Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2011, Az. 2 StR 405/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2122

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Gegenstand

Strafverfahren: Wahrung der Revisionseinlegungsfrist durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten; Ergänzung der Urteilsgründe


Tenor

Es wird festgestellt, dass der Angeklagte rechtzeitig Revision gegen das Urteil des [X.] vom 21. Juni 2011 eingelegt hat.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten durch ein am 21. Juni 2011 verkündetes Urteil wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision keine [X.] zu den Akten gelangt war, hat die [X.] das schriftliche Urteil nach Maßgabe des § 267 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 StPO in abgekürzter Form abgesetzt. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2011 hat der Verteidiger für den Angeklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt. Er hat dargelegt und an Eides Statt versichert, dass er die [X.] am 24. Juni 2011 unterzeichnet und zunächst versucht habe, diese durch Telefax an das [X.] zu senden. Nachdem dies fehlgeschlagen sei, habe er selbst die [X.] am gleichen Tage "gegen 8.30 Uhr … in den [X.]" des [X.]s eingeworfen. Alleine zu diesem Zweck sei er dorthin gefahren. Erst bei einer späteren Sachstandsanfrage habe er erfahren, dass die [X.] nicht zu den Akten gelangt sei.

2

Die Revision ist fristgerecht eingelegt worden. Hat der Verteidiger die Revisionsschrift am 24. Juni 2011 in den Briefkasten des Gerichts eingeworfen, dann ist der Schriftsatz zu jenem Zeitpunkt dem Gericht zugegangen, also innerhalb der einwöchigen Frist zur Einlegung der Revision. Eine schriftliche Erklärung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, davon Kenntnis zu nehmen. Das ist bei einem Einwurf in den Briefkasten regelmäßig der Fall. Bei einem besonders für fristgebundene Schriftsätze vorgesehenen Gerichtsbriefkasten ist der Zeitpunkt des [X.] als Zeitpunkt des Zugangs zu werten. Auf die Tatsache, dass der Schriftsatz danach nicht zu den Akten gelangt ist, kommt es nicht an. § 341 Abs. 1 StPO stellt nur auf den Eingang bei dem Gericht ab und nicht auf den bei der zuständigen Abteilung (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1999 - 3 StR 200/99, [X.]R StPO § 341 Wirksamkeit 1). Die [X.] kann innerhalb des Geschäftsgangs abhandengekommen sein. Da der Verteidiger die Handlung, die zum rechtzeitigen Zugang geführt hat, genau dargelegt und an Eides Statt versichert hat, da ferner keine Hinweise darauf vorliegen, dass dies nicht zutrifft, ist vom rechtzeitigen Zugang der [X.] auszugehen. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist weder Raum noch Bedarf.

3

Die Feststellung der Wahrung der Rechtsmittelfrist hat entsprechend § 267 Abs. 4 Satz 4 StPO zur Folge, dass das [X.] innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehenen Frist die Urteilsgründe noch ergänzen kann. Die Interessenlage entspricht derjenigen im Fall der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die [X.] durfte bei Abfassung des abgekürzten Urteils nach der Aktenlage von der Anwendbarkeit des § 267 Abs. 4 Satz 1 StPO ausgehen. Die nachträgliche Feststellung, dass ein solcher Fall nicht vorlag, macht es erforderlich, das weitere Verfahren entsprechend § 267 Abs. 4 Satz 4 StPO zu gestalten. Insoweit besteht eine Regelungslücke im Gesetz, die durch analoge Anwendung des § 267 Abs. 4 Satz 4 StPO zu schließen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juni 2008 - 5 [X.], [X.]R StPO § 267 Abs. 4 Ergänzung 2).

4

Die Frist für die Ergänzung der Urteilsgründe beginnt hier somit selbstverständlich in diesem Fall, sobald die Akten nach der Feststellung des [X.] eines [X.] gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 StPO bei dem für die Ergänzung zuständigen Gericht eingehen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 2008 – 2 [X.], [X.]St 52, 345, 352 ff.).

Fischer                                      [X.]

                        [X.]

Meta

2 StR 405/11

20.10.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hanau, 21. Juni 2011, Az: 4455 Js 5428/10 - 5 KLs

§ 267 Abs 4 S 1 StPO, § 267 Abs 4 S 4 StPO, § 275 Abs 1 S 2 StPO, § 341 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2011, Az. 2 StR 405/11 (REWIS RS 2011, 2122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2122

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Abgekürzte Gründe des Strafurteils wegen nicht rechtzeitig zu den Akten gelangter aber fristgemäß eingegangener Revisionsschrift: …


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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 253/16

4 StR 253/16

5 StR 512/12

5 StR 512/12

2 StR 405/11

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