Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2003, Az. 2 StR 164/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 723

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Nachschlagewerk: ja[X.]St: neinVeröffentlichung: jaStGB §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c), 78 b Abs. 41. Der Geschäftsführer einer GmbH, die sich in städtischem Alleinbesitz befindetund deren wesentliche Geschäftstätigkeit die Versorgung der Einwohner [X.] ist, ist Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB, wenn [X.] die Geschäftstätigkeit im öffentlichen Interesse steuert.2. Liegen wegen einer Veränderung der Strafdrohung die Voraussetzungen der Ru-hensvorschrift des § 78 b Abs. 4 StGB vor, so ist § 2 Abs. 3 StGB zu beachten.[X.], Urteil vom 14. November 2003 - 2 [X.] - LG [X.] NAMEN DES VOLKESURTEIL2 [X.]vom14. November 2003in der [X.] -1.2.wegen [X.] 3 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 14. Novem-ber 2003 aufgrund der Verhandlung vom 1. Oktober 2003, an denen teilge-nommen haben:Vorsitzende Richterin am [X.]. [X.],[X.] am [X.]. [X.],die Richterin am [X.]. [X.],[X.] am [X.] die Richterin am [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwälte als Verteidiger des Angeklagten [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger der Angeklagten [X.] - in der Verhandlung -Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 4 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] vom 10. Dezember 2002 mit den [X.] aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung inacht Fällen aus Rechtsgründen freigesprochen. Die gegen dieses Urteil ein-gelegte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] ver-treten wird, führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.[X.] Angeklagten war zur Last gelegt worden, aufgrund einer [X.] Vereinbarung in acht Fällen an den Geschäftsführer der [X.] GmbH Zahlungen in Höhe von 3 bis 5 % der [X.] als Gegenleistung für die Erteilung von Planungsaufträgen an ihr Inge-nieurbüro erbracht zu haben.Das [X.] hat im wesentlichen folgende Feststellungen [X.] -Der Angeklagte [X.] war Alleingesellschafter und [X.] der Firma [X.], einem Ingenieurbüro, das [X.] anderem mit Planung und Vertrieb von Heizungs-, Sanitär-, Lüftungs- undElektroanlagen befaßte; die Angeklagte [X.] war im Handelsre-gister eingetragene Geschäftsführerin und erledigte Buchhaltungs- und Büro-arbeiten. Die [X.] stand in Geschäftsbeziehung zu der [X.] GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die [X.] [X.] ist.Gegenstand dieser im Jahr 1991 gegründeten GmbH ist nach dem [X.] die Erzeugung von Fernwärme und Energie und die [X.]und Umgebung. In dem von der Anklage umfaßtenZeitraum (1992 bis 1995) wurde etwa die Hälfte der Bürger der [X.] [X.][X.] versorgt; die [X.] [X.]hatte bestimmte Fernwärmepräferenzge-biete in einem Plan ausgewiesen und in der von ihr erlassenen Fernwärmesat-zung für die im Versorgungsgebiet liegenden Grundstücke einen Anschluß-und Benutzungszwang festgelegt. Nach den Feststellungen des [X.]swurde dieser "in der Realität gegenüber den Bürgern der [X.] nicht [X.], ... die freie Entscheidung für eine andere Energiequelle wurde stets [X.] 1992 und 1995 leistete die [X.] an den alleinigenGeschäftsführer der [X.] GmbH, [X.] , [X.] in einer Gesamthöhe von rund 200.000 DM für die Vergabe von [X.] an die P. [X.] Auffassung des [X.]s schied eine Strafbarkeit der Ange-klagten wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung aus, da der [X.] der [X.] GmbH kein Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1Nr. 2 Buchst. c) StGB gewesen sei. Die GmbH könne nicht als sonstige [X.] 6 -im Sinne dieser Vorschrift einer Behörde gleichgestellt werden, weil sie bei [X.] Gesamtbetrachtung eher mit einem privaten Wirtschaftsunternehmen [X.] und nicht aufgrund staatlicher Steuerung behördenähnlich organisiertsei. Weder der Umstand, daß die GmbH mit der Energieversorgung eine öf-fentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge wahrgenommen habe, noch die100 %ige Beteiligung der [X.] [X.] oder deren [X.] überden Aufsichtsrat reichten aus, um die Gleichstellung mit einer Behörde [X.]