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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/08
vom 9. Juli 2009 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 850 d Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Unterhaltsgläubi[X.]s gegen den Unterhaltsschuldner aus einem Unterhaltsprozess fällt nicht unter das Vollstreckungsprivileg des § 850 d Abs. 1 Satz 1 ZPO. [X.], Beschluss vom 9. Juli 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des Bundes[X.]ichtshofs hat am 9. Juli 2009 durch den [X.] [X.], [X.] Kuffer, die Richterin [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Land[X.]ichts Ellwangen vom 16. Juli 2008 wird auf Kosten des Gläubi-[X.]s zurückgewiesen. Gründe: [X.] Der Gläubi[X.] betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfest-setzungsbeschluss des Amts[X.]ichts vom 2. April 2008 ([X.].: [X.]), in dem die Kosten eines zuvor gegen den Schuldner geführten [X.] tituliert sind. Am 6. Juni 2008 hat das Vollstreckungs[X.]icht (Rechtspfle[X.]) we-gen dieser Kostenforderung einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, den Antrag des Gläubi[X.]s auf Herabsetzung der Pfändungsfreigren-zen nach § 850 d Abs. 1 ZPO indes abgelehnt. Seine dagegen [X.]ichtete sofor-tige Beschwerde hat das Land[X.]icht nach [X.] durch das Amts[X.]icht durch Beschluss vom 16. Juli 2008 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubi[X.] seinen Antrag auf bevorrechtigte Pfändung nach § 850 d Abs. 1 ZPO weiter. 1 - 3 - I[X.] 2 Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 793, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere frist- und form[X.]echt eingelegt. In der Sache hat sie keinen Erfolg. 3 1. Das Beschwerde[X.]icht hat ausgeführt, das Pfändungsprivileg des § 850 d Abs. 1 ZPO gelte nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur für gesetzliche Unterhaltsansprüche. Ansprüche auf Erstattung der Kosten eines zur Durchsetzung solcher Unterhaltsansprüche durchgeführten [X.] gehörten nicht dazu, weil sie einem anderen, selbständigen Rechts-grund entsprängen. Auch nach Sinn und Zweck des § 850 d Abs. 1 ZPO seien Prozesskosten nicht vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst. Deren wesentlicher Zweck bestehe darin, den in seiner Existenz von den Zahlungen des Schuldners abhängigen Gläubi[X.] nicht auf die Sozialhilfe zu verweisen. Diese Gefahr bestehe wegen der Prozesskosten allerdings weder bei einer ge-neralisierenden Betrachtungsweise noch konkret im vorliegenden Fall. Dass der im obigen Sinne bedürftige Gläubi[X.] die Prozesskosten aus Mitteln entnehmen müsse, die ihm sonst für seinen Unterhalt zur Verfügung stünden, rechtfertige die bevorrechtigte Vollstreckung daraus resultierender Kostenerstattungsan-sprüche ebenfalls nicht, weil sonst jede auf Erstattung verauslagter Geldbeträge [X.]ichtete Forderung des Gläubi[X.]s gegen den Unterhaltsschuldner als privi-legiert gelten müsse. 2. Das hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Das Land[X.]icht hat eine bevorrechtigte Vollstreckung des in Rede stehenden Kostenerstat-tungsanspruchs zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 850 d Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. 4 - 4 - a) In Rechtsprechung und Literatur wird allerdings die Auffassung vertre-ten, dass der Anspruch des Unterhaltsgläubi[X.]s gegen den [X.] auf Erstattung der aus einem Unterhaltsrechtsstreit resultierenden Prozess-kosten vom Pfändungsprivileg des § 850 d Abs. 1 ZPO umfasst sei ([X.], Rpfle[X.] 1977, 109, 110; [X.][X.], 3. Aufl., § 850 d [X.]. 3; Musielak/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 850 d [X.]. 2; [X.]/ Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 3. Aufl., § 850 d [X.]. 2; Tae[X.], [X.] 1964, 348; [X.], Rpfle[X.] 1981, 382, 386; Mümmler, [X.] 1982, 510, 511 f. - für Beitrei-bungskosten). Der Unterhaltsgläubi[X.] müsse die von ihm vorgeschossenen Prozesskosten aus Mitteln entnehmen, die ihm sonst für seinen Unterhalt zur Verfügung stünden. Deshalb entspreche es dem in § 850 d Abs. 1 ZPO zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dem Gläubi[X.] zu einer mög-lichst ungeschmälerten Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs zu verhelfen, wenn ihm über die Zubilligung eines Pfändungsvorrechts nach § 850 d Abs. 1 ZPO auch die Beitreibung jener, seinen Unterhalt sonst schmälernden Kosten erleichtert werde (so insbesondere: [X.], aaO; [X.], aaO). 5 Die Gegenmeinung geht demgegenüber auf der Grundlage einer am Wortlaut orientierten, engen Auslegung des § 850 d Abs. 1 ZPO davon aus, dass [X.] des Gläubi[X.]s den nach dieser Vorschrift allein bevorrechtigten Unterhaltsansprüchen selbst dann nicht gleichstehen, wenn sie die Kosten eines vorausgegangen [X.] betreffen ([X.], Rpfle[X.] 1965, 278; [X.], Rpfle[X.] 1967, 223; [X.], [X.] 1964, 347; [X.], [X.] 1960, 680; [X.], [X.] 1931, 2178; [X.], [X.], 1433, 1434; Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., [X.]. 1085; [X.]/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 850 d [X.]. 3; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 850 d [X.]. 10; [X.] in [X.], ZPO, 29. Aufl., § 850 d [X.]. 6; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 67. Aufl., § 850 d [X.]. 3; [X.], ZPO, 8. Aufl., § 850 d [X.]. 2).
