Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2007, Az. 3 StR 385/04

3. Strafsenat | REWIS RS 2007, 281

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[X.] vom 13. Dezember 2007 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Dezember 2003 a) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Verstoßes gegen § [X.] in vier Fällen und gegen § 18 Nr. 2 Zahnheilkundegesetz in einem Fall verurteilt worden ist, b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher Körperverlet-zung sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zehn Fällen verurteilt ist, c) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den [X.] dadurch entstandenen notwen-digen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. - 3 - Gründe: A. Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zehn Fällen, davon in sechs Fäl-len in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § [X.] ([X.]) und in einem Fall in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 18 Nr. 2 Zahnheilkunde-gesetz ([X.]) sowie wegen Verstoßes gegen § 13 [X.] in vier weiteren Fällen und wegen Verstoßes gegen § 18 Nr. 2 [X.] in einem weiteren Fall zu einer Ge[X.]tfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat ihn darüber hinaus zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an die Nebenklägerin [X.]verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte ihr zum Ersatz künftiger mate-rieller und immaterieller Schäden verpflichtet ist. 1 Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat mit Urteil vom 13. Oktober 2005 (BGHSt 50, 245) die Entscheidung im Schuld-spruch dahin geändert, dass die Verurteilung nach § 13 [X.] bzw. § 18 Nr. 2 [X.] entfällt. Im Übrigen hat er die Revision verworfen und dazu ausgeführt: "Soweit in sieben Fällen die tateinheitliche Verurteilung nach § 13 [X.] bzw. § 18 Nr. 2 [X.] entfallen und nur eine solche wegen vorsätzlicher Körperverlet-zung verblieben ist, kann dahinstehen, ob durchweg ein Beruhen der Einzel-strafen auf der vom [X.] angenommenen rechtlichen Würdigung [X.] ist. Die erkannten Einzelstrafen sind jedenfalls angemessen (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO). Angesichts der in ihrer Kunstfehlerhaftigkeit und groben Pflichtwidrigkeit kaum zu überbietenden 'Behandlungen' des Angeklagten sowie mit Blick auf die schweren gesundheitlichen Folgen bei den [X.] und die Vielzahl der Fälle erscheinen mildere Strafen unvertretbar. Aus denselben [X.] - 4 - wägungen hat auch die Ge[X.]tstrafe (ungeachtet des Wegfalls von neun Ein-zelstrafen von jeweils 60 Tagessätzen) Bestand." Gegen die Entscheidung des Senats hat der Angeklagte Verfassungsbe-schwerde erhoben. Soweit er dabei gerügt hat, der Senat habe seine Pflicht verletzt, die Sache dem [X.] vorzulegen, hat das Bundes-verfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde als unzulässig erachtet. Soweit er eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren und seiner Berufsfrei-heit durch den Schuldspruch geltend gemacht hat, ist die Verfassungsbe-schwerde als unbegründet angesehen worden. Das [X.] hat die Verfassungsbeschwerde lediglich im Hinblick auf den durch den Senat aufrechterhaltenen Strafausspruch wegen einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für begründet erachtet. 3 Das [X.] hat den "Beschluss" des Senats insge-[X.]t aufgehoben. Hieran besteht kein Zweifel, auch wenn die Gründe der Ent-scheidung des [X.]s nicht erkennen lassen, dass das Urteil des Senats im Schuldspruch Grundrechte des Angeklagten verletzt hätte. Die Sache ist an den [X.] zurückverwiesen worden, so dass nunmehr über die ge[X.]te Revision erneut zu entscheiden war ([X.] - 1. Kammer des Zweiten Senats - Beschl. vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 2090/05). 4 B. [X.] Das angefochtene Urteil des [X.] Wuppertal hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte wegen verbotener Ausübung 5 - 5 - des Arzt- bzw. [X.] gemäß § 13 [X.] bzw. § 18 Nr. 2 [X.] verurteilt worden ist. 1. Das [X.] hat festgestellt: Der Angeklagte ist [X.] Staats-angehöriger. Nach dem Studium der Medizin und der Zahnmedizin wurde ihm in [X.] die [X.] als Arzt und als Zahnarzt erteilt. Er arbeitete von 1974 bis 1979 als Stationsarzt im [X.]. 1978 ließ er sich - mit einer [X.] "[X.]" - in [X.] als Arzt nieder und verlegte auch seinen Wohnsitz dorthin. Ab 1981 praktizierte er zusätzlich in einer Ge-meinschaftspraxis in [X.]