. Vielmehr sei die GmbH nach privatrechtlichen Geschäfts-grundsätzen geführt worden und habe nach dem Gesellschaftsvertrag einbreites, nicht auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beschränktes [X.] gehabt, indem sie sich neben der Energieversorgung auch mit Hei-zungsbau beschäftigte.II.Der Freispruch hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand.1. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen tragen [X.] der [X.] die Verneinung der [X.] der [X.]GmbH nicht.Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB ist, wer [X.] bestellt ist, bei oder im Auftrag einer Behörde oder sonstigen Stelle Auf-gaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Unter "sonstigen Stellen"sind - ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform - behördenähnliche Institutio-nen zu verstehen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind,aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und Erfüllung [X.] Aufgaben mitzuwirken (vgl. [X.]St 43, 370, 376; [X.]/[X.],StGB 51. Aufl. § 11 [X.]. 19; Gesetzentwurf zum [X.] BTDrucks. 7/550,- 7 -S. 209). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des [X.],daß auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungenund Unternehmen der öffentlichen Hand als "sonstige Stellen" den Behördengleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstel-lung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tä-tigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen - unten a) - und dabei derart staatli-cher bzw. hier kommunaler Steuerung unterliegen, daß sie bei einer Gesamt-bewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als "verlängerter Arm" desStaates erscheinen - unten b) - (vgl. [X.]St 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310,312 f.; [X.] NJW 2001, 3062, 3063).Das [X.] ist zwar von dieser Begriffsbestimmung ausgegangen,hat aber bei der gebotenen Gesamtbewertung verschiedene Umstände außeracht gelassen und teilweise falsch gewichtet.a) Bei der Energieversorgung, nach dem Gesellschaftsvertrag maßgeb-licher Gegenstand der [X.] GmbH, handelt es sich umeine Aufgabe aus dem Bereich der Daseinsvorsorge. Tätigkeiten dieser Art, diedazu bestimmt sind, unmittelbar für die Daseinsvoraussetzungen der Allge-meinheit oder ihrer Glieder zu sorgen, wurden von der Rechtsprechung seitjeher als öffentliche Aufgaben angesehen (vgl. [X.]St 12, 89, 90; 31, 264, 268;45, 16, 19). Entsprechend ging auch der Gesetzgeber des [X.] davon aus, daß die Leistungsverwaltung zur [X.], welche zunehmend in privatrechtlich organisierter Form ausgeführt [X.], zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zu rechnen sei (vgl. [X.]. 13/5584, S. 12).Daß die [X.] [X.]mit der Fernwärmeversorgung hier auch [X.] Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen und sich nicht etwa- 8 -ausschließlich gewinnbringend wirtschaftlich betätigen wollte, ergibt sich ins-besondere aus der Tatsache, daß die [X.] am 23. Oktober 1991 und am [X.] beschlossen hatte, die nicht nur einenAnschluß- und Benutzungszwang, sondern auch ein Anschluß- und Benut-zungsrecht der im Versorgungsgebiet liegenden Grundstückseigentümer vor-sahen und damit deren Versorgung sicherstellten. Grundlagen dieser Satzun-gen waren §§ 5 und 15 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der [X.] und Landkreise in der [X.] (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 ([X.], 255) sowie §§ 5, 15 der [X.] für das [X.] in der Fassung der Neubekanntmachung vom 24. Juli 1992 ([X.], 383), wonach die Gemeinden die Angelegenheiten ihres eigenen Wir-kungskreises durch Satzung regeln können, soweit Gesetze nichts anderesbestimmen. Darüber hinaus lagen dem in der Satzung normierten Anschluß-und Benutzungszwang Zwecke des Umweltschutzes zugrunde, wie sich [X.] den entsprechenden Rechtsgrundlagen ergibt. Diese Gesichtspunkte - aufdie im folgenden noch näher einzugehen sein wird - läßt das [X.] unbe-rücksichtigt, wenn es, ohne dies näher zu belegen, ausführt, bei der Entschei-dung über den Anschluß neuer Wohnungen seien allein wirtschaftliche Gründeausschlaggebend gewesen. Eine derartige, ausschließlich an wirtschaftlichenGesichtspunkten orientierte Vorgehensweise stünde im Gegensatz zu den vonder [X.] selbst aufgestellten Rechtssätzen und könnte angesichts der [X.] nicht ohne weiteres als Indiz dafür herangezogen werden,daß es der [X.] nicht um die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ging. [X.] steht eine etwa zusätzlich zu Zwecken des Allgemeinwohls hinzutre-tende Gewinnerzielungsabsicht der Einstufung als öffentliche Aufgabe nichtentgegen (vgl. [X.] NJW 2001, 3062, 3064; [X.], [X.] -Durch die Wahl der privatrechtlichen Organisationsform "GmbH" verliertdie hier wahrgenommene Tätigkeit der Energieversorgung nicht ihren Charak-ter als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Denn die [X.] [X.] gab [X.] nicht gänzlich aus der Hand, sondern erfüllte sie durch eine von ihrbeherrschte, als Alleingesellschafterin gehaltene juristische Person des Privat-rechts, so daß nur die [X.] (vgl. [X.]St 43, 370, 374; Ossenbühl [X.] 1992, 473, 475; [X.], [X.] zum 61. Deutschen Juristentag, [X.]). Die Unbeachtlichkeit der Orga-nisationsform ist durch das [X.] vom 13. August1997 ([X.]) ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. [X.]. c) StGB aufgenommen worden. Wie der Senat bereits in seiner in[X.]St 43, 370 abgedruckten Entscheidung dargelegt hat, ist es angesichts derbloßen Klarstellung durch den Gesetzgeber (vgl. auch [X.]St 46, 310, 312 und[X.] NJW 2001, 3062, 3063 sowie Gesetzentwürfe BTDrucks. 13/5584, S. 12und gleichlautend BTDrucks. 13/6424, [X.]) unerheblich, daß der hier von [X.] umfaßte Zeitraum vor der durch das [X.]erfolgten Gesetzesänderung liegt.Daß die [X.] GmbH neben der [X.] auch erwerbswirtschaftlich auf dem Gebiet des [X.] tätig war,ändert entgegen der Auffassung des [X.]s nichts daran, daß der ei-gentliche Unternehmenszweck auf eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltunggerichtet war. Die verfahrensgegenständlichen Vorgänge beziehen sich alleinauf den Bereich der Energieversorgung, so daß der Senat nicht darüber zubefinden hat, ob eine rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates bei derBestimmung des Amtsträgerbegriffs dem Bereich der öffentlichen Aufgabenzuzurechnen ist (vgl. [X.]St 31, 264, 269; 38, 199, 202).