsplatz auch tatsächlich zu finden" (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten - Rentenversicherungsgesetz, BT-Drucks 2/2437, 67 zu § 1242 [X.]).

Nachfolgende Gesetzesänderungen behielten diese [X.]onzeption der berufsfördernden Leistungen im Grundsatz bei. § 1237a [X.] bzw § 14b [X.] idF des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (vom [X.], [X.] 1881 - [X.]) umschrieben die berufsfördernden Leistungen, darunter auch Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes sowie berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung (§ 1237a Abs 1 [X.] [X.] 1 und [X.] 3 [X.] bzw § 14 Abs 1 [X.] 1 und [X.] 3 [X.] idF des [X.]; § 11 Abs 2 [X.] [X.] 1 und [X.] 3 [X.]). Ein darüber hinausgehender Bezug zur bisherigen Tätigkeit wurde nunmehr jedoch erst durch die Regelungen über die Auswahl der Maßnahme hergestellt, bei der "Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit angemessen zu berücksichtigen" waren (§ 1237a [X.] [X.] bzw § 14a [X.] [X.] idF des [X.]; § 11 Abs 1 [X.] [X.]).

Die Eingliederung des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung in das [X.] führte zu keiner für die vorliegende Fragestellung bedeutsamen Änderung der Regelungen über berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. Das Rentenreformgesetz 1992 ([X.] 1989, 2261; [X.] 1990, 1337 - [X.] 1992) übernahm das Rehabilitationsrecht mit den Zielvorstellungen, die es durch das [X.] 1974 erhalten hatte (Entwurf der Fraktionen der [X.], [X.] und [X.] zum [X.] 1992, BT-Drucks 11/4124, 153). § 10 [X.] bestimmte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen der Rehabilitation der Rentenversicherungsträger weitgehend entsprechend dem seit [X.] geltenden Recht (§ 1236 Abs 1 [X.] idF 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 22.12.1981, [X.] 1523). Lediglich der [X.]punkt für die Bestimmung der Erfolgsaussichten solcher Leistungen wurde vorverlegt (Entwurf der Fraktionen der [X.], [X.] und [X.] zum [X.] 1992, BT-Drucks 11/4124, 154). Den - nicht abschließenden - [X.]atalog berufsfördernder Leistungen sowie die Grundsätze über deren Auswahl ua unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit enthielt nun § 16 [X.]. Diese Inhalte wurden zum [X.] in § 33 Abs 3 und Abs 4 [X.] - seit 1.1.2018 § 49 Abs 3 und 4 [X.] - übernommen ([X.] - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, [X.] 1046) auf die § 16 [X.] seither verweist. Das regelmäßige Anknüpfen an die zuletzt tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (Beruf) spiegelt sich heute auch in § 10 Abs 1 [X.] Buchst c Alternative 1 und Alternative 2 [X.] wider. Danach sollen die Hilfen auf die Erhaltung des bisherigen oder die Erlangung einer anderen Arbeitsstelle gerichtet sein.

b) Gegen eine zeitliche Begrenzung der Rückanknüpfung bei der Bestimmung des bisherigen Berufs spricht auch die systematische Verschränkung von persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Nach § 11 Abs 1 [X.] (§ 11 [X.] idF des [X.] 2011 vom [X.], [X.] 1885) haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben ([X.] 1) (Fortführung der Änderungen des § 1236 Abs 1a [X.] durch das [X.] sowie das Zwanzigste Rentenanpassungsgesetz vom [X.], [X.] 1040 - 20. [X.]) oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen ([X.]). Gemäß Abs 2a werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an Versicherte auch erbracht, wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre ([X.] 1) oder sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im [X.] an medizinische Rehabilitationsleistungen erforderlich sind ([X.]). Das Gesetz knüpft damit lediglich in Abs 1 [X.] und Abs 2a [X.] 1 den Anspruch auf Teilhabeleistungen an das Vorliegen rentenrechtlicher Voraussetzungen, insbesondere der sog [X.] nach § 43 Abs 1 [X.] [X.] bzw Abs 2 [X.] [X.] [X.]. Diese stellt sicher, dass Versicherte Rente wegen Erwerbsminderung nicht allein aufgrund der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erhalten, obwohl sie möglicherweise bereits seit Jahrzehnten aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind (vgl [X.] in Juris P[X.]-[X.], § 43 Rd[X.]54). Dagegen ist nach § 11 Abs 1 [X.] 1 [X.] ausschließlich die Erfüllung der 15-jährigen Wartezeit Anspruchsvoraussetzung für Teilhabeleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Hätte der Gesetzgeber den Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe stets davon abhängig machen wollen, dass bei Antragstellung eine gewisse Nähe zum Erwerbsleben besteht oder gar die Voraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt sind, hätte es nahe gelegen, die fraglichen Vorschriften entsprechend zu fassen (vgl hierzu und zum Folgenden [X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 15/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] Rd[X.]2 f).

