Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2005, Az. III ZR 338/04

III. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4348

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.]
vom 23. März 2005 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 611

Zur rechtlichen Einordnung eines Vertrags über die Verschaffung des [X.] zum [X.] ([X.]).

[X.], Beschluß vom 23. März 2005 - [X.] - OLG Nürnberg

LG Nürnberg-Fürth - 2 -

[X.] hat am 23. März 2005 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 9. Zivilsenats und Senats für Familiensa-chen des [X.] vom 13. Juli 2004 - 9 U 1711/02 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 467.566,41 •.

Gründe:
[X.]

Die Beklagte stellte Kunden der V.

-Banken einen Zu-gang zum [X.] bereit. Zur dafür erforderlichen Herstellung der Verbindung in das Telekommunikationsnetz bediente sie sich aufgrund eines Vertrages vom 8. April 1999 der Klägerin, die ihrerseits zu diesem Zweck eine Einwahl-plattform der [X.] GmbH nutzte. Diese wiederum stand mit der [X.] in einem Vertragsverhältnis, die letztlich die Verbindung zum Tele-- 3 -

kommunikationsnetz für die Öffentlichkeit herstellte. Die Klägerin betrieb gleichfalls einen Zugang zum [X.], den sie eigenen Endkunden anbot. Die den Kunden der Beklagten und ihrer Mitgliedsbanken für die Einwahl in das [X.] bereit gestellte Nummer 01910-– nutzten auch diese Kunden der Klä-gerin.

Das Vertragsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31. Dezember 1999. Die Beklagte verwendet seither eine andere Einwahlplatt-form, um ihren Kunden den [X.]zugang zu ermöglichen. Gleichwohl war für diese Nutzer der Zugang unter Nummer 01910-– zunächst nicht gesperrt. Die Klägerin veranlaßte die Löschung der Zugangsberechtigung dieser Nutzer in einem auf-wendigen Verfahren, das erst im April 2000 abgeschlossen war. Sie verlangt von der Beklagten Ersatz der dafür erbrachten Aufwendungen und der [X.], die durch den über den 31. Dezember 1999 fortdauern-den Gebrauch der Nummer 01910-– durch die Beklagtenkunden verursacht wurden.

Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Die Klägerin hat [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil erho-ben.

I[X.]

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, da die [X.] keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des [X.] auch zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen - 4 -

gerichts auch zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Die Beschwerde meint, es stelle sich die grundsätzliche Frage nach der Rechtsnatur eines Vertrages über die Verschaffung des Zugangs zum [X.] ([X.]). Sie ist der Ansicht, ein solcher Vertrag richte sich nach den mietrechtlichen Vorschriften. Hieraus zieht sie den Schluß, es oblie-ge dem Kunden des Provi[X.] im Rahmen der Rückgabepflicht (§ 546 Abs. 1 BGB), die erforderlichen Maßnahmen dazu zu treffen, daß Dritte, denen der Kunde den Zugang eröffnet habe, nicht mehr auf die Anlagen des Provi[X.] zugreifen könnten.

2. Dem ist nicht zu folgen.

a) Der Senat neigt der in der Literatur wohl überwiegend vertretenen Auffassung zu, die den [X.] schwerpunktmäßig als Dienst-vertrag einordnet ([X.], 203, 207 f: mit Tendenz zur Verselbstän-digung des Vertragstyps; [X.]. in Vertragsrecht der [X.]provider, 2. Aufl., 2004, [X.] Rn. 93; [X.], Vertragsgestaltung im [X.], 2003, Rn. 547; Re-deker [X.] 2003, 82, 83; [X.]/[X.] [X.] 2002, 329, 331 f; [X.] [X.] 2001, 37, 38; [X.] MMR 2000, 461, 465: mit werkvertraglicher Komponente; an[X.]: überwiegend werkvertraglicher Natur: z.B.: [X.], Praxis des [X.], 2001, [X.]; [X.] in [X.]/[X.], Neues Recht für neue Medien, 1998, [X.]; Mietvertrag: z.B.: [X.], Der [X.]-Rechtsberater, 2. Aufl., 2002, S. 53 f; [X.], [X.]verträge, 2000, S. 19 ff; Vertrag eigener Art mit dienst-, werk- und mietvertraglichen Komponenten: [X.] in Spindler, Vertragsrecht der [X.]-Provider, 2. Aufl., 2004, Teil II - 5 -

Rn. 5, 15 ff; [X.]/Wagner [X.] 2002, 865, 868 ff; [X.], [X.]-Recht, 1998, [X.]).
[X.]) Gegen die Qualifizierung als Mietvertrag spricht, daß dem Kunden mit der Nutzung des Rechners des Provi[X.] nicht gedient ist. Der Schwer-punkt der Leistung liegt vielmehr bei dem Transport von Daten in das und aus dem [X.]. Daß der Kunde hierfür den Rechner des Anbieters benötigt, ist ihm gleichgültig, so daß nicht die Nutzung einer Sache im Vordergrund steht ([X.] [X.]O; [X.]. in Vertragsrecht der [X.]provider, [X.]O, Rn. 92; [X.]/[X.] [X.]O, [X.]; [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, [X.]). Dies unter-scheidet den [X.] auch von dem Sachverhalt, der dem von der Beschwerde angeführten Beschluß des XI[X.] Zivilsenats vom 28. Oktober 1992 ([X.] ZR 92/91 - NJW-RR 1993, 178) zugrunde lag. Dort war Gegenstand des [X.] eines Großrechners, die mietrecht-lich eingeordnet wurde. Es ging nicht um die Durchleitung von Daten, sondern um die Nutzbarmachung der Rechenkapazitäten des Anbieters.

bb) Die werkvertraglichen Regelungen der §§ 631 ff BGB werden dem Bild der geschuldeten Leistungen gleichfalls nicht gerecht. Die Leitungskapa-zitäten des Provi[X.] sind begrenzt, und die Übertragungsgeschwindigkeit schwankt je nach [X.] gleichfalls. Der Anbieter kann daher nicht einen bestimmten Erfolg, das jederzeitige Zustandekommen einer Verbindung in das [X.] mit einer bestimmten Datenübertragungsgeschwindigkeit, ver-sprechen, und der Kunde kann einen solchen Erfolg nicht erwarten ([X.] [X.]O; [X.]. Vertragsrecht der [X.]-Provider [X.]O Rn. 89; [X.] [X.]O, Rn. 546; [X.]/[X.] [X.]O; [X.] [X.]O; [X.] [X.]O, [X.]). Der - 6 -

Provider schuldet daher nur die Bereithaltung des Anschlusses und das sach-gerechte Bemühen um die Herstellung der Verbindung in das [X.].

[X.]) Für die Zuordnung des [X.]s zum Dienst-leistungsrecht spricht neben dem vorgenannten Aspekt die Parallele zu den [X.] und Mobilfunkverträgen, die der Senat als Dienstleistungsver-träge qualifiziert ([X.] 158, 201, 203; Urteil vom 22. November 2001 - [X.]/01 - NJW 2002, 361, 362; vgl. auch Urteil vom 2. Juli 1998 - [X.] - NJW 1998, 3188, 3191 f). Die von dem Provider geschuldeten Leistungen, dem Kunden den Zugang zum [X.] zu eröffnen und ihm den Austausch von [X.] zu ermöglichen, unterscheiden sich nicht wesentlich von denjenigen, die der Anbieter von [X.] für die Öffentlichkeit zu erbringen hat. Auch dieser schuldet die Herstellung von Verbindungen zwischen dem Kunden und Dritten sowie den Transport von Informationen.

b) Für die Entscheidung des hier zu beurteