Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 23/10 R

14. Senat | REWIS RS 2010, 2283

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche - Unionsbürger - Nichtgeltung des Ausschlusses für Ausländer nach EuFürsAbk


Leitsatz

Ein Ausländer, der sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableitet, ist nicht von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen, wenn er vom Schutzbereich des Europäischen Fürsorgeabkommens (juris: EuFürsAbk) erfasst wird.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. November 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] ([X.]) für die [X.] bis zum [X.] Zwischen den Beteiligten ist insbesondere streitig, ob der Kläger als [X.] Staatsangehöriger von den Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen ist, weil sich sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.

2

Der 1971 geborene Kläger reiste am 18.12.2007 in die [X.] ein. Der [X.] Träger der Arbeitslosenversicherung hatte ihm zuvor auf dem Vordruck [X.] bescheinigt, dass er unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit habe. Seit diesem Tag wohnt er in [X.]. Der Kläger meldete sich am [X.] bei der [X.] ([X.]) arbeitslos und bezog zunächst bis zum 17.3.2008 Arbeitslosengeld. In der Folgezeit erhielt er ab dem 28.4.2008 und - bis auf wenige Tage Unterbrechung - bis zum [X.] ([X.]). Seit dem [X.] ist er im Besitz einer Bescheinigung nach § 5 des [X.] (Freizügigkeitsgesetz/[X.] <[X.]/[X.]>).

3

Vom 1.2.2008 bis zum 23.6.2008 übte der Kläger eine Tätigkeit als Handwerkshelfer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden und einem monatlichen Entgelt von 100 Euro aus. Das Arbeitsverhältnis endete nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Zum 1.1.2009 meldete der Kläger ein Gewerbe "An- u. Verkauf, Trödel-Kafé, Kaffeeausschank" an. Da jedoch kein Vertrag über die Anmietung der Geschäftsräume zustande kam, zerschlug sich das [X.] am 5.1.2009. Die Abmeldung des Gewerbes erfolgte erst im April 2009 "rückwirkend" zum 1.1.2009.

4

Am [X.] stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Fortzahlungsantrag für den Zeitraum ab dem 1.3.2009. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 31.3.2009 und Widerspruchsbescheid vom [X.] mit der Begründung ab, der Kläger sei nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 [X.] inzwischen von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen, weil er alleine wegen seiner Eigenschaft als Arbeitsuchender freizügigkeitsberechtigt sei. Nach dem Ende seiner Beschäftigung sei er gemäß § 2 Abs 3 Satz 2 [X.]/[X.] nur für die Dauer von weiteren sechs Monaten leistungsberechtigt nach dem [X.] gewesen.

5

Die Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> vom 20.10.2009). Auf die Berufung des [X.] haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ([X.]) am 11.11.2009 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft verglichen. Im Übrigen hat das [X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger [X.] in Form der Regelleistung für die [X.] bis zum 11.11.2009 dem Grunde nach zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei leistungsberechtigt nach dem [X.]. Dem stehe der Leistungsausschluss in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 [X.] nicht entgegen. Zwar ergebe sich das Aufenthaltsrecht des [X.] im streitigen Zeitraum alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 2 Abs 2 [X.] 2 [X.]/[X.]). Ein Wegfall dieses Aufenthaltsrechts komme nur dann in Betracht, wenn aufgrund objektiver Umstände davon auszugehen sei, dass der Unionsbürger keinerlei ernsthafte Absichten verfolge, eine Beschäftigung aufzunehmen. Davon könne im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Auch könne letztlich dahinstehen, ob der Leistungsausschluss wegen Verstoßes gegen europäisches Gemeinschaftsrecht unanwendbar sei. Dies hänge maßgeblich davon ab, ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] als "Sozialhilfe" im Sinne von Art 24 Abs 2 der so genannten Unionsbürgerrichtlinie (<[X.]> Richtlinie 2004/38/[X.] und des Rates vom [X.], [X.], 77) anzusehen seien. Diese Frage bedürfe hier aber keiner abschließenden Entscheidung, weil der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 [X.] für solche Hilfebedürftigen einschränkend auszulegen sei, die durch das [X.] Fürsorgeabkommen (<[X.]> vom [X.] 1956, 564) begünstigt würden. Nach Art 1 [X.] habe der Kläger danach Anspruch auf "Fürsorge" wie ein [X.] Staatsangehöriger, der sich im Inland gewöhnlich aufhalte. Als Leistungen der Fürsorge seien nach dem Außerkrafttreten des [X.] ([X.]) am 31.12.2004 nicht nur die im [X.] ([X.]B XII), sondern auch die im [X.] für Hilfebedürftige geregelten Leistungen anzusehen. Unerheblich sei, dass die [X.] Deutschland entgegen der sich aus Art 16 Abs a) und b) des [X.] ergebenden Verpflichtung dem Generalsekretär des [X.] das Außerkrafttreten des [X.] bislang nicht mitgeteilt habe, weil die im Anhang I des Abkommens genannte Aufzählung der entsprechenden Fürsorgegesetze lediglich eine klarstellende Bedeutung zukomme. Auch sei nicht entscheidungserheblich, ob das [X.] zur Vermeidung von Wanderungsbewegungen aus einem Sozialleistungssystem in ein anderes nur auf diejenigen Ausländer Anwendung finde, die sich zur [X.] bereits in dem um Hilfe angegangenen Staat erlaubt aufhielten, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Einreise noch über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung verfügte habe.

