Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.06.2012, Az. V S 10/12 (PKH)

5. Senat | REWIS RS 2012, 5674

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Gegenstand

Zur Feststellungslast beim Kindergeldanspruch


Leitsatz

1. NV: Für das Vorliegen der Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs gemäß § 64 EStG trägt der Kindergeldberechtigte die objektive Beweislast (Feststellungslast) .

2. NV: Bei mehreren Kindergeldberechtigten gilt das auch für die Frage, in wessen Haushalt das Kind i.S.d. § 64 Abs. 2 EStG aufgenommen worden ist .

Tatbestand

1

I. Mit Bescheid vom 15. Februar 2011 lehnte die [X.] --Familienkasse …-- (Beklagte) den Antrag des [X.] und Antragstellers (Kläger zu 1) auf Gewährung von Kindergeld ab. Den Einspruch des [X.] zu 1 vom 17. Februar 2011 wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4. April 2011 als unbegründet zurück.

2

Hiergegen erhoben der Kläger zu 1 und seine Ehefrau (Klägerin zu 2) Klage. Das Finanzgericht ([X.]) verwarf die Klage durch den Einzelrichter hinsichtlich der Klägerin zu 2 als unzulässig und wies sie hinsichtlich des [X.] zu 1 als unbegründet ab, weil der Kläger zu 1 die Voraussetzungen für die Aufnahme der Tochter T in seinen Haushalt nicht dargelegt hatte.

3

Mit dem vorliegenden Rechtsbehelf machen die Kläger u.a. geltend, dass es sich bei dem Urteil des [X.] um ein Scheinurteil handele. Sie beantragen u.a. die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidungsgründe

4

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

5

1. Für den beim [X.] ([X.]) als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf [X.] besteht kein [X.] (z.B. [X.]-Beschluss vom 26. Januar 2012 V S 29/11 ([X.]), [X.]/NV 2012, 763, m.w.N.). Der Gewährung von [X.] steht damit nicht entgegen, dass die Kläger den Antrag auf Gewährung von [X.] selbst und nicht durch eine vor dem [X.] vertretungsberechtigte Person oder [X.] 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) gestellt haben.

6

2. Die von den Klägern beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aber keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gemäß § 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

7

Da das [X.] die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen hat, kommt als Rechtsmittel gegen das Urteil nur eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision in Betracht (§ 116 [X.]O). Der Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde hängt davon ab, ob ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 [X.]O gegeben ist, d.h. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) oder das Urteil des [X.] auf einem Verfahrensmangel beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O).

8

Wird [X.] für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde beantragt, muss daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes bestehen.

9

a) Zwar fehlt die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht schon deshalb, weil die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 [X.]O durch eine vor dem [X.] vertretungsberechtigte Person oder [X.] 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 [X.]O erhoben worden ist. Einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem [X.] unterliegt, innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 [X.]O gewährt werden, wenn er innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der [X.] zur Einlegung des Rechtsmittels schafft, also einen entsprechenden Antrag stellt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Rechtsmittelgericht einreicht ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2012, 763; vom 11. Mai 2009 II S 4/09 ([X.]), Zeitschrift für Steuern & Recht --ZSteu-- 2009, [X.], m.w.N.) und zumindest in laienhafter Weise Anhaltspunkte für einen Zulassungsgrund darlegt ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2012, 763; vom 4. August 2009 V S 16/09 ([X.]), ZSteu 2009, R1088).

b) Bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung des Vortrags der Kläger, des Inhalts der vorliegenden Akten und des beanstandeten [X.]-Urteils ist kein Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 [X.]O zu erkennen, der eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte.

Soweit die Kläger mit dem Begriff des "Scheinurteils" eine fehlerhafte Besetzung des Gerichts rügen sollten, ist auf den Beschluss des [X.] vom 10. November 2011  3 K 1438/11 Kg hinzuweisen, mit dem der Senat die Sache dem Einzelrichter übertragen hat. Diese Möglichkeit sieht § 6 Abs. 1 [X.]O unter den dort im Einzelnen genannten Voraussetzungen ausdrücklich vor. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesem [X.] nicht um den gesetzlichen [X.] handelt, sind weder von den Klägern vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich.

Im Übrigen hat das [X.] die Klage der Klägerin zu 2 zutreffend als unzulässig verworfen, weil sie weder Adressatin des [X.] vom 15. Februar 2011 noch der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2011 war. Es fehlt deshalb bereits an der gemäß § 40 Abs. 2 [X.]O erforderlichen Klagebefugnis.

Soweit das [X.] hinsichtlich des Klägers zu 1 die Abweisung der Klage auf den fehlenden Nachweis der Haushaltsaufnahme abgestellt hat, lässt auch das keine Anhaltspunkte für eine Zulassung der Revision zu. Gemäß § 64 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Nach § 64 Abs. 2 EStG wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des [X.] trägt der Kindergeldberechtigte die objektive Beweislast --Feststellungslast-- (vgl. [X.]-Urteile vom 2. April 2009 III R 85/08, [X.]E 224, 546, [X.], 298; vom 17. Dezember 2008 III R 62/06, [X.]/NV 2009, 747).

Meta

V S 10/12 (PKH)

13.06.2012

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

§ 62 Abs 2 FGO, § 62 Abs 4 FGO, § 116 Abs 2 FGO, § 142 Abs 1 FGO, § 114 ZPO, § 64 Abs 1 EStG, § 64 Abs 2 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.06.2012, Az. V S 10/12 (PKH) (REWIS RS 2012, 5674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5674

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