Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2017, Az. X ZR 119/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 16415

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:310117UXZR119.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR
119/14
Verkündet am:
31. Januar 2017
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der
Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Gestricktes Schuhoberteil
EPÜ
Art. 56
Dass für den Fachmann eine bestimmte Entgegenhaltung als möglicher Aus-gangspunkt von Bemühungen um eine Fortentwicklung in Betracht kam, darf insbesondere bei im Prioritätszeitpunkt sehr altem Stand der Technik nicht [X.] aus der sachlichen Nähe zur erfindungsgemäßen Lösung gefolgert werden. Enthält jedoch eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung bereits alle wesentlichen Elemente der Erfindung, bedarf die Annahme, die ältere Lösung liege außerhalb desjenigen Bereichs, in dem sich am [X.] aus fach-männischer Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Prob-lems finden ließen, einer besonders sorgfältigen Prüfung.
[X.], Urteil vom 31. Januar 2017 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31.
Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.] und Dr.
Bacher sowie die Richterinnen Schuster und Dr.
Kober-Dehm
für
Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats ([X.]) des [X.] vom 13. November 2014 wird auf Kos-ten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 15.
Dezember 2003 unter Inanspruch-nahme einer Priorität vom 18.
Dezember 2002 angemeldeten und mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1
571
938 (Streitpatents).
Nach Durchführung eines Beschränkungsverfahrens nach Art.
105a
EPÜ umfasst das Streitpatent 30
Patentansprüche, von denen die Ansprüche
1 bis 13 und 30 auf einen Fußbekleidungsartikel gerichtet sind und die nebengeordneten Ansprüche
14 und 26, jeweils mit Unteransprüchen, Her-stellungsverfahren
betreffen. Patentanspruch 1 der
beschränkten
Fassung
lau-tet in der Verfahrenssprache:
1
-
3
-
"An article of footwear (100) having a sole structure (110) and a knit up-per [X.], [X.] an [X.] up-per, [X.]:
[X.] (132-136) of said textile (130), [X.], [X.] being formed of a first thermoplastic polymer material, and [X.] [X.] in [X.]; and an [X.] (131) of said textile, [X.] [X.] in said [X.],
wherein said textile (130) is formed from mechanically manipulated [X.] (146), said [X.] incorporating [X.] and said second strands, and
wherein said first thermoplastic polymer material (144) has a first melting temperature; and wherein said textile (130) includes a second thermo-plastic material (145) having a second melting temperature,
in order to impart stability to the upper by the fused [X.] components."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei auch in der beschränkten
Fassung unzulässig erweitert; er sei nicht neu
und beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Beklagte hat das Streitpatent in der geltenden
Fassung und mit zahlreichen Hilfsanträgen verteidigt. Das [X.] hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der [X.], mit der sie das [X.] in einer weiter beschränkten Fassung, die dem erstinstanzlichen Hilfsan-trag
I
entspricht, und hilfsweise mit acht weiteren Anspruchsfassungen vertei-2
3
-
4
-
digt. Die Patentansprüche
1, 14 und 26 lauten in der mit dem Hauptantrag
ver-teidigten Fassung wie folgt:
"1.
Fußbekleidungsartikel (100), mit einer Sohlenstruktur (110)
und ei-nem an der Sohlenstruktur befestigten gestrickten Oberteil (120),
wobei das gestrickte Oberteil im Wesentlichen aus einer Textilie ge-bildet ist, die zumindest einen äußeren Bereich des gestrickten Oberteils bildet, wobei die Textile Folgendes aufweist:
einen verklebten Bereich (132-136) der Textilie (130), wobei der verklebte Bereich zumindest teilweise aus mehreren ersten Strän-gen und mehreren zweiten Strängen gebildet ist, wobei die ersten Stränge aus einem ersten thermoplastischen Polymermaterial ge-bildet und die ersten Stränge in dem verklebten Bereich mit den zweiten Strängen verklebt sind, sowie einen nicht verklebten Be-reich (131) der Textilie, wobei die ersten Stränge in dem nicht ver-klebten Bereich nicht mit den zweiten Strängen verklebt sind,

bei dem die Textilie (130) aus maschinell verarbeiteten Garnen (146) gebildet ist, wobei die ersten Stränge und die zweiten Stränge in den Garnen aufgenommen sind, und

bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial (144) eine ers-te Schmelztemperatur hat und bei dem die ersten Stränge der Texti-lie (130) ein zweites thermoplastisches Material (145) mit einer zweiten
Schmelztemperatur
umfassen,
so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten ein-gearbeitet werden müssen.
14.
Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils (120) für einen Fußbekleidungsartikel (100), wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
-
5
-
Vorsehen mehrerer Stränge, wobei zumindest ein erster Anteil der Stränge mindestens ein erstes thermoplastisches Polymermaterial umfasst;
Einarbeiten der Stränge in eine Textilie (130), die im Wesentlichen das gestrickte Oberteil bildet; und
Ausbilden eines verklebten Bereichs (132-136) der Textilie, indem zumindest der erste Anteil der Stränge lediglich an ausgewählten Stellen des gestrickten Oberteils mit einem zweiten Anteil der Stränge verklebt wird,
während der erste Anteil und der zweite Anteil an anderen, nicht ausgewählten Stellen des Oberteils nicht verklebt werden,
bei dem der Schritt des Einarbeitens das Ausbilden zumindest eines äußeren Bereichs des gestrickten Oberteils (120) aus der Textilie (130) umfasst und
bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial
(144) eine ers-te Schmelztemperatur hat; und
Einarbeiten eines zweiten thermoplastischen Materials (145) mit [X.] zweiten Schmelztemperatur in die Textilie (130), wobei das zweite thermoplastische Material in dem ersten Anteil der Stränge umfasst ist,
so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten ein-gearbeitet werden müssen.
26.
Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils (120) für einen Fußbekleidungsartikel (100), wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
Ausbilden zumindest eines äußeren Bereichs des Oberteils (120) aus einer Textilie (130),
-
6
-
Einarbeiten eines Garns (146) mit mindestens einem schmelzbaren Strang in separate und getrennte Bereiche des gestrickten Ober-teils; Erwärmen im Wesentlichen des gesamten Oberteils, um den mindestens einen schmelzbaren Strang mit einem angrenzenden Strang zu verkleben und die separaten und getrennten verklebten Bereiche des Oberteils zu bilden,
bei dem der Schritt des Einarbeitens das Ausbilden der Textilie (130) durch maschinelles Verarbeiten von Garn (146) umfasst, wel-ches den mindestens einen schmelzbaren Strang aufweist, und
Anordnen des mindestens einen schmelzbaren Strangs lediglich in ausgewählten Bereichen des gestrickten Oberteils,
so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten ein-gearbeitet werden müssen."
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Streitpatent betrifft [X.] ("Fußbekleidungsartikel")
mit einer Sohle und einem an der Sohle
befestigten gestrickten Oberteil sowie Ver-fahren zur Herstellung des gestrickten Oberteils.
1.
Nach der Patentbeschreibung sind die für das Oberteil ausgewählten Materialien je nach Art des Fußbekleidungsartikels
unterschiedlich, umfassen (include)
jedoch im Allgemeinen ein Textilmaterial. [X.]ortschuhe beispielsweise 4
5
6
7
-
7
-
enthielten oft textiles Obermaterial, das
mit einer duroplastischen Schaumstoff-schicht vernäht oder verklebt sei (Abs.
2).
Das textile Material könne mit Hilfe verschiedener
Techniken zum ma-schinellen Verarbeiten von Garn wie Weben
(interweaving), Verflechten
(inter-twining) und Verdrillen
([X.])
sowie Verschlingen (interlooping) hergestellt werden. Verflechten und Verdrillen umfassten Herstellungsverfahren wie Flech-ten und Knüpfen, Verschlingen beinhalte die Bildung einer Vielzahl von Reihen aus Maschen, wobei Stricken
(knitting)
das verbreitetste Verfahren zur [X.] sei
(Abs.
5 und 6).
Mit den bei
Schuhoberteilen verwendeten Textilien werde
im Allgemei-nen eine leichtgewichtige, luftdurchlässige und flexible Struktur
erzielt, die den Fuß komfortabel halte. Um [X.] Strapazierfähigkeit und Dehnfestigkeit zu verleihen, würden üblicherweise zusätzliche Materialien
wie
Leder, [X.] Leder oder Gummi mit dem
Textil kombiniert (Abs.
8). Dabei sei der [X.] mehrerer Materialien
zur Realisierung unterschiedlicher
Eigenschaften
aus der Fertigungsperspektive häufig ineffizient. Die Verwendung zusätzlicher
Mate-rialien neben Textilien könne zudem Temperatur und Feuchte im Schuh
erhö-hen und seine Atmungsfähigkeit verringern (Abs.
9 und 10).
2.
Das Streitpatent betrifft danach das

in der Patentschrift nicht aus-drücklich angesprochene -
technische Problem, mit effizienten Mitteln Strapa-zierfähigkeit und Festigkeit von textilem
Schuhwerk bei Erhaltung des [X.] zu erhöhen.
3.
Als Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch
1 in der in zweiter Instanz verteidigten Fassung [X.]
mit folgenden Merkmalen vor (Merkmale
des Patentgerichts
in eckigen Klammern):
8
9
10
11
-
8
-
1.
Der Schuh (100) weist auf

1.1
eine Sohle (110) und
1.2
ein an der Sohle
befestigtes
gestricktes
Oberteil (knit up-per
120)
[1.1].
2.
Das Oberteil besteht im Wesentlichen aus einer Textilie (130), die zumindest einen äußeren Bereich des Oberteils bildet
[1.1].
3.
Die Textilie besteht aus Garnen, die
3.1
maschinell verarbeitet sind und
3.2
erste und zweite Fasern (strands) enthalten [1.7].
4.
Die ersten Fasern sind gebildet aus
4.1
einem ersten thermoplastischen Polymermaterial mit [X.] ersten Schmelztemperatur und
4.2
einem zweiten thermoplastischen Material (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur [1.8].
5.
Die Textilie weist auf:
5.1
einen verklebten
(fused)
Bereich (132-136)
[1.2],
5.1.1
der zumindest teilweise aus einer Vielzahl
erster
und zweiter
Fasern gebildet ist [1.3],
5.1.2
in dem
die ersten Fasern mit
den zweiten Fasern
verklebt sind
[1.4, 1.5], und
5.2
einen nicht verklebten ([X.]) Bereich (131), in dem
die ersten
Fasern nicht mit den zweiten Fasern
verklebt sind
[1.6].
Hierdurch soll, wie es am Ende des Patentanspruchs
1 ausdrücklich heißt, erreicht werden, dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche Stabili-tät verliehen
wird, ohne dass zusätzliche Materialkomponenten eingearbeitet werden müssen.
4.
Zum Verständnis der durch diese Merkmale beschriebenen techni-schen Lehre, die durch das in der nachfolgend eingefügten Figur 1 des [X.] dargestellte Ausführungsbeispiel veranschaulicht wird, ist zu erläutern:
12
13
-
9
-