6

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 [X.] und weist darauf hin, dass der Leistungsausschluss der Umsetzung des in Art 24 Abs 2 [X.] geregelten Vorbehalts diene. Diese Regelungen seien neuer und damit vorrangig vor dem [X.] aus dem Jahr 1953. Zwar handele es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] um "Sozialhilfe" iS des Art 24 Abs 2 [X.]. Das [X.] könne aber neben dem [X.]B XII gleichwohl nicht als "weiteres" Nachfolgegesetz zum [X.] angesehen werden. Denn im Wesentlichen habe das [X.] die Nachfolge der zuvor im [X.] ([X.]I) geregelten Arbeitslosenhilfe ([X.]) angetreten. Die [X.] aber sei dem [X.] nicht unterfallen. Im Übrigen finde das [X.] nur auf die im Anhang von den Vertragsstaaten gemeldeten nationalen Fürsorgegesetze Anwendung.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]s [X.]-Brandenburg vom 11. November 2009 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 20. Oktober 2009 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das mit der Revision angegriffene Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass ein Anspruch auch dann bestünde, wenn er nicht durch das [X.] begünstigt würde. Denn der Leistungsausschluss verstoße auch gegen europäisches Primärrecht. Bei den Leistungen nach dem [X.] handele es sich um finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern sollen. Nach der Rechtsprechung des [X.]n Gerichtshofs ([X.]) sei insoweit das Gleichbehandlungsgebot zu beachten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den [X.]raum vom [X.] bis zum 11.11.2009 ein Anspruch auf Gewährung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] zusteht. Der Kläger erfüllt die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] (dazu unter 2). Seinem Anspruch steht der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] nicht entgegen (dazu unter 3).

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des [X.]n vom 3[X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.], mit dem der [X.] die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für die [X.] ab dem [X.] abgelehnt hat. Der streitige [X.]raum erstreckt sich in Fällen ablehnender Verwaltungsentscheidungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] (vgl nur Urteil des [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 41/07 R - juris mwN), hier also bis zum 11.11.2009. Die Beteiligten haben darüber hinaus den Streitgegenstand im Berufungsverfahren zulässigerweise beschränkt, indem sie über die Kosten der Unterkunft einen Teilvergleich abgeschlossen haben (vgl zur Zulässigkeit einer solchen Begrenzung des Streitgegenstandes nur [X.], 217, 223 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], jeweils Rd[X.]9 sowie zuletzt Urteil des [X.]s vom [X.] [X.]/08 R -, zur [X.] vorgesehen).

2. Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen des [X.] die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.]. Er ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 8 [X.] erwerbsfähig und - nach den den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ) - auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 9 [X.]. Der Kläger verfügt gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 30 Abs 3 Satz 2 [X.] ([X.]) auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.]. Er ist bereits Ende 2007 in die [X.] eingereist. Seitdem hält er sich hier unter Umständen auf, die erkennen lassen, dass er nicht nur vorübergehend verweilt. Offen bleiben kann hier, ob der an tatsächlichen Umständen zu messende Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes bei Ausländern durch zusätzliche rechtliche Voraussetzungen eingeschränkt wird ([X.] [X.] 3-2600 § 56 [X.]). Zur alten Rechtslage bis zum 1.4.2006 hat das [X.] ([X.]) entschieden, dass Ausländer, die tatsächlich dauerhaft im Inland verweilen, nur dann einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn sie sich berechtigterweise hier aufhalten ([X.] aaO; [X.]E 65, 261, 263 f = [X.] 7833 § 1 [X.]; vgl - speziell zu § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] - auch [X.]E 98, 243, 246 f = [X.] 4-4200 § 12 [X.], jeweils Rd[X.]9; [X.] in [X.]/[X.], Stand Juni 2010, § 7 [X.] Rd[X.] 95; kritisch zu der Verrechtlichung des rein tatsächlichen Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts Spellbrink in Eicher/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 7 Rd[X.]1).

Dass der Kläger sich rechtmäßig in der [X.] aufhält, ergibt sich bereits daraus, dass er über eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 [X.]/[X.] verfügt (aA Hessisches [X.], [X.], 110, 115 f). Gegen eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts spricht auch nicht, dass dieser Bescheinigung nach dem Wortlaut der Vorschrift ("… über das Aufenthaltsrecht ausgestellt") nur deklaratorischer Charakter im Hinblick auf das sich unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht ergebende Freizügigkeitsrecht zukommt (vgl nur statt aller [X.] in HK-AuslR, 2008, § 5 [X.]/[X.] Rd[X.]) und es sich um keinen Aufenthaltstitel handelt (vgl § 2 Abs 4 Satz 1 [X.]/[X.]). Denn es entspricht der gesetzlichen Konzeption des Freizügigkeitsrechts, von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auszugehen, solange die Ausländerbehörde nicht von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Verlust oder das Nichtbestehen des Aufenthaltsrechts nach § 5 Abs 5 [X.]/[X.] festzustellen und die Bescheinigung über das [X.]e Aufenthaltsrecht einzuziehen (so auch die gesetzliche Begründung zum [X.], vgl BT-Drucks 15/420, 106; vgl auch die Hinweise der [X.] zu § 7 [X.] in der Fassung vom [X.], Ziffer 7.2d, sowie Ziffer 5.5.1.3. der [X.] zum Freizügigkeitsgesetz/[X.] vom 26.10.2009, GMBl 2009, 1270). Die Ausreisepflicht nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.]/[X.] wird erst mit dieser Verlustfeststellung begründet.

