Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2000, Az. 4 StR 456/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 617

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[X.] StR 456/00vom7. November 2000in der [X.] versuchten Mordes u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 7. November 2000 gemäߧ§ 349 Abs. 4, 357 StPO beschlossen:[X.] Urteil des [X.] vom 25. [X.] wird mit den Feststellungen aufgehoben1.auf die Revision des Angeklagten [X.]a)soweit dieser Angeklagte wegen versuchtenMordes in Tateinheit mit gefährlicher Körper-verletzung verurteilt worden ist (Fall [X.])im Ausspruch über die [X.] die Revision des Angeklagten [X.])soweit es diesen Angeklagten betrifft und erverurteilt worden ist, in vollem Umfang,b)soweit der Mitangeklagte [X.] wegen uner-laubten Handeltreibens mit [X.] nicht geringer Menge verurteilt worden ist(Fall II.2. der [X.] Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere als Schwurgericht zustän-dige Strafkammer des [X.]:Das [X.] hat beide Angeklagte, unter Freisprechung im übrigen,jeweils des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzungund des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringerMenge, den Angeklagten [X.] darüber hinaus in einem weiteren Fall der ge-fährlichen Körperverletzung für schuldig befunden und den Angeklagten [X.]zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und den Angeklagten [X.] zu [X.] und sechs Monaten verurteilt. Hier-gegen wenden sich die Angeklagten [X.] der Angeklagte [X.] unter [X.] auf die Verurteilung im Fall II. 5 der Urteilsgründe [X.] mit ihren Revisionen,mit denen sie das Verfahren beanstanden und die Verletzung sachlichenRechts rügen. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg; auf die [X.] kommt es deshalb nicht [X.] Die Verurteilung beider Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2. der Urteilsgrün-de) kann nicht bestehen bleiben, weil die Annahme des [X.]s, die [X.] hätten mit Haschisch "in nicht geringer Menge" im Sinne des § 29 aAbs. 1 Nr. 2 BtMG Handel getrieben, einer ausreichenden Tatsachengrundlageentbehrt. Dieser auf die Revision des Angeklagten [X.] zu beachtende Rechts-fehler führt gemäß § 357 StPO zur Aufhebung auch der den Angeklagten[X.], der insoweit keine Revision eingelegt hat, betreffenden Verurteilung.Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte [X.] mit dem hierfürvon dem Mitangeklagten [X.] zur Verfügung gestellten "Startkapital" 500 g Ha-schisch zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Feststellungen zu dem- 4 -Wirkstoffgehalt dieser [X.] hat das [X.] nicht getroffen.Gleichwohl nimmt es das Vorliegen einer "nicht geringen Menge" an, wobei aufdie "Gesamtmenge abzustellen" sei ([X.]). Insoweit beschränkt es sich aufden Hinweis, "selbst wenn die Qualität des [X.] schlecht gewesen seinsollte, (sei) die Grenzgewichtsmenge der nicht mehr geringen Menge deutlichüberschritten" ([X.]/16). Dies genügt für die Feststellung, daß das [X.] 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC) enthielt und damit die Grenzeder nicht geringen Menge erreicht hat ([X.]St 33, 8; 42, 1), nicht. [X.] Häufigkeit, mit der bei [X.] eine sehr schlechte oderschlechte Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von lediglich bis zu 2 % auftritt(1994: 4,1 %, [X.], 1, 13; 1997: 11 %, [X.] BtMG Anh. [X.] 1004),kann entgegen der Auffassung des [X.] nicht ohne weiteresvon einem Wirkstoffgehalt von nicht unter 2,5 % ausgegangen werden. Auf nä-here Feststellungen zum Wirkstoffgehalt, die - unter Beachtung des Zweifels-grundsatzes - mit hinreichender Genauigkeit auch dann möglich sind, wennBetäubungsmittel nicht sichergestellt werden konnten und daher für eine Un-tersuchung durch Sachverständige nicht zur Verfügung stehen (vgl. [X.] NJW1994, 1885, 1886; [X.], Beschluß vom 29. Juni 2000 - 4 [X.]