Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2018, Az. V ZB 40/18

5. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 2684

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Gegenstand

Zwangsversteigerungsverfahren: Aufhebung einer gerichtlichen Verwaltung an einem Grundstück bei einer Einzahlung nur eines Teils der Hauptforderung durch den Ersteher; Begriff der Zahlung oder Hinterlegung des baren Meistgebots


Leitsatz

Zahlung oder Hinterlegung im Sinne des § 94 Abs. 1 ZVG ist nur Zahlung oder Hinterlegung nach § 49 ZVG.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 22. Januar 2018 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.681 € für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin (nachfolgend: Antragstellerin) betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses genannten, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks wegen ihres dinglichen Anspruchs aus drei [X.]. In dem [X.] vom 20. Januar 2016 ist die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: [X.]), die mit ihren Eltern, den [X.], das Haus bewohnte, mit einem Gebot von 456.000 € Meistbietende geblieben. Das Versteigerungsgericht hat mit Beschluss vom 27. Januar 2016 ihr den Zuschlag erteilt, auf Antrag der Antragstellerin die gerichtliche Verwaltung gemäß § 94 [X.] angeordnet und den Beteiligten zu 3 als Verwalter eingesetzt. Da die [X.] das [X.] bis zum Verteilungstermin am 11. März 2016 nicht gezahlt hat, hat das Versteigerungsgericht den Teilungsplan in der Weise ausgeführt, dass es die Forderung gegen die [X.] in Höhe von 290.815,82 € gemäß § 118 Abs. 1 [X.] auf die Antragstellerin übertragen und das Grundbuchamt um die Eintragung einer Sicherungshypothek für die übertragene Forderung an dem Grundstück ersucht hat. Auf Antrag der Antragstellerin ist am 6. April 2016 die Wiederversteigerung des Grundstücks aus der Sicherungshypothek angeordnet worden.

2

Am 22. September 2016 hat die [X.] zu Gunsten der Antragstellerin einen Betrag von 296.767,01 € bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts hinterlegt und die Aufhebung der Sicherungsverwaltung beantragt. Das Amtsgericht hat den [X.] zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt sie weiterhin die Aufhebung der Sicherungsverwaltung.

II.

3

Das Beschwerdegericht meint, die gerichtliche Verwaltung sei nicht aufzuheben, weil die hinterlegte Summe nicht zur vollständigen Befriedigung der Antragstellerin ausreiche. Zwar seien, nachdem die [X.] zwischenzeitlich weitere 284,39 € gezahlt habe, die Hauptforderung der Antragstellerin von 289.615,82 € sowie die Verfahrenskosten und Zinsen bis zum [X.] vollständig abgedeckt. Die Antragstellerin habe aber auch einen Anspruch auf Erstattung der von ihr an den Verwalter gezahlten Vorschüsse in Höhe von 10.000 € auf Prozesskosten für einen Rechtsstreit des Verwalters gegen die Eltern der [X.] über die Nutzungen aus dem Grundstück. Der zur Befriedigung des antragstellenden Gläubigers und damit für die Aufhebung nach § 94 [X.] erforderliche Betrag umfasse die Kosten der gerichtlichen Verwaltung. Der von der [X.] hinterlegte Betrag sei deshalb um 10.000 € zu niedrig.

III.

4

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Nach § 94 Abs. 1 [X.] ist auf Antrag eines Beteiligten, der Befriedigung aus dem [X.] zu erwarten hat, das Grundstück für Rechnung des [X.] in gerichtliche Verwaltung zu nehmen, solange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist.

6

2. Wann die gerichtlich angeordnete Verwaltung aufzuheben ist, regelt das Gesetz nicht. Nach allgemeiner und zutreffender Ansicht ist das Verfahren durch Beschluss u. a. dann aufzuheben, wenn der Ersteher das [X.] durch Überweisung an das Gericht oder Hinterlegung vollständig (§ 49 Abs. 1 [X.]; vgl. [X.], 187, 189) oder - bei einer Teilzahlung - in einer Höhe berichtigt, die zu einer Befriedigung des Antragstellers führt (vgl. § 117 [X.]), oder wenn bei Nichtzahlung des [X.]s die Befriedungswirkung nach § 118 Abs. 2 [X.] eintritt, es sei denn, es wird ein Antrag auf Wiederversteigerung gestellt (§ 118 Abs. 3 [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.], § 94 Rn. 16; [X.], [X.], 6. Aufl., § 94 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., Rn. 955; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 94 Rn. 15; [X.] in Kindl/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 94 [X.] Rn. 22; [X.]/[X.], [X.], § 94 Rn. 31; [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 94 Rn. 26; [X.], [X.], 846; [X.], [X.], 92, 96). Dann entfällt eine ihrer Anordnungsvoraussetzungen.

