Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2015, Az. IV ZR 504/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12268

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BU[X.]DESGERICHTSHOF

IM [X.]AME[X.] DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 504/14

Verkündet am:

22. April 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 27.
März 2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite
wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] am Main
vom 5. Oktober 2012
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6.185,47

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversi-cherung.

1
-
3
-

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit Vertragsbeginn zum 1. [X.]ovember 2003
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung
(im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Im März 2010
kündigte
d. [X.] den Vertrag
und der [X.] zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 25. Mai 2011
erklärte d.
[X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.]
(insgesamt 6.185,47 .

[X.]ach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden
können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
2
3
4
5
6
-
4
-

I. Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus
unge-rechtfertigter Bereicherung
verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der [X.] Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
Hinzu
komme, dass d.[X.] auf sein Widerspruchsrecht verzichtet habe, weil er mit dem Vollzug des Vertrages begonnen und ein Jahr lang weder die [X.] noch die Versicherungsbedingungen angefordert und dem Vertragsschluss auch nicht widersprochen habe.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung
aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB
kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a)
Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist
infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) [X.]ach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden
Feststel-lungen des Berufungsgerichts belehrte der
Versicherer d. [X.]

auch un-ter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung

nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht, weil in dem [X.] vom 24.
Oktober 2003 7
8
9
10
11
-
5
-

die Widerspruchsfrist mit "14"
ohne Angabe der Zeiteinheit "Tage"
[X.] war. Eine gegebenenfalls ordnungsgemäße [X.] im Antrag kann die Belehrung im Zusammenhang mit der Übersen-dung der Police nicht ersetzten (Senatsurteil vom 28. Januar 2004

[X.], [X.], 497
unter 3 b; vgl. auch [X.], Urteil vom 23. Juni 2009

[X.], [X.], 3020 Rn. 24).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber
nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.]Z 201, 101 Rn.
17-34) entschieden
und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d.
[X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im Einzelnen dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

bb)
Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO 12
13
14
-
6
-

Rn.
36 m.w.[X.].).
Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits
vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.[X.].).

cc) Soweit das Berufungsgericht einen Verzicht d. [X.] auf das [X.]srecht angenommen hat, hält das rechtlicher
[X.]achprüfung
nicht stand. [X.]ach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind an die Feststellung eines Verzichtwillens strenge Anforderungen zu stellen ([X.], Urteil vom 7. März 2006

[X.], [X.], 659 Rn. 10 m.w.[X.].). Das Verhalten d. [X.] hätte mit ausreichender Deutlich-keit erkennen lassen müssen, dass auf das Widerspruchsrecht verzichtet werden sollte, wobei das Gebot einer interessengerechten Auslegung zu beachten und den der Erklärung zugrundeliegenden Umständen beson-dere Bedeutung beizumessen ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 2012

[X.], [X.], 2231 Rn. 22 m.w.[X.]). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht angesichts des Fehlens einer ordnungsgemä-ßen Widerspruchsbelehrung nicht ausreichend beachtet.

b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom
7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss
sich d. [X.] bei
der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den
jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes 15
16
17
-
7
-

kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.[X.].).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben
(vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014
aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.]

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.05.2012 -
2-23 O 395/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.10.2012 -
7 U 160/12 -

18

Meta

IV ZR 504/14

22.04.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2015, Az. IV ZR 504/14 (REWIS RS 2015, 12268)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12268

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 76/11

II ZR 178/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.