/00 - m.w.[X.] hier deshalb nicht verzichtet werden.Für das weitere Verfahren weist der [X.] bezüglich der Strafzumes-sung vorsorglich darauf hin, daß das Urteil die Prüfung eines minder schwerenFalles (§ 29 a Abs. 2 BtMG) erkennen lassen muß. Im übrigen begegnen [X.], die Angeklagten hätten "allein um des schnellen finanziellen Ge-winnes willen gehandelt" ([X.], betreffend den Angeklagten [X.] ) bzw. "dieTat aus finanziellen Gründen begangen ..., ohne selbst drogenabhängig zusein" ([X.], betreffend den Angeklagten [X.]), im Hinblick auf das [X.] -verwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB rechtlichen Bedenken (vgl. [X.]RStGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 2; [X.], Beschluß vom 26. Oktober 1990 - 2StR 390/90 = [X.], 64 (nur [X.]); [X.] BtMG 4. Aufl. § 29 Rdn. 278m.w.[X.] Auch die Verurteilung beider Angeklagten wegen gemeinschaftlichbegangenen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung(Fall [X.] der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. DieÜberzeugung des Schwurgerichts, der Angeklagte [X.] habe in der Nachtzum 15. Juli 1999 seinen Bekannten [X.]. aufgrund gemeinsam mit [X.] [X.] gefaßten Entschlusses in einen Hinterhalt gelockt und ihn zuerschießen versucht, beruht auf einer lückenhaften Beweiswürdigung, die we-sentliche Umstände, die das gefundene Ergebnis in Frage stellen, unberück-sichtigt läßt.Der [X.] läßt dahingestellt, ob es schon einen durchgreifenden Erörte-rungsmangel darstellt, daß das [X.] keine Feststellungen dazu getrof-fen hat, ob der Angeklagte [X.] mit der Pistole auf Ei. gezielt hat, bevor [X.] "die Kugel verklemmte (und) im Verschluß ... stecken (blieb)"(UA 8). Ei. selbst hat nämlich insoweit lediglich bekundet, er habe "ein metal-lisches Klicken gehört und beim Hinsehen bemerkt, daß [X.] an seiner Pi-stole hantiere" ([X.]). Jedenfalls fehlt es an einer tragfähigen Begründung fürdie Feststellung, der Angeklagte [X.] habe auf dem Weg von der [X.] zum Pkw gezielt auf den vor ihm gehenden Ei. geschossen, um ihn zutöten. Bei dieser zweiten Betätigung der Pistole wurde Ei. durch den [X.], wobei die Kugel "vom [X.] hinter dem rechten Ohr des Ei. ab(prallte)" und "hinter dem rechten Ohr eine ca. 5 mm große rundliche Haut-- 6 -abschürfung" hinterließ ([X.]). Das [X.] hält die Einlassung des Ange-klagten [X.], der Schuß habe sich unbeabsichtigt gelöst, für widerlegt. [X.] es - mit dem rechtsmedizinischen Sachverständigen - davon aus, daß"das Projektil ... nahezu senkrecht auf den [X.]knochen aufgeprallt" sei,und entnimmt diesem Umstand, es könne sich "folglich ... nicht um einen [X.] gehandelt haben, der unglücklicherweise den Ei. getroffen ([X.]). Diese Schlußfolgerung verträgt sich jedoch nicht ohne weiteres mitder weiteren Annahme [X.] nämlich, "daß die Kugel einen herunterhängenden [X.] haben muß" ([X.]) [X.], mit der das Schwurgericht - darin dem waf-fentechnischen Sachverständigen folgend - die geringe Aufprallgeschwindig-keit des Projektils begründet hat. Wenn tatsächlich das Geschoß auf einen Astgeprallt sein sollte, hätte es jedenfalls näherer Darlegung bedurft, daß [X.] auszuschließen ist, daß das Projektil dadurch in [X.] abgelenkt wurde und allein deshalb den Geschädigten "nahezusenkrecht" getroffen hat. Diese Möglichkeit ließe die Abgabe eines gezieltenSchußes auf den Kopf des Geschädigten zumindest fraglich erscheinen.Hierauf kam es schon deshalb an, weil das Schwurgericht ein Motiv derbeiden Angeklagten, Ei. zu töten, nicht festzustellen vermochte. Die Sachebedarf deshalb erneuter