Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2011, Az. III ZR 200/09

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5693

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 200/09
Verkündet am:

16. Juni 2011

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 16.
Juni 2011
durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter
Dr.
[X.], [X.],
Seiters
und Tombrink

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 21. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juni 2009 aufgehoben, so-weit nicht die Klägerin zu 1 ihr Rechtsmittel in Richtung auf die Beklagte zu 3 zurückgenommen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger erheben gegen die [X.] Ansprüche auf Schadensersatz wegen unzutreffender Beratung im Zusammenhang mit der Zeichnung von [X.].

Die [X.] zu 1 und 2 betrieben als Gesellschafter
bürgerlichen Rechts ein Unternehmen, das die Beratung von Anlegern zum Gegenstand [X.]. Im Oktober/November 2000 riet der Beklagte zu 1 dem
Ehemann der Kläge-1
2
-

3

-

rin zu 1, der später seine Ansprüche an den Kläger zu 2 abtrat,
zu einer
Kom-manditbeteiligung an einem Medienfonds.
Zu einem weiteren Beratungstermin am 23.
November 2000 zog der Beklagte zu 1 den seinerzeitigen [X.] der [X.] zu 3 als "Spezialisten"
für die betreffende Anlage hinzu. [X.] der in diesem Gespräch ausgesprochenen Empfehlungen entschloss
sich der Ehemann der Klägerin zu 1,
eine
Beteiligung
in Höhe von 500.000
DM (= 255.645,94

)
einzugehen, die er am 27.
November 2000 zeichnete.
Die
Klägerin zu 1, die bei
den Beratungsgesprächen nicht zugegen war, beteiligte sich aufgrund der von ihrem Ehemann weiter gegebenen Informationen über das Anlageprodukt am 15.
Dezember 2000 mit
zusätzlichen
300.000 DM (=

Die Eheleute erbrachten ihre Einlagen
zu 48
%. Der Fonds wurde notleidend. Über
das Vermögen der
Initiatorin und [X.],
der I.

AG, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Kläger machen geltend, die Beratung des Ehemanns der Klägerin zu
1 durch den [X.] zu 1 und den Geschäftsführer der [X.] zu 3 sei unzutreffend gewesen. So
habe er klargestellt, dass er zum Zwecke der Steu-eroptimierung und der Altersvorsorge eine sichere Kapitalanlage wünsche. [X.] Anforderungen habe die empfohlene Beteiligung nicht erfüllen können, was sich bei
Berücksichtigung negativer Berichte in der Fachpresse
sowie bei einer
-
von den [X.] unterlassenen
-
Plausibilitätsprüfung des Anlagekonzepts und des Anlageprospekts, der zudem erkennbar erhebliche Mängel aufgewie-sen habe,
herausgestellt hätte. Die Beteiligung sei unzutreffend als risikofrei dargestellt worden. Insbesondere hätten die [X.] die Möglichkeit eines Totalverlusts unrichtig in Abrede gestellt und nicht darauf hingewiesen, dass der wirtschaftliche Erfolg des Fonds im Wesentlichen von der Bonität der
I.

AG abhängig
sei. Der Anlageprospekt sei dem Ehemann der Kläge-rin zu 1 lediglich kurz, nicht aber zur eingehenden Durchsicht vorgelegt worden.
3
-

4

-

2008
haben die Kläger Klage erhoben auf Zahlung von Schadensersatz,
Freistellung
von den Ansprüchen auf die restlichen
Pflichteinlagen und Feststel-lung der Verpflichtung der [X.] zum Ersatz von aus der nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehenden Steuerschäden
Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen beziehungsweise der aus ihnen
folgen-den Ansprüche. Die
Klage hat
vor dem [X.] gegenüber den [X.] zu
1 und 2
Erfolg
gehabt, während sie
hinsichtlich
der
[X.]
zu
3 abgewie-sen worden ist. Auf die Berufung der [X.] zu 1 und 2 hat das Oberlan-desgericht auch die gegen sie gerichtete
Klage abgewiesen; die Berufung der Kläger hat es zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision ver-folgen die Klägerin zu
1 ihr Klagebegehren gegenüber den [X.] zu
1 und 2 und der Kläger zu
2 gegenüber allen drei [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger gegen die [X.] zu
1 und 2 keinen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung. Diese hätten zum einen keine Beratungs-
oder Aufklärungspflichten verletzt. Zum an-deren
seien etwaige Ansprüche verjährt.

