Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.12.2017, Az. IX R 4/17

9. Senat | REWIS RS 2017, 1181

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Gegenstand

Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Vermietungsobjekts - Reichweite der Surrogationsbetrachtung und Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung - Verwendung von Darlehensmitteln - Anforderungen an eine Reinvestitionsabsicht


Leitsatz

1. Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist maßgeblich, was mit dem Erlös aus der Veräußerung des mit einem Darlehen fremdfinanzierten Vermietungsobjekts geschieht .

2. Die nicht durch eine tatsächliche Verwendung begründete (angebliche) Reinvestitionsabsicht des Veräußerungserlöses in ein noch zu erwerbendes Vermietungsobjekt reicht nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen .

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 3. August 2016  4 K 236/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist der Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre 2009 bis 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin war in den Streitjahren Eigentümerin des bebauten Grundstücks [X.] in [X.] (Objekt [X.]) und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. [X.]is zum [X.] war die Klägerin auch Eigentümerin des bebauten Grundstücks [X.] in [X.] (Objekt A) und erzielte daraus ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Anschaffungskosten beider Grundstücke waren von der Klägerin durch Darlehen eines Kreditinstituts fremdfinanziert worden.

3

Unter dem 4. Oktober 2007 veräußerte die Klägerin das Objekt A innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Preis von 5.325.000 €. Die Veräußerungskosten beliefen sich auf 37.766 €. Eine Tilgung der zu seiner Finanzierung aufgenommenen Darlehen erfolgte zunächst nicht.

4

Die Salden und die Schuldzinsen der für die beiden Grundstücke aufgenommenen Darlehen entwickelten sich in den Jahren 2007 bis 2011 wie folgt (in €):

5

        

Objekt A

Objekt [X.]

Darlehen mit Endnummern

586

578

352

360

493

Zinsen 2007

54.286,43

71.037,92

34.192,68

47.869,68

6.837,51

Saldo 31.12.2007

1.981.350,53

 1.533.875,64

639.114,85

894.760,79

 122.032,20

Zinsen 2008

91.272,07

71.325,24

34.192,58

47.869,68

3.522,38

Saldo 31.12.2008

1.940.622,60

1.533.875,64

 639.114,85

894.760,79

40.354,58

Tilgung am 31.07.2009

 1.444.538,75

0

639.114,85

 894.760,79

0

Zinsen 2009

91.364,58

71.325,24

19.945,73

27.923,98

474,61

Saldo 31.12.2009

450.010,22

1.533.875,64

0

0

0

Zinsen 2010

19.615,50

71.325,24

0

0

0

Saldo 31.12.2010

388.025,72

1.533.875,64

0

0

0

Zinsen 2011

16.671,00

71.325,24

0

0

0

Saldo 31.12.2011

323.096,72

1.533.875,64

0

0

0

6

Für das Streitjahr 2009 machte die Klägerin für das Objekt [X.] Schuldzinsen in Höhe von 211.455 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dieser [X.]etrag setzt sich aus der Summe der Schuldzinsen für alle fünf Darlehen und Zinsen aus laufenden Konten in Höhe von 420,90 € zusammen.

7

Zum 31. Juli 2009 tilgte die Klägerin die zur Finanzierung des Objekts [X.] aufgenommenen Darlehen mit den Endnummern 352 und 360 unter Verwendung eines Teils des [X.] aus dem Objekt A. Einen anderen Teil des [X.] verwandte sie dazu, das für die Anschaffung dieses Grundstücks aufgenommene Darlehen mit der Endnummer 586 teilweise zu tilgen.

8

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erkannte die Umwidmung des Darlehens mit der Endnummer 578 an und berücksichtigte die dafür angefallenen Schuldzinsen zeitanteilig für die Monate August bis Dezember als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt [X.]. Für die Schuldzinsen, die darüber hinaus bei diesem Darlehen sowie bei dem Darlehen 586 angefallen waren, versagte das [X.] den Werbungskostenabzug.

9

Die im November 2009 erfolgte Anschaffung zweier weiterer Vermietungsobjekte wurde über neu aufgenommene Darlehen finanziert.

Für das Streitjahr 2010 machte die Klägerin wiederum die gesamten Schuldzinsen aus den beiden verbliebenen Darlehen 586 und 578 in Höhe von 90.940,74 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das [X.] erkannte lediglich den auf das Darlehen 578 entfallenden Teilbetrag von 71.325,24 € an.

Auch für das Streitjahr 2011 berücksichtigte es anstelle der von der Klägerin für beide Darlehen geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 87.996,24 € lediglich die Zinsen auf das Darlehen 578 in Höhe von 71.325,24 €.