Prüfung.3. Davon abgesehen hat sich das [X.] auch nur unzureichendmit der Frage strafbefreienden Rücktritts (§ 24 StGB) auseinandergesetzt. [X.] schließt einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch des [X.] allein mit der Erwägung aus, "mit dem Abprallen der Kugel und der erfolg-reichen Flucht des Ei. (sei) die Tat fehlgeschlagen und ein erneuter Tötungs-versuch nicht mehr möglich" gewesen ([X.]). Das genügte hier schon [X.] 7 -halb nicht, weil das [X.] nicht erörtert hat, ob es den Angeklagten [X.] gewesen wäre, die Flucht des Ei. zu verhindern und aus welchen Grün-den weder der Angeklagte [X.] mit der Tatwaffe noch der Angeklagte [X.] miteiner der im Pkw mitgeführten weiteren Schußwaffen auf den flüchtenden [X.] geschossen haben.Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dann nicht vor, wenn der Täter dieTat, wie er weiß, mit den bereits eingesetzten oder den zur Hand liegendeneinsatzbereiten Mitteln noch vollenden kann (st. Rspr.; [X.]St 35, 90, 94;Tröndle/[X.] 49. Aufl. § 24 Rdn. 7 a m.w.N.). Dazu fehlen schon Fest-stellungen zum Ladezustand der von dem Angeklagten [X.] benutzten [X.]. War diese noch nach Abgabe des Schusses mit weiterer Munition versehenund hätte der Angeklagte dennoch von einem weiteren Einsatz der Waffe ab-gesehen, wäre ein freiwilliges Aufgeben der Tat, für das der [X.] (vgl. [X.]R StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, fehlgeschlagener 5 a.[X.]),nicht ausgeschlossen (vgl. [X.] StV 1997, 128; [X.]R StGB § 24 Abs. 1 [X.] Versuch, fehlgeschlagener 3, 8 und Versuch, unbeendeter 32). [X.] die Erörterung, weshalb der Angeklagte [X.] nicht eingegriffen hat. [X.] wäre aber erforderlich gewesen, weil das [X.] zu dessen alsmittäterschaftliches Handeln gewertetem Tatbeitrag festgestellt hat, daß er"den Ei. eventuell an einer Flucht hindern und notfalls mit einer in [X.] versteckten Waffe erschießen sollte" ([X.]). Die nicht näher [X.] Feststellung, die Angeklagten hätten den Geschädigten, als dieser "[X.] flüchtete", "zunächst zu Fuß, dann mit dem Pkw des [X.] " verfolgt ([X.]),macht die fehlende Erörterung nicht entbehrlich. Insoweit war nämlich zu [X.], daß der Angeklagte [X.] sich bei Abgabe des Schusses nach [X.] nur 1,50 m von dem Geschädigten entfernt befand, was schon- 8 -für sich nicht erklärt, weshalb nicht zumindest der Angeklagte [X.] den [X.] mit Erfolg verfolgen konnte. Ob dies auch für den Angeklagten [X.] zutraf, hätte Feststellungen zu den Sichtverhältnissen und dazu erfordert, wieweit er von dem Geschädigten entfernt stand, als dieser sich zur Flucht wen-dete. Die bisherigen Feststellungen bieten jedenfalls keine ausreichendeGrundlage für die Annahme, die Angeklagten hätten ihren Plan, Ei. zu töten,als undurchführbar erkannt und deshalb gezwungenermaßen aufgegeben (vgl.[X.] NStZ-RR 1998, 9).Für das weitere Verfahren weist der [X.] vorsorglich darauf hin, daßdie Umstände, die zur erneuten Prüfung eines freiwilligen Rücktritts vom [X.] Anlaß geben, unter den hier gegebenen Umständen auch schon die An-nahme eines von beiden Angeklagten gemeinsam gefaßten unbedingten Tö-tungsentschlusses in Frage stellen können. Die Auffassung des [X.]s,"das Ausheben des [X.] machte nur dann einen Sinn, wenn(die Angeklagten) die Leiche Ei. s auch darin verschwinden lassen wollten"- 9 -(UA 13; Hervorhebung durch den [X.]), ist - anders als das [X.] esseiner Beweiswürdigung zugrundegelegt hat - jedenfalls nicht zwingend.[X.] Maatz [X.]

Meta

4 StR 456/00

07.11.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2000, Az. 4 StR 456/00 (REWIS RS 2000, 617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 617

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