Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2012, Az. 5 StR 512/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1880

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Abgekürzte Gründe des Strafurteils wegen nicht rechtzeitig zu den Akten gelangter aber fristgemäß eingegangener Revisionsschrift: Voraussetzungen und Frist für die Ergänzung der Urteilsgründe


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Mai 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten nach siebentägiger Hauptverhandlung wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt.

2

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat entsprechend dem Antrag des [X.] bereits deshalb Erfolg, weil die in der verkürzten Form des § 267 Abs. 4 [X.] abgefassten Urteilsgründe es dem Senat nicht ermöglichen, die nur formelhaft begründete Beweiswürdigung (die Feststellungen beruhen „auf den Angaben des Angeklagten, soweit ihnen gefolgt worden ist, und im Übrigen auf den aus dem [X.] ersichtlichen Beweismitteln“) zu überprüfen. Der Hinweis auf eine Geständigkeit des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung ändert hieran nichts. Es sind jedenfalls die Begleitumstände des Tatgeschehens nicht umfassend vom Angeklagten eingeräumt worden.

3

Die [X.] hat, nachdem bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision keine Rechtsmittelschrift zu den Akten gelangt war, das schriftliche Urteil nach Maßgabe des § 267 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 [X.] in abgekürzter Form abgesetzt. Auf den nach Urteilszustellung erfolgten Einwand des Verteidigers, er habe vor Fristablauf mit Telefax Revision eingelegt, wurde das Telefax tatsächlich im Gericht aufgefunden und dem Vorsitzenden am 24. Juli 2012 vorgelegt. Daraufhin wurde das Urteil – nunmehr ohne Rechtskraftvermerk, jedoch noch immer mit dem Hinweis „abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 [X.]“ – erneut dem Verteidiger zugestellt.

4

Die Revision ist fristgerecht eingelegt worden. Ein Telefax ist dem Gericht zugegangen, wenn das Schriftstück am Empfangsgerät ausgedruckt wird (vgl. [X.], [X.], 55. Aufl., Vor § 42 Rn. 18). Auf die Tatsache, dass das Telefax danach nicht zu den Akten gelangt ist, kommt es nicht an, weil § 341 Abs. 1 [X.] nur auf den Eingang bei dem Gericht abstellt und nicht auf den bei der zuständigen Abteilung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 19. Mai 1999 – 3 StR 200/99, [X.]R [X.] § 341 Wirksamkeit 1, und vom 20. Oktober 2011 – 2 [X.], [X.], 118).

5

Eine Rückgabe der Akten an das [X.] zur Ergänzung der Urteilsgründe kommt nicht in Betracht. In der neueren Rechtsprechung des [X.] ist zwar anerkannt, dass in besonders gelagerten, der Wiedereinsetzung ähnlichen Fällen in entsprechender Anwendung des § 267 Abs. 4 Satz 4 [X.] die Urteilsgründe ergänzt werden können, wenn das [X.] bei Abfassung des abgekürzten Urteils bei der ihm vorliegenden Aktenlage ohne weiteres von der Anwendbarkeit des § 267 Abs. 4 Satz 1 [X.] ausgehen durfte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. Juni 2008 – 5 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 4 Ergänzung 2, und vom 20. Oktober 2011 – 2 [X.], [X.], 118; [X.], aaO, § 267 Rn. 30). Die sich nach § 275 Abs. 1 Satz 2 [X.] bestimmende Frist für eine solche Ergänzung der Urteilsgründe ist jedoch vorliegend bereits verstrichen, weil die Frist mit der Kenntnis der Strafkammer von dem Versehen zu laufen begonnen hat, hier also am 24. Juli 2012.

6

Der neue Tatrichter wird bei einer eventuell wiederum gebotenen Prüfung von § 213 StGB, 2. Alt. i.V.m. § 21 StGB zu beachten haben, dass dem Angeklagten die von § 21 StGB mitgeprägte Handlungsintensität nicht uneingeschränkt anzulasten ist.

[X.]                             Raum                          Schaal

                      Dölp                                 [X.]

Meta

5 StR 512/12

25.10.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bremen, 21. Mai 2012, Az: 22 Ks 271 Js 47298/11

§ 267 Abs 4 S 1 StPO, § 267 Abs 4 S 4 StPO, § 275 Abs 1 S 2 StPO, § 341 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2012, Az. 5 StR 512/12 (REWIS RS 2012, 1880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1880

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 512/12 (Bundesgerichtshof)


2 StR 405/11 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Wahrung der Revisionseinlegungsfrist durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten; Ergänzung der Urteilsgründe


2 StR 405/11 (Bundesgerichtshof)


3 StR 397/17 (Bundesgerichtshof)


2 StR 134/08 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.