- 10 -b) Die [X.] [X.] ist alleinige Gesellschafterin der GmbH. Als [X.] über den von ihr bestellten Aufsichtsrat bestimmt sie nach näherer Maß-gabe des Gesellschaftsvertrags die Grundzüge der Unternehmensführung. [X.] bisherige Rechtsprechung angenommen hat, sind zwar weder die alleinigeInhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen [X.] für sich genommen geeignet, eine ausreichende staatliche oder kommu-nale Steuerung zu bejahen (vgl. [X.]St 43, 370, 378; 45, 16, 20; [X.] NJW2001, 3062, 3064). Auch insofern sind aber die Umstände des Einzelfalls zuberücksichtigen, die bei einer Gesamtbewertung die Gleichstellung mit einerBehörde rechtfertigen können.Hier sieht der Gesellschaftsvertrag im einzelnen nicht unbedeutendeZustimmungserfordernisse zugunsten des Aufsichtsrates vor: So beeinflußtdieser nicht nur über den Wirtschaftsplan die Finanzausstattung und Ge-schäftsstrategie, sondern muß insbesondere auch einer Änderung der [X.] und der [X.] zustimmen.Diese [X.] unterliegen der Verordnung überAllgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme vom 20. Juni 1980(AVBFernwärmeV, [X.]). Angesichts des auch in den Regelungen [X.] zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesses an [X.] der Versorgungsleistungen zu einem vertretbaren Preis und weit-gehend gleichen Bedingungen (vgl. Begründung zum Verordnungsentwurf [X.], [X.]. 90/80 S. 32; [X.] in [X.] u.a., Kommentar zu den [X.], [X.].[X.]. 68) wird hier die Bedeutung der Einflußnahme durch den Aufsichtsrat [X.]. Daß die von der [X.] [X.] entsandten Aufsichtsratsmitglieder die städ-tischen Interessen tatsächlich nicht wahrgenommen hätten, läßt sich den Ur-teilsfeststellungen nicht entnehmen und liegt auch nicht [X.] -Im übrigen konnte die [X.] nach § 7 Abs. 3 Buchst. e) des [X.]s ohne weiteres auch andere Geschäfte für zustimmungsbedürf-tig erklären. Als [X.] bestand also für sie die Möglichkeit, die Ge-schäftstätigkeit in dem von ihr für richtig gehaltenen Umfang zu steuern (vgl.eingehend [X.] NJW 2003, 2561, 2565).Hier kommt für die Beurteilung der kommunalen Steuerung zusätzlicheinem anderen Gesichtspunkt maßgebliche Bedeutung zu, den das [X.] nur unzureichend berücksichtigt hat. In den bereits genannten [X.] ein Anschluß- und Benutzungszwang vorgesehen, der der [X.] eine we-sentliche Möglichkeit der direkten Einflußnahme auf die Geschäftstätigkeit derGmbH eröffnete: So war nach § 4 Abs. 1 der Satzung aus dem [X.] jederEigentümer eines durch eine betriebsfertige Versorgungsleitung [X.] und im Geltungsbereich der Satzung liegenden Grundstücks verpflichtet,dieses an das öffentliche Fernwärmeversorgungsnetz der [X.] GmbH anzuschließen, soweit nicht auch ohne diesen Anschluß einimmissionsfreier Betrieb gewährleistet war. Auf Grundstücken, die an das öf-fentliche Fernwärmeversorgungsnetz angeschlossen waren, war der gesamteBedarf an Fernwärme (Heiz- und Prozeßwärme, Warmwasseraufbereitung)ausschließlich aus dem Fernwärmeversorgungsnetz zu decken, auf denanschlußpflichtigen Grundstücken war die Benutzung von [X.] Betrieb mit Kohle, Koks, Öl oder anderen Stoffen, die [X.] oder Abgaseentwickeln können, nicht gestattet (§ 4 Abs. 2 und 3). Nach § 5 Abs. 3 dieserSatzung mußte im Einzelfall auf Antrag Befreiung vom Anschluß- und Benut-zungszwang erteilt werden, wenn dadurch der Satzungszweck nicht beein-trächtigt wurde und ein besonderes öffentliches Interesse an der Befreiung [X.] bzw. unzumutbare Härten vermieden wurden. Gemäß § 5 Abs. 4 und 5- 12 -war die Befreiung bei der [X.]verwaltung [X.] - nicht bei der GmbH - zu [X.] und wurde von der [X.]verordnetenversammlung erteilt.Schon die Tatsache, daß die [X.] von ihrer kommunalen Satzungsbe-fugnis Gebrauch gemacht und einen Anschluß- und Benutzungszwang statuierthat, verdeutlicht ihren Willen zur Einflußnahme auf die Wahrnehmung [X.] durch die GmbH. Die vorliegende Fallgestaltung unter-scheidet sich maßgeblich von derjenigen, die der Entscheidung des Senats in[X.]St 45, 16 zugrunde liegt. Der Senat hat für den dortigen Fall ausgespro-chen, daß