4
5
6
-

5

-

Hinsichtlich des empfohlenen Medienfonds hätten die [X.] zu
1 und 2
mit dem Ehemann der Klägerin lediglich einen Anlagevermittlungsvertrag abgeschlossen. Zwar sei der Vertrag zunächst als Anlageberatungsvertrag an-zusehen. Durch die Hinzuziehung des damaligen Geschäftsführers der [X.] zu 3 als "Spezialisten"
habe der Beklagte zu 1 gegenüber dem Zedenten
aber deutlich zu erkennen gegeben, dass er hinsichtlich des streitgegenständli-chen
Fonds keine ausreichenden Kenntnisse habe und deshalb die erforderli-che Beratung nicht allein und selbstständig ausführen könne. Die [X.] zu
1 und 2 hätten damit mit konkludenter Zustimmung des Ehemanns der Klä-gerin ihre Beratungspflichten eingeschränkt und die Geldanlage im Folgenden nur noch
vermittelt. Durch Offenlegung ihrer nicht ausreichenden Kenntnisse und Hinzuziehung des "Spezialisten"
der [X.] zu
3 seien sie ihren aus dem Anlagevermittlungsvertrag ergebenden Pflichten ausreichend nach[X.].

Selbst wenn man gleichwohl
von einer [X.] durch die [X.] zu
1 und 2 ausginge, seien etwaige
Schadensersatz-
oder Freistellungsansprüche der Kläger
gemäß Art.
229,
§
6 Abs.
1 Satz
1 EGBGB, §
195, §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB verjährt, da der Zedent, auf dessen Person es hier ankomme,
dadurch, dass er den bei der Beratung vorliegenden Prospekt nicht an sich genommen und zumindest kurz durchgelesen habe, es in grob fahrlässiger Weise unterlassen habe, Kenntnis von den den Anspruch begrün-denden Umständen und der Person des Schuldners zu erlangen.
Selbst bei oberflächlicher Durchsicht des Prospekts
hätte der Ehemann der Klägerin
er-kennen können, dass die Schilderung
des Geschäftsführers der [X.] zu
3 hinsichtlich der Risikobewertung des
Fonds nicht einmal den Angaben im Pros-pekt entsprochen habe, so dass er die Falschberatung ohne weitere [X.] erkannt hätte.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisauf-7
8
-

6

-

nahme und der durch
das [X.] vorgenommenen Beweiswürdigung sei davon auszugehen,
dass der Geschäftsführer der [X.] zu 3
die streitge-genständliche
Anlage als risikofrei dargestellt habe. Weder sei ein Hinweis auf die Möglichkeit
einer Nachhaftung nach §
171 Abs.
1 HGB in Höhe des nicht eingezahlten Teils der Kommanditeinlage erfolgt
noch sei dargelegt worden, dass der wirtschaftliche Erfolg ausschließlich von der Bonität der I.

AG
abhängig gewesen sei. Im Prospekt seien diese Risiken aufgeführt worden, insbesondere auch der Hinweis auf den
unternehmerischen Charakter der [X.], auf die Möglichkeiten
des Totalverlusts und einer Nachhaftung sowie
auf das Bonitätsrisiko der [X.]. Das Versäumnis, sich den Prospekt geben zu lassen und durchzulesen,
sei
als grob fahrlässig einzustu-fen.