7

3. Die Voraussetzungen für die Anordnung der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 [X.] bestehen hier - unabhängig von der Frage der Erstattung der von der Antragstellerin an den Verwalter gezahlten Prozesskostenvorschüsse als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 [X.]) - fort. Die Hinterlegung des Betrags von 296.767,01 € und die Zahlung von 284,39 € durch die [X.] sind nämlich bereits keine Zahlung und Hinterlegung, die zu einer Befriedigung der Antragstellerin hinsichtlich ihres Anspruchs aus dem baren [X.] geführt haben. Zahlung oder Hinterlegung im Sinne des § 94 Abs. 1 [X.] ist nur Zahlung oder Hinterlegung nach § 49 [X.] (vgl. [X.]/Güthe, [X.], 7. Aufl., § 94 Rn. 5). Die Nichtzahlung des [X.]s hat auch nicht nach § 118 Abs. 3 [X.] zu einer Befriedigung der Antragstellerin geführt.

8

a) Die gerichtliche Verwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] dient dem Zweck, rechtliche und tatsächliche Verfügungen des [X.] über das ersteigerte Grundstück im Interesse der Gläubiger vor Zahlung oder Hinterlegung des baren [X.]s zu verhindern ([X.], Urteil vom 26. Februar 2015 - [X.], [X.], 340 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 94 Rn. 2). Ihre Aufhebung kommt daher nur in Betracht, wenn das bare [X.] (zumindest in der zur Befriedigung des Antragstellers notwendigen Höhe) erbracht ist oder der Antragsteller im Rahmen der Ausführung des Teilungsplans in anderer Weise befriedigt wird. Zahlungen außerhalb des Verteilungsverfahrens bleiben im Hinblick auf die Formalisierung des [X.] hingegen außer Betracht.

9

b) Das bare [X.] ist von dem Ersteher vor dem Verteilungstermin zu berichtigen (§ 49 Abs. 1 [X.]). Es ist so rechtzeitig durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse zu entrichten, dass der Betrag der Gerichtskasse vor dem Verteilungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt (§ 49 Abs. 3 [X.]). Durch Hinterlegung wird der Ersteher von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn die Hinterlegung und die Ausschließung der Rücknahme im Verteilungstermin nachgewiesen ist (§ 49 Abs. 4 [X.]). Soweit das [X.] nicht (vollständig) berichtigt wird, ist der Teilungsplan (§ 117 [X.]) dadurch auszuführen, dass die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten durch Anordnung des Gerichts übertragen wird (§ 118 Abs. 1 [X.]). Die Übertragung wirkt nach § 118 Abs. 2 Satz 1 [X.] wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Diese Wirkung tritt aber im Falle des Absatzes 1 nicht ein, wenn vor dem Ablauf von drei Monaten der Berechtigte dem Gericht gegenüber den Verzicht auf die Rechte aus der Übertragung erklärt oder die Zwangsversteigerung beantragt wird (§ 118 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

c) Danach liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung nicht vor. Die [X.] hat das bare [X.] nicht vor dem Verteilungstermin gezahlt oder hinterlegt und damit gemäß § 49 [X.] nicht erbracht. Die Antragstellerin gilt auch nicht nach § 118 [X.] als befriedigt. Auf ihren vor Ablauf von drei Monaten gestellten Antrag ist die Wiederversteigerung aus der eingetragenen Sicherungshypothek angeordnet worden, so dass die [X.] nach § 118 Abs. 1 [X.] nicht eingetreten ist (§ 118 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Das Versteigerungsgericht hat die spätere - nach dem Verteilungstermin und der Anordnung der Wiederversteigerung vorgenommene - Hinterlegung und Zahlung der [X.] nicht zu berücksichtigen und deshalb die gerichtliche Verwaltung nach § 94 [X.] aufrechtzuerhalten. Meint die [X.], sie habe die Antragstellerin nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs befriedigt (§§ 372 ff., § 362 Abs. 1 BGB), muss sie diese Einwendung gegen den titulierten Anspruch mit der [X.] (§ 767 ZPO) gegen die Wiederversteigerung geltend machen.

IV.

1. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Bei Beschwerden in Zwangsversteigerungsverfahren kommt eine Erstattung außergerichtlicher Kosten zwar grundsätzlich nicht in Betracht, da sich die Beteiligten nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen. Streiten aber - wie hier - Ersteher und Antragsteller über die Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 [X.] mit entgegengesetzten Interessen und Anträgen, rechtfertigt der kontradiktorische Charakter der Auseinandersetzung die Anwendung der §§ 91 ff. ZPO.

2. Der Gegenstandswert für das gerichtliche Verfahren (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 42 GKG, § 3 ZPO) und für die anwaltliche Vertretung der [X.] (§ 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RVG) ist entsprechend der Wertfestsetzung des [X.] auf 3.681 € festzusetzen.

[X.]     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Kazele

      

Haberkamp     

      

[X.]     

      

Meta

V ZB 40/18

18.10.2018

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bremen, 22. Januar 2018, Az: 3 T 82/17

§ 49 ZVG, § 94 Abs 1 ZVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2018, Az. V ZB 40/18 (REWIS RS 2018, 2684)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 444-445 WM2019,317 REWIS RS 2018, 2684

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Anordnung der gerichtlichen Verwaltung für ein zwangsversteigertes Grundstück: Zahlungsschuldner für die Verwaltervergütung


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Wird zitiert von

V ZR 244/17

Zitiert

IX ZR 172/14

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