Tatsächlich ist eine entsprechende Gesetzesfassung, die eine gewisse Nähe zum Erwerbsleben auch zur Voraussetzung berufsfördernder Leistungen gemacht hätte, in Vorbereitung des [X.] 1992 erwogen worden. § 11 Abs 2 [X.] 1 des Referentenentwurfs eines [X.] 1992 bestimmte, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation erfüllt sind, wenn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt sind (Diskussions- und Referentenentwurf [X.] 1992, [X.]). Zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gehörte nach § 43 Abs 1 [X.] bzw § 44 Abs 1 [X.] des Referentenentwurfs eines [X.] 1992 ([X.], [X.] ff) auch das Erfordernis, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zu haben. Schon der später unverändert beschlossene § 11 Abs 1 [X.] idF des [X.] zum [X.] 1992 (Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.], [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 7.3.1989, BT-Drucks 11/4124, [X.]5, Begründung [X.]54) hat jedoch eine derartige Verknüpfung nicht mehr vorgenommen.

Entgegen dem [X.] hat auch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ([X.] vom 20.12.2000, [X.] 1827) insoweit keine Änderung herbeigeführt. Zwar verfolgte der Gesetzgeber hiermit ua das von der Beklagten hervorgehobene Ziel einer sachgerechten "Verteilung des [X.] zwischen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung", allerdings sollte dies "durch Erstattungsleistungen der [X.] an die Rentenversicherung" (Gesetzentwurf der Fraktionen [X.] und [X.]/[X.] eines Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom [X.], BT-Drucks 14/4230 [X.]) verwirklicht werden und nicht durch eine Neujustierung im Bereich des Rehabilitationsrechts. Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen dieses Gesetzes die versicherungsrechtlichen oder persönlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rehabilitation verschärft werden sollten, finden sich nicht. Im Gegenteil war die mit dem [X.] vorgenommene Neufassung des § 10 [X.] gerade darauf gerichtet, die persönlichen Voraussetzungen zu lockern, um berufsfördernde Leistungen zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes auch dann zu ermöglichen, wenn bei teilweiser Erwerbsminderung keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht (Gesetzentwurf der Fraktionen [X.] und [X.]/[X.] eines Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom [X.], BT-Drucks 14/4230 S 24 f zu Art 1 [X.]).

Diese Entwicklung spricht dafür, dass der Gesetzgeber Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Erfüllung der 15-jährigen Wartezeit von dem Vorliegen rentenrechtlicher Voraussetzungen, also auch dem Erfordernis der Nähe zum Erwerbsleben, bewusst abgekoppelt hat. Es ist dann jedoch auch nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in § 10 [X.] im Hinblick auf den Bezugsberuf eine ähnlich wirkende zeitliche Grenze hat regeln wollen.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch § 12 Abs 1 [X.], der die Fälle des Verlustes des Anspruchs auf Teilhabeleistungen wegen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben abschließend regelt (vgl [X.] vom 14.12.1994 - 4 RA 42/94 - [X.] 3-1200 § 39 [X.] 1, Juris Rd[X.]2; [X.] vom 26.6.2007 - B 1 [X.]R 34/06 R - [X.]E 98, 267 = [X.] 4-3250 § 14 [X.] 4, Rd[X.] 37). Danach werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua nicht für Versicherte erbracht, die eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Dritteln der Vollrente beziehen oder beantragt haben ([X.]), die eine Leistung beziehen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird ([X.] 4a), oder sich in Untersuchungshaft oder im Vollzug einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befinden oder einstweilig nach § 126a Abs 1 Strafprozessordnung untergebracht sind, sofern Versicherte sich nicht im erleichterten Strafvollzug befinden ([X.] 5). Damit kommt es für die Auslegung des Merkmals "Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit" bei § 10 [X.] lediglich auf die Erwerbsfähigkeit als solche an. Mit Ausnahme des § 10 Abs 1 [X.]c [X.] ist es im Rahmen dieser Regelung nicht entscheidend, ob der Versicherte tatsächlich noch einer Erwerbstätigkeit nachgeht; die Prüfung dieses Umstandes erfolgt vielmehr bei § 12 Abs 1 [X.] (vgl [X.] vom [X.] - B 1 [X.]R 33/09 R - Juris Rd[X.] 18, 21). Hieraus folgt, dass verwandte Gesichtspunkte wie das Fehlen einer versicherungspflichtigen Tätigkeit während eines längeren [X.]raums vor der Antragstellung nicht in die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Erwerbsfähigkeit" des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] anspruchsbeschränkend einzubeziehen sind.