Die Kläger hätten auch gegenüber der [X.] zu
3 keine Ansprüche auf Schadensersatz beziehungsweise Freistellung, da diese ebenfalls verjährt seien. Zwar sei davon auszugehen, dass zwischen dem Zedenten und der [X.] zu
3 ein konkludenter Anlageberatungsvertrag geschlossen worden sei. Die hieraus folgenden Pflichten habe die Beklagte zu
3 auch nicht ordnungs-gemäß erfüllt. Jedoch seien die
hieraus folgenden Schadensersatzansprüche
aus den vorstehenden Gründen verjährt.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9
10
-

7

-

1.
Auf der Grundlage des bisherigen Sach-
und Streitstands und der hierzu getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzan-spruch der Kläger gegen die [X.]
zu
1 und 2 nicht auszuschließen.

a) Der revisionsrechtlichen Nachprüfung
ist die vom Berufungsgericht nicht korrigierte Beurteilung des [X.]s
zugrunde zu legen, ein Vertrags-verhältnis betreffend die Anlageempfehlung sei nicht nur zwischen den [X.] zu
1 und 2 und dem Zedenten zustande gekommen, sondern ebenfalls
mit der Klägerin zu
1.
Das Berufungsgericht wird im neuen Verfahren Gelegenheit haben,
sich mit den insoweit erhobenen Gegenrügen der [X.] zu 1 und 2 auseinander zu setzen.

b) Hinsichtlich des Inhalts
der zwischen den [X.] zu
1 und 2 einer-seits und der Klägerin zu 1 und ihrem Ehemann andererseits geschlossenen Verträge begegnet
bereits die Annahme des Berufungsgerichts, der ursprüng-lich zwischen dem Zedenten
und den
[X.] zu
1 und 2 zu Stande gekom-mene Anlageberatungsvertrag sei einvernehmlich in einen Anlagevermittlungs-vertrag umgewandelt worden, erheblichen Bedenken. Allein der Umstand, dass der Zedent mit der Hinzuziehung des "Spezialisten"
W.

einverstanden war und dieser in dem maßgeblichen Beratungsgespräch "das Wort führte", lässt sowohl vom objektiven Erklärungswert als
auch von der Interessenlage her nicht den Schluss zu, der Zedent habe
zugestimmt, den bereits geschlossenen Beratungsvertrag zu einem bloßen Anlagevermittlungsvertrag "herabzustufen". Überdies hat die Vorinstanz
nicht in Erwägung gezogen, dass sich die Einschal-tung der [X.] zu
3 auch als Hinzuziehung eines Verhandlungs-
oder Erfül-lungsgehilfen (§
278 BGB) dargestellt haben kann,
mit der keine Änderung des Charakters des
Anlageberatungsvertrags verbunden gewesen war.
Ob diese Bedenken gegenüber der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts
letzt-11
12
13
-

8

-

lich durchgreifen, kann allerdings
im vorliegenden Verfahrensstadium auf sich beruhen.
Selbst wenn
das zwischen dem Zedenten und
den [X.] zu 1 und 2 bestehende Rechtsverhältnis nur
als Anlagevermittlungsvertrag zu [X.] sein sollte, kommt
eine
Haftung aus positiver Forderungsverletzung in Betracht.

[X.]) Der Anlagevermittler schuldet dem Interessenten eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für des-sen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind (st. Rspr. z.B. [X.] vom 5. März 2009 -
III
ZR 17/08, [X.], 739 Rn.
11 mwN und vom 12.
Februar 2004 -
III
ZR 359/02, [X.], 110, 116). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. [X.] kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen ([X.]surteil vom 5.
März 2009 [X.]O mwN). Vertreibt er die Anlage
anhand eines Prospekts, muss er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausi-bilitätsprüfung den
Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin ent-haltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand
festzustellen
in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind ([X.] [X.]O Rn.
12). [X.] er diese Prüfungen, muss der Anlagevermittler den Interessenten hierauf hinweisen ([X.] [X.]O
Rn.
11
f).

bb) Hiernach hat das Berufungsgericht zwar im Ausgangspunkt
zutref-fend angenommen, dass der Anlagevermittler seine Auskunftspflichten gegen-über dem [X.] nicht verletzt, wenn er auf seine fehlende Sach-kunde und somit auf eine unterlassene Prüfung hinweist. Die Befreiung des [X.] von seinen Untersuchungs-
und Auskunftspflichten aufgrund 14
15
-

9

-

einer derartigen Information des [X.] kann jedoch nur in dem Umfang eingreifen, in dem der Vermittler die unterbliebene Prüfung auch tat-sächlich offen legt.