a)
Das Oberteil des erfin-dungsgemäßen Schuhs ist gestrickt oder
gewirkt. Die Übersetzung des Verbs
"to knit"
mit "stricken"
oder "wirken", die das Patentgericht sei-nem Anspruchsverständnis zugrunde gelegt hat, entspricht, wie dem Senat bekannt ist,
dem allgemeinen [X.]rachgebrauch. Entgegen der [X.] der [X.] ergeben sich aus
der Patentbeschreibung
keine Anhaltspunkte
für ein hiervon abweichendes Verständnis.
Das Argument, Fi-gur
3D des Streitpatents zeige ein gestricktes Gewebe sowie
der Hinweis auf den Unterschied zwischen [X.]
(Stricken) und warp
knitting
(Wirken) verfangen nicht.
Das Streitpatent trifft eine solche
Unterscheidung nicht, und ob die in
Figur 3D dargestellte
Maschenware
als gestrickt und nicht als gewirkt
er-kennbar ist, ist unerheblich, da sich hieraus nicht mehr ableiten lässt, als dass
das erfindungsgemäße Oberteil jedenfalls auch gestrickt sein kann.
b)
Das patentgemäße textile Oberteil besteht aus maschinell verarbeite-ten Garnen, die
erste und zweite Fasern (fibers)
oder
Filamente enthalten
(Merkmal 3), die mit dem Oberbegriff strands
(nachfolgend zur Vereinfachung als Fasern) bezeichnet werden (Abs. 28) und
in einem verklebten Bereich (fu-sed area) durch Ausnutzung der thermoplastischen Eigenschaften der für die erste Faser verwendeten Polymere (Merkmal 4) miteinander
verklebt
werden (Merkmal 5.1).
Die ersten Fasern
weisen dabei zwei unterschiedliche
thermo-plastische
Materialien auf, die unterschiedliche
Schmelztemperaturen haben
14
15
-
10
-
(Merkmale 4.1 und 4.2); sie können als Faserkern und -hülle ausgebildet sein.
Je nach gewünschter Ausgestaltung des textilen Oberteils
kann dabei das Schmelzen nur des äußeren
Materials oder, wenn ein höherer Verklebungsgrad erforderlich ist, auch beider Polymermaterialien angezeigt
sein. Demnach [X.] im Rahmen der Erfindung Fasern
mit verschiedenen Kombinationen von thermoplastischen Polymermaterialien genutzt werden (Abs. 45).
Im Vergleich zu nicht verklebten Bereichen weisen verklebte Bereiche
größere Steifheit, Dehnfestigkeit, Abriebfestigkeit und Strapazierfähigkeit auf und können deshalb für verbesserten Halt und bessere Stabilität des Schuhs
sorgen (Abs. 35, 42).
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungs-verfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei durch die [X.] Ausle-geschrift
1
084
173 ([X.]) nahegelegt.
Der Fachmann, ein Fachhochschulinge-nieur der Fachrichtung Lederverarbeitung und Schuhtechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung und Entwicklung von Schuhen, der gegebenenfalls einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Textiltechnik zu Rate ziehe, werde die [X.] trotz des Alters der Druckschrift heranziehen. Auch wenn
bei der Herstellung von Schuhen kurze Entwicklungszeiten die Regel
seien, habe die Entwicklung in diesem Bereich nicht
lange
[X.] stagniert. Das Bedürfnis, andere Materialien als Leder für das Obermaterial einzusetzen, sei nicht nur auf eine auf Mangel an Leder in der Nachkriegszeit beschränkte Entwicklung
zurückzu-führen. Vielmehr sei gerade bei [X.]ortschuhen
in den letzten Jahrzehnten ein Trend zu textilen Obermaterialien zu erkennen;
beispielsweise bei [X.] sei eine Nachfrage nach
stabilen
und trotzdem leichten
Schuhen
vor-handen.
Für den Fachmann habe deshalb hinreichend Anlass bestanden, sich im älteren Stand der Technik umzusehen. Ihm
seien zum Prioritätszeitpunkt die verschiedenen, zur Fertigung von Schuhoberteilen verwendbaren Textilien und 16
17
-
11
-
deren Eigenschaften bekannt
gewesen. Bei der Entscheidung, ein
geeignetes, beispielsweise gestricktes
textiles Material
zu verwenden, weil es
besonders stabil oder besonders elastisch sei,
handele es sich
demnach um eine fach-männische Auswahl.
Das textile Oberteil der
[X.]
werde durch Weben oder Wirken aus ma-schinell verarbeiteten Garnen gebildet ([X.], [X.] 20). Dabei
handele es sich um ein Mischgewebe aus Textil-
und [X.]. Das Schuhoberteil
weise
einen verklebten Bereich auf;
an Teilen, die etwa
für die [X.] verwendet würden, werde es an örtlich begrenzten Stellen einer
Warmbehand-lung unterzogen, womit eine entsprechende Härtung erreicht werde
([X.].
1,
[X.]
11-17). Danach verschmölzen
Schuund Kettfäden thermoplastisch mit-einander, wobei es möglich sei, dass sowohl der [X.] auch der Kettfa-den oder nur einer der beiden Fäden thermoplastisch sei und durch Verschmel-zung und anschließende Härtung mit den anderen Fäden ein festes
Gewebe entstehe. Dies entspreche den Merkmalen des Streitpatents, wonach der ver-klebte Bereich zumindest teilweise aus ersten und
zweiten miteinander verkleb-ten Fasern
gebildet sei.
Da
nur bestimmte Teile oder Bereiche verklebt würden, werde
zwangsläufig auch ein nicht verklebter Bereich erzeugt.
Der in der Schrift
([X.].
1, [X.]
18-24)
aufgezeigte Nachteil des Standes der Technik, dass die [X.] aufwändig an bestimmten Stellen im Textil eingebracht werden müssten, lege
es nahe, die beschriebenen Fäden auch an nicht zu verstärken-den Stellen einzusetzen
und die Fasern nur an den zu verstärkenden Stellen zu verkleben. Aus der Entgegenhaltung ergebe sich schließlich der Hinweis
([X.].
1, [X.]
49-55),
das
textile Material
zuerst
zuzuschneiden
und sodann
festzulegen, welche Bereiche
verfestigt werden müssten, weil sie beispielsweise als Fersenoder Zehenteil dienen sollten.
18
-
12
-
Der erfindungsgemäße Schuh
unterscheide sich nach alledem
von dem Gegenstand der
[X.] nur durch die Verwendung eines
zweiten
thermoplasti-schen
Materials
mit einer zweiten Schmelztemperatur. Da die [X.] indessen offenbare, das Schuhoberteil aus [X.] mit [X.] und textilen Fasern herzustellen, und
der
Fachmann die verschiedenen Textilfasern und deren Vo und Nachteile kenne, könne es nicht als erfinderisch angesehen werden, hieraus geeignete
thermoplastische Fasern
auszuwählen. Da die [X.] als Schmelzklebefasern wirken und die restlichen Fasern
üblicherweise ihre vorhandene Struktur erhalten sollten, liege es nahe, das zweite thermoplas-tische Material mit einer zweiten, höheren Schmelztemperatur auszuwählen.
Auch dessen Verwendung für die ersten Fasern führe angesichts der [X.] nicht zu einem patentfähigen Gegenstand.