3. Der Kläger ist auch nicht nach § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind ausgenommen von Leistungen nach dem [X.] zunächst Ausländer, die weder in der [X.] Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs 3 des [X.]/[X.] freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, des Weiteren Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen sowie zuletzt Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes ([X.]).

Der Kläger ist als [X.] Staatsangehöriger Ausländer im Sinne dieser Vorschrift. Er ist aber nicht leistungsberechtigt nach § 1 [X.] und hält sich nach den Feststellungen des [X.] bereits seit Ende des Jahres 2007 in der [X.] auf. Er ist auch nicht deswegen nach § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] von Leistungen ausgeschlossen, weil sich sein Aufenthaltsrecht alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (dazu unter a). Denn dieser Leistungsausschluss ist auf den Kläger als Staatsangehörigen eines Vertragsstaates des [X.] vom 11.12.1953 ([X.] 1956, 564) nicht anwendbar (dazu unter b).

a) Das Aufenthaltsrecht des [X.] ergibt sich gemäß § 2 Abs 2 [X.] Alt 2 [X.]/[X.] alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche. Denn auf ein anderes Aufenthaltsrecht, das - wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt ("Aufenthaltsrecht […] allein aus dem Zweck der Arbeitsuche"; vgl auch BT-Drucks 16/688, 13) - den Leistungsausschluss von vornherein entfallen lassen würde, kann sich der Kläger nicht berufen.

Der Kläger ist insbesondere nicht als Arbeitnehmer, Selbstständiger oder Nicht-Erwerbstätiger freizügigkeitsberechtigt. Auch steht ihm (noch) kein Daueraufenthaltsrecht zu. Als "Arbeitnehmer" im Sinne von § 2 Abs 2 [X.] Alt 1 [X.]/[X.] ist der Kläger nicht (mehr) aufenthaltsberechtigt. Während seiner Tätigkeit als Handwerkshelfer war er es, weil auch derjenige Arbeitnehmer im Sinne des Freizügigkeitsrechts ist, der nur über ein geringfügiges, das Existenzminimum nicht deckendes, Einkommen verfügt. Nach der Rechtsprechung des [X.] zu Art 39 [X.] (hier anwendbar in der Fassung des [X.], [X.] 2001, 1666 - der [X.] ist erst zum 1.12.2009 in [X.] getreten, [X.] 2009, 1223) fällt jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt - mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt - unter die Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (vgl ua [X.], [X.] [[X.]], Slg 1986, 1741 [Rz 9 ff]; [X.] 53/81 [[X.]], Slg 1982, 1035 [Rz 17]; [X.]/05 [[X.]], Slg 2007, [X.] [Rz 16]; so nun auch Ziffer 2.2.1.1. der [X.] des [X.] zum [X.]/[X.]; vgl zum [X.]en Arbeitnehmerbegriff ausführlich [X.] in [X.], § 2 [X.]/[X.] Rd[X.]1 ff mwN). Zwar blieb dem Kläger gemäß § 2 Abs 3 Satz 2 [X.]/[X.] seine Erwerbstätigeneigenschaft und damit sein Freizügigkeitsrecht "als Arbeitnehmer" für die Dauer von sechs Monaten nach der arbeitgeberseitigen Kündigung erhalten. Dieser [X.]raum war aber bereits abgelaufen, als er für den hier streitgegenständlichen [X.]raum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragte.

Dem Kläger stand auch zu keinem [X.]punkt ein Aufenthaltsrecht als selbstständig Tätiger nach § 2 Abs 1 [X.] [X.]/[X.] zu. Dies setzt voraus, dass eine Tätigkeit als Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat tatsächlich ausgeübt wird (vgl Art 7 Abs 1 Buchst a Alt 2 [X.]). Zwar ist auch insoweit nicht erforderlich, dass der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit das notwendige Existenzminimum deckt (vgl zuletzt zB [X.] Beschluss vom [X.]/10 - juris). Voraussetzung ist aber nach Art 43 [X.]V, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit auf unbestimmte [X.] mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat tatsächlich ausgeübt wird ([X.], [X.]/89 [Factortame], Slg 1991, [X.] [Rz 20]), sodass alleine ein formaler Akt ([X.], aaO, Rz 21; Bröhmer in [X.]/[X.], [X.]V/[X.]V, 3. Aufl 2007, Art 43 [X.] Rd[X.]2), wie die Registrierung eines Gewerbes nicht ausreichend ist. Ein weitergehendes Stadium aber hat die selbstständige Tätigkeit des [X.] nicht erreicht.

Der Kläger ist darüber hinaus nicht als Nicht-Erwerbstätiger, zu denen freizügigkeitsberechtigte Arbeitsuchende nicht zählen, nach § 2 Abs 2 [X.] iVm § 4 Satz 1 [X.]/[X.] freizügigkeitsberechtigt, weil es ihm insoweit an ausreichenden [X.] fehlt. Schließlich hat der Kläger auch noch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs 2 [X.] iVm § 4a [X.]/[X.] erworben.

b) Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] ist allerdings hier deswegen nicht anwendbar, weil der Kläger sich auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 [X.] berufen kann (ebenso [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.1.2008 - L 8 SO 88/07 ER - [X.], 369, 373 ff; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.1.2010 - L 14 [X.] 1565/09 [X.] - juris; [X.] Urteil vom [X.] [X.] 8114/08 - juris; [X.]/[X.] in LPK-[X.], 3. Aufl 2009, § 7 Rd[X.]5; [X.] in [X.]/[X.], § 7 [X.] Rd[X.]28, Stand Juni 2010; aA Bayerisches [X.] Beschluss vom [X.] - L 16 [X.] 130/09 [X.] - juris; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.12.2009 - [X.] [X.] 1350/09 [X.] - juris; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom 25.11.2008 - L 5 B 801/08 [X.] ER - juris; [X.] Urteil vom [X.] - S 2 [X.] 2952/07 - juris; [X.] in [X.], [X.]/[X.], Stand Februar 2010, § 7 [X.], Rd[X.]1a; offen gelassen von [X.] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom [X.]/09 [X.] ER - juris; [X.] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 16.7.2008 - L 19 [X.]/08 [X.] ER - juris; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom 11.1.2010 - L 25 [X.] 1831/09 [X.] - juris; [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom 30.5.2008 - L 14 [X.]/08 [X.] ER - juris).

