Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.04.2014, Az. IX R 45/13

9. Senat | REWIS RS 2014, 6485

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Gegenstand

Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Falle der nicht steuerbaren Veräußerung einer Immobilie; Zurechnung eines von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft aufgenommenen, der Immobilienfinanzierung dienenden Anschaffungsdarlehens nach Beendigung der Gesellschaft - Sog. "Surrogationsbetrachtung" und Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung


Leitsatz

1. Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie grundsätzlich weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können .

2. Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können im Einzelfall durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein .

3. War der Steuerpflichtige an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, ist ihm ein von der Gesellschaft zur Finanzierung der Anschaffungskosten eines zur Vermietung bestimmten Wohngrundstücks aufgenommenes und ursprünglich durch diese Einkünfteerzielung veranlasstes Darlehen nach der Beendigung der Gesellschaft grundsätzlich in dem Umfang zuzurechnen, in dem ihm vormals auch Einkünfte anteilig zuzurechnen waren .

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute; sie wurden in den Streitjahren (2009 und 2010) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

2

Der Kläger war, neben zwei weiteren Gesellschaftern ([X.] und [[X.].]), an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im Jahr 1996 ein Mehrfamilienhaus in [X.] errichtete, welches nach Fertigstellung der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung diente. Die GbR veräußerte das Mehrfamilienhaus --nach [X.]blauf der Veräußerungsfrist des § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ([X.] mit notariell beurkundetem [X.]; der Veräußerungspreis wurde dem Konto der GbR im Januar 2008 gutgeschrieben.

3

Der Erlös aus der nicht steuerbaren Veräußerung des Mehrfamilienhauses reichte indes nicht aus, um die im Zeitpunkt der Zahlung des Veräußerungspreises bestehenden Darlehensverbindlichkeiten der GbR vollständig auszugleichen. Das verbliebene Darlehen wurde anteilig in Höhe von 75.000 € durch den Gesellschafter [X.] am 29. Dezember 2008 getilgt. Die nach anteiliger Tilgung noch verbliebene [X.] in Höhe von 59.550,27 € übernahm der Kläger ebenso wie die am Jahresende 2008 bestehende Kontokorrentschuld der GbR bei der D [[X.].]ank in Höhe von 12.158,60 €. Sodann wurde die GbR von den Gesellschaftern noch im Jahr 2008 aufgelöst.

4

Zur Finanzierung der übernommenen [X.] sowie der Kontokorrentschuld der GbR nahm der Kläger unter dem 6. Dezember 2008 ein neues Darlehen über 71.000 € bei der D [[X.].]ank auf; die auf dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen in Höhe von 4.801 € (2009) und 4.053 € (2010) machten die Kläger im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

5

Der [[X.].]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --F[X.]--) berücksichtigte die geltend gemachten Schuldzinsen in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre vom 6. Dezember 2010 (2009) und vom 15. September 2011 (2010) nicht. In seiner Einspruchsentscheidung führte das F[X.] unter [[X.].]ezugnahme auf das Urteil des [[X.].]undesfinanzhofs ([[X.].]FH) vom 20. Juni 2012 I[X.] R 67/10 ([[X.].]FHE 237, 368, [[X.].]St[[X.].]l II 2013, 275) aus, dass ein [X.]bzug der nachträglichen Schuldzinsen im Streitfall ausscheide, weil das maßgebliche Objekt --anders als im Verfahren I[X.] R 67/10-- nicht steuerbar veräußert worden sei.

6

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1990 veröffentlichten Urteil die [X.]uffassung, dass auch im Falle einer Veräußerung des [X.] außerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der wirtschaftliche Zusammenhang nachträglicher Schuldzinsen zu den früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht aufgehoben werde, so dass auch solche [X.]ufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten.

7

Hiergegen richtet sich die Revision des F[X.]. Es vertritt die [X.]nsicht, ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei ausschließlich in jenen Fällen anzunehmen, in denen das Vermietungsobjekt auch innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und damit steuerbar und steuerpflichtig veräußert worden sei. [X.]llenfalls komme eine [[X.].]erücksichtigung der im Streitfall geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in [[X.].]etracht.

8

Das F[X.] beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die angefochtenen [[X.].]escheide dahin zu ändern, dass die im Streitfall geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen nur bei den sonstigen Einkünften i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [[X.].]erücksichtigung finden.

