Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.11.2021, Az. 7 BN 7/21

7. Senat | REWIS RS 2021, 1241

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Gegenstand

Auslegung einer Verordnung


Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 26. März 2021 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Natura 2000 - Untere Haseniederung" im [X.] in den Städten [X.] und [X.]. Er ist Eigentümer von Ackerflächen im Landschaftsschutzgebiet. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag ganz überwiegend abgelehnt und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die [X.]eschwerde des Antragstellers.

II

2

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> und vom 21. Mai 2021 - 7 [X.] 14.20 - juris Rn. 5). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

4

1. Der Antragsteller sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob die ortsübliche [X.]ekanntmachung der Auslegung einer Verordnung zur Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets eine zeichnerische Darstellung des Verordnungsgebiets enthalten muss.

5

Damit sollen die bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Auslegungsbekanntmachung, die vorliegend in § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum [X.]undesnaturschutzgesetz (NAG[X.]atSchG) für den Entwurf einer Verordnung nach § 22 [X.]atSchG geregelt ist, geklärt werden.

6

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil die Antwort auf sie nicht erst in einem Revisionsverfahren gefunden werden muss. Sie ergibt sich nämlich bereits unmittelbar aus den einschlägigen [X.]estimmungen des Grundgesetzes und der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Das grundgesetzlich verankerte Rechtsstaatsgebot verlangt in seiner Ausprägung als Gebot zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, dass die Möglichkeit, einen ausgelegten Verordnungsentwurf zur Kenntnis zu nehmen, nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar eingeschränkt werden darf (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 23. April 1997 - 1 A 7.97 - [X.]VerwGE 104, 337 <341> und vom 18. November 2010 - 4 CN 3.10 - [X.]VerwGE 138, 181 Rn. 15). Das Erfordernis gerade der ortsüblichen [X.]ekanntmachung in der jeweiligen Gemeinde (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NAG[X.]atSchG, § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG) gewährleistet, dass der betroffene [X.]ürger von der geplanten Rechtsverordnung auch erfährt. Die [X.]ekanntmachung muss sowohl hinreichend konkret als auch allgemein verständlich sein. Sie muss dem betroffenen [X.]ürger die Kenntnis eröffnen können, dass die vorgesehene Rechtsverordnung möglicherweise seine Interessen betrifft und er damit aufgerufen ist, sich um seine [X.]elange zu kümmern. Insoweit besteht die [X.]esonderheit der hier in Rede stehenden Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebiets gerade darin, dass diese Verordnung mit ihren Geboten und Verboten unmittelbar die künftige Nutzung konkret erfasster Grundstücke in ihrem Geltungsbereich bestimmt und nicht erst die Rechtsgrundlage für eine künftige [X.]eschränkung der Eigentümerbefugnisse schafft. Die Rechtsverordnung wirkt deshalb durchaus einer Allgemeinverfügung oder einer Planfeststellung vergleichbar auf das Eigentum ein. Schon von der Absicht, eine solche Rechtsverordnung zu erlassen, geht deshalb ein hinreichender Anstoß für den Eigentümer aus, seine [X.]elange bereits im [X.] selbst zu wahren ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Oktober 2005 - 7 [X.] 1.05 - [X.]uchholz 445.3 Landeswasserrecht Nr. 4 Rn. 10). Danach ist es grundsätzlich ausreichend, wenn - wie das Oberverwaltungsgericht hier erkannt hat - das geplante Schutzgebiet durch geläufige geographische [X.]ezeichnungen gekennzeichnet wird, so dass betroffene [X.]ürger aus der [X.]ezeichnung des Schutzgebiets ohne Weiteres entnehmen können, dass ihre Grundstücke von der Verordnung erfasst werden können ([X.], vgl. auch [X.]VerwG, Urteil vom 6. Juli 1984 - 4 C 22.80 - [X.]VerwGE 69, 344 <346 f.>). Ob vorliegend die geographischen [X.]ezeichnungen zu ungenau waren, wie der Antragsteller rügt, um der Anstoßfunktion gerecht zu werden, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, die einer revisionsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich sind.

7

2. Die [X.]eschwerde sieht weiter grundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob und unter welchen Voraussetzungen die Schutzwürdigkeit von Flächen für ein Landschaftsschutzgebiet nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]atSchG gegeben ist, wenn der unter Schutz gestellte Lebensraumtyp ([X.] 2330) zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung nicht vorhanden ist und einer erneuten Ansiedlung des Lebensraumtyps ein schlechter Erhaltungszustand entgegensteht.

8

Diese Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Der Antragsteller beanstandet im Gewand der Grundsatzrüge die Richtigkeit der von dem Verordnungsgeber vorgenommenen Kartierung des Lebensraumtyps 2330. Ob das stickstoffempfindliche [X.]iotop ([X.]) vorkommt, ist eine Frage der Tatsachenwürdigung. Damit lässt sich die grundsätzliche [X.]edeutung der Sache indes nicht begründen. Soweit die [X.]eschwerde geltend macht, zu der Frage der Anforderung einer Landschaftsschutzgebietssatzung nach § 26 [X.]atSchG liege keine gesicherte Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts vor, wird gleichfalls nicht im Sinne der oben aufgezeigten Anforderungen die grundsätzliche [X.]edeutung der Sache hinreichend dargelegt.

9

Gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 [X.]atSchG ist die Festsetzung von Landschaftsschutzgebieten zu den dort verfolgten Zielen "einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten" gestattet. Diese Regelung soll die Unterschutzstellung von Flächen erlauben, die unter dem Gesichtspunkt des Schutzes bestimmter Tier- und Pflanzenarten von besonderer [X.]edeutung sind ([X.]T-Drs. 16/12274 S. 62). Auch insoweit gestattet das Gesetz eine Festsetzung von Landschaftsschutzgebieten "zur Entwicklung". Dies kann eine Ausweisung rechtfertigen, wenn sich ein bestimmter Naturraum hinreichend konkret als Lebensraum bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten anbietet ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. August 2018 - 4 [X.] 8.18 - [X.]uchholz 406.403 § 26 [X.]atSchG 2010 Nr. 1 Rn. 14)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

7 BN 7/21

10.11.2021

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend OVG Lüneburg, 26. März 2021, Az: 4 KN 129/18, Urteil

Art 19 Abs 4 GG, § 22 BNatSchG 2009, § 26 Abs 1 Nr 1 BNatSchG 2009, § 73 Abs 5 S 1 VwVfG, § 14 Abs 2 S 2 BNatSchGAG ND

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.11.2021, Az. 7 BN 7/21 (REWIS RS 2021, 1241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1241

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