Die Kläger legten gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide für 2009 vom 7. Juli 2011, für 2010 vom 7. September 2012 und für 2011 vom 25. März 2014 jeweils Einspruch ein. Sie trugen zur [X.]egründung im Wesentlichen vor, der Erlös aus der Veräußerung des Objekts A sei nicht zur sofortigen Ablösung der für dessen Anschaffung aufgenommenen Darlehen verwandt worden, um ihn für die Finanzierung neu anzuschaffender Objekte einsetzen zu können. Unter [X.]erücksichtigung der günstigen Kreditkonditionen und der ersparten Vorfälligkeitsentschädigungen sei dies günstiger gewesen, als die vorhandenen Darlehen vorzeitig abzulösen und später neue Darlehen aufzunehmen.

Nachdem das [X.] aus nicht streitbefangenen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung 2009 durch [X.]escheid vom 8. Dezember 2011 und die Einkommensteuerfestsetzung 2011 durch [X.]escheid vom 22. Mai 2014 geändert hatte, setzte es durch [X.] vom 24. Oktober 2014 die Einkommensteuer für 2009 aus nicht streitbefangenen Gründen herab. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2017, 1337 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Danach seien die in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Der durch die Verwendung der [X.] begründete wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt A sei mit dessen Veräußerung entfallen. Auch ein Abzug als nachträgliche Werbungskosten komme insoweit nicht in [X.]etracht. Die Darlehen 586 und 578 hätten aus dem Veräußerungserlös getilgt werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Die Schuldzinsen könnten auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus anderen Objekten abgezogen werden. Die Klägerin habe den Erlös aus der Veräußerung nicht zum Erwerb anderer Grundstücke eingesetzt. Die im November 2009 neu angeschafften Immobilien habe sie vielmehr durch Aufnahme neuer Kredite finanziert.

Das [X.] hat während des Klageverfahrens unter dem 1. Oktober 2015 den Einkommensteuerbescheid für 2010 aus nicht streitbefangenen Gründen geändert.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen (mangelnde Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) und materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 8. Dezember 2011 in Gestalt der [X.] vom 24. Oktober 2014, den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 1. Oktober 2015 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 22. Mai 2014 in Gestalt der [X.] vom 24. Oktober 2014 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkommensteuer jeweils auf den [X.]etrag herabgesetzt wird, der sich ergibt, wenn die Schuldzinsen in der erklärten Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden,
hilfsweise, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).

a) Im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Schuldzinsen auf ein Immobiliendarlehen und der Einkünftesphäre kommt einerseits dem mit der Aufnahme der Darlehensschuld verfolgten Zweck, welcher auf die Erzielung von Einnahmen --im Streitfall aus Vermietung und Verpachtung-- gerichtet sein muss, und andererseits der zweckentsprechenden Verwendung der [X.] entscheidende Bedeutung zu. Der notwendige Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist danach als gegeben anzusehen, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines [X.] zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen --objektbezogenen-- Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines [X.] wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, [X.], 368, [X.], 275, Rz 15; vom 9. Mai 2017 IX R 45/15, [X.], 1036, Rz 14).

b) Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen [X.] wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den [X.]n angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung --unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit-- am Veräußerungspreis fort (sog. [X.]). Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer --ggf. gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren-- Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung; s. [X.]-Urteile in [X.], 368, [X.], 275, und vom 8. April 2014 IX R 45/13, [X.], 442, [X.], 635, m.w.N.). Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht.

aa) Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle --etwa ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt-- an, besteht der Zusammenhang (ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) am neuen Objekt fort ([X.]-Urteile vom 8. April 2003 IX R 36/00, [X.], 280, [X.] 2003, 706; in [X.], 442, [X.], 635).

bb) Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen ([X.]-Urteil in [X.], 442, [X.], 635).

(1) Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige --worin er frei ist-- tatsächlich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Denn im letztgenannten Fall wird der grundsätzlich fortbestehende Veranlassungszusammenhang von einer privat motivierten Entscheidung --die Nichtablösung des Darlehens oder der anderweitigen Verwendung des [X.] ersetzt ([X.]-Urteile vom 25. Februar 2009 IX R 52/07, [X.], 1255; in [X.], 442, [X.], 635).

(2) Veräußert der Steuerpflichtige demgegenüber die vermietete Immobilie, reicht der Verkaufserlös aber nicht aus, um ein hierfür aufgenommenes Darlehen abzulösen, bleibt der nicht ablösbare Teil des (fortgeführten) [X.] im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 368, [X.], 275).

cc) Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein. Daher kann auch ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, mit Blick auf die [X.] noch in einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen, soweit die Valuta des [X.] nicht über den abzulösenden [X.] hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegt (ausführlich [X.]-Urteil in [X.], 442, [X.], 635, m.w.N.).

c) Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist dabei stets objektbezogen; maßgebend ist die auf ein bestimmtes Objekt ausgerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteile vom 26. November 2008 IX R 67/07, [X.], 58, [X.] 2009, 370; vom 12. Mai 2009 IX R 18/08, [X.], 1627; vom 13. Januar 2015 IX R 46/13, [X.], 668; in [X.], 1036).

