Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.12.2016, Az. 29 W (pat) 541/15

29. Senat | REWIS RS 2016, 1368

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "DER ETIKETTENKÖNNER" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 072 036.1

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 6. Dezember 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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DER ETIKETTENKÖNNER

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ist am 21. November 2014 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die Waren der

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Klasse 09: Thermodrucker, Laserdrucker und Tintenstrahldrucker zum Bedrucken von Etiketten; Akkumulatoren [elektrisch];

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Klasse 16: Etiketten, nicht aus Textilstoffen, insbesondere selbstklebende Etiketten; mit [X.] gefüllte Kartuschen für Etikettendrucker;

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angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 7. August 2015 hat die Markenstelle für Klasse 16 des [X.] die Anmeldung wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] teilweise, nämlich mit Ausnahme der Waren „Akkumulatoren [elektrisch]“, zurückgewiesen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden das Anmeldezeichen im Umfang der Zurückweisung mühelos dahingehend verstehen, dass die beanspruchten Waren sehr gut Etiketten bedrucken könnten bzw. dafür bestimmt seien oder sonst in engem Zusammenhang damit stünden und dass die so gekennzeichneten Etiketten von einem Könner hergestellt würden. Die grammatikalisch korrekte Voranstellung des direkten Artikels „DER“ ändere an dem beschreibenden Sinngehalt des nachfolgenden Nomens nichts. Der angesprochene Verkehr werde in der Bezeichnung daher nicht eine die Herkunft der fraglichen Waren individualisierende Marke erkennen, sondern vielmehr ausschließlich eine Sachaussage zu Verwendungszweck, Bestimmung und Erbringer der angebotenen Waren. Ob ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliege, könne aufgrund der bereits fehlenden Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.

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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des [X.] vom 7. August 2015 aufzuheben.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Amtsverfahren. Dort hat sie die Auffassung vertreten, das Anmeldezeichen sei ohne weitere Interpretation kein Hinweis darauf, dass die so bezeichneten Waren gut Etiketten drucken könnten. Außerdem sei es sprachregelwidrig gebildet. „DER [X.]“ sei ohne weitere Analyse zu verstehen als Etwas oder Jemand, der Etiketten könne. Eine solche Aussage ergebe aber keinen Sinn. Die Beschwerdeführerin verweist schließlich darauf, dass andere ebenso sprachregelwidrig gebildete Wortfolgen vom [X.] als sprechende Marken bereits eingetragen worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung der Bezeichnung „DER [X.]“ als Marke steht in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2010, 228 Rn.  33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 934 Rn. 9 - [X.]; [X.], 173, 174 Rn. 15 - for you; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 1396 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. [X.] - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] - [X.]; a. a. [X.] - for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]; a. a. [X.] – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 - [X.]; [X.] Rn. 10 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - for you; [X.] GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; [X.] 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.], 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 Rn. 24 - [X.] 2; [X.] WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor; [X.] [X.], 1143 Rn. 9 - [X.]; [X.], 270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] GRUR 2014, 872 Rn. 21 - [X.]; GRUR 2010, 1100 Rn. 20 - [X.]!). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] GRUR 2014, 1204 Rn. 16 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 23 - [X.]!). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 Rn. 32 - [X.]; 674 Rn. 97 - Postkantoor; [X.], 680 Rn. 38 - [X.]; [X.], 58 Rn. 21 - Companyline).

2. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen verfügt die angemeldete Bezeichnung „DER [X.]“ nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Denn die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen im konkreten [X.] nur als schlagwortartigen, anpreisenden Sachhinweis auffassen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.

Das Wortelement „Könner“ bezeichnet einen Spezialisten oder Fachmann auf seinem Gebiet (vgl. http://synonyme.woxikon.de). Die der Beschwerdeführerin vorab übermittelten Recherchebelege zeigen (Bl. 19-28 d. A.), dass sich bei Wortkombinationen mit „Könner“ die Kompetenz dabei nicht ausschließlich auf eine Person bezieht, sondern auch auf Gegenstände, denen spezifische, besonders gute Eigenschaften zugesprochen werden, vgl. Bezeichnungen wie „[X.]“ für ein mobiles Telefon, „Grafik-Alleskönner“ für einen Grafik-Chip, „[X.]“ für Arzneimittel, „Ihr perfekter Alleskönner“ für eine Küchenmaschine, „Fotokönner“ für verschiedene Handys und „Bürokönner“, „alles-könner-drucker“, „Alleskönner“ bzw. „Der Alleskönner“ jeweils für Multifunktionsgeräte.