c) Einer Anknüpfung an die zuletzt vor der Antragstellung von der [X.]lägerin versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit einer Physiotherapeutin stehen auch die Urteile des [X.] (11 RA 8/79 - [X.], 263 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10) und vom [X.] ([X.] R 20/14 R - [X.], 98 = [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1) nicht entgegen. Beide Entscheidungen betrafen Fallgestaltungen, in denen die [X.]läger in den letzten Jahren vor den streitgegenständlichen Anträgen auf berufsfördernde Maßnahmen bzw Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mehrere versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt hatten. Im Streit über die [X.] einer bestimmten Ausbildung hat der 11. [X.] ausgeführt, mit der nach § 14a [X.] [X.] (= § 1237a [X.] [X.]) bei der Auswahl einer berufsfördernden Maßnahme angemessen zu berücksichtigenden bisherigen Tätigkeit sei nicht die letzte Tätigkeit und nicht überhaupt nur eine bisherige Tätigkeit gemeint; vielmehr seien die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender [X.], in die Betrachtung einzubeziehen ([X.] vom 31.1.1980 - 11 RA 8/79 - [X.], 263 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10, Juris Rd[X.]0).

Dem hat sich der 13. [X.] im Streit über die Höhe des während der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation zu zahlenden Übergangsgelds angeschlossen. In Auslegung der Bestimmungen über die Ermittlung des Übergangsgelds nach dem tariflichen Arbeitsentgelt gemäß § 48 S 2 [X.] (in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung des [X.] vom 19.6.2001, [X.] 1046) hat der [X.] entschieden, dass hierfür grundsätzlich von der Beschäftigung auszugehen sei, die bei Bewilligung der konkreten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zuletzt tatsächlich ausgeübt worden sei. Außer [X.] zu lassen seien jedoch Tätigkeiten, die nur kurze [X.] verrichtet oder die in allzu lange zurückliegender [X.] ausgeübt worden seien, und solche, die nur mit Rücksicht auf diejenige Behinderung ausgeübt worden seien, die Grund für die Bewilligung der konkreten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben sei, also den konkreten Rehabilitationsanlass bilde ([X.] vom [X.] - [X.] R 20/14 R - [X.], 98 = [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1 Rd[X.] 30). Eine berufliche Tätigkeit, die länger als sechs Jahre zurückliege, könne unter Beachtung des Sinns und Zwecks des § 48 S 2 [X.], den realen Lebensstandard während der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erhalten, regelmäßig nicht mehr Grundlage für die Ermittlung des tariflichen Arbeitsentgelts sein ([X.], aaO, Leitsatz 2 und Rd[X.] 44). Zur Begründung der Möglichkeit, für die Ermittlung des Übergangsgelds gemäß § 48 S 2 [X.] nicht nur an die letzte, sondern unter den genannten Umständen auch an frühere Tätigkeiten anzuknüpfen, hat sich der [X.] unter systematischen Gesichtspunkten auch auf § 33 Abs 4 [X.] (in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung des [X.] vom 19.6.2001, [X.] 1046) gestützt. Danach war bei der Auswahl der Leistungen ua die "bisherige Tätigkeit" angemessen zu berücksichtigen. Es sei sowohl bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung, nämlich ob die Erwerbsfähigkeit (iS von § 33 Abs 1 [X.] damaliger Fassung) bedroht oder beeinträchtigt sei, als auch bei der Auswahl einer konkreten Leistung grundsätzlich von dem zuletzt innegehabten Arbeitsplatz auszugehen. Jedoch könnten im [X.] an das og Urteil des 11. [X.]s vom 31.1.1980 (11 RA 8/79 - [X.], 263 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10) in die Betrachtung, soweit erforderlich, auch alle weiteren beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren einbezogen werden, sofern sie nicht in allzu lange zurückliegender [X.] ausgeübt worden seien ([X.] vom [X.] - [X.] R 20/14 R - [X.], 98 = [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1 Rd[X.] 41).