9

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Nach den bisherigen Feststellungen des [X.] kann nicht entschieden werden, ob die von den Klägern in den Streitjahren geltend gemachten Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).

Ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden [X.]s gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines [X.] zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen (d.h. tatsächlichen) Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines [X.] wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 368, [X.], 275, m.w.N.).

2. Mit dem genannten Urteil in [X.], 368, [X.], 275 hat der [X.] die in der früheren Rechtsprechung vertretene Auffassung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. etwa [X.]-Urteile vom 25. April 1995 IX R 114/92, [X.]/NV 1995, 966; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, [X.]E 162, 48; vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, [X.]E 138, 47, [X.] 1983, 373) aufgegeben.

a) Der erkennende [X.] ging in der genannten Grundsatzentscheidung davon aus, dass die die bisherige Rechtsprechung prägende Erwägung, ein ursprünglich bestehender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen einem zur Finanzierung von Anschaffungskosten aufgenommenen Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei mit der Veräußerung des Grundstücks beendet und das anschließend fortbestehende (Rest-)Darlehen habe seine Ursache in dem im privaten [X.] erlittenen, nicht steuerbaren [X.], vor dem Hintergrund der mit dem [X.] getroffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in deutlich erweitertem Umfang zu erfassen, nicht länger tragen könne. Der [X.] hat diese systemprägenden und -verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Anlass genommen, seine von der sog. "[X.]" getragene Rechtsprechung, mit der er auch schon bisher den Abzug "nachträglicher" Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat, zu erweitern, um die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und den Überschusseinkünften wieder herzustellen.

b) Die bei allen Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG zur Anwendung kommende [X.] geht von folgender Grundüberlegung aus: Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut (oder eine komplette Organisationseinheit von Wirtschaftsgütern, wie etwa ein Betrieb), in das (oder in die) der Steuerpflichtige [X.] investiert hat, veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkunftserzielung eingesetzt, können die für das zurückbehaltene bzw. aufrechterhaltene Darlehen gezahlten Zinsen unter bestimmten Voraussetzungen weiter als Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei der neuen Einkunftsquelle zu berücksichtigen sein. Die Anwendung der [X.] bei der Prüfung des --fortdauernden-- [X.] im Falle von Änderungen in der Verwendung von [X.] entspricht der ständigen, von der Finanzverwaltung in vollem Umfang akzeptierten Rechtsprechung des [X.] (z.B. [X.]-Urteile vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, [X.]E 182, 312, [X.] 1997, 454; vom 7. Juli 1998 VIII R 5/96, [X.]E 186, 526, [X.] 1999, 209; vom 8. April 2003 IX R 36/00, [X.]E 202, 280, [X.] 2003, 706; vom 17. August 2005 IX R 23/03, [X.]E 211, 143, [X.] 2006, 248; vom 27. März 2007 VIII R 28/04, [X.]E 217, 460, [X.] 2007, 699) und ist auch in der Literatur allgemein anerkannt (z.B. [X.]/[X.], § 4 EStG Rz 438 "Änderung der [X.]/Umwidmung"; [X.]/[X.], § 9 EStG Rz 210; [X.]/[X.], EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 82; [X.]/ [X.], § 17 EStG Rz 546; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 21 EStG Rz 300 "Nachträgliche Schuldzinsen" und "Umwidmung von Darlehen", jeweils als Unterpunkt bei "Schuldzinsen"; [X.]/[X.]mann, § 21 EStG Rz 276; [X.] in [X.], EStG, 13. Aufl., § 24 EStG Rz 42).

c) Auch die Finanzverwaltung sieht es im Hinblick auf den Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei Gewinn- und Überschusseinkunftsarten als notwendig an, Schuldzinsen, die bisher ohne Rückgriff auf die [X.] aus anderen Erwägungen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Anerkennung fanden (s. [X.]-Urteil vom 16. September 1999 IX R 42/97, [X.]E 190, 165, [X.] 2001, 528; vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04, [X.]E 211, 255, [X.] 2006, 407, zu Schuldzinsen für darlehensfinanzierte Erhaltungsaufwendungen), künftig nach diesem, für alle Einkünfte einheitlichen Maßstab und unter Berücksichtigung des sog. Grundsatzes des Vorrangs der Schuldentilgung --s. unter [X.] zu behandeln (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 15. Januar 2014, [X.], 108).