Nach Art 1 des Abkommens, das unter anderem die [X.] und [X.] (und daneben [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], die [X.] und [X.]) unterzeichnet haben, ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der [X.] und Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Bei dieser Vorschrift handelt es sich um unmittelbar geltendes [X.]recht (dazu unter aa), dessen Anwendbarkeit im konkreten Fall insbesondere kein jüngeres und deshalb vorrangig anzuwendendes Recht entgegensteht (dazu unter [X.]). Darüber hinaus steht seiner Anwendung nicht entgegen, dass inzwischen an die Stelle des Abkommens europäisches Koordinationsrecht getreten wäre (dazu unter [X.]). Auch liegen im Einzelnen die Voraussetzungen des Gleichbehandlungsgebots nach Art 1 [X.] vor. Denn bei der beanspruchten Regelleistung nach § 20 [X.] handelt es sich um Fürsorge im Sinne des [X.] ([X.]). Die Vorschrift des § 20 [X.] findet in Ermangelung eines von der [X.] abgegebenen [X.] auch auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten Anwendung (ee). Der Kläger hält sich in der [X.] zudem erlaubt im Sinne von Art 1 [X.] auf (ff). Das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 [X.] findet schließlich auch nicht alleine auf solche Staatsangehörige anderer Vertragsstaaten Anwendung, die sich bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit im Aufenthaltsstaat aufgehalten haben (gg).

aa) Der Kläger kann sich auf Art 1 [X.] als unmittelbar geltendes [X.]recht berufen. Der [X.] hat mit dem mit Zustimmung des [X.] beschlossenen [X.] ([X.] 563) dem [X.] Fürsorgeabkommen zugestimmt (vgl Art 59 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz ) und dadurch dessen Inhalt insoweit in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes (revisibles) [X.]recht transformiert, als die Vertragsbestimmungen nach Wortlaut, Zweck und Inhalt wie innerstaatliche Gesetzesvorschriften rechtliche Wirkungen auszulösen geeignet sind (vgl [X.] 29, 348, 360; [X.]E 44, 156, 160). Dies trifft auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 1 des [X.] zu (so auch [X.] <[X.]> Urteil vom [X.] - 5 C 29/98 - [X.]E 111, 200, 201; Urteil vom 14.3.1985 - 5 [X.]/83 - [X.]E 71, 139, 142; [X.] Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.1.2008 - L 8 SO 88/07 ER - [X.], 369; [X.] Urteil vom 13.12.1999 - 16 A 5587/97 - juris; vgl auch [X.], [X.], 74 ff; [X.], [X.], 118, 119; [X.], [X.], 190 ff; [X.], [X.], 1992, [X.]; [X.], Der Einfluss des [X.] Fürsorgeabkommens auf den sozialhilfe- und aufenthaltsrechtlichen Status der in der [X.] lebenden Ausländer in [X.]/[X.]/[X.] , Familiennachzug von Ausländern auf dem Hintergrund völkerrechtlicher Verträge, [X.], 69; [X.], Die Staatsangehörigkeit als Unterschiedsmerkmal für [X.] Rechte von Ausländern in [X.] , [X.], [X.], 33).

[X.]) Entgegen der Ansicht der Revision ist das [X.] auch nicht in dem Sinne "überholt", dass seiner Anwendung neuere, denselben Sachverhalt regelnde gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Das [X.] wird gemäß Art 59 Abs 2 GG im Range von [X.]gesetzen umgesetzt. Aus dieser Rangzuweisung folgt, dass [X.] Gerichte das [X.] wie anderes Gesetzesrecht des [X.] im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (so [X.] 111, 307 ff zur [X.] Menschenrechtskonvention ). [X.] Recht ist grundsätzlich so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der [X.] nicht entsteht. Dies entspricht dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl [X.] aaO sowie [X.] 58, 1, 34; 59, 63, 89). Das einfache ([X.] bietet darüber hinaus mit § 30 Abs 2 [X.] eine Vorschrift zur Lösung von möglichen Konflikten zwischen nationalem Recht und (transformiertem) Völkerrecht. § 30 Abs 2 [X.] beschränkt sich nicht auf die Regelung des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern beinhaltet einen allgemeinen Rechtsgrundsatz ([X.], [X.] 2001, 181, 182; [X.]E 52, 210, 213 = [X.] 6180 Art 13 [X.] S 10). Bereits aus diesem Grund steht der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] entgegen der Ansicht der Revision der Verpflichtung zur Gleichbehandlung nach dem [X.] nicht entgegen.