(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen,
der Beklagte zu
1 ha-be im Zusammenhang mit der Hinzuziehung der [X.] zu
3 darauf [X.], keinerlei Überprüfungen der hier maßgeblichen Anlage vorgenommen zu haben. Dies beruht auf einer unvollständigen Berücksichtigung des [X.]. Die Kläger haben im [X.] an die Zeugenaussage des Zedenten geltend gemacht, die Initiative zum Abschluss der Beteiligung sei vom [X.] zu 1 ausgegangen, welcher den Zedenten angerufen und ihm erklärt habe, er werde jetzt auch Filmfonds vertreiben. Der Zedent möge sich das betreffen-de Produkt wegen der überragenden Rendite ansehen. Weiterhin habe der [X.] zu 1 ausgesagt, sich aktiv über den Fonds informiert, hierzu mehrere Meinungen, insbesondere die des Steuerberaters der [X.] zu 1 und 2, eingeholt und sich bei der Steuerkanzlei des [X.] erkundigt zu ha-ben. Weiterhin habe der Beklagte zu 1 zusammen mit dem Zeugen W.

mehrere ähnliche Termine wahrgenommen und sei vor dem in Rede stehenden
Gespräch bereits im Besitz des Prospekts gewesen.

(2) War der Beklagte zu 1 in einer solchen Weise im Zusammenhang mit dem maßgeblichen Beratungsgespräch
aktiv, ist für eine konkludente umfas-sende "Freizeichnung"
der [X.] zu 1 und 2 durch die Hinzuziehung des Zeugen W.

kein Raum, da er eigenständige Aussagen zur Eignung des empfohlenen Medienfonds für die Anlageziele des Ehemanns der Klägerin zu 1 traf.
Der Zedent konnte danach davon ausgehen, dass die [X.] zu 1 und 2 wenigstens die Plausibilität des Anlagekonzepts und -prospekts geprüft [X.]n. In diesem Fall wären ihnen nach dem
Vortrag der Kläger
bei gebührender 16
17
-

10

-

Sorgfalt Mängel
und Ungereimtheiten aufgefallen. Zudem hätte der
Beklagte
zu 1 bei erfolgter Plausibilitätsprüfung des Konzepts bemerken müssen, dass die -
vom Berufungsgericht festgestellten
-
Angaben des Zeugen W.

in dem Beratungsgespräch am 23.
November 2000 unrichtig
waren und
im Wider-spruch selbst zu dem -
nach dem Vortrag der Kläger
-
ohnehin schon mangel-haften Prospekt standen. Er hätte
dementsprechend korrigierend eingreifen müssen.

Das Verschulden des [X.] zu 1 wird vermutet (§
282
BGB a.[X.]). Für den [X.] zwischen dem Beratungsfehler des Anlage-vermittlers
und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete
tatsächliche Vermutung
(st. [X.]srechtsprechung, siehe
etwa Ur-teile vom 14.
April 2011 -
III
ZR 27/10, juris Rn.
13; vom 8.
Juli 2010 -
III
ZR 249/09, [X.], 152 Rn.
20
und vom 9.
Februar 2006 -
III
ZR
20/05, NJW
RR 2006, 685 Rn.
22
jew. mwN).

(3) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Sachvortrag der Kläger zum Hergang und Inhalt der Beratungsgespräche
unrichtig war. Es hat lediglich ausgeführt, der Zeuge W.

habe "bei dem Beratungsgespräch das Wort geführt". Dies schließt nicht aus, dass auch der Beklagte zu
1 wesentlich an der Beratung beteiligt war. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechts-standpunkt aus folgerichtig, auch keine Feststellungen zu den Behauptungen der Kläger getroffen, bei
einer Plausibilitätsprüfung des Anlagekonzepts und -prospekts wären Mängel aufgefallen, so dass dies im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellen ist.