6 - 5 - b) Die letztgenannte, auch vom Land[X.]icht vertretene Auffassung ist richtig. 7 8 aa) Die Vollstreckungsprivilegierung nach § 850 d Abs. 1 Satz 1 ZPO umfasst nur gesetzliche Unterhaltsansprüche des Gläubi[X.]s ([X.], Beschluss vom 5. Juli 2005 - [X.] ZB 11/05, [X.], 1564, 1565; Beschluss vom 10. Oktober 2003 - [X.], [X.], 185 = Rpfle[X.] 2004, 111). Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des im Unterhaltsprozess obsie-genden Unterhaltsgläubi[X.]s ist kein solcher Anspruch. Er entsteht vielmehr eigenständig nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO (allg. Meinung, vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., vor § 91 [X.]. 14 m.w.N.) und unabhängig vom Gegenstand der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Klageforderung, der nur im Rahmen der §§ 93 a bis 93 d ZPO als Anknüpfungspunkt für die dort normierten Sondertatbestände der Kostenverteilung Bedeutung erlangt. [X.] ergibt sich nicht aus § 367 Abs. 1 BGB, wonach Zahlungen des [X.] vorrangig auf Zinsen und (Prozess-) Kosten anzurechnen sind. Der Kos-tenerstattungsanspruch des Unterhaltsgläubi[X.]s wird nicht dadurch zu einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch, dass er kraft gesetzlicher Anordnung vor [X.] getilgt wird, wenn der Unterhaltsschuldner [X.] auf beide Forderungen zahlt. Aus der Rechtsprechung des Bundes[X.]ichtshofs zur abge-sonderten Befriedigung wegen nach Insolvenzeröffnung fällig gewordener [X.] auf Kosten und Zinsen ([X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 1660) folgt nichts anderes. [X.]) Es besteht auch keine Veranlassung, das Pfändungsprivileg des § 850 d Abs. 1 ZPO auf einen in der soeben beschriebenen Weise mit Unter-haltsforderungen verknüpften Kostenerstattungsanspruch zu erstrecken. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde nicht vom Regelungsgehalt des § 850 d Abs. 1 ZPO umfasst. 9 - 6 - Hinter der durch § 850 d Abs. 1 ZPO für gesetzliche Unterhaltsansprüche angeordneten Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen steht das [X.] Anliegen, den Gläubi[X.], der seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann, nicht auf die staatliche Sozialfürsorge zu verweisen. Stattdessen soll er privile-giert Zugriff auf das Arbeitseinkommen des ihm gegenüber unterhaltspflichtigen Schuldners nehmen dürfen ([X.], Beschluss vom 5. Juli 2005 - [X.] ZB 11/05, [X.], 1564, 1565). Allerdings ist die vollstreckungsrechtliche Bevorzu-gung des Unterhaltsgläubi[X.]s gemäß § 850 d Abs. 1 Satz 4 ZPO zeitlich auf solche Unterhaltsforderungen beschränkt, die nicht län[X.] als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des [X.] fällig geworden sind, und sonst nur für die Fälle zugelassen, in denen sich der Unterhaltsschuldner seiner Zah-lungsverpflichtung absichtlich entzogen hat. Auch das entspricht dem gesetz-geberischen Zweck der Vorschrift. Denn für rückständigen Unterhalt, der wegen des Zeitablaufs nicht mehr dazu dienen kann, seinen aktuellen Unterhaltsbedarf zu befriedigen, bedarf der Unterhaltsgläubi[X.] keiner vollstreckungsrechtlichen Privilegierung, weil dann die Gefahr nicht besteht, dass er wegen ausbleibender Zahlungen des Schuldners auf Sozialleistungen angewiesen ist ([X.], [X.] vom 5. Juli 2005 - [X.] ZB 11/05, [X.], 1564, 1565). Aus alle-dem ergibt sich, dass nur der im obigen Sinne unterhaltsbedürftige Gläubi[X.] bevorzugt Zugriff auf das Arbeitseinkommen des Unterhaltsschuldners nehmen können soll. 10 Eine solche Bedürftigkeit besteht nicht für Ansprüche des Unterhalts-gläubi[X.]s auf Erstattung der Kosten eines [X.]