Im Übrigen hat das [X.] zu Recht darauf hingewiesen, dass Art 1 [X.] im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich spezieller ist. Die Vorschrift richtet sich gerade nicht an alle Ausländer (deren Aufenthaltsrecht sich aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt), sondern nur an Staatsangehörige der Vertragsstaaten. Darüber hinaus sind Gesetze auch dann im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der [X.] auszulegen und anzuwenden, wenn sie zeitlich später erlassen worden sind als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der [X.] abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will (vgl [X.] 74, 358, 370 sowie - speziell zum [X.] - [X.]E 111, 200, 211). Ein solcher gesetzgeberischer Wille des späteren Gesetzgebers zur Abweichung vom [X.] ist hier nicht erkennbar. Des Weiteren überzeugt auch das Argument der Revision nicht, § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] sei deshalb vorrangig vor dem [X.], weil § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] der Umsetzung des Art 24 Abs 2 [X.] diene (BT-Drucks 16/688 S 13), einer Vorschrift, an der sowohl [X.] als auch die [X.] beteiligt waren (so aber auch [X.] Baden-Württemberg Beschluss vom [X.] [X.] 1124/10 [X.] - juris). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diejenigen Mitglieder des Rats der [X.] Union, die zugleich Vertragsstaaten des [X.] sind, mit der in Art 24 Abs 2 [X.] eingeräumten Möglichkeit der nur beschränkten Leistung von Sozialhilfe an [X.] zugleich für ihren Zuständigkeitsbereich ein Abkommen des [X.] außer [X.] setzen wollten.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das [X.] selbst den Konfliktfall bereits regelt: Nach Art 18 [X.] stehen die Bestimmungen des Abkommens solchen nationalen Vorschriften nicht entgegen, die für die Beteiligten günstiger sind. Dass eine Abweichung vom [X.] zu Lasten des durch das [X.] geschützten Personenkreises damit nicht zulässig ist, liegt dabei auf der Hand. Wenn die [X.] die sich aus dem [X.] ergebenden Verpflichtungen nicht mehr tragen will, steht ihr nach Art 24 [X.] die Möglichkeit offen, das Abkommen innerhalb der dort genannten Frist zu kündigen. Hiervon hat sie bislang keinen Gebrauch gemacht.

[X.]) Der Anwendbarkeit des [X.] steht das koordinierende Sekundärrecht der [X.] Union nicht entgegen (so aber Bayerisches [X.] Beschluss vom 12.3.2008 - L 7 [X.]/07 [X.] ER - [X.], 178).Gemeinschaftsrechtlicher Maßstab für den hier streitgegenständlichen [X.]raum ([X.] bis 11.11.2009) ist die Kollisionsregel des Art 6 der "alten" Wanderarbeitnehmerverordnung [X.] [X.]408/71, weil die Nachfolgeverordnung ([X.]) [X.] 883/2004 vom [X.] (ABl 2004 [X.] L 166, 1 ff) gemäß deren Art 91 Satz 2 erst ab dem Inkrafttreten einer Durchführungsverordnung galt. Die Verordnung ([X.]) [X.] 987/2009 des [X.] Parlaments und des [X.] zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung ([X.]) [X.] 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der [X.] Sicherheit ist aber erst am [X.] in [X.] (Art 97 der [X.] <[X.]> [X.] 987/2009) getreten. Nach der Kollisionsregel in Art 6 [X.]V 1408/71 tritt die Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs an die Stelle bestimmter (völkerrechtlicher) Abkommen über die [X.] Sicherheit.

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] unterfallen entweder gemäß Art 4 Abs 2a [X.]V 1408/71 iVm dem Anhang [X.], [X.] - entgegen dem Anwendungsausschluss für die Sozialhilfe nach Art 4 Abs 4 [X.]V 1408/71 und mit konstitutiver Wirkung (vgl [X.], [X.] C-20/96 [Snares], Slg 1997, [X.] [Rz 30]; differenzierend [X.] C-215/99 [[X.]], Slg 2001, [X.] [Rz 21] = [X.] 3-6050 Art 10a [X.] S 5 f) - als so genannte besondere beitragsunabhängige Geldleistungen (so genannte "Mischleistungen", dazu ausführlich [X.], [X.] 2009, 320 ff) bzw - soweit dem Grunde nach die Voraussetzungen nach § 24 Abs 1 [X.] vorliegen - als Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Art 4 Abs 1 Buchst g [X.]V 1408/71 dem sachlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung.

Ob auch der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet ist, bedarf dagegen keiner Entscheidung. Denn die Kollisionsregel des Art 6 [X.]V 1408/71 greift hier ohnehin nicht ein. Die Kollisionsregel des Art 6 [X.]V 1408/71 ist nämlich nur anwendbar auf "Abkommen über die [X.] Sicherheit", worunter nach der Begriffsbestimmung des Art 1 Buchst k) [X.]V 1408/71 nur Vereinbarungen für die in Art 4 Abs 1 und 2 der Verordnung bezeichneten Zweige und Systeme zu verstehen sind. Art 4 Abs 2a [X.] 1408/71 ist dort gerade nicht genannt.

Darüber hinaus gilt die Kollisionsregel des Art 6 [X.]V ohnehin nicht schrankenlos. Vielmehr kann es [X.] geboten sein, eine Günstigkeitsprüfung vorzunehmen ([X.], [X.] C-227/89 [[X.]], Slg 1991, [X.] [Rz 29] = [X.] 3-6030 Art 48 [X.] S 8; ausführlich [X.] in [X.], Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl 2005, Art 6 [X.] 1408/71 Rd[X.]0 ff). Weiterhin erscheint es zweifelhaft, ob Abkommen des [X.] überhaupt unter die Kollisionsregel fallen (vgl insoweit [X.], aaO, Art 7 [X.] 1408/71 Rd[X.]; allerdings zu der ausdrücklich in die Verordnung aufgenommenen Ausnahmeregelung des Art 7 Abs 1 Buchst b im Hinblick auf das sog Vorläufige [X.] vom 11.12.1953 über die [X.] Sicherheit). Hinzu kommt, dass nichts dafür spricht, dass die [X.]V 1408/71, für die sich vor allem die Notwendigkeit der Klärung des Verhältnisses zwischen Koordinationsrecht und Sozialversicherungsabkommen ergab, ein internationales Fürsorgeabkommen außer [X.] setzen wollte. Hier greift vielmehr der Anwendungsausschluss auf die Sozialhilfe nach Art 4 Abs 4 [X.] 1408/71.

[X.]) Bei der hier noch streitgegenständlichen (siehe oben 1.) Regelleistung nach § 20 [X.] handelt es sich um "Fürsorge" im Sinne von Art 1 [X.]. Ausweislich der Begriffsbestimmung in Art 2 Abs a [X.] i [X.] meint "Fürsorge" im Sinne des Abkommens jede Fürsorge, die jeder der Vertragschließenden nach den in dem jeweiligen Teile seines Gebietes geltenden Rechtsvorschriften gewährt und wonach Personen ohne ausreichende Mittel die Mittel für ihren Lebensbedarf sowie die Betreuung erhalten, die ihre Lage erfordert. Ausgenommen sind beitragsfreie Renten und Leistungen zugunsten der Kriegsopfer und der Besatzungsgeschädigten. Nach Art 2 Abs b [X.] sind die Rechtsvorschriften, die in den Gebieten der Vertragschließenden, auf die dieses Abkommen Anwendung findet, in [X.] sind, sowie die von den Vertragschließenden formulierten Vorbehalte in den [X.] und [X.] zum Abkommen aufgeführt.

Die Regelleistung nach § 20 [X.] als Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach diesem Gesetz stellt ein solches, im Falle der Bedürftigkeit gewährtes "Mittel für den Lebensbedarf" dar (vgl auch Urteil des [X.] [X.]/11b [X.] 5/07 R - [X.]E 99, 170 = [X.] 4-4200 § 24 [X.], wo im Hinblick auf das [X.] von einer "steuerfinanzierten Fürsorgeleistung" die Rede ist; vgl auch BT-Drucks 15/1516 [X.]: "nachrangige Fürsorgeleistung"). Denn das [X.] ist - anders als bis zum 1.1.2005 die [X.] als Lohnersatzleistung (vgl zuletzt § 195 [X.]I) - ein bedarfsabhängiges Leistungssystem (vgl Urteil des [X.] [X.] [X.] 30/07 R - [X.] 4-4200 § 24 [X.]). Darüber hinaus ist die Fürsorgegesetzgebung in der [X.] nach dem Außerkrafttreten des [X.] zum 1.1.2005 auch nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des [X.] (idR iVm § 42 Satz 1 [X.]) beschränkt. Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende unterscheiden sich zwar nach ihrem Adressatenkreis. Das [X.] verliert dadurch aber nicht seinen Charakter als Fürsorgegesetz.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass im Anhang I zum [X.] in der Fassung der Erklärung des ständigen Vertreters der [X.] an den Generalsekretär des [X.] vom 26.10.2001 als anzuwendende Fürsorgegesetze noch immer (und entgegen der Verpflichtung der [X.] zur Mitteilung geänderter bzw neuer Rechtsvorschriften gemäß Art 16 Abs a und b [X.]) das [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.3.1994 ([X.], 2975), "zuletzt" geändert durch Art 12 des [X.] ([X.], 2398), und die §§ 27, 32 bis 35 und 41 [X.] (SGB V[X.]I), jeweils iVm § 39 SGB V[X.]I, sowie die §§ 3, 19 und 69 des Infektionsschutzgesetzes genannt werden. Denn die Aufzählung der Fürsorgegesetze in der [X.] ist nicht konstitutiv (so auch [X.] Urteil vom [X.] - 5 C 29/98 - [X.]E 111, 200, 206; [X.] Niedersachsen-Bremen, [X.], 369, 374; [X.]/[X.], [X.] 2008, 243, 261; aA Bayerisches [X.] Beschluss vom [X.] - L 16 [X.] 130/09 [X.] - juris, sowie [X.] in [X.], [X.]/[X.], Stand Februar 2010, § 7 [X.], Rd[X.]1a). Dies entspricht auch der Rechtsansicht der [X.]regierung bei Ratifizierung des Abkommens (vgl die Denkschrift des [X.] und des [X.]ministers des Auswärtigen zum [X.] Fürsorgeabkommen und dem Zusatzprotokoll, BT-Drucks 2/1882, 23: "Die Aufführung der Fürsorgegesetze im Anhang I dient der Klarstellung, damit sich die übrigen Vertragschließenden den notwendigen Überblick verschaffen können." [X.] darüber hinaus den am 21.11.2001 vom Ministerkomitee des [X.] verabschiedeten "[X.] Report" zum [X.], [X.]). Dafür spricht zuletzt Art 2 Abs a [X.] ii [X.]. Hiernach haben die Begriffe "Staatsangehörige" und "Gebiet" die Bedeutung, die ihnen von den Vertragschließenden in gesonderten Erklärungen zugewiesen werden. Demgegenüber definiert Art 2 Abs a [X.] i [X.] den Begriff der Fürsorge eigenständig ([X.]/[X.], aaO, 260).

ee) Die [X.] hat bis jetzt keinen Vorbehalt hinsichtlich der Anwendung des [X.] auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten abgegeben (vgl Art 16 Abs b Satz 2 [X.]). Nach dem bislang abgegebenen Vorbehalt übernimmt die [X.] keine Verpflichtung, die im [X.] "in der jeweils geltenden Fassung" vorgesehene Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage (vgl § 30 [X.]) und die dort vorgesehene Hilfe zur Überwindung besonderer [X.] Schwierigkeiten (vgl § 72 [X.]) an Staatsangehörige der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zu gewähren, ohne gleichwohl auszuschließen, dass diese Hilfen in geeigneten Fällen gewährt werden können (vgl Neubekanntmachung des Anhangs [X.] zum [X.], [X.] 2001, 1098). Es bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob dieser Vorbehalt nach dem Außerkrafttreten des [X.] durch Gesetz vom 27.12.2003 ([X.] 3022) mit Wirkung vom 1.1.2005 "dynamisch" im Sinne einer Anwendung auf die Nachfolgegesetzgebung anzuwenden ist. Denn bereits im Hinblick auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 2. Abschnitt des [X.] hatte sich die [X.] gerade nicht die Möglichkeit der Ungleichbehandlung der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten vorbehalten. Mit der Regelleistung nach § 20 [X.] beansprucht der Kläger aber alleine eine solche, den Lebensunterhalt sichernde, Hilfe.

ff) Der Kläger hält sich auch "erlaubt" im Sinne des Art 1 [X.] in der [X.] auf. Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob - wie es der Rechtsprechung des [X.] zum [X.] entsprach (vgl nur [X.]E 71, 139, 143 ff) - sich das Merkmal des erlaubten Aufenthalts nach Art 11 Abs a Satz 1 [X.] bestimmt und dem Anhang insoweit konstitutive Wirkung zukommt. Bedenken könnten sich unter anderem deshalb ergeben, weil die - nach der Schlussformel des Abkommens im Gegensatz zur [X.]n Fassung - verbindliche [X.] Fassung des [X.] zwischen "[X.]" nach Art 1 [X.] und - enger - "lawfully resident" im Sinne der [X.] nach Art 6 [X.] unterscheidet. Art 11 definiert aber nur den Begriff "residence". Beides wird im [X.] mit Aufenthalt übersetzt (wobei dann bei Art 6 [X.] auf einen "gewöhnlichen" Aufenthalt abgestellt wird). Nach dem [X.] spricht also einiges dafür, dass zwischen dem sozialrechtlichen Gleichbehandlungsgebot und dem Ausweisungsschutz im Hinblick auf die Qualität "des Aufenthalts" differenziert werden sollte.

Diese Frage bedarf aber deshalb keiner Entscheidung, weil sich der Kläger auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des [X.] "erlaubt" in der [X.] aufhielt. Nach Art 11 Abs a Satz 1 [X.] gilt der Aufenthalt eines Ausländers im Gebiet eines der Vertragschließenden solange als erlaubt im Sinne des Abkommens, als der Beteiligte im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder einer anderen in den Rechtsvorschriften des betreffenden Staates vorgesehenen Erlaubnis ist, auf Grund welcher ihm der Aufenthalt in diesem Gebiet gestattet ist. Dabei kam dem im Anhang [X.]I zum [X.] angeführten Verzeichnis der Urkunden, die als Nachweis des Aufenthalts im Sinne des Art 11 [X.] anerkannt werden, nach der Rechtsprechung des [X.] ein rechtsbegründender (konstitutiver) Charakter in der Weise zu, dass mit den dort aufgeführten Urkunden die Erlaubnistatbestände abschließend genannt seien, aufgrund derer der Aufenthalt des ausländischen Staatsangehörigen im Sinne des Abkommens als erlaubt gelte ([X.]E 71, 139, 144). Auch nach der Rechtsprechung des [X.] war es aber als unerheblich anzusehen, wenn die Bezeichnung eines Aufenthaltstitels lediglich redaktionell angepasst wurde ([X.], aaO). Indiz für eine lediglich andere Bezeichnung kann dabei auch das völkervertragliche Verhalten der [X.] sein. Denn wenn sie den Generalsekretär des [X.] von einer Änderung ihrer Gesetzgebung nicht unterrichtet hat, obwohl sie nach Art 16 Abs a [X.] hierzu verpflichtet gewesen wäre, ist sie augenscheinlich davon ausgegangen, die gesetzliche Änderung berühre nicht den Inhalt des Anhangs [X.]I ([X.]E 111, 200, 204).

Der Kläger verfügt über eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 [X.]/[X.]. Im Anhang [X.]I des [X.] ist demgegenüber noch von einer "Aufenthaltserlaubnis für Angehörige eines Mitgliedstaats der [X.]" die Rede ([X.] 2001, 1100). Dies entspricht der Rechtslage nach § 1 Abs 4 des Gesetzes über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der [X.] Wirtschaftsgemeinschaft ([X.]/[X.]) in der Fassung des [X.] ([X.] 1354), aufgehoben mit Wirkung vom 1.1.2005 durch das [X.] 2004 vom 30.7.2004 ([X.] 1950). Nach dieser Vorschrift erhielten freizügigkeitsberechtigte Angehörige eines Mitgliedstaates der [X.] Gemeinschaften eine so genannte Aufenthaltserlaubnis-[X.]. Eines Aufenthaltstitels bedarf es nach § 2 Abs 4 Satz 1 [X.]/[X.], Art 8 [X.] nicht mehr. An die Stelle der Aufenthaltserlaubnis-[X.] ist insoweit die Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 [X.]/[X.] getreten. Der Aufenthalt des [X.] "gilt" aus diesem Grund als erlaubt im Sinne des Art 11 [X.]. Dies entspricht auch der Praxis der Ausländerbehörden, wonach von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auszugehen ist, bis eine Verlustfeststellung mit entsprechender Einziehung der Aufenthaltsbescheinigung nach § 5 Abs 5 [X.]/[X.] erfolgt (vgl bereits oben 2.).

gg) Der [X.] vermag schließlich auch keinen rechtlichen Ansatzpunkt dafür zu erkennen, das [X.] nur auf diejenigen Ausländer anzuwenden, die sich zur [X.] des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe angegangenen Staat erlaubt aufhielten und mithin nicht auf diejenigen, die als bereits bedürftige Personen in einen Vertragsstaat einreisten (so aber [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom [X.] [X.] 2082/09 [X.], [X.] [X.] 2086/09 B PKH -, unter Verweis auf [X.] Beschluss vom 22.4.2003 - 6 S 9.03 - [X.] 55, 186, 190). Mithin kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger ein irgendwie geartetes "missbräuchliches Verhalten" vorgeworfen werden kann, als er etwas mehr als vier Monate nach seiner Einreise (nämlich nach Auslaufen seines Anspruchs auf Gewährung von Arbeitslosengeld nach dem [X.]I) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] beantragt hat. Der gesetzliche Rahmen des [X.] (und nunmehr des [X.]) war ein gänzlich anderer. Nach § 120 Abs 1 Satz 1 [X.] war Ausländern, die sich in der [X.] tatsächlich aufhielten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Nach § 120 Abs 3 Satz 1 [X.] (jetzt § 23 Abs 3 Satz 1 Alt 1 [X.] in der Fassung des [X.], [X.] 2670) hatten Ausländer, die sich in die [X.] begeben haben, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entsprach es offenbar allgemeiner Ansicht, § 120 Abs 3 Satz 1 [X.] auch auf vom [X.] geschützte Personen anzuwenden (so [X.] aaO unter Verweis auf die Denkschrift zum [X.], BT-Drucks 2/1882, 23; vgl auch [X.] Beschluss vom 8.2.1989 - [X.] 8/89 -, NVwZ-RR 1990, 141 ff; [X.] Urteil vom 25.4.1985 - 8 A 266/84 -, [X.] 1985, 367 ff; [X.] Urteil vom 21.2.1990 - W 3 K 88.1363 -, [X.] 1990, 187 ff).

Es überzeugt nicht, eine - etwa § 23 Abs 3 Satz 1 Alt 1 [X.] vergleichbare - Regelung in das [X.] "hineinzulesen", wobei eine auf diese Weise vorgenommene Geltungserweiterung (Analogie) insbesondere auch vor dem Hintergrund des § 31 [X.] bedenklich erscheint. Im Übrigen dürfte die praktische Bedeutung eines solchen Anspruchsverlustes gering sein, weil das [X.] jedenfalls im Rahmen der Vorgängernorm (§ 120 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.] in der Fassung vom [X.], [X.] 613) einen finalen Zusammenhang im Sinne einer "prägenden Bedeutung" zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe ([X.] Urteil vom 4.6.1992 - 5 C 22/87 - [X.] 43, 113 ff) verlangt hat. Schließlich hat auch die zu Art 1 [X.] teilweise vertretene Ansicht, einen Aufenthalt zeitlich vor dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit zu fordern (siehe oben), in dem Abkommen selbst keinen Ausdruck gefunden. Denn Art 1 [X.] stellt allein auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ab, nicht aber auf eine bestimmte zeitliche Abfolge.

Da der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.] auf den Kläger mithin bereits aufgrund der vorrangigen Geltung des Gleichbehandlungsgebotes nach Art 1 [X.] keine Anwendung findet, bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Leistungsausschluss zudem wegen Verstoßes gegen [X.]e Vorgaben unanwendbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Meta

B 14 AS 23/10 R

19.10.2010

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 20. Oktober 2009, Az: S 121 AS 16414/09, Urteil

§ 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2, § 30 Abs 2 SGB 1, Art 59 Abs 2 GG, Art 39 EG, § 2 Abs 2 Nr 1 Alt 2 FreizügG/EU 2004, § 2 Abs 3 S 2 FreizügG/EU 2004, § 5 Abs 5 FreizügG/EU 2004, Art 1 EuFürsAbk, Art 2 Abs a Nr i EuFürsAbk, Art 2 Buchst a Nr i EuFürsAbk, Art 2 Abs a Buchst i EuFürsAbk, Art 2 Buchst a Buchst i EuFürsAbk, Art 11 Abs a S 1 EuFürsAbk, Art 11 Buchst a S 1 EuFürsAbk, Art 16 Abs b EuFürsAbk, Art 16 Buchst b EuFürsAbk, Art 18 EuFürsAbk, Anh 1 EuFürsAbk, Art 24 Abs 2 EGRL 38/2004, Art 1 Buchst k EWGV 1408/71, Art 4 Abs 2a EWGV 1408/71, Art 4 Abs 1 Buchst g EWGV 1408/71, Art 6 EWGV 1408/71, Anh 2a Buchst E EWGV 1408/71

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 23/10 R (REWIS RS 2010, 2283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2283

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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