Der Gegenstand der
Patentansprüche
14 und 26 sei ebenfalls durch [X.] in Verbindung mit dem [X.] Patent 2
314
098 ([X.]) nahe-gelegt. Der Fachmann erkenne, dass zur Verklebung bestimmter festgelegter Bereiche nur drei Möglichkeiten zur Verfügung stünden, nämlich das gesamte Oberteil mit schmelzbaren Fasern
zu versehen und dann die festgelegten Be-reiche einer Wärmebehandlung zu unterziehen oder nur die festgelegten Berei-che mit schmelzbaren Fasern
zu versehen und sodann das gesamte Oberteil oder nur die festgelegten Bereiche einer Wärmebehandlung zu unterziehen. Die ersten beiden Methoden beschreibe [X.], die dritte Methode sei in [X.] offen-bart ([X.], S.
1 re. [X.].,
[X.]
40-49 i.V.m. S.
2 li.
[X.].,
[X.]
10-17). Der Entgegenhal-tung
sei
zu entnehmen, dass nur bestimmte Bereiche des Oberteils erwärmt würden, um zu vermeiden, dass die Flexibilität und Weichheit der übrigen Teile verloren gehe. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Oberteil zum Teil aus elastischen Fasern bestehe, deren Elastizität durch die Wärmebehandlung litte. Der Fachmann erkenne ohne weiteres, dass eine Wärmebehandlung des ge-samten Oberteils möglich sei, wenn es aus Fasermaterial gefertigt sei, welches 19
20
-
13
-
bei einer Wärmebehandlung nicht geschädigt
werde. Die Wärmebehandlung des gesamten Oberteils zum Verkleben bestimmter Bereiche sei zudem weni-ger aufwändig, da für die gezielte Erwärmung von bestimmten Bereichen ein an diese Bereiche angepasstes Werkzeug benötigt werde. Aus den drei genannten Möglichkeiten auszuwählen, sei rein fachmännisches Handeln.
Die mit
den Hilfsanträgen verteidigten
Fassungen des Streitpatents be-ruhten ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
III.
Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

1.
Der mit
dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist dem Fachmann durch die Entgegenhaltung
[X.]
und das
US-amerikanische Patent
2 440 393 ([X.])
nahegelegt (Art. 56 EPÜ).
a)
Ohne Erfolg rügt die Berufung die Definition des Fachmanns durch das Patentgericht als fehlerhaft.
Das Patentgericht hat den Fachmann als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Lederverarbeitung und Schuhtechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung und Entwicklung von Schuhen definiert. Dagegen wendet sich die Berufung zu Recht nicht.
Soweit das Patentgericht angenommen hat, dieser Fachmann ziehe ge-gebenenfalls einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Textiltechnik zu Rate, ist dies ebenso wenig zu beanstanden. Denn das Patentgericht hat damit nicht in Zweifel gezogen, dass die Hinzuziehung dieses zweiten Fachmanns nicht ohne weiteres angenommen werden kann, sondern im Einzelfall der Rechtfertigung bedarf. Da

wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht

im Prioritätszeitpunkt für Schuhobermaterialien Textilien vielfach verwendet wur-21
22
23
24
25
26
-
14
-
den, kann indessen eine solche Rechtfertigung nicht von vornherein ausge-schlossen werden.
b)
Zu Recht hat das Patentgericht [X.] als Ausgangspunkt für die Beur-teilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen. Entgegen der Auffassung der [X.] hatte der Fachmann Anlass, diese
Entgegenhaltung zu berück-sichtigen.
Der zum Prioritätszeitpunkt fast fünfzig Jahre zurückliegende [X.] steht dem nicht entgegen.
aa)
Ob sich dem Fachmann ein bestimmter Stand der Technik als mögli-cher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, hängt nach ständiger Recht-sprechung des [X.] nicht davon ab, ob es sich hierbei um den nächstliegenden Stand der Technik handelt. Die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als

aus Ex-post-Sicht

nächstkommender Stand der Technik ist weder ausreichend ([X.], Urteil vom 16. Dezember 2008

[X.], [X.]Z
179, 168 = [X.], 382 Rn. 51

Olanzapin) noch erforderlich
([X.], Urteil vom 18.
Juni 2009

Xa
ZR
138/05, [X.], 1039 Rn. 20

[X.]). Die Wahl des
Ausgangspunkts
bedarf daher der
Rechtfer-tigung, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns
liegt, für einen be-stimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt ([X.]Z 179, 168

Olanzapin; [X.], Urteil vom 5. Oktober 2016

X
ZR 78/14, GRUR
2017, 148
Rn. 42
f.

Opto-Bauelement).
bb)
Dabei bildet das Alter einer bestimmten Entgegenhaltung nur eines von mehreren als relevant
in
Frage kommenden Kriterien. Nach der Rechtspre-chung des [X.] ist es eine Frage des Einzelfalls, dessen Um-stände umfassend zu würdigen sind, ob ein Stagnieren des Stands der Technik über lange [X.] darauf hindeutet, dass die neue Erfindung dem
Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt war ([X.], Urteil vom 29. Juni 27
28
29
-
15
-
2010

[X.], [X.], 992 Rn. 28

Ziehmaschinenzugeinheit II).
Ebenso ist es eine Frage des Einzelfalls, ob außer aktuellen technischen [X.], die der Fachmann
in der Regel ohne weiteres auf ihre Eignung als Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung prüfen wird, hierfür auch ältere [X.] in Betracht zu ziehen sind.
Zu den zu [X.] können die Entwicklungszyklen auf dem in Rede stehenden Gebiet ebenso gehören wie die Abhängigkeit der Produktentwicklung von außertechnischen Faktoren wie etwa in der Bekleidungs-
und Schuhindustrie zu berücksichtigenden jeweils [X.] modischen Trends. Es kann aber auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zur
Rechtfertigung des vom Fachmann gewählten Ausgangspunkts anzustellenden Überlegungen nur ein Hilfskriterium bei der Beurteilung der [X.] betreffen, ob die technische Lehre der Erfindung auf erfinderischer Tätigkeit beruht. [X.] eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung, die die we-sentlichen Elemente der Erfindung bereits enthält, mit der Begründung [X.], der Fachmann hätte den Lösungsansatz wegen des zeitlichen Abstands nicht in Betracht gezogen, würde nicht ein neuer und erfinderischer Beitrag zum Stand der Technik mit einem Schutzrecht gewürdigt, sondern die bloße "[X.]"
eines bekannten technischen Konzepts prämiert. Es bedarf daher in derartigen Fällen einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob die ältere Lösung tatsächlich außerhalb desjenigen Bereichs liegt, in dem sich am Priori-tätstag aus fachmännischer Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Problems finden ließen.