3. Die vollständige Übertragung dieser Erwägungen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung führt dazu, dass ein einmal begründeter (und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen [X.]) wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht allein deshalb entfällt, weil die mit den [X.] angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung --unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit-- am Veräußerungspreis fort. Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer Veräußerung der Immobilie außerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG weiter als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 368, [X.], 275).

4. Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht.

a) Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle --etwa ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt-- an, besteht der Zusammenhang (ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) am neuen Objekt fort (so schon [X.]-Urteil in [X.]E 202, 280, [X.] 2003, 706).

b) Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

aa) Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige tatsächlich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Denn im letztgenannten Fall wird der grundsätzlich fortbestehende Veranlassungszusammenhang von einer privat motivierten Entscheidung --die Nichtablösung des Darlehens bzw. der anderweitigen Verwendung des [X.] ersetzt (vgl. [X.]-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 52/07, [X.]/NV 2009, 1255).

Ein dahin gehendes, privat motiviertes Verhalten stünde zudem im Widerspruch zu dem aus den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der §§ 734, 735 des Bürgerlichen Gesetzbuches und § 145 des Handelsgesetzbuches abgeleiteten und im Rahmen der Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sinngemäß anzuwendenden sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung (vgl. allg. [X.]-Urteil vom 27. November 1984 VIII R 2/81, [X.]E 143, 120, [X.] 1985, 323). Nach diesem Grundsatz hat die Tilgung von Schulden der [X.] im Zuge ihrer Auflösung --mittels des dem [X.]er zur Verfügung stehenden (Betriebs-)Vermögens-- Vorrang vor der Befriedigung privater Bedürfnisse der [X.]er oder ihrer Ansprüche gegenüber der [X.] (vgl. [X.]-Urteile vom 13. Februar 1996 VIII R 18/92, [X.]E 180, 79, [X.] 1996, 291; vom 12. November 1997 XI R 98/96, [X.]E 184, 502, [X.] 1998, 144; vom 28. März 2007 [X.], [X.]E 217, 507, [X.] 2007, 642, sowie in [X.]E 143, 120, [X.] 1985, 323, und in [X.], 368, [X.], 275). Verwertungshindernisse rechtfertigen im Einzelfall eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung; dies gilt jedoch nur für solche Verwertungshindernisse, die ihren Grund in der ursprünglichen einkünftebezogenen Sphäre haben (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 217, 507, [X.] 2007, 642; vom 19. August 1998 [X.], [X.]E 187, 21, [X.] 1999, 353).

Übertragen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige den aus der Veräußerung der bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös --soweit nicht [X.] entgegenstehen-- stets und in vollem Umfang zur Ablösung eines im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung aufgenommenen Darlehens verwenden muss (in diesem Sinne auch zutreffend BMF-Schreiben in [X.], 108, zu Schuldzinsen für darlehensfinanzierte Erhaltungsaufwendungen).

bb) Veräußert der Steuerpflichtige demgegenüber die vermietete Immobilie, reicht der Verkaufserlös aber nicht aus, ein hierfür aufgenommenes Darlehen abzulösen, bleibt --in einem ersten Schritt-- der nicht ablösbare Teil des (fortgeführten) [X.] im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 368, [X.], 275).

c) Da die Rechtsprechung des [X.] zur Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten indes nicht allein auf den ursprünglichen, mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit ausschließlich auf die erstmalige Verwendung der [X.] abstellt, können --in einem zweiten Schritt-- auch auf ein [X.] oder [X.] gezahlte Schuldzinsen dem Grunde nach durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein (so schon [X.]-Urteil vom 7. Juli 1998 VIII R 57/96, [X.]/NV 1999, 594). Vor diesem Hintergrund kann auch ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, mit Blick auf die [X.] noch in einem mittelbaren --und damit hinreichenden (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Juli 2007 IX R 2/05, [X.]E 218, 353, [X.] 2007, 941)-- wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen. Hat das "[X.]" der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gedient, dient in diesen Fällen --wirtschaftlich gesehen-- auch das umgeschuldete "neue Darlehen" (noch immer) der Finanzierung dieser Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, soweit die Valuta des [X.]s nicht über den abzulösenden [X.] hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung --wozu regelmäßig auch eine vertraglich fixierte [X.] gehört-- bewegt (vgl. hierzu auch [X.]-Urteil vom 19. Januar 2010 VIII R 40/06, [X.]E 228, 216, [X.] 2011, 254, zur steuerschädlichen Darlehensverwendung bei Lebensversicherungen).