Den Ausführungen in den Urteilen vom 31.1.1980 und [X.] (11 RA 8/79 - [X.], 263 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 10 bzw [X.] R 20/14 R - [X.], 98 = [X.] 4-3250 § 48 [X.] 1) steht nicht entgegen, dass der [X.] vorliegend bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung der streitigen Teilhabeleistung, insbesondere der Frage, ob die Erwerbsfähigkeit der [X.]lägerin iS von § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] erheblich gefährdet oder gemindert ist, an die zuletzt von ihr versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Physiotherapeutin anknüpft. Eine Fallkonstellation wie in diesen Urteilen, in der "auch alle weiteren beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren einbezogen werden" können, liegt nicht vor. Die von ihr seit 2007 geringfügig ausgeübte Tätigkeit als [X.]ellnerin in einem Café scheidet als Bezugsberuf schon deshalb aus, weil sie diese nicht versicherungspflichtig ausgeübt hat (vgl zu diesem Erfordernis schon [X.] vom 29.2.1968 - 4 RJ 423/66 - [X.], 18 = [X.] [X.] 4 zu § 1236 [X.], Juris Rd[X.] 15; vgl zur Unbeachtlichkeit nicht rentenversicherungspflichtiger Tätigkeiten im Rahmen der Eignungsprognose einer Maßnahme [X.] vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R - [X.] 4-3250 § 14 [X.] 3 Rd[X.] 43 f; [X.] vom 29.3.2006 - [X.] RJ 37/05 R - [X.] 4-2600 § 10 [X.] 1 Rd[X.]3). Im Übrigen hat das [X.] insoweit bindend festgestellt, dass die [X.]lägerin auch diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen (Gonarthrose im linken [X.]niegelenk) nicht mehr verrichten kann.

3. Schließlich ist die Erwerbsfähigkeit der [X.]lägerin auch "wegen" ihrer [X.]rankheiten bzw Behinderungen gemindert.

Erst dieses weitere Tatbestandsmerkmal des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] lässt Raum für die Berücksichtigung des von der Beklagten herausgestellten Umstandes, dass jedenfalls im Falle erst lange [X.] nach der letzten tatsächlichen Ausübung des bisherigen Berufs bzw der bisherigen Tätigkeit auftretender [X.]rankheiten bzw Behinderungen auch andere Ursachen dafür in Frage kommen, dass der Versicherte diesen Beruf nicht mehr ausüben kann. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] ("wegen") ist ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeschlossen, wenn die erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, also die Unfähigkeit eines Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können, nicht auf [X.]rankheit oder Behinderung beruht. Dabei ist der Beklagten zu folgen, wenn sie in einer solchen [X.]onstellation die "Erwerbsfähigkeit" nicht nur anhand des bisherigen Berufs bzw der bisherigen Tätigkeit, sondern auch anhand der Fähigkeit des Versicherten prüft, eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes weiter ausüben zu können. [X.] ist aber auch im Rahmen dieser subsidiären Prüfung nur eine auf [X.]rankheit oder Behinderung beruhende erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl [X.] vom 22.9.1981 - 1 RJ 12/80 - [X.]E 52, 123 = [X.] 2200 § 1237a [X.] 19, Juris Rd[X.]7 f). Vorliegend besteht jedoch kein Anlass zu einer solchen Prüfung, denn ausgehend von den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des [X.] war die [X.]lägerin im [X.] wegen ihrer [X.]rankheiten bzw Behinderungen daran gehindert, ihren bisherigen Beruf Physiotherapeutin weiter auszuüben.