cc)
Im Streitfall bildete die [X.] einen solchen möglichen Ansatzpunkt.
(1)
Beide auf dem Gebiet der [X.]ortartikelherstellung tätigen Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Entwicklungszyklen bei Schuhen, insbesondere [X.]ortschuhen, relativ kurz sind und es sich bei der Schuhentwick-lung und -herstellung um einen schnelllebigen Wirtschaftssektor handelt. Ent-30
31
-
16
-
gegen der Auffassung der [X.] bedeutet dies aber nicht, dass die Weiter-entwicklung stetig, schnell und in nur eine technische Richtung erfolgt und für den Fachmann ein Rückgriff auf eine ältere oder längere [X.] nicht mehr
ange-wandte Technik grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Dagegen spricht [X.] die nicht substantiiert angegriffene und im Grundsatz mit der Beschrei-bung des Streitpatents übereinstimmende Feststellung des Patentgerichts, dass gerade bei [X.]ortschuhen in den letzten Jahrzehnten ein Trend zu stabilen und trotzdem leichten Schuhen mit textilen Obermaterialien zu erkennen ist. [X.] hinaus unterliegen, wie die Klägerin zutreffend ausführt, Schuhe und [X.]ortartikel modischen Trends, weswegen Neuerungen nur
zum Teil allein technischen Entwicklungen geschuldet sind. So stellt die Beklagte nicht in Ab-rede, dass [X.]ortartikelhersteller, um einen "Retrolook"
zu schaffen, [X.] auf optische Stilmittel aus der Vergangenheit zurückgreifen. [X.] hat der Fachmann Anlass, bei der "Wiederkehr"
einer bestimmten Ge-staltung oder eines bestimmten Materials auch ältere Lösungen zu deren tech-nischer Realisierung in Betracht zu ziehen.
(2)
Wie auch die Streitpatentschrift angibt, stellte sich dem Fachmann
die im Prioritätszeitpunkt verbreitete Anbringung von Verstärkungs-
und Verstei-fungselementen aus anderem Material als dem für das Schuhoberteil verwen-deten Textil
als herstellungstechnisch aufwändig und demgemäß nachteilig dar. Es mag sein, dass der Fachmann in erster Linie bestrebt war, innerhalb dieser Entwicklungslinie nach weniger aufwändigen Lösungen zu suchen. Der [X.] hatte aber auch Anlass zu der Prüfung, ob sich im Stand der Schuhher-stellungstechnik andere Ansätze zu einer Verringerung dieses
Aufwands fan-den. Einen solchen Ansatz fand der Fachmann in der [X.], die die Verstärkung und Versteifung eines textilen [X.] durch Versteifung des Textils selbst lehrt.
32
-
17
-
(3)
Auf den von der Berufung betonten Gesichtspunkt, es habe im Priori-tätszeitpunkt nicht nahegelegen, ein gestricktes Oberteil für hinreichend fest ausführbar und damit für die Schuh-
und insbesondere [X.]ortschuhherstellung geeignet zu halten, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Um die Ent-gegenhaltung [X.] in Betracht zu ziehen, musste der Fachmann nicht von ei-nem gestrickten Oberteil ausgehen, sondern konnte ein Textilgewebe zugrun-delegen, wie es im Prioritätszeitpunkt verbreitet verwendet wurde.
c)
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen
Merkmale mit Aus-nahme des Merkmals 4.2
[1.8] in [X.] offenbart sind, ist durch die Entgegenhal-tung nahegelegt.
aa)
[X.]
bezieht sich auf ein Schuhoberteil, das aus einem Mischgewebe oder Mischgewirk mit Fäden aus Textil-
und Polyvinylchloridfasern
hergestellt und an wählbaren Stellen durch [X.] versteift ist.
Die Schrift
erläu-tert, dass und auf welche Weise
thermoplastische Fäden zu einer Härtung des Gewebes oder [X.]s beitragen, nämlich durch Verschmelzung von Schuss-
und Kettfaden und anschließende Härtung
([X.], [X.] 11-17). Den Nachteil die-ser schon damals bekannten Technik sieht die Schrift darin, dass der Anteil der [X.] an den zu härtenden Stellen berücksichtigt werden müsse. Es wird deshalb vorgeschlagen, nicht unterschiedlich zusammengesetzte Fäden zu verwenden, sondern die Mischung im Faden selbst vorzunehmen und erst nach dem Zuschnitt des Gewebes den [X.] zur [X.] an den [X.] Stellen auszunutzen ([X.], [X.] 32-54).
bb)
Damit ist ein Verkleben im Sinne des Streitpatents offenbart, denn durch das Verschmelzen wird, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, eine Verbindung zwischen den Fasern
hergestellt, die zu einer Härtung und Verfestigung der so behandelten
Bereiche des textilen Materials
führt.
Die Här-33
34
35
36
-
18
-
tung wird dadurch erreicht, dass "an örtlich begrenzten Stellen eine an sich be-kannte [X.] durchgeführt wird"
([X.], [X.]
51-54). Auch bei der Darstellung einer Ausführungsform, bei der ein Baumwollgewebe an der Innen-seite des Fersenteils angeordnet wird, werden "[X.]"
und "ther-moplastische Befestigung"
gleichgesetzt ([X.]. 2, [X.]
18-25). Damit unterscheidet die Schrift entgegen der Meinung der Berufung nicht zwischen einer Erwär-mung auf eine Temperatur unterhalb des [X.] (= [X.])
und einem Verschmelzen
im engeren Sinne. Sie offenbart gleichzeitig eine Ver-klebung nur
bestimmter
Teile oder Bereiche des textilen Oberteils. Dies hat zur Folge, dass auch nicht verklebte Bereiche, in denen die Fasern nicht (teilweise) aufgeschmolzen und folglich nicht miteinander verklebt
sind,
vorhanden sind.
Die durch die [X.] herbeigeführte Härtung wird
insbesondere zur Verfestigung des Zehen-
und Fersenbereichs des Schuhs
eingesetzt und soll [X.]oberteil Stabilität verleihen, ohne dass
möglicherweise zusätzliche Verstärkungskomponenten eingearbeitet werden müssen ([X.].
1, [X.]
49-54). Die Annahme der Berufung, die [X.] beziehe sich stets auf das ge-samte Schuhoberteil, findet in der Entgegenhaltung keine Grundlage.
cc)
Nach
dem
in der Entgegenhaltung
nicht offenbarten Merkmal 4.2
[1.8]
sind die ersten Fasern nicht nur aus einem, sondern
aus einem ersten und einem zweiten thermoplastischen Material mit jeweils unterschiedlichen Schmelztemperaturen gebildet. Nach
der Entgegenhaltung [X.] waren
aller-dings bereits [X.], bestehend aus Textilfäden und Polyvinylchloridfasern
bekannt. In der Schrift ist hierzu ausgeführt, dass die Mischung mit dem ther-moplastischen Werkstoff erfindungsgemäß nicht im Gewebe oder [X.], [X.] im Faden selbst stattfinde ([X.], [X.] 38-42).
Damit lehrt
[X.] grundsätzlich das Mischen "in der Faser"
(so ausdrücklich [X.].
1, [X.]
42). Wie das [X.] unangegriffen festgestellt hat, waren dem Fachmann die Eigenschaften von Textilfasern und thermoplastischen Fasern grundsätzlich geläufig. Er hatte 37
-
19
-
zudem
Anlass, einen besser qualifizierten Fachmann für die Verarbeitung von Kunstfasern hinzuzuziehen, wenn er die Möglichkeiten der Ausgestaltung ther-moplastischer Fasern nicht hinreichend überblickte. Da
die [X.] ihn lehrt, den
Faden
so zusammenzusetzen, dass ihm
an unterschiedlichen Stellen durch die [X.] unterschiedliche Eigenschaften verliehen werden, war ihm damit grundsätzlich der Weg dazu gewiesen, die Möglichkeit der Differenzie-rung durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Thermoplaste für einen Faden noch zu erhöhen, wenn ihm dies zur Verbesserung der Eigenschaften des Schuhs oder im Hinblick auf ein zweckmäßiges Herstellungsverfahren sinnvoll erschien. Dieser Annahme steht das Argument der [X.], die [X.] strebe