dem Bestehen eines [X.] für [X.] als sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) [X.] Bedeutung zukomme. Dabei ging es um die Pflicht des Flughafenbetrei-bers, mit jedem Nutzungswilligen einen Flughafenbenutzungsvertrag abzu-schließen. Anders als im dortigen Fall wurden hier die Nutzer der öffentlichenEinrichtung verpflichtet, der Anschluß- und Benutzungszwang betraf also dieumgekehrte Richtung. Die Regelungen der Fernwärmesatzung 1993 saheneine eigene Entscheidungszuständigkeit der [X.] vor, nämlich sowohl bei [X.] vom [X.] (§ 6 Abs. 5 der Satzung) als auch bei der [X.] (§ 3 S. 1 der Satzung). Damit war die [X.] [X.] in das Rechtsverhältnis zwischen der GmbH und [X.] der Fernwärme gleichsam "zwischengeschaltet"; sie war bei [X.] satzungsmäßigen Voraussetzungen verpflichtet, dem anschlußwilligenGrundstückseigentümer einen Anschluß an das Fernwärmenetz der GmbH zuverschaffen.Demnach belegt der satzungsmäßig angeordnete Anschluß- und Benut-zungszwang, daß die [X.] [X.]die Fernwärmeversorgung nicht, wie das[X.] meint, ohne jede Einflußmöglichkeit ihrerseits an eine private- 13 -GmbH aus der Hand gegeben hat, sondern vielmehr die öffentlichen [X.] sehen wollte. Diese sind nicht nur in der Sicherstellung der Energie-versorgung in dem ausgewiesenen Gebiet zu einem sozialverträglichen Preiszu sehen, sondern auch in der Wahrung von Umweltschutzbelangen. [X.] sich insbesondere aus dem Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in§ 15 der [X.], der ersichtlich das Ziel verfolgt, [X.] und Belästigungen durch Luftverunreinigung zu begegnen.Die von der Verteidigung geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit [X.] vom 3. Februar 1993 wegen angeblich fehlender Genehmigung [X.] [X.] sind nicht gerechtfertigt. Nach § 5 Abs. 5 der [X.] war lediglich eine Anzeige der Satzung an die Rechtsauf-sichtsbehörde erforderlich, welche hier auch erfolgte. Einer Genehmigungdurch die [X.]sbehörde bedurfte es demgegenüber nicht. Im [X.] hatte die [X.] [X.] auf der Grundlage der damals noch geltendenKommunalverfassung der [X.] bereits in der am 23. Oktober 1991 erlassenenFernwärmesatzung einen entsprechenden Anschluß- und Benutzungszwangfestgelegt.Die [X.] hat - auf der Grundlage der Aussage des Geschäfts-führers der [X.] GmbH sowie eines weiteren [X.] - zwar ausgeführt, der Anschluß- und Benutzungszwang sei faktischnicht ausgeübt worden, die Inanspruchnahme anderer Energieträger sei stetsgeduldet worden. Dies steht der Bejahung einer staatlichen oder [X.] nicht entgegen. Denn die vom [X.] getroffenen Feststellun-gen sind nicht geeignet, entgegen den in der Satzung enthaltenen Regelungendas Vorliegen und die Konsequenzen eines Anschluß- und Benutzungszwangsin Abrede zu stellen, zumal die Gemeinde nach § 15 Satz 2 der [X.] -verfassung sowie § 15 Abs. 1 Satz 2 der [X.] ver-pflichtet war, den Anschluß- und Benutzungszwang durchzusetzen, wenn eszur Einhaltung der geltenden Umweltschutzbestimmungen erforderlich war.Nach den Urteilsgründen bleibt schon unklar, ob die [X.]verwaltung mit ent-sprechenden Anträgen auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwangüberhaupt befaßt wurde oder ob das in der Satzung vorgeschriebene förmlicheVerfahren nicht eingehalten wurde und die GmbH selbst - außerhalb ihrer ei-genen Entscheidungszuständigkeit - die Inanspruchnahme anderer Energieträ-ger gestattete. Ein den eindeutigen Regelungen der Satzung widersprechen-des und damit pflichtwidriges Verhalten der [X.] oder aber der [X.] nicht dazu führen, die grundlegende Entscheidung über die [X.] und die damit verbundenen Steuerungs-möglichkeiten in Frage zu stellen.Eine kommunale Steuerung ist schließlich nicht etwa deshalb zu vernei-nen, weil der Geschäftsführer der GmbH nach § 3 des [X.] Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen hatte- diese Regelung orientiert sich offenbar an § 43 Abs. 1 GmbHG und § 347Abs. 1 HGB - und im übrigen nach der Regelung in § 7 des [X.] bis auf die dort vorgesehenen Einschränkungen weitgehende Alleinent-scheidungsbefugnisse hatte. Die [X.] steht nicht im [X.] zu dem mit der privatrechtlichen Ausgestaltung des [X.] verfolgten Zweck, unternehmerische Initiative und Führung des [X.] nach Rentabilitätsgesichtspunkten zu ermöglichen (vgl. [X.]St 31,264, 278). Es entspricht dem Wesen einer GmbH, daß eine Beschränkung [X.] des Geschäftsführers im Außenverhältnis nicht möglich ist(§ 37 Abs. 2 GmbHG), der Geschäftsführer vielmehr nur im Innenverhältnis- 15 -verpflichtet ist, die ihm auferlegten Beschränkungen (vgl. hier §§ 7 und 9 [X.]) einzuhalten (§ 37 Abs. 1 GmbHG).c) Bei einer Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale istdie [X.] GmbH daher als "sonstige Stelle" im Sin-ne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB zu qualifizieren. Dies rechtfertigt sichinsbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgüterschutzes. [X.] die §§ 331 ff. StGB das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität vonTrägern staatlicher Funktionen und damit zugleich in die Sachlichkeit staatli-cher Entscheidungen (vgl. [X.]St 15, 88, 96 f.; 43, 370, 377), so gilt [X.] auch den Funktionsträgern einer staatlich gesteuerten Privat-rechtsorganisation und wird durch die Erfahrung ihrer Käuflichkeit in gleicherWeise enttäuscht wie auch bei anderen Amtsträgern (vgl. [X.]St 43, 370, 377;vgl. auch Welp, Festschrift für [X.] S. 761, 781; Lenckner [X.] 106, 502,531; [X.] aaO C 58). Aufgrund der dargelegten besonderen Gegebenheitentrat die [X.] GmbH den Bürgern im Bereich der Ener-gieversorgung nicht wie ein Anbieter unter mehreren gegenüber. Die Entschei-dung für eine (nur) formelle Privatisierung unter Einrichtung von [X.]s- bzw. [X.] begründet ein schutzwürdiges Vertrau-en des Bürgers in eine funktionierende, integre [X.]) Der Geschäftsführer der [X.] GmbH war [X.] öffentlicher Aufgaben bei der GmbH als sonstiger Stelle im Sin-ne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB bestellt und hat solche Aufgabenauch selbst wahrgenommen. Im Hinblick auf seine herausgehobene [X.] Geschäftsführer der Gesellschaft reicht hier für die Bestellung bereits aus,daß ihm dauerhaft Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zur [X.] übertragen wurden und er demnach in die [X.] fest eingegliedert war (vgl. [X.]St 43, 370, 379 f.; Eser in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 11 [X.]. 27; [X.] in [X.] § 11 [X.]. 26;[X.] in [X.]. § 11 [X.]. 32; für den anders gelagerten Fall einesfreiberuflich für die Verwaltung tätig werdenden Bauingenieurs vgl. [X.]St 43,96, 105 und [X.] NJW 1998, 2373 f.).2. Da die [X.] infolge des von ihr vertretenen [X.] keinerlei nähere Feststellungen zum Inhalt der [X.] den Angeklagten und dem Geschäftsführer [X.]sowie zur konkre-ten Ausgestaltung der Zahlungsmodalitäten getroffen hat, vermag der Senatnicht abschließend zu beurteilen, ob in den Einzelfällen 1, 5, 6 und 7 der [X.] Verfolgungsverjährung eingetreten [X.]) Mehrere Vorteilsgewährungen stehen in der Regel zueinander imVerhältnis der Tatmehrheit, wovon auch die Anklageschrift hier ausgegangenwar. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die Annahme des Vorteils aufeine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genaufestlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein. [X.] eine tatbestandliche Handlungseinheit vor, sofern nicht die [X.] "open-end"-Charakter trägt und der versprochene Vorteil von der künfti-gen Entwicklung abhängen soll (vgl. [X.] StV 1995, 84, 85; [X.]St 47, 22, 30;Senatsurteil vom 20. August 2003 - 2 StR 160/03). Sollten hingegen [X.], denen mehrere [X.] zugrunde liegen, durcheine einzelne, zusammengefaßte Zahlung erfolgt sein (vgl. den unklaren Beg-riff der "Jahresendabrechnungen" auf [X.]. 17 UA), käme demgegenüber Tatein-heit in Betracht (vgl. [X.]R StGB § 332 Abs. 1 Konkurrenzen 5; [X.]St 47, 22,29). Angesichts der bisher unvollständigen Feststellungen kann der Senat nicht- 17 -gänzlich ausschließen, daß das Verhalten der Angeklagten letztlich als [X.] zu werten [X.]) Für den Fall, daß die neu zur Entscheidung berufene [X.]hinsichtlich der genannten Einzelfälle zur Annahme von Tatmehrheit gelangt,sind die Taten in den Einzelfällen 1, 5, 6 und 7 der Anklageschrift allerdingsinfolge der inzwischen eingetretenen absoluten Verjährung nicht mehr verfolg-bar. Nach der Anklageschrift erfolgten die Zahlungen an den Geschäftsführerder [X.] GmbH am 20. August 1992 (Fall 1) und [X.] Oktober 1992 (Fälle 5, 6 und 7). Die absolute Verjährungsfrist nach § 78 cAbs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB war am 20. [X.] bzw. 30. Oktober 2002 abgelaufen, das Urteil des [X.]s datiertvom 10. Dezember 2002.Entgegen der Annahme der [X.] kam ein Ruhen der Verjährunggem. § 78 b Abs. 4 StGB ab Eröffnung des Hauptverfahrens, welche hier durchdas [X.] am 17. Juni 2002 vor dem [X.] Erfurterfolgte, nicht in Betracht. § 78 b Abs. 4 StGB setzt voraus, daß das Gesetzstrafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünfJahren androht. Das [X.] hat dies mit der Vorschrift des § 335 StGB,welcher durch das [X.] vom 13. August 1997 (BG[X.]I 2038) in das Gesetz aufgenommen wurde, als gegeben angesehen und es fürunerheblich gehalten, daß es diese Strafschärfung zur Tatzeit der Einzelfälle 1,5, 6 und 7 noch nicht gab.Es trifft zwar zu, daß nach ständiger Rechtsprechung das [X.] der nachträglichen Verlängerung von Verjährungsfristen, die [X.] verfahrensrechtliche Regeln darstellen, nicht entgegensteht (vgl. [X.]St 2,300, 307; 4, 379, 384; 26, 288, 289; 46, 310, 318). [X.] jedoch, wie im- 18 -vorliegenden Fall, die Verlängerung der Verjährungsfrist bzw. der Eintritt [X.] lediglich aus der Veränderung einer Strafdrohung und damit einermateriellrechtlichen Vorschrift, so ist § 2 Abs. 3 StGB zu beachten mit der Fol-ge, daß sich die Verjährung nach dem für den Angeklagten günstigeren Rechtder Tatzeit richtet (vgl. [X.] GA 1954, 22; [X.] bei [X.] 1954, 335;Dreher NJW 1962, 2209; [X.]/[X.] aaO § 2 [X.]. 7; [X.] in [X.] [X.]. 8). Ein Ruhen der Verjährung unter Rückgriff auf die erst später er-folgte materiellrechtliche Gesetzesänderung zum Nachteil der Angeklagtenscheidet daher aus.In den übrigen Fällen ist die [X.] dagegen zu Recht davon aus-gegangen, daß kein Verfolgungshindernis besteht. Insbesondere wurde - ent-gegen der Ansicht der Verteidigung - durch Art. 315 a Abs. 2 [X.] in [X.] des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BG[X.] I 3223)die Verjährung auch für die nach dem 31. Dezember 1992 begangenen [X.], so daß Verjährung nicht vor Ablauf des 2. Oktober 2000 eintretenkonnte (vgl. [X.] NStZ 2001, 248; vgl. auch [X.], [X.]. vom 28. [X.] - 2 BvL 2/01).[X.] [X.] [X.] Rothfuß Roggenbuck

Meta

2 StR 164/03

14.11.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2003, Az. 2 StR 164/03 (REWIS RS 2003, 723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 723

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