Für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten kommt es auf den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem konkreten Vermietungsobjekt im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an (vgl. [X.]-Urteile vom 7. März 1995 VIII R 9/94, [X.], 392, [X.] 1995, 697; in [X.], 280, [X.] 2003, 706). Eine bloße gedankliche Zuweisung eines Darlehens durch den Steuerpflichtigen genügt nicht ([X.]-Urteile vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, [X.], 80, [X.] 1997, 772; vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, [X.], 276, [X.] 1999, 676; vom 19. August 1998 [X.], [X.], 21, [X.] 1999, 353); die [X.] müssen vielmehr --tatsächlich-- einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können ([X.]-Urteil vom 25. Mai 2011 IX R 22/10, [X.], 14, m.w.N.). Es steht nach der erstmaligen --objektbezogenen-- Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines [X.] auch nach dessen späterer Veräußerung nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, ungeachtet der objektiven Umstände lediglich aufgrund einer bloßen Willensentscheidung diese Fremdmittel einem anderen Vermietungsobjekt zuzuordnen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 280, [X.] 2003, 706, unter [X.] und [X.]). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass das Darlehen auch im Zeitpunkt des jeweiligen Entstehens der Schuldzinsen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften --im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung-- verwendet worden sein muss (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des [X.] vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, [X.]E 161, 290, [X.] 1990, 817, unter [X.], und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, [X.], 7, [X.] 1998, 193, unter [X.] und 2.; [X.]-Urteile vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, [X.]/NV 2002, 341; vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, [X.]E 199, 430, [X.] 2003, 389).

2. Nach diesen Maßstäben sind die in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 in den Streitjahren 2009 bis 2011 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

a) Da nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) mit dem Veräußerungserlös keine neue Einkunftsquelle angeschafft worden ist, dieser aber ausgereicht hätte, um die Darlehen 586 und 578 abzulösen, endete im Streitfall der wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG dieser Darlehen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im Jahr 2007.

b) Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass rechtliche Hindernisse der Verwendung des [X.] zur Schuldentilgung nicht entgegenstanden. Denn auch bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit begründet das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen (vgl. Urteil des [X.] vom 1. Juli 1997 XI ZR 267/96, [X.], 161). Der Einwand der Kläger, dass die Tilgung des Darlehens 578 aus der Ablaufleistung einer zu diesem Zweck abgeschlossenen Kapitallebensversicherung erfolgen sollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dies hinderte die Klägerin nicht daran, das Darlehen aus dem Veräußerungserlös zu tilgen und die Ablaufleistungen der Lebensversicherungen für andere Zwecke zu verwenden.

c) Zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die Schuldzinsen aus den Darlehen 586 und 578 nach der Veräußerung des Objekts A Gegenleistung für die Überlassung der [X.] waren, die  nicht mehr mit der Einkünfteerzielung aus diesem Objekt  zusammenhingen.

d) Die streitigen Schuldzinsen können auch nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus anderen Objekten abgezogen werden. Die Mittel aus den Darlehen 586 und 578 sind in den Streitjahren nicht tatsächlich zum Erzielen von Vermietungseinkünften verwendet worden. Die Klägerin hat den Erlös aus der Veräußerung nicht zur Anschaffung anderer Vermietungsobjekte eingesetzt, insbesondere wurden die im November 2009 neu angeschafften Immobilien allein durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert. Anders als die Kläger meinen, reicht die [X.] durch eine tatsächliche Verwendung begründete-- (angebliche) Reinvestitionsabsicht des [X.] in ein noch zu erwerbendes und nicht bestimmtes Vermietungsobjekt nicht aus, um der [X.] zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen.

e) Die von den Klägern als (verzichtbaren) Verfahrensmangel gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 [X.]O) in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung durch das [X.] zu den Beweggründen für das Stehenlassen der Darlehen 586 und 578 ist nicht gegeben.

Ausweislich des [X.] vom 3. August 2016 (zu dessen Beweiskraft s. § 94 [X.]O i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert, ohne dass ein Beweisantrag gestellt worden ist. Die --in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] fachkundig vertretenen-- Kläger haben [X.] zur Sache verhandelt und damit ihr [X.] durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 ZPO; vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 27. August 2008 IX B 207/07, [X.]/NV 2008, 2022; vom 19. Mai 2010 IX B 198/09, [X.]/NV 2010, 1647).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX R 4/17

06.12.2017

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 3. August 2016, Az: 4 K 236/14, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG 2009, § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 76 Abs 1 S 1 FGO, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.12.2017, Az. IX R 4/17 (REWIS RS 2017, 1181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1181

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