vor allem für den Einsatz für medizinische Zwecke ([X.]. 3, [X.] 1-4)

eine erhöhte Elastizität an, nicht entgegen. Denn da die [X.] ohnehin an wählbaren ([X.].
1, [X.]
35) und örtlich begrenzten Stellen ([X.].
1, [X.]
51, 52) durchgeführt
wird, so dass auch nicht thermoplastisch verschmolzene oder nicht versteifte Bereiche an [X.]oberteil vorhanden sind, die die notwen-dige Elastizität gewährleisten, verbessert sich im Gegenteil durch zwei Thermo-plaste erkennbar die Möglichkeit, bei der Versteifung nicht weiter zu gehen als notwendig.
Dabei ist die vom Patentgericht erörterte Frage, ob es für den Fachmann nahegelegen hat, das Mischgewebe der [X.] durch zwei thermoplas-tische Materialien zu ersetzen, ohne Belang, da
der Patentanspruch keine Aus-sage zum Material der zweiten Fasern
enthält.
dd)
Für den
Einsatz von versteiftem Gewebe
mit zwei unterschiedlichen thermoplastischen Fasern, das auch zur Herstellung von Schuhen verwendet wird, ergibt sich darüber hinaus ein Vorbild aus der [X.]n
Offenlegungs-schrift 2 018 762 ([X.]). Dort ist ein Gewebe beschrieben, bei dem die oder eine beträchtliche Anzahl der Fäden des Gewebes aus einem ersten filmbildenden Polymer und einem
darin eingearbeiteten zweiten Polymer bestehen und bei dem das erste Polymer einen niedrigeren Schmelzpunkt als das zweite hat 38
-
20
-
([X.], S.
2, 2. Abs.;
S. 8, 3. Abs. und [X.], 1. Abs. zur Anwendung bei Schu-hen).

