Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2001, Az. 4 StR 110/01

4. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1752

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[X.] StR 110/01vom26. Juli 2001in der Strafsachegegen1.2.wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 26. Juli 2001 gemäß § 349Abs. 4 [X.] [X.] Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 29. Mai 2000, soweitdie Angeklagten verurteilt worden sind, mit den Fest-stellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine Strafkammer des [X.]sSchwerin zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat die Angeklagten "wegen unerlaubten gemeinschaft-lichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in20 Fällen und wegen unerlaubten gemeinschaftlichen Handeltreibens mit [X.] in 21 Fällen" jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von achtJahren verurteilt und sie im übrigen freigesprochen. Ferner hat es den Verfallund die Einziehung von Gegenständen angeordnet.Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellenund sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. [X.] der Verfahrensrügen, insbesondere der auf eine Verletzung [X.] 261, 249 Abs. 2 Satz 3 [X.] gestützten [X.], die [X.] ihre Zulässigkeit un-terstellt [X.] nicht offensichtlich unbegründet erscheinen, bedarf es daher [X.] - I.1. [X.] hatten einen festen Kreis von Abnehmern, an die indem Zeitraum vom 25. Juni 1998 bis 5. April 1999 in 40 Fällen ([X.] 1 bis 40 [X.]) Haschisch, Amphetamin oder Kokain, in einigen der Fälle [X.] zusammen mit Amphetamin und teilweise auch mit Kokain, veräußertwurde, wobei sie arbeitsteilig vorgingen. Der Angeklagte [X.]beschaffte,nachdem er mit dem Angeklagten [X.]den Bedarf ermittelt hatte, die [X.] über seinen Bruder [X.]. Die Abwicklung der Einzelverkäufeoblag dem Angeklagten [X.]. "Nur in einzelnen Fällen, bei einer Verhinde-rung des Angeklagten [X.], wurde diese Tätigkeit durch den Angeklagten[X.]ausgeführt" ([X.]. Nach der Festnahme der Angeklagten am 9. [X.] wurden in dem von ihnen unterhaltenen [X.] rund 820 g Ampheta-min und 200 g Kokain sichergestellt, die sie sich von [X.] [X.]nach telefo-nischer Bestellung hatten liefern lassen (Fall [X.] 41 der [X.] Das [X.] hat die Annahme, die Angeklagten hätten [X.] rechtlich selbständige Taten begangen, im wesentlichen damit begründet,daß die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung der festgestellten Einzel-verkäufe zu Bewertungseinheiten nicht vorlägen, weil die "festgestellten [X.] nach ihrer jeweiligen [X.] und -art" nicht geeignetseien, die Einlassung des Angeklagten [X.]zu belegen, in dem [X.] nur dreimal (im Juni und November 1998, und im Februar 1999) [X.], Kokain und Speed "jeweils als Gesamtpaket" zum Weiterverkauf er-worben worden. Vielmehr sei von "weitaus mehr Erwerbshandlungen" auszu-gehen, so daß eine Zuordnung bestimmter Verkäufe zu einer Erwerbsmenge- 4 -nicht möglich sei, da sie nur willkürlich erfolgen könne ([X.]). Diese [X.] begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:Zwar ist es nicht geboten, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewer-tungseinheit zusammenzufassen, nur weil die nicht näher konkretisierte Mög-lichkeit besteht, daß sie ganz oder teilweise aus einem Verkaufsvorrat stammt(vgl. [X.], 431; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 14, jew.m.w.[X.]). Nach den bisherigen Feststellungen liegen aber neben der [X.] Angeklagten [X.]weitere Hinweise vor, die dies nahelegen.Schon die Vielzahl der [X.], der enge zeitliche Zusam-menhang einiger der größere Betäubungsmittelmengen betreffenden Ge-schäfte (Fälle [X.] 5 bis 8 der Urteilsgründe) und der Umstand, daß in zwei [X.] neben größeren Mengen Haschisch zugleich auch Amphetamin und Kokainverkauft wurden ([X.] 8 und 10 der Urteilsgründe), legen es nahe, daß in [X.] Haschisch, Amphetamin und Kokain jeweils "im Gesamtpaket" er-worben und als Verkaufsvorrat vorgehalten wurden. Hierfür spricht ferner, daßauch in den Fällen, in denen größere Mengen bestellt wurden (vgl. u.a. [X.] 5, 8und 10 der Urteilsgründe), Haschisch und Amphetamin nur wenige [X.] Eingang der telefonischen Bestellung geliefert wurden. Tatzeitraum [X.] der Einzelverkäufe legen es nahe, daß von den [X.] eine größere Gesamtmenge Haschisch, Amphetamin und Kokain er-worben wurde, zumal im Fall [X.] 27 der Urteilsgründe lediglich 5 g Kokain, nichtaber das zugleich bestellte Amphetamin (100 g) geliefert werden konnte. Daßden [X.]n nicht nur die vom Angeklagten [X.]behauptetendrei, sondern möglicherweise fiweitaus [X.] zugrundelie-- 5 -gen, wie das [X.] angenommen hat, steht der Bildung von Bewertungs-einheiten jedoch nicht ohne weiteres entgegen.Allerdings wäre eine lediglich willkürliche Zusammenfassung, die [X.] nicht zweifelsfrei erwiesene Erwerbsvorgänge anlasten oder zuder sonst nicht gebotenen Annahme von Verbrechen des Handeltreibens innicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG führen würde, rechtlichnicht zulässig (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 14). Beides ist [X.] den bisherigen Feststellungen nicht der Fall, da ein Teil der [X.] ohnehin jeweils Betäubungsmittel in nicht geringer Menge be-trifft. Da hinsichtlich aller [X.] Feststellungen zur Tatzeit getrof-fen wurden, liegen auch insoweit ausreichende Anhaltspunkte für eine [X.] zu den vom Angeklagten behaupteten Erwerbsvorgängen vor.Der Zweifelsgrundsatz gebietet die Annahme einer Tat im Rechtssinne,sofern wie hier konkrete, nicht widerlegbare Anhaltspunkte dafür bestehen, daßmehrere natürliche Handlungen zu einer solchen Tat zusammengefaßt werdenkönnen (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 2, 7 jew. m.