Maßstab der [X.]ausalitätsprüfung ist auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung die Lehre von der wesentlich mitwirkenden Bedingung (stRspr, vgl nur [X.] vom 25.5.2018 - [X.] R 30/17 R - [X.] 4-2600 § 43 [X.]1 Rd[X.] 17 mwN). Nach dieser sind kausal und rechtserheblich nur solche (naturwissenschaftlich-philosophischen) Ursachen (1. Stufe), die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Für die insoweit erforderliche wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache für den Erfolg (2. Stufe) gilt: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Zwar kann auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat (stRspr, vgl zuletzt [X.] vom [X.] - [X.] 4-5671 Anl 1 [X.] 1103 [X.] 1 Rd[X.]3 mwN). Ist dagegen eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur diese als "wesentliche" Ursache im Sinne des Sozialrechts zu qualifizieren. Die andere, damit nicht wesentliche Ursache kann zwar gleichwohl "Auslöser" für den [X.] sein, jedoch ohne dass ihr insoweit rechtlich entscheidende Bedeutung zukäme ([X.] vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - [X.]E 96, 196 = [X.] 4-2700 § 8 [X.] 17, Rd[X.] 15 mwN).

Überragende Ursache im vorstehenden Sinne kann im [X.]ontext des § 10 Abs 1 [X.] 1 [X.] auch der Verlust verwertbarer Fähigkeiten im "bisherigen Beruf" sein, sei es durch arbeitsmarktbedingte Berufs- bzw Tätigkeitsentfremdung infolge eines grundlegenden Wandels der fachlichen Anforderungen oder durch individuelle Berufs- bzw Tätigkeitsentfremdung aufgrund des Verlustes der notwendigen [X.]enntnisse und Fähigkeiten durch langfristige Nichtausübung. Diese Umstände gehören nicht zur Risikosphäre der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl hierzu allgemein Ebsen in [X.], Handbuch des Sozialversicherungsrechts, [X.], § 5 Rd[X.] 39 ff; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch der gesetzlichen [X.] Aufl 2012 [X.]apitel 9 Rd[X.] 16 ff). Eine solche Entfremdung ist im Einzelfall, ggf anhand einer berufskundlichen Begutachtung festzustellen, sofern hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen. Im Falle arbeitsmarktbedingter Entfremdung kann dies zB eine grundlegende Änderung der Ausbildungsordnung eines Berufs sein. Demgegenüber kommt eine individuelle Entfremdung regelmäßig erst nach einer längeren [X.] der Nichtausübung eines Berufs bzw einer Tätigkeit in Betracht. In Anlehnung an die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Weiterbildungsbedarfs berufsentfremdeter Arbeitnehmer mit Berufsabschluss nach § 81 Abs 1 [X.] [X.] 1, Abs 2 [X.] [X.] 1 [X.] III, die auch den Fall einer vierjährigen Arbeitslosigkeit erfassen (§ 81 [X.] Alt 1 [X.] III), erscheinen individuelle Ermittlungen frühestens nach Ablauf von vier Jahren nach [X.] Ausübung des Bezugsberufs notwendig.

Vorliegend hat das [X.] ausdrücklich festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für eine arbeitsmarktbedingte oder individuelle Berufsentfremdung der [X.]lägerin bestehen. Für den Beruf der Physiotherapeutin erschließe sich nicht, worin erhebliche Veränderungen in den Arbeitsanforderungen bestünden und welche [X.]ernkompetenzen durch [X.]ablauf verloren gehen sollten. Auch liege bei der [X.]lägerin, die [X.]inder im Haushalt betreut und nebenher regelmäßig eine geringfügige Tätigkeit ausgeübt habe, keine langjährige Arbeitsentwöhnung vor. Hieran ist der erkennende [X.] gebunden (§ 163 SGG).

4. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Meta

B 13 R 27/17 R

12.03.2019

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Berlin, 31. Juli 2015, Az: S 188 R 6774/13, Urteil

§ 10 Abs 1 Nr 1 SGB 6, § 10 Abs 1 Nr 2 SGB 6, § 11 Abs 1 SGB 6, § 16 SGB 6, § 43 SGB 6, § 240 Abs 2 SGB 6, § 49 Abs 4 SGB 9 2018

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.03.2019, Az. B 13 R 27/17 R (REWIS RS 2019, 9481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9481

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