Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. IV ZR 192/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4749

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[X.]:[X.]:BGH:2016:280916UIVZR192.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 192/14

Verkündet am:

28. September 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum
5.
September 2016

für Recht erkannt:

Auf die Revision der
Klägerseite
wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
Mai 2014
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7.352,34

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund Antrags d.
[X.] mit
Versicherungsbeginn zum 1. Februar
2003 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in 1
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der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abge-schlossen.

Mit Schreiben vom März
2011
erklärte d. [X.] den Widerspruch ge-mäß § 5a [X.] a.F., hilfsweise die Kündigung des [X.]. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rück-kaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d.
[X.]

soweit für die Revision noch von Bedeutung -
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil er zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei
und zum anderen §
5a [X.] a.F. mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

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I. Dieses
hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ers-ten
Prämie endgültig wirksam geworden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB

der mit der Revision allein weiterverfolgt wird -
kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt wer-den.

a)
Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d.
[X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet
des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

[X.]) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.]

auch un-ter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung

nicht ordnungsgemäß im Sinne von
§ 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. über das [X.]. Die [X.] im maßgeblichen [X.] ist fehlerhaft, weil
sie die fristauslösenden Unterlagen nicht zutreffend
benennt. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. setzt der Beginn der Widerspruchsfrist die Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation nach § 10a 9
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VAG voraus. In der hier erteilten [X.] werden hinge-gen einzelne Unterlagen herausgegriffen, die zu der [X.] gehören; damit wird

wie das Berufungsgericht zu Recht feststellt

für d. [X.] nicht klar, dass die nach § 10a [X.] gesetzlich vorge-schriebene Verbraucherinformation, die
d. [X.] zur Auslösung des Laufs der Widerspruchsfrist zu erteilen ist, die Überlassung weiterer Unterla-gen als
die
in der [X.] genannten voraussetzt (Se-natsurteil vom 24. Februar 2016

IV ZR 201/14, juris
Rn. 11). Es fehlt danach in der [X.] eine zutreffende Benennung der nach §
5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. fristauslösenden Unterlagen.

Ohne Belang ist es, ob d. [X.] mit dem Versicherungsschein die weiteren erforderlichen Unterlagen zugingen. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausali-tätsfragen nicht an (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 25).

Die Revision macht hingegen
ohne Erfolg geltend, der Begriff der "Textform" in der [X.] sei erläuterungsbedürftig (Se-natsurteil vom 10. Juni 2015

IV ZR 105/13, [X.], 876 Rn. 11).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

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Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]
wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die hilfsweise Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
36 m.w.[X.]). Ein
Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
37 m.w.[X.]).

[X.]) Ob

wie die Revisionserwiderung meint

der [X.] möglich ist, wenn eine [X.] nur marginale Feh-ler aufweist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die

hier fehlen-de

zutreffende Benennung der fristauslösenden Unterlagen wird in § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. ausdrücklich gefordert und ist eine wesentliche Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Belehrung (Senatsurteil vom 24.
Februar
2016

IV ZR 201/14,
juris Rn.
16).

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b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
42-44).

2. Ein [X.] war bei Erhebung der Klage im Juni 2012
noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche re-gelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des §
195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2011
beginnen, da d. [X.] erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß §
5a [X.] a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch ent-stand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte d. [X.] Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8.
April 2015 -
IV ZR 103/15, [X.], 865 Rn.
19
ff.).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
45 m.w.[X.]).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-20
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weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 [X.]O Rn.
46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR
384/14, [X.], 1101 Rn. 35
ff.; [X.], [X.], 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 ([X.], [X.], 33 Rn. 31 ff.) zu beachten haben.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.08.2013 -
26 O 212/12 -

O[X.], Entscheidung vom 02.05.2014 -
20 U 158/13 -

Meta

IV ZR 192/14

28.09.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. IV ZR 192/14 (REWIS RS 2016, 4749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4749

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