. 1989 meldete er seine Niederlassung und Praxisführung in [X.] ab und erbrachte fortan vom Ort seiner belgi-schen Niederlassung aus Leistungen als Belegarzt in der von ihm gegründeten [X.]er-Klinik. 6 Mit Verwaltungsakt vom 10. August 2000 ordnete die Bezirksregierung in [X.] "wegen Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit im Rahmen der Be-rufsausübung" das Ruhen der [X.] des Angeklagten als Zahnarzt und Arzt an. Zugleich verfügte sie die sofortige Vollziehung dieser Anordnung. [X.] und Anträge des Angeklagten, im Verwaltungsrechtsweg die auf-schiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, blieben erfolglos. Die [X.] ist bestandskräftig geworden. 7 In Kenntnis des Ruhens seiner [X.] [X.] nahm der Ange-klagte ab dem Spätsommer 2000 bis Juni 2002 in [X.] an verschiede-nen Patienten ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlungen vor. 8 2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten nach § 13 [X.] nicht. Nach dieser Norm, die das in § 5 Heilpraktikergesetz [X.] - 6 - wehrte Verbot der Ausübung des Arztberufs ohne [X.] oder sonstige Gestattung ergänzt, macht sich nur strafbar, wer die Heilkunde ausübt, solange durch vollziehbare Verfügung das Ruhen seiner dafür erforderlichen [X.] [X.] angeordnet ist. a) Der Angeklagte benötigte für die festgestellten Behandlungsmaßnah-men, die Gegenstand der Verurteilung sind, keine [X.] [X.]. Seine Tätigkeit war ihm vielmehr unabhängig hiervon gemäß § 2 Abs. 3, § 10 b Abs. 1 [X.] gestattet. Denn er hat, nachdem er seine Niederlassung und Praxis-führung in [X.] abgemeldet hatte, diesen Beruf im Inland lediglich vor-übergehend ausgeübt. Dazu war er als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der [X.], der zur Ausübung des ärztlichen Berufs in einem der übrigen Mitgliedstaaten der [X.] ([X.]) berechtigt ist, als Dienstleistungserbringer i. S. d. Art. 50 des Vertrags zur Gründung der [X.] ([X.]) befugt. 10 Die Auffassung des [X.], der Angeklagte sei im Inland nicht nur vorübergehend als Arzt tätig geworden, findet in den getroffenen Feststellungen keine Stütze. Unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als lediglich vor-übergehend im Sinne von § 2 Abs. 3, § 10 b Abs. 1 [X.] anzusehen ist, kann nur mit Blick auf europäisches Recht in seiner Auslegung durch den [X.] beurteilt werden. Denn durch diese Vorschriften werden die europarechtlichen Vorgaben der Art. 49, 50 [X.] in das innerstaatliche Recht umgesetzt, insbesondere die Bestimmung des Art. 50 Abs. 3 [X.], wonach der Dienstleistende (hier der freiberuflich tätige Arzt; vgl. Art. 50 Abs. 2 Buchst. d [X.]) unbeschadet der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 [X.] zur Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben darf, in dem seine Leistung erbracht wird. Maßgeblich für die Annahme bloß [X.] - 7 - gehender Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des [X.] nicht nur die Dauer der Leistung, sondern auch ihre Häufigkeit, regelmäßi-ge Wiederkehr oder Kontinuität; selbst die Ausstattung des Dienstleistenden mit einer bestimmten Infrastruktur im Aufnahmemitgliedstaat schließt den vorüber-gehenden Charakter der Dienstleistung nicht notwendig aus ([X.] 1995 I, 4165 [4195] - [X.]). Bei Anlegung dieses Maßstabs ist der Angeklagte im Tatzeitraum nur vorübergehend in [X.] tätig geworden: Er hat nach den getroffenen Feststellungen zwischen Spätsommer 2000 und Juni 2002 in 23 Fällen (16 Fälle sind angeklagt und abgeurteilt; sieben weitere, nicht angeklagte Fälle sind festgestellt) Untersuchungen und Behandlungen vorgenommen, die zum Teil nur kurze [X.] in Anspruch nahmen