d)
Der verteidigte Patentanspruch 14 betrifft ein Verfahren zur Herstel-lung eines Fußbekleidungsartikels nach dem [X.] 1. Für die Patent-fähigkeit gilt insoweit nichts anderes.
e)
Das
Verfahren nach Patentanspruch
26 ist aus den vom [X.] angegebenen Gründen, aber auch durch die Entgegenhaltungen [X.]
und [X.]
nahegelegt.
aa)
Der Gegenstand von Patentanspruch 26 unterscheidet sich, wie das Patentgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet angenommen hat, von dem Gegenstand der [X.] durch die Lehre, eine schmelzbare
Faser
lediglich in ausgewählten Bereichen des gestrickten Oberteils anzuordnen und das gesamte Oberteil zu erwärmen, um die
schmelzbare
Faser in den [X.] Bereichen mit einer
angrenzenden Faser
zu verkleben.
bb)
Wie die
Entgegenhaltung [X.] erwähnt, war
es bereits bekannt, thermoplastische Fäden in ein Gewebe oder [X.] für ein Schuhoberteil ein-zuarbeiten ([X.].
1, [X.]
11-17), wobei die Einarbeitung an genau bestimmten Stel-len, die anschließend gehärtet werden ([X.].
1, [X.]
21, 22),
erfolgt. Es ist dann lediglich eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob nur diese Stellen erwärmt werden
oder aus praktischen Gründen das gesamte Oberteil, bei dem diese Erwärmung in den Bereichen ohne thermoplastisches Material keine unerwünschten Folgen hat. Die Berufung weist zwar zutreffend darauf hin, dass die [X.] die Einarbei-tung thermoplastischen Materials nur an bestimmten Stellen des [X.] als nachteilig ansieht. Des
ungeachtet führt sie dem Fachmann jedoch diese Alternative vor Augen.
39
40
41
42
-
21
-
cc)
Ein solches Verfahren
ist im Übrigen auch
durch [X.]
nahegelegt. Die Entgegenhaltung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines [X.] [X.] aus einem textilen Material, das belastbar ist und die Kontur des [X.] während des Tragens erhält oder beibehält ([X.], [X.] 1-7). In das Schuhoberteil wird ein Garn mit einem thermoplastischen Material auf-genommen ([X.]. 2, [X.] 18-21). In [X.]oberteil
gibt es auch nicht verstärkte Abschnitte, die keine thermoplastische Faser enthalten ([X.]. 4, [X.] 43-48). Das gesamte Oberteil wird einer Hitzebehandlung unterzogen, z. B. in ein Dampfbad gegeben, um die thermoplastischen Elemente zu erweichen und sich
dann
zu-sammenziehen zu lassen ([X.]. 4, [X.] 4-11). Die transversalen Fasern schmelzen oder haften an den [X.]en [X.] an und verankern diese in dem Stoff ([X.]. 2, [X.]
26-29). Das gegen die
Heranziehung der [X.] gerichtete Argu-ment der Berufung, der [X.] gehe es allein um die Formerhaltung des Schuhs, verfängt nicht. Die
Erhaltung der Form
eines Schuhs
bedeutet nichts anderes als die
Erhaltung dessen
Stabilität. Die Bewahrung
und Erhöhung der Stabilität
wird
zusammen mit dem Erreichen eines erhöhten
Halts
als Vorteil der Erfin-dung nach dem Streitpatent bezeichnet (Abs. 11).
2.
Der mit den [X.] bis [X.] jeweils
verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist durch den Stand der Technik ebenfalls nahegelegt.
a)
Dies
gilt zunächst für Hilfsantrag I.
aa)
Die Patentansprüche
1, 2 und 3 des [X.] sind an die [X.], 14 und 26 der beschränkten Fassung angelehnt. Patentanspruch 1 soll in dieser Fassung wie folgt
lauten (zusätzlich eingefügte Merkmale
sind un-terstrichen):
43
44
45
46
-
22
-
"1.
[X.]ortfußbekleidungsartikel (100), mit einer Sohlenstruktur (110)
und einem an der Sohlenstruktur befestigten gestrickten Oberteil (120),
wobei das gestrickte Oberteil im Wesentlichen aus einer Textilie ge-bildet ist, die zumindest einen äußeren Bereich des gestrickten Oberteils bildet, wobei die Textilie Folgendes aufweist:
verklebte
Bereiche
(132-136) der Textilie (130), wobei die
verkleb-ten
Bereiche
zumindest teilweise aus mehreren ersten Strängen und mehreren zweiten Strängen gebildet sind, wobei die ersten Stränge aus einem ersten thermoplastischen Polymermaterial ge-bildet und die ersten Stränge in dem verklebten Bereich mit den zweiten Strängen verklebt sind, sowie eine
Mehrzahl
nicht verkleb-ter
Bereiche
(131) der Textilie, wobei die ersten Stränge in dem nicht verklebten Bereich nicht mit den zweiten Strängen verklebt sind,
bei dem ein verklebter Bereich (133) an einem Fersenabschnitt des Oberteils (120) so angeordnet ist, dass er
um den Fersenabschnitt herum verläuft,
um die Ferse des Trägers wirksam zu umfassen und
ein verklebter Bereich (134) auf einer Seite des Oberteils (120) als längliche Streifen so angeordnet ist, dass der verklebte Bereich [X.] oder [X.] auf der lateralen Seite des Oberteils (120) verläuft und
ein verklebter Bereich (136) an einem [X.]annabschnitt des Oberteils (120) so angeordnet ist, dass er am medialen Rand (124a) und dem lateralen Rand (124b) verläuft und Öffnungen (123) umfasst und
ein verklebter Bereich (135) an einem Zehenabschnitt des Oberteils (120) angeordnet ist,
bei dem die Textilie ein Schnürsystem mit Schnürsenkel (122) um-fasst und der Schnürsenkel (122) durch die Öffnungen (123) und -
23
-
über einen Abstand, der zwischen dem medialen Rand (123a) und dem lateralen Rand (124b) gebildet ist, gefädelt ist,
bei dem die Textilie (130) aus maschinell verarbeiteten Garnen (146) gebildet ist, wobei die ersten Stränge und die zweiten Stränge in den Garnen aufgenommen sind, und
bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial (144) eine ers-te Schmelztemperatur hat und bei dem die ersten Stränge der Texti-lie (130) ein zweites thermoplastisches Material (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur umfassen,
so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten ein-gearbeitet werden müssen."
bb)
Die in die Ansprüche nach Hilfsantrag I aufgenommenen Merkmale begründen keine erfinderische Tätigkeit.
(1)
Dies gilt zunächst, soweit sie den Gegenstand der Erfindung auf ei-nen [X.]ortschuh beschränken. Das Streitpatent geht davon aus, dass die [X.] textiler Materialien insbesondere auch bei [X.]ortschuhen üblich war. Soweit die Berufung geltend macht, die Erfindung ermögliche es erstmalig, ge-strickte Oberteile sogar im [X.] einzusetzen, kommt dies we-der in dem verteidigten Patentanspruch 1 zum Ausdruck, noch ist erkennbar, wie eine solche Abgrenzung formuliert werden könnte. Die Anwendung des na-hegelegten textilen Oberteils und des Verfahrens
zu seiner Herstellung bei ei-nem [X.]ortschuh kann eine erfinderische Tätigkeit mithin nicht begründen.
(2)
Zum anderen
geben die zusätzlichen Merkmale vor, an welchen Stel-len und auf welche Art bestimmte verklebte textile Bereiche an dem
([X.]ort)Schuhoberteil angeordnet oder anzuordnen sind, z. B.
um die Ferse und 47
48
49
-
24
-
den Zehenbereich herum, als Horizontal-
und Longitudinalstreifen an der Seite des Oberteils oder auf dem [X.]annabschnitt des Oberteils. Dabei handelt es sich um verschiedene Bereiche eines [X.], die üblicherweise ver-stärkt werden und auch in demjenigen Stand der Technik, von dem das [X.] ausgeht,