. Die hiergegen vorgebrachte Erwägung, der Gläubi[X.] habe die Prozesskosten aus Mitteln entnehmen müssen, die ihm sonst für seinen Unterhalt zur Verfügung gestan-den hätten ([X.], Rpfle[X.] 1977, 109, 110; [X.], Rpfle[X.] 1981, 382, 386; Mümmler, [X.] 1982, 510, 511 f. - für Beitreibungskosten), geht fehl. Sie beruht auf der Annahme, dass der [X.]ichtlich erst noch durchzusetzende 11 - 7 - Unterhalt des Gläubi[X.]s geschmälert wird, weil er die Prozesskosten auslegen muss. Das trifft nicht zu. Der unbemittelte Unterhaltsgläubi[X.] muss die Kosten der [X.]ichtlichen Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Er kann vom Unterhaltsschuldner Prozesskostenvorschuss verlangen (§§ 1360 a Abs. 4, 1610 BGB), und soweit ein solcher Vorschussan-spruch mangels Leistungsfähigkeit des Schuldners oder aus sonstigen Gründen nicht besteht, Prozesskostenhilfe nach Maßgabe der §§ 114 ff. ZPO [X.]. Dabei übersieht der Senat nicht, dass die sich aus § 115 ZPO ergeben-den Kriterien für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht deckungsgleich denjenigen entsprechen, nach denen der Unterhaltsbedarf des Gläubi[X.]s zu bemessen ist. Gleichwohl stellt ihre Anwendung hinreichend sicher, dass dem Unterhaltsgläubi[X.] durch die Finanzierung des [X.] nicht zu-sätzlich Mittel entzogen werden, die er für seinen angemessenen laufenden Unterhalt benötigt. Dann aber besteht mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 850 d Abs. 1 ZPO kein Anlass, ihn wegen seines Kostenerstattungsan-spruchs bei der Vollstreckung zu bevorzugen. Das steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht im [X.] dazu, dass der Prozesskostenvorschussanspruch des Unterhalts-gläubi[X.]s dem vollstreckungsrechtlichen Privileg des § 850 d Abs. 1 ZPO un-terliegt (vgl. [X.][X.], 3. Aufl., § 850 d [X.]. 3, m.w.N.). Bei dem Prozesskostenvorschussanspruch handelt es sich im Gegensatz zum prozes-sualen Kostenerstattungsanspruch um einen Unterhaltsanspruch ([X.], Urteil vom 14. Februar 1990 - [X.], [X.], 491), der demnach [X.] vom Regelungsgehalt des § 850 d Abs. 1 ZPO umfasst ist. Seine Entste-hung setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus, die im Un-terhaltsprozess einschließlich eines eventuellen Abänderungsverfahrens ge-prüft wird und in die Bemessung des Selbstbehalts des Schuldners einfließt ([X.], [X.], 1433, 1434). Deshalb ist es [X.]echtfertigt, dem [X.] - 8 - [X.] auch wegen dieses Unterhaltsanspruches den bevorzugten Zugriff auf das Arbeitseinkommen des Unterhaltsschuldners zu gestatten. Bei einem prozes-sualen Kostenerstattungsanspruch liegen diese Voraussetzungen demgegen-über nicht vor. 13 Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die vollstreckungsrechtliche Bevor-rechtigung des Prozesskostenerstattungsanspruchs sei zu bejahen, weil auch der Anspruch des Unterhaltsgläubi[X.]s auf Erstattung der Kosten der Vollstre-ckung seines Unterhaltsanspruches nach § 850 d Abs. 1 ZPO privilegiert sei, kann sie hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Ob wegen der [X.] bevorzugt vollstreckt werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (dafür bspw.: [X.], Rpfle[X.] 1977, 109, 110; [X.] ZPO/[X.], 3. Aufl., § 850 d [X.]. 3; Musielak/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 850 d [X.]. 2; [X.]/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 3. Aufl., § 850 d [X.]. 2; dage-gen: [X.], [X.] 1964, 347; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 67. Aufl., § 850 d [X.]. 3; [X.], [X.], 1433, 1434). Diesen Streit braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Denn eine bevorzugte Voll-streckung der Beitreibungskosten könnte sich allenfalls unter Heranziehung des § 788 ZPO ergeben, der hier keine Anwendung findet. - 9 - II[X.] 14 [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] Kuffer [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 06.06.2008 - 1 M 630/08 - [X.], Entscheidung vom 16.07.2008 - 1 T 166/08 -
Meta
09.07.2009
Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. VII ZB 65/08 (REWIS RS 2009, 2561)
Papierfundstellen: REWIS RS 2009, 2561
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