5. Hat der Steuerpflichtige seine ursprüngliche steuerbare Tätigkeit in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ausgeübt, ist es für die Berücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen nach Veräußerung der bislang zur Einkünfteerzielung genutzten Immobilie überdies von Bedeutung, in welchem Umfang der Steuerpflichtige seinerzeit den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG selbst erfüllt hat. Die Frage nach dem objektiven Tatbestand des § 21 EStG ist dabei vornehmlich eine Frage der Zurechnung von Einkünften (s. [X.]/ [X.]mann, § 21 EStG Rz 41); für die Zurechnung von zur Einkünfteerzielung genutzten Wirtschaftsgütern --auch für [X.] gilt insoweit die Bruchteilsbetrachtung (vgl. [X.]-Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 29/11, [X.]/NV 2012, 1952). War der Steuerpflichtige --wie im [X.] an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, ist ihm daher ein von der [X.] zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommenes und ursprünglich durch diese Einkünfteerzielung veranlasstes Darlehen nach der Beendigung der [X.] grundsätzlich in dem gleichen Umfang zuzurechnen, in dem ihm vormals auch Einkünfte anteilig zuzurechnen waren. Jedenfalls in diesem Umfang kann der Steuerpflichtige --unter den eingangs genannten weiteren [X.] grundsätzlich auch Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten geltend machen.

6. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es diesen Grundsätzen nicht in vollem Umfang entspricht. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob und ggf. inwieweit ein Abzug der von den Klägern geltend gemachten Zinsaufwendungen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung möglich ist.

a) Die maßgeblichen Schuldzinsen wurden nicht auf ein Darlehen geleistet, das der Kläger --als [X.]er der [X.] zur Finanzierung der Herstellungskosten einer der Vermietung dienenden Immobilie aufgenommen und tatsächlich verwendet hat. Soweit die Herstellungskosten des Mehrfamilienhauses fremdfinanziert worden sind, wurden die in diesem Zusammenhang aufgenommenen Darlehen nach der Veräußerung des Objektes und der Auflösung der GbR nicht fortgeführt, sondern zurückgezahlt.

b) Im Streitfall wurden die von den Klägern als Werbungskosten geltend gemachten Schuldzinsen vielmehr auf ein Darlehen geleistet, das (auch) der Finanzierung einer (anteiligen) Rückführung der nach der Veräußerung der Immobilie und Auflösung der GbR verbliebenen [X.] diente. Nimmt der Steuerpflichtige in einem solchen Fall ein neues Darlehen auf, das der Finanzierung einer vom Veräußerungserlös nicht gedeckten Restschuld dient, steht auch ein solches "[X.]" dem Grunde nach noch in einem mittelbaren und damit ausreichenden Veranlassungszusammenhang mit den früheren Einkünften.

Dies gilt nach Maßgabe der unter [X.] der Gründe erläuterten Rechtsgrundsätze im Streitfall jedoch nur, soweit
(1) dem Kläger im Umfang der neu begründeten [X.] vormals die in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit erzielten Einkünfte auch persönlich zuzurechnen waren,
(2) die Valuta des [X.]s nicht über den insoweit abzulösenden [X.] hinausgeht und
(3) die Umschuldung sich im Rahmen einer üblichen Finanzierung bewegt.

c) Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang prüfen, ob und ggf. inwieweit das vom Kläger aufgenommene [X.] nach den dargelegten Grundsätzen noch immer der Finanzierung der Herstellungskosten des Mehrfamilienhauses dient und mithin durch die früheren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung veranlasst ist.

Meta

IX R 45/13

08.04.2014

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 30. August 2013, Az: 11 K 31/13, Urteil

§ 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 39 AO, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, § 2 Abs 1 EStG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.04.2014, Az. IX R 45/13 (REWIS RS 2014, 6485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6485

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