und vereinzelt nur deshalb in [X.] stattfanden, weil die Patienten dem Wunsch des Angeklagten, nach [X.] zur Behandlung zu kommen, nicht nachkommen wollten. Das für die ärztliche Tätigkeit notwendige Material hat der Angeklagte jeweils aus Bel-gien mitgebracht und in [X.]lediglich die - von zwei zahnärztlichen Behand-lungsstühlen abgesehen - leer stehenden Räume der Klinik genutzt. b) Die sich danach aus § 2 Abs. 3, § 10 b Abs. 1 [X.] ergebende [X.] des Angeklagten, vorübergehend als Arzt in [X.] zu praktizieren, wurde durch das Ruhen seiner [X.] [X.] nicht berührt. 12 aa) Zwar darf nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 [X.], auf den sich das [X.] maßgeblich stützt, ein Arzt, dessen [X.] ruht, den ärztli-chen Beruf nicht ausüben. Dies gilt, wie sich aus der Systematik der Bundes-ärzteordnung ergibt, indessen nur, wenn er für seine Tätigkeit überhaupt eine [X.] benötigt. 13 - 8 - [X.] enthält in § 2 [X.] vier verschiedene, selbstän-dig nebeneinander stehende [X.] für die Ausübung der Heilkunde in [X.] unter der Berufsbezeichnung Arzt oder Ärztin (vgl. [X.], [X.] Arztrecht, Bd. I § 2 [X.] Erläuterung 1.1, 21). Als Regelfall bedarf der Arzt, der in [X.] den ärztlichen Beruf uneingeschränkt aus-üben will, der [X.] (§ 2 Abs. 1 [X.]). Von den weiteren [X.] (§ 2 Abs. 2 bis 4 [X.]), die die ärztliche Tätigkeit in jeweils spezi-fisch eingeschränkter Weise erlauben, interessiert hier allein § 2 Abs. 3 [X.]. Danach dürfen - in Umsetzung der europarechtlich normierten Dienstleistungs-freiheit (Art. 50 [X.]) - Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der [X.], die zur Ausübung des ärztlichen Berufs in einem der übrigen Mit-gliedstaaten der [X.] berechtigt sind, den ärztlichen Beruf vorü-bergehend in [X.] ausüben. 14 Die in § 2 Abs. 1 bis 4 [X.] genannten [X.] sind in ihren Voraussetzungen und spezifischen Rechtsfolgen jeweils gesondert gere-gelt: die [X.] im Abschnitt II (§§ 3 bis 9 [X.]), die Erlaubnis im [X.] (§§ 10, 10 a [X.]) und die Erbringung von Dienstleistungen im [X.] (§ 10 b [X.]) der Bundesärzteordnung; die Berufsausübung für "Grenzärzte" richtet sich nach den hierfür abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträgen (vgl. § 2 Abs. 4 [X.]). 15 Das durch § 13 [X.] strafbewehrte Verbot, den ärztlichen Beruf auszu-üben, wenn die [X.] ruht (§ 6 Abs. 3 [X.]), ist in der Bundesärzteord-nung im I[X.] Abschnitt ("Die [X.]") geregelt. Sein Gegenstand ist nach dem Regelungszu[X.]menhang dementsprechend nur die ärztliche Tätigkeit, die auf Grund einer erteilten [X.] erbracht wird und dem Erbringer nicht aufgrund eines anderen Legitimationstatbestands erlaubt ist. 16 - 9 - Die vorübergehende ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 [X.] ist demgegenüber in der Bundesärzteordnung im IV. Abschnitt ("Erbringung von Dienstleistungen") in § 10 b [X.] näher normiert. Diese Vorschrift gestattet den [X.] Behörden nicht, die Tätigkeit eines Arztes, der aufgrund seiner [X.] in einem anderen [X.] vorübergehend in [X.] praktiziert, in eigener Zuständigkeit zu unterbinden, wenn sie feststellen, dass dieser seine ärztlichen Pflichten (vgl. § 10 b Abs. 3 Satz 1 [X.]) verletzt. Weder wird dort § 6 [X.] in Bezug genommen noch in sonstiger Weise ein Zu[X.]-menhang zwischen dem Ruhen einer eventuell vorhandenen [X.] [X.] und der Befugnis hergestellt, auf der Grundlage von § 2 Abs. 3, § 10 b Abs. 1 [X.] vorübergehend in [X.] zu praktizieren. Die einzige Mög-lichkeit, auf eine Pflichtverletzung des vorübergehend in [X.] praktizie-renden Arztes zu reagieren, besteht in der unverzüglichen Unterrichtung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates des Arztes (§ 10 b Abs. 3 Satz 2 [X.]). Erst wenn dem Arzt daraufhin durch die zuständige Behörde seines Her-kunftsstaates seine dortige Zulassung entzogen wird, darf er auch in [X.] nicht mehr vorübergehend tätig werden (vgl. § 10 b Abs. 1 [X.]). Ob deut-sche Behörden die vorübergehende Tätigkeit des Arztes in Fällen, in denen ei-ne konkrete Gefährdung für das Leben oder die Gesundheit von Patienten [X.], nach anderen Vorschriften untersagen können, bedarf hier keiner Ent-scheidung, weil eine entsprechende Anordnung nicht ergangen ist und eine Zuwiderhandlung auch nicht unter Strafandrohung stünde. 17 Diese Gesetzessystematik erfährt eine Bestätigung durch die Regelung in § 10 a [X.]. In Absatz 3 dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die besondere Erlaubnis für die fachzahnärztliche Tätigkeit nach § 10 a Abs. 1 oder 2 [X.] beim Ruhen der zahnärztlichen [X.] ausdrücklich ausgeschlossen. Dies 18 - 10 - zeigt deutlich, dass er in anderem Zu[X.]menhang durchaus eine Wechselbe-ziehung zwischen dem Ruhen einer [X.] und der Zulässigkeit der ärztli-chen Tätigkeit auf anderer rechtlicher Grundlage als einer [X.] herstellt. [X.]) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine andere Auslegung. Die [X.] dient zwar dazu, in unklaren Situationen oder Eilfällen dem Arzt vorläufig den Beruf zu untersagen, und bezweckt damit den Schutz der Öffentlichkeit bzw. der ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung (vgl. [X.] aaO § 6 [X.] Erläuterung 1a und 1e). Dieser Schutzzweck könnte es nahe le-gen, dass - wovon auch das [X.] im angegriffenen Urteil ausgegangen ist - das Ruhen der [X.] zu einem umfassenden Tätigkeitsverbot ohne Beschränkung auf die ausschließlich durch die [X.] erlaubte Tätigkeit führt. Einer solchen Betrachtung steht aber zum einen entgegen, dass das [X.] den Schutz der inländischen Bevölkerung vor unzuverlässigen Ärzten, die aufgrund der Gestattung nach § 2 Abs. 3; § 10 b [X.] vorübergehend in [X.] praktizieren, auf andere Weise anstrebt: Nach § 13 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist die zuständige Behörde des Landes, in dem die Dienstleistung erbracht wird, verpflichtet, unverzüglich die zuständige Behörde des Herkunftsstaates über eine Pflichtverletzung zu unterrichten. Dies ermöglicht wiederum dieser Behörde, dem Arzt die Erlaubnis zu entziehen, aufgrund derer er in [X.] tätig werden kann. Zum andern darf der hier zu beurteilende Sachverhalt die Auslegung schon wegen seiner Besonderheiten, die ihn zu einem Ausnah-mefall machen, nicht prägen: In aller Regel wird der Arzt, der auf der Grundlage von § 2 Abs. 3 [X.] vorübergehend in [X.] praktiziert, über keine deut-sche [X.] verfügen. Es besteht dann von vornherein nicht die [X.], über eine [X.] nach § 6 Abs. 1 [X.] in seine hiesige Be-rufsausübung einzugreifen. So läge es hier auch, wenn der Angeklagte auf sei-ne [X.] verzichtet hätte, als er seine Praxis in [X.] abmeldete, 19 - 11 - oder wenn er immer nur in einem der übrigen Mitgliedstaaten der [X.] "approbiert" gewesen wäre. Allein der zufällige Umstand, dass er auch noch eine - für seine vorübergehende Tätigkeit im Inland nicht benötigte - deut-sche [X.] besaß, kann daher weder die Auslegung der einschlägigen Vorschriften im allgemeinen noch deren Anwendung im hier zu beurteilenden Sonderfall beeinflussen. c) An diese verwaltungsrechtliche Rechtslage knüpfen auch die akzesso-rischen Strafbestimmungen an, die (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) noch weniger als rein verwaltungsrechtliche Normen allein unter dem Aspekt eines als berechtigt anerkannten Schutzzwecks ausdehnend ausgelegt werden können. 