18
19
-

11

-

c) Der [X.] vermag auch nicht der Ansicht des Berufungsgerichts
bei-zutreten, die etwaigen Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die [X.] zu 1 und 2 seien verjährt. Sie widerspricht der -
allerdings nach
Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen
-
Rechtsprechung des [X.]s ([X.] vom 22.
Juli
2010 -
III
ZR 203/09, [X.], 1690 Rn.
15
und III
ZR 99/09, [X.] 2011, 68 Rn.
18
ff sowie vom 8. Juli 2010 -
III
ZR 249/09, [X.], 152 Rn.
32
ff).

[X.]) Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Forderungs-verletzung sind im Jahre 2000, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung
an dem Medienfonds, entstanden (§
198
Satz
1
BGB
a.[X.]) und unterlagen zunächst der dreißigjährigen Verjährungsfrist nach §
195
BGB
a.[X.] Gemäß Art.
229,
§
6
Abs.
1
Satz
1
und
Abs.
4
Satz
1
EGBGB
gilt seit dem 1.
Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach §
195
BGB
n.[X.] Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des §
199
Abs.
1
Nr.
2
BGB
voraus. Das heißt,
der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben,
oder seine diesbezüg-liche Unkenntnis muss auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur [X.]surteile vom 8.
Juli 2010, [X.]O
Rn.
25; vom 19. November 2009 -
III
ZR
169/08
-
BKR 2010, 118 Rn.
13; sowie [X.], Urteile vom 20.
Januar 2009 -
XI
ZR 504/07, [X.]Z 179, 260
Rn.
46 und vom 23.
Januar 2007 -
XI
ZR 44/06, [X.]Z
171,
1
Rn.
19
ff). Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen Pflichtver-stößen von Anlageberatern und -vermittlern beginnt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anlegers gesondert zu laufen
(z.B. [X.]surteile vom 24.
März 2011 -
III
ZR 81/10, [X.], 874 Rn.
11 und vom 22.
Juli 2010 -
III
ZR 203/09, [X.], 1690 Rn.
13
jew.
mwN). Für die
tatsächlichen
Voraussetzungen
trägt der Schuldner 20
21
-

12

-

-
hier also die [X.]
-
die Darlegungs-
und Beweislast (vgl. nur [X.]surteil vom 8.
Juli 2010, [X.]O;
und
[X.],
Urteil
vom
3.
Juni
2008
-
XI
ZR
319/06
-
ZIP
2008,
1714
Rn.
25).

bb) [X.]e Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und sub-jektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. [X.] fahrlässige Unkenntnis im Sinne von
§
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB
liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen An-gelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorge-worfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Um-stände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen ver-schlossen hat (vgl. z.B.
[X.]surteil vom 8.
Juli
2010
[X.]O Rn.
28
mwN; [X.], Urteile vom 10.
November 2009 -
VI
ZR
247/08
-
VersR
2010,
214
Rn.
13 und vom 23.
September 2008 -
XI
ZR 262/07
-
ZIP
2008,
2164
Rn.
16). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell
keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Ver-schulden des Gläubigers bejahen zu können (z.B. [X.]surteil vom 8.
Juli 2010
[X.]O; [X.], Urteil vom 10.
November 2009 [X.]O, Rn.
15
f mwN).

cc) Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.

22
23
-

13

-

(1) Wie der [X.] in seinen
Urteilen
vom 8. und 22.
Juli 2010 (III
ZR 249/09, [X.], 152 Rn.
32
ff; III
ZR 203/09, [X.], 1690 Rn.
15
und
III
ZR 99/09, [X.] 2011, 68 Rn.
18
ff) ausgeführt
hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von §
199
Abs.
1
Nr.
2
BGB
im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstän-de einer Aufklärungs-
oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informatio-nen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre
unter-lassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des [X.] über die ihm empfohlene Kapitalanla-ge zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheits-gemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger
-
wie hier allerdings umstritten ist
-
rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs-
und Auskunftspflichten Genüge zu tun ([X.]surteile vom 8.
Juli 2010 [X.]O Rn.
32 und vom 22.
Juli 2010 -
III
ZR 99/09 [X.]O, Rn.
18 jew.
mit [X.]). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, die-sen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anla-geberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persön-lichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines"
Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm
übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden 24
-

14

-

gegen sich selbst"
zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle"
des Bera-ters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich"
oder "unentschuldbar"
([X.]surteile
vom 22.
Juli 2010 -
III
ZR 203/09, [X.]O
Rn.
15 sowie III
ZR 99/09, [X.]O Rn.
19 und vom
8.
Juli 2010, [X.]O Rn.
33).

(2) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsge-richts sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die ungeachtet der vor-stehenden Ausführungen die Wertung rechtfertigen würden, die fehlende Kenntnis des Zedenten und seiner Ehefrau von der Unrichtigkeit der Auskünfte des [X.] zu 1 beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Weder die Erfahrungen des Ehemanns der Klägerin zu
1 noch die beträchtlichen Anlagesummen [X.] es als unverständlich oder unentschuldbar erscheinen, wenn der Zedent und die Klägerin zu 1 den Angaben
des [X.] zu
1 ohne Überprüfung an-hand des
Prospekts
vertrauten, zumal der Beklagte zu
1 durch die Hinzuzie-hung eines "Spezialisten"
für die vorgesehene Anlage den Eindruck erweckte, die Empfehlungen erfolgten von besonders qualifizierter und kompetenter Sei-te.

dd) Da die Kläger, ohne dass das Berufungsgericht abweichende Fest-stellungen
getroffen hat, vorgetragen haben, die Klägerin zu
1 und ihr Ehemann
hätten erst im Jahr 2006 von den die Schadensersatzansprüche gegen die [X.] zu 1 und 2 begründenden tatsächlichen Umständen erfahren, ist die 2008 rechtshängig gewordene Klage nach dem bisherigen Sach-
und Streit-stand rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist erhoben worden.

25
26
-

15

-

2.
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kommen Schadensersatzforderungen
des Klägers zu
2 gegen die Beklagte
zu 3 ebenfalls in Betracht.

a) Entgegen der mit der Revisionserwiderung vorgetragenen Auffassung der [X.] zu
3 sind
solche Ansprüche im vorliegenden Verfahrensstadium nicht bereits deshalb auszuschließen, weil zwischen ihr und dem Ehemann der Klägerin zu
1
kein Anlageberatungs-
oder -vermittlungsvertrag zustande [X.] ist.
Ob die Beklagte zu
3 durch Einschaltung ihres seinerzeitigen Ge-schäftsführers als "Spezialisten"
für die empfohlene Anlage -
beziehungsweise mangels Offenlegung eines Vertretungsverhältnisses der Zeuge W.

per-sönlich
-
in ein eigenes Vertragsverhältnis mit dem Zedenten
getreten ist und daher eigenständige
Ansprüche gegen sie möglich sind oder ob
sie lediglich Verhandlungs-
beziehungsweise Erfüllungsgehilfe der [X.] zu
1 und 2 war, hängt wesentlich von den konkreten tatsächlichen Umständen des [X.] ab. Da weitere Feststellungen hierzu möglich erscheinen, ist dem [X.] insoweit eine eigene Würdigung versagt. Das Berufungsgericht wird sich in dem neuen Verfahren mit den Gegenrügen der Revisionserwiderung auseinan-der zu setzen haben.

b) Von einer wenigstens fahrlässigen Verletzung etwaiger vertraglicher Pflichten der [X.] zu
3 gegenüber dem Zedenten ist aufgrund der Fest-stellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren auszugehen.

c) Die Verjährung möglicher
Ansprüche des Klägers zu
2 gegen die [X.] zu
3 ist aus den oben zu Nummer 1 Buchst.
c
ausgeführten Gründen nach dem bisherigen Sach-
und Streitstand nicht anzunehmen.

27
28
29
30
-

16

-

3.
Da noch weitere Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif und gemäß §
563 Abs.
1, 3 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Schlick
[X.]

[X.]

Seiters
Tombrink
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.12.2008 -
51 O 50/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.06.2009 -
21 U 1626/09 -

31

Meta

III ZR 200/09

16.06.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2011, Az. III ZR 200/09 (REWIS RS 2011, 5693)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5693

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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