durch andere Materialien

verstärkt worden sind. Wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, entspricht es ausgehend von [X.] fachmännischem Handeln, das Schuhoberteil an denjenigen Bereichen zu ver-stärken, in denen eine besondere Festigkeit des Materials und eine damit ein-hergehende höhere Stabilität des Schuhs erforderlich oder
gewünscht ist. [X.] hinaus ist, wie die Klägerin richtig
ausführt, die Anordnung verklebter Be-reiche im Zehen-
und Fersenbereich eines
[X.]
aus [X.] bekannt ([X.].
1, [X.] 49-54 und Anspruch 3), ebenso die Versteifung von Rändern und die Ausbildung von Ösen, die nach üblichem Verständnis zur Aufnahme eines Schnürsenkels geeignet sein sollen.
Das Anbringen eines verklebten Bereichs auf einer Seite eines [X.]
ist, wie die Klägerin
vorbringt, in
den
[X.] Patentschriften
P3
([X.]. 2, [X.] 12-18)
und [X.] ([X.]. 4, [X.] 48-54) offenbart.
(3)
Was das in Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag I unter Schutz gestell-te Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils für einen [X.]ortschuh betrifft, sind die hinsichtlich der Anordnung von verklebten Bereichen hinzuge-fügten Merkmale aus den Entgegenhaltungen [X.] ([X.].
1, [X.]
55
-
[X.].
2, [X.]
8

Verstärkung des Fersenbereichs) und der [X.] Patentschrift 2
343 390 ([X.]), die die Herstellung von Schuhen und insbesondere Methoden zur Versteifung ausgewählter Teile von Schuhen betrifft ([X.],
[X.]
1-3, Figur
4

Verstärkung im Fersen-
und Zehenbereich, Vorsehen eines Schnürsystems mit Ösen) bekannt.
50
-
25
-
(4)
Soweit die Beklagte meint, die verklebten Bereiche an verschiedenen Stellen des [X.]ortschuhoberteils stünden in einem Wirkzusammenhang und bil-deten eine in ihrer Kombination nicht angeregte technische Einheit, kann dem nicht beigetreten werden. Es mag zwar sein, dass, wie die Berufung ausführt, die Kombination der verklebten Stellen und insbesondere deren Anordnung an der Seite des Schuhs sowie im Bereich des [X.]anns für den Einsatz als [X.]ort-schuh von besonderer Bedeutung sind, weil die seitlichen Verklebungen zusätz-lichen Halt geben und die verklebten Bereiche am [X.]ann eine optimale Kraft-verteilung des Schnürsystems ermöglichen, wobei die seitlichen Verklebungen wiederum die Verteilung der Zugkräfte begünstigen. Gleichwohl handelt es sich aber um fachmännische Ableitungen aus der Anforderung, [X.] mit ei-nem textilen Oberteil an denjenigen Stellen zu versteifen, die für die Stabilität bei gleichzeitig möglichst hohem Tragekomfort von Bedeutung sind; Versteifun-gen an diesen Stellen waren dem Fachmann demgemäß als solche bekannt (siehe nur die entsprechenden [X.] in der Entgegenhaltung P3).
b)
Auch aus den Hilfsanträgen
II
bis [X.] ergibt sich kein patentfähiger Gegenstand.
Der Anspruch nach Hilfsantrag II ist identisch mit Patentanspruch 26 des [X.].
Der einzige (Verfahrens)Anspruch nach Hilfsantrag
III
schränkt den [X.] nach Hilfsantrag II dahingehend ein,
dass verklebte Bereiche an einem Fersenabschnitt auf einer Seite und an einem Zehenabschnitt des Oberteils angeordnet sind. Auch diese Gestaltung, die im Wesentlichen derjenigen nach Anspruch 3 des [X.] entspricht, beruht aus den dargelegten Gründen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
51
52
53
54
-
26
-
Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag IV entspricht dem [X.] nach dem Hauptantrag mit dem

wie ausgeführt nahegelegten -
zu-sätzlichen Merkmal, dass eine
erste schmelzbare Faser
ein erstes thermoplas-tisches Polymer mit einer ersten Schmelztemperatur und ein zweites thermo-plastisches Polymer
mit einer zweiten Schmelztemperatur umfasst.
Der
einzige Anspruch nach Hilfsantrag V entspricht dem Patentanspruch nach Hilfsantrag IV mit der bereits erörterten Einschränkung auf einen [X.]ort-schuh.
Der Anspruch nach Hilfsantrag VI entspricht dem Patentanspruch nach Hilfsantrag III mit dem zusätzlichen Merkmal, dass unterschiedliche Temperatu-ren angewendet werden, um unterschiedliche Verklebungsgrade der verklebten Bereiche zu erhalten. Wie das Patentgericht zutreffend und von der [X.] unbeanstandet festgestellt hat, ist dem Fachmann
bekannt, dass durch die An-wendung unterschiedlicher Temperaturen unterschiedliche Verklebungsgrade und damit verbunden unterschiedliche Festigkeiten erzielt werden, da die [X.] mit dem
Anteil des geschmolzenen Materials und der damit verbundenen Zunahme der verklebten Fläche steigt.
Sollen zwei
Polymere mit [X.] jedenfalls teilweise erweichen, ist ohnehin die Anwen-dung unterschiedlicher Temperaturen
geboten.
Der Patentanspruch nach Hilfsantrag VII stimmt mit dem Anspruch nach Hilfsantrag III mit der Beschränkung auf einen [X.]ortschuh
überein. Der [X.] nach Hilfsantrag [X.] ist identisch
mit Patentanspruch 3 nach
Hilfsan-trag
I.
55
56
57
58
-
27
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] und § 97 Abs.
1 ZPO.

Richter am Bundesgerichtshof
[X.] kann wegen Urlaubs
nicht unterschreiben.
Meier-Beck
Meier-Beck
Bacher

Schuster
Kober-Dehm
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 13.11.2014 -
2 Ni 45/12 (EP) -

59

Meta

X ZR 119/14

31.01.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2017, Az. X ZR 119/14 (REWIS RS 2017, 16415)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16415

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 Ni 3/10 (EU) (Bundespatentgericht)


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X ZR 119/14

X ZR 49/09

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