Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2020, Az. IV ZR 234/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11617

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2020:200520UIVZR234.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 234/19
Verkündet am:

20. Mai 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den
Richter
Felsch, die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 29. April 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird
das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat
-
vom 8.
August 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung des [X.] das Urteil des [X.]s Stutt-gart

22.
Zivilkammer
-
vom 15.
Februar 2019 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 33.860,45

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.
August 2018 zu zahlen. Die Berufung des [X.] wird auch insoweit zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:

Der Kläger fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Berei-cherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 2005 einen Vertrag über eine fondsgebundene
Rentenversicherung mit Kapitalzahlung bei Tod vor Rentenbeginn sowie Todesfallleistung ab Rentenbeginn (Zahlung der garantierten Rente bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Rentenbeginn oder einmalige Kapitalzahlung in Höhe der ausstehenden garantierten Renten) nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der sei-nerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Mit Schreiben vom 4.
April 2018 erklärte der Kläger den [X.] gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt er Rückzahlung seiner auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen abzüglich von der [X.] gezahlter Fondsanteile und des [X.] zuzüg-lich Nutzungen aus dem Deckungsstock und der [X.], insgesamt 43.235,77

und Zahlung von Verzugszinsen.

Der Kläger meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler Mängel der Widerspruchsbelehrung sowie wegen Unvoll-ständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des [X.] in 1
2
3
4
5
6
-
4
-
Höhe von 33.860,45

ben. Mit der Revision [X.] die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der [X.] hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der [X.] relevant -
ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Herausgabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 [X.] von insgesamt 33.860,45

im Jahr 2018 wirksam ausüben können. Zwar sei dem Kläger eine for-mell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt [X.]. Aber die ihm überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im [X.]: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle -
hinsichtlich der nicht in Fonds fließenden Beitragsanteile
-
die nach Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforderliche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert würden.

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte der nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrte Kläger den Wi-7
8
9
10
-
5
-
derspruch nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im Jahr 2018 wirksam erklären.

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.] a.F. bestimm-ten 30-tägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die Unterlagen nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

aa) Die dem Kläger überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte dem Kläger keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von den im Versicherungsschein im Abschnitt "Beitragsfreistellung und Rückkaufswert" enthaltenen Tabellen 1 bis 3 aus, in deren jeweils vierter und letzter Spalte der "Rückkaufs-wert" unter Berücksichtigung -
jeweils unterschiedlicher -
Wertsteigerun-gen der Fondsanteile und Überschussanteilsätze ausgewiesen wird. Zu 11
12
-
6
-
den in den Tabellen enthaltenen "beispielhaften es auf der vorhergehenden Seite des Versicherungsscheins, sie dienten der Orientierung, welche Leistungen sich bei Rückkauf ergeben könnten. Die angegebenen Werte hätten ausschließlich beispielhaften Charakter, sie stellten auch keine Ober-
bzw. Untergrenze dar; die tatsächlich [X.] Leistungen könnten unter bzw. über diesen
Beträgen lie-gen. Weiter wird im dritten Absatz vor der Tabelle 1 der Rückkaufswert als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung [X.], dessen Höhe ausweislich des Absatzes davor von mehreren Fakto-ren abhänge, vor allem von der Wertentwicklung der Fonds, der zukünf-tigen Höhe der Überschussbeteiligung sowie der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt. Der den Rückkaufswert betreffende Absatz schließt mit dem ausdrücklichen Hinweis: "Der Rückkaufswert kann daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer -
wie hier
-
aus-drücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführte Rückkaufswerte lediglich der Orientierung dienen, sie ausschließlich [X.] Charakter haben und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den [X.] an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Ur-teil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine vergleichbar gestaltete Verbraucherin-formation derselben [X.] wie hier ging, entschieden und im Einzel-nen ausgeführt.

-
7
-

bb) [X.] [X.] gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

Soweit der Kläger beanstandet, dass die vierte Spalte der [X.] "Rückkaufswerte" einschließlich Überschussanteilen enthal-te und damit summierte Beträge ausweise, muss er einräumen, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der [X.] -
wie im Streitfall
-
eine Überschussbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der [X.] der Revisionserwiderung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
24).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe das [X.] noch im Jahr 2018 wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

Weder war ein auf die Todesfallleistung entfallender Beitragsanteil gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. ein-zeln auszuweisen (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
26) noch war
eine Information über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), bei einem Vertragsschluss nach dem Policenmo-dell -
anders als beim Antragsmodell

erforderlich
(Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
27). Hiergegen erhebt der Kläger zu Recht keine Einwände.

13
14
15
16
-
8
-

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es dem ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrten und informierten Kläger nach [X.] und Glauben wegen
widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über mehr als zwölf
Jahre auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereiche-rungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: [X.] vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
32 ff.).

Felsch
[X.]
[X.]

[X.]
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.02.2019 -
22 [X.]/18 -

O[X.], Entscheidung vom [X.] -
7 U 75/19 -

17

Meta

IV ZR 234/19

20.05.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2020, Az. IV ZR 234/19 (REWIS RS 2020, 11617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11617

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 8/19

IV ZR 73/13

IV ZR 234/19

7 U 75/19

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.