[X.]). [X.] das [X.], in Anwendung des [X.] und, da nach der Einlassung des Angeklagten [X.], [X.] im Februar 1999 erworben wurden, hinsichtlich des Falles [X.] 41der Urteilsgründe prüfen müssen, ob die am 9. April 1999 im [X.] sicher-gestellten Betäubungsmittel möglicherweise aus diesem filetztenfl Erwerbsge-schäft stammen, und gegebenenfalls näher darlegen müssen, aus [X.] dies auszuschließen [X.] -Soweit es den Angeklagten [X.]betrifft, begegnet die [X.] rechtlich selbständiger Taten auch deshalb durchgreifenden rechtlichen Be-denken, weil dieser nur in den Fällen [X.] 3, 4, 8, 10 bis 12, 36 der [X.] der Abwicklung der einzelnen [X.] mitgewirkt hat, sein [X.] mithin in den übrigen Fällen darin bestand, die Betäubungsmittel zubeschaffen. Zwar muß sich der Angeklagte [X.]nach den bisherigen Fest-stellungen als Mittäter auch die allein vom Angeklagten [X.]abgewickelten[X.] nach § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen. Diese Zurech-nungsnorm zwingt aber nicht dazu, dem Mittäter die von anderen [X.] begangenen Taten als tatmehrheitlich begangene Taten zur Last zulegen. Vielmehr ist jeder Mittäter hinsichtlich der Frage des Vorliegens eineroder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB nur nach seinem indi-viduellen Tatbeitrag zu beurteilen (vgl. [X.], 121; BGHR StGB § 52Abs. 1 Handlung dieselbe 29, jew. m.[X.]).3. Soweit in den Fällen [X.] 2 bis 4 der Urteilsgründe an den jeweiligenAbnehmer jeweils ein Gramm "einer unbekannten Droge" veräußert wurde,reicht diese pauschalierende Beschreibung für die Feststellung einer Straftatnach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG und für die Bestimmung ihres Schuldumfangesnicht aus (vgl. [X.] BtMG 5. Aufl. § 29 [X.]. 218).4. Auch die Ausführungen des [X.]s zum Wirkstoffgehalt derBetäubungsmittel sind nicht bedenkenfrei ([X.]). Das [X.] hat le-diglich zu dem Wirkstoffgehalt des im Fall [X.] 41 der Urteilsgründe sicherge-stellten [X.] und Kokains Feststellungen getroffen. Im übrigen hat [X.] dargelegt, aus welchen Gründen in 20 der Verkaufsfälle der für die An-nahme einer nicht geringen Menge maßgebliche Grenzwert überschritten ist,- 7 -jedoch keine Feststellungen zum Mindestwirkstoffgehalt getroffen. Dies begeg-net, soweit es die Annahme jeweils einer nicht geringen Menge angeht, [X.] in den Fällen [X.] 14 und 19 der Urteilsgründe (Veräußerung von jeweils100 g Amphetamin) durchgreifenden Bedenken, da sich die Annahme, insoweitsei der Grenzwert "um ein mehrfaches" überschritten worden, mit den Fest-stellungen zum Wirkstoffanteil des sichergestellten [X.] nicht [X.] läßt.Neben Art und Menge des Betäubungsmittels ist für den Unrechts- [X.] der Tat insbesondere dessen Wirkstoffgehalt maßgebend ([X.] 1992, 380; 1994, 1885, 1886 m.[X.]). Deshalb kann auch für eine sachge-rechte schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstraf-recht auf nähere Feststellungen zum Wirkstoffgehalt - jedenfalls soweit einenicht geringe Menge vorliegt - regelmäßig nicht verzichtet werden (vgl. [X.] 1994, 1885, 1886 m.[X.]). Solche Feststellungen sind - unter [X.] [X.] - mit hinreichender Genauigkeit auch dann möglich,wenn Betäubungsmittel nicht sichergestellt werden konnten und daher für eineUntersuchung durch Sachverständige nicht zur Verfügung stehen (zu [X.] für die Bestimmung des [X.] vgl. [X.], 273; BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Menge 3; [X.] aaO vor § 29 ff.[X.]. 500 ff.). [X.]Aus den vorgenannten Gründen bedarf die Sache daher, soweit die [X.] verurteilt worden sind, insgesamt neuer Verhandlung und [X.] 8 -1. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt.[X.] Gebrauch und verweist die Sache an eine Strafkammer des [X.]sSchwerin.2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß [X.] des (erweiterten) Verfalls von Gegenständen nach § 73 d Abs. 1StGB nur hinsichtlich solcher Gegenstände angeordnet werden darf, die nachder tatrichterlichen Überzeugung aus rechtswidrigen Taten ([X.] (BGHSt 41, 278, 284). Ist der Verfall eines solchen Gegenstandesganz oder teilweise unmöglich geworden, kommt gemäß § 73 d Abs. 2 StGBnur die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes entsprechend § 73 a StGB [X.], der jedoch lediglich zu einem Zahlungsanspruch des Staates gegen-über dem Angeklagten führt (vgl. i. E. [X.] aaO § 33 [X.]. 92).Meyer-Goßner Tolksdorf [X.] Athing

Meta

4 StR 110/01

26.07.2001

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2001, Az. 4 StR 110/01 (REWIS RS 2001, 1752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1752

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