Derartige Personifizierungen im Rahmen der werbemäßigen Herausstellung von Produkten sind - wie im Übrigen auch die Voranstellung von bestimmten Artikeln wie „der“ - bereits seit langem weit verbreitet und werden vom Verkehr als beschreibender und nicht als betriebskennzeichnender Hinweis gewertet (vgl. [X.], Beschluss vom 09.01.2012, 28 W (pat) 584/10 - [X.]; Beschluss vom 29.08.2007, 26 W (pat) 62/06 - Chiller; Beschluss vom 17.10.2006, 25 W (pat) 152/04 - Der [X.]; Beschluss vom 11.07.2002, 25 W (pat) 55/01 - [X.]; Beschluss vom 09.04.2001, 30 W (pat) 74/00 - Card Painter; Beschluss vom [X.], 26 W (pat) 48/1998 - die [X.]; Beschluss vom 19.10.1998, 30 W (pat) 160/97 - [X.]; [X.], Beschluss vom 03.08.2011, [X.]/11-4 - Der Schluck Gesundheit).

Die Voranstellung des Wortes „Etiketten“ konkretisiert in sachlicher Hinsicht den [X.], nämlich dass das Können bzw. die besondere Eignung der hier verfahrensgegenständlichen Waren sich auf Etiketten bezieht bzw. damit in engem sachlichen Zusammenhang steht. „Etikett“ bezeichnet ein angehängtes oder aufgeklebtes Hinweisschildchen auf Gegenständen bzw. Waren (vgl. [X.] Wörterbuch unter www.duden.de). Im Bereich der Etikettiertechnik wird unter Etikett ein Druckerzeugnis verstanden, das aus mehreren Schichten besteht. Die Oberseite kann mit einem Drucker bedruckt oder mit einem Stift beschriftet werden. Die Unterseite hat eine selbsthaftende Fläche, wodurch das Etikett auf fast jeder Oberfläche haften bleibt. Die Etiketten werden im Unternehmen meist als Adressetikett, [X.], [X.], Paketaufkleber, Versandetikett und Barcode-Etikett verwendet. Sie werden aber auch zur Kennzeichnung von Maschinen, Kabeln oder Produkten eingesetzt. Letztendlich ist die Wahl des richtigen Etiketts abhängig vom gewünschten Ergebnis und der späteren Anforderung. Etiketten werden je nach Auflage (Stückzahl), Material und Anforderung in unterschiedlichen Herstellungsverfahren hergestellt. Dazu gehören in erster Linie das [X.]. Der Siebdruck wird eingesetzt, wenn [X.] besonders witterungsbeständig sein sollen oder Sonderfarben ([X.], [X.], [X.] etc.), Metallicfarben oder Spezialeffekte gedruckt werden sollen (vgl. hierzu: [X.], [X.] zum Thema Kennzeichnung und mehr.).

Die weiteren der Beschwerdeführerin bereits übersandten Ergebnisse der [X.] zeigen (Bl. 41-52 d. A.), dass Wortkombinationen, die mit dem hier verfahrensgegenständlichen Anmeldezeichen „DER [X.]“ vergleichbar sind – so z. B. „Etiketten-Alleskönner“, „Der Etikettenstar“, „Der Etiketten-Spezialist“ bzw. „[X.]“ oder „Der [X.]“ – umfangreich in der Werbung eingesetzt wurden und werden, um auf die besondere Eignung der Produkte bzw. das besondere Können des Anbieters im Zusammenhang mit der Erstellung von Etiketten hinzuweisen.

Die vorgenannten [X.] mit den Wortbestandteilen „-könner“ einerseits und „Etiketten-„ andererseits belegen damit, dass mit dem Anmeldezeichen vergleichbare Aussagen zur aktuellen Werbesprache - auch in dem hier relevanten Bereich des [X.] - gehören. Der Einwand der Beschwerdeführerin, das Anmeldezeichen sei sprachregelwidrig gebildet, weil es richtigerweise eigentlich „[X.]“ heißen müsste, greift angesichts der Üblichkeit solcher entsprechend verkürzten Aussagen daher nicht durch.

Nicht nur die verfahrensgegenständlichen Laserdrucker und Tintenstrahldrucker der [X.] können – wie insoweit schon der konkreten Formulierung des Warenverzeichnisses „

Soweit die Waren der Klasse 16 betroffen sind, kann das Anmeldezeichen anpreisend darauf hinweisen, dass die beanspruchten „

Das Anmeldezeichen stellt nach alledem für die verfahrensgegenständlichen Waren eine werblich anpreisende Sachaussage dar und ist somit nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

3. Da schon das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig ist.

4. Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich ohne Erfolg auf verschiedene Eintragungen von - vermeintlich vergleichbaren - Marken beim [X.]. Zum einen können aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden. Zum anderen sind Voreintragungen ohnehin nicht bindend. Denn auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 Rn. 18 - Bild-digital und [X.]; [X.] GRUR 2014, 569 Rn. 30 - [X.]). Diese nach den rechtlichen Vorgaben vorgenommene Prüfung hat im vorliegenden Fall aber ergeben, dass das Zeichen im verfahrensgegenständlichen Umfang nicht unterscheidungskräftig ist.

Meta

29 W (pat) 541/15

06.12.2016

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.12.2016, Az. 29 W (pat) 541/15 (REWIS RS 2016, 1368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1368

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Referenzen
Wird zitiert von

30 W (pat) 543/18

30 W (pat) 523/18

30 W (pat) 564/17

29 W (pat) 508/18

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