20 3. Aus denselben Erwägungen ist auch eine Strafbarkeit des Angeklag-ten nach § 18 Nr. 2 [X.] nicht gegeben. Die Rechtslage für die Ausübung der Zahnheilkunde nach dem Zahnheilkundegesetz entspricht derjenigen der [X.]. Allein der Umstand, dass sich der Grundtatbestand über die Gestattung der vorübergehenden Tätigkeit in [X.] durch Zahnärzte aus anderen [X.]en in § 1 Abs. 2 [X.] und damit im [X.] Abschnitt dieses Gesetzes über "Die [X.] als Zahnarzt" findet, ändert hieran nichts; denn die systematische Unterscheidung zwischen den Gestattungsformen der zahnärztlichen Tätigkeit aufgrund deut-scher [X.] einerseits und der europarechtlich gewährleisteten [X.] andererseits wird hinreichend deutlich dadurch, dass letztge-nannte Tätigkeit im II[X.] Abschnitt des [X.] unter der Über-schrift "Sonderbestimmungen" in § 13 a [X.] eine dem § 10 b [X.] entspre-chende eigenständige Durchnormierung erfährt. Demgegenüber stellt § 1 Abs. 1 [X.] ausdrücklich klar, dass eine [X.] [X.] nur derjenige benötigt, der im Geltungsbereich des [X.] die [X.] - 12 - de "dauernd" ausüben will. Ebenso wird die verwaltungsakzessorische Differen-zierung der einschlägigen Strafvorschriften in § 18 [X.] besonders deutlich, da hier ausdrücklich zwischen der unerlaubten Ausübung der Zahnheilkunde unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 [X.] einerseits (§ 18 Nr. 1 [X.]) und während des Ruhens der [X.] andererseits (§ 18 Nr. 2 [X.]) unterschieden wird. 4. Nach alledem bedarf die von der Revision in den Mittelpunkt gestellte Frage nach der Vereinbarkeit der innerstaatlichen Gesetze mit den Normen des [X.] Gemeinschaftsrechts keiner Entscheidung. Entgegen der Grund-annahme des [X.] fehlt es nämlich an einer Regelung des [X.] Rechts, die die europarechtlichen Befugnisse des Angeklagten einschränkt. Der Gesetzgeber hat eine spezifische berufsrechtliche Regelung nicht geschaffen, durch die es [X.] Behörden ermöglicht würde, einem Arzt oder Zahnarzt, der aufgrund der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit vorübergehend im Inland praktiziert, bei Verstoß gegen seine Berufspflichten die Tätigkeit in [X.] Zuständigkeit zu untersagen und den Verstoß gegen dieses Berufsverbot strafrechtlich zu sanktionieren. Dass eine derartige Regelung etwa zur Abwehr möglicher Gefahren für potentielle Patienten in [X.] mit der europa-rechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht in Konflikt stünde, bedarf keiner nähe-ren Begründung. Es gilt hier nichts anderes als für die Abwehr möglicher [X.] durch ungeeignete Kraftfahrzeug-führer (vgl. zur Suspendierung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeu-gen im Inland aufgrund einer durch einen anderen Mitgliedstaat der [X.] ausgestellten Fahrerlaubnis, wenn deren Inhaber im Inland die Fahrerlaubnis etwa entzogen wird, § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV; hierzu auch [X.] NJW 2004, 1725). 22 - 13 - I[X.] Danach ist die Verurteilung in den Fällen aufzuheben, in denen dem Angeklagten allein ein Verstoß gegen § 13 [X.] oder gegen § 18 Nr. 2 [X.] zur Last lag. Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter feststellen könnte, dass der Angeklagte nicht nur vorübergehend im Sinne von § 10 b Abs. 1 [X.], § 13 Abs. 1 [X.] tätig war. Er spricht deshalb den Angeklagten insoweit frei. Dieser Freispruch erstreckt sich auch auf die vier weiteren Fälle ärztlicher Be-rufsausübung, die das [X.] entsprechend der Anklage festgestellt und mit Einzelstrafen belegt, aber im Schuldspruch nicht zum Ausdruck gebracht hat. 23 In den Fällen der Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 13 [X.] bzw. § 18 Nr. 2 [X.] in Tateinheit mit Körperverletzung ändert der Senat den Schuldspruch. Die Verurteilungen wegen (tateinheitlich begangener) [X.] sind rechtsfehlerfrei. Das [X.] hat zutreffend eine rechtswidrige Körperverletzung jeweils auch deshalb angenommen, weil der Angeklagte seine Patienten nicht darüber aufgeklärt hatte, dass wegen Unwürdigkeit und Unzu-verlässigkeit das Ruhen seiner [X.] [X.] angeordnet worden war. Diese Aufklärungspflicht bestand unabhängig davon, ob sich der Angeklagte durch seine Tätigkeit nach der Bundesärzteordnung bzw. dem Zahnheilkunde-gesetz strafbar machte - wie es das [X.] angenommen hat - oder nicht. Ihre Verletzung führte dazu, dass die Einwilligung der Patienten jeweils unwirk-[X.] war. Die Verurteilungen wegen Körperverletzung können deshalb bestehen bleiben. 24 Der Senat sieht keinen Anlass, die Sache wegen der von ihm für [X.] erachteten ärztlichen Aufklärung dem [X.] zur Entscheidung vorzulegen. Die Frage, ob die Einwilligung der Patienten nur bei deren Kenntnis vom Ruhen der [X.] [X.] des Angeklagten [X.] war, bemisst sich nicht nach Art. 50 Abs. 3 [X.]; entscheidend ist vielmehr das Selbstbestimmungsrecht der Patienten, dem [X.] Ärzte und solche aus anderen Mitgliedstaaten gleichermaßen verpflichtet sind. Soweit sich das Rechtsmittel mit Einzelbeanstandungen gegen die [X.] wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Kör-perverletzung in drei Fällen wendet, zeigt es keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler auf. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Antragsschrif-ten des [X.] vom 17. November 2004 und 19. No-vember 2007. 26 [X.]Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. 27 [X.] auf dem vom [X.] angenom-menen Schuldumfang hat der Senat in seinem Urteil vom 13. Oktober 2005 nicht ausschließen können. Er hat deshalb den Weg der Selbstentscheidung nach § 354 Abs. 1 a StPO beschritten. Da diese Verfahrensweise bei Korrektu-ren des Schuldspruchs gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt ([X.] NJW 2007, 2977, 2982), kommt nur die Aufhebung der sieben von der [X.] betroffenen [X.] (einmal ein Jahr Freiheits-strafe, zweimal sechs Monate Freiheitsstrafe und viermal Geldstrafe von 90 Tagessätzen) sowie des Ge[X.]tstrafenausspruchs in Betracht. Im Hinblick auf die seit dem Urteil des Senats verstrichene [X.] kann sich der Senat dem An-trag des [X.] nicht verschließen, auch die vier anderen Ein-zelstrafen (Freiheitsstrafen von eineinhalb Jahren, einem Jahr sowie von neun 28 - 15 - und sechs Monaten) aufzuheben. Der [X.] hat in diesem Zu-[X.]menhang zutreffend ausgeführt: "Das Tatgericht wird daher eine neue zu-messungsrechtliche Ge[X.]tbewertung vorzunehmen haben, wenn auch ange-sichts des [X.] der verbliebenen Taten und der Schuld des Ange-klagten eine signifikante Strafmilderung selbst unter Berücksichtigung des [X.]-ablaufs kaum ernsthaft in Betracht kommt. Ein Anlass zur Aufhebung der dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen besteht bei der gegebenen Verfahrenslage nicht." Der neue Tatrichter kann ergänzende, den bestehen bleibenden Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen treffen. Zu der von der Verteidigung angeregten Verweisung der Sache an ein anderes [X.] oder gar an ein Amtsgericht besteht kein Anlass. [X.] [X.]

Meta

3 StR 385/04

13.12.2007

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2007, Az. 3 StR 385/04 (REWIS RS 2007, 281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 281

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