Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2015, Az. IV ZR 386/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8163

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 386/13

Verkündet am:

15. Juli 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 26.
Juni
2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 6. Zi-vilkammer des [X.] vom 17.
Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 1.019,45

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
Januar 2008
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1
2
-
3
-

erhielt d.
[X.] mit dem Policenbegleitschreiben vom 21.
November 2007 eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht,
den
Versiche-rungsschein,
die Versicherungsbedingungen und
eine Verbraucherinfor-mation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).

Mit Schreiben vom 22.
Januar
2009
erklärte d. [X.] den "[X.] gemäß
§
5a [X.]/den Widerspruch nach §
8 [X.],
vorsorglich die Anfechtung nach §
119 BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert an d. [X.].

Mit der Klage verlangt d.
[X.] -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
-
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], ins-gesamt 1.019,45

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
3
4
5
6
7
-
4
-

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung im [X.] sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und auch inhaltlich ordnungsge-mäß.
Die damit in Lauf gesetzte Widerspruchsfrist des §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. sei bei Erklärung des Widerspruchs längst abgelaufen gewesen.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein -
mit der Revision allein weiterverfolgter
-
Anspruch auf Prämienrückzahlung
folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag
schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die im Policenbegleitschreiben enthaltene Widerspruchsbelehrung inhaltlich nicht ordnungsgemäß, weil die Widerspruchsfrist mit einem Monat
falsch angegeben war. Die Widerspruchsfrist betrug für Lebensversicherungs-verträge -
auch für den hier geschlossenen Rentenversicherungsvertrag
-
nach §
5a Abs.
1 Satz
2 [X.] a.F. in der ab dem 8.
Dezember 2004 gel-8
9
10
11
12
-
5
-

tenden Fassung 30 Tage.
Damit ist ein Monat nicht gleichzusetzen, da er auch
29 oder 28 Tage haben kann. Entgegen der Auffassung der Revisi-onserwiderung kommt es nicht darauf an, ob im Streitfall eine Monatsfrist 30 Tagen entspricht, weil das Policenbegleitschreiben vom 21.
November 2007 stammt. Die Belehrung muss die Widerspruchsfrist unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Abfassung oder ihres Zugangs richtig angeben.

Für den Fall, dass d. [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das Widerspruchsrecht belehrt worden war, [X.] §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr
nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]
wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
13
14
15
-
6
-

bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).
16
17
18
-
7
-

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.03.2013 -
2 C 291/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 17.10.2013 -
6 [X.]/13 -

19

Meta

IV ZR 386/13

15.07.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2015, Az. IV ZR 386/13 (REWIS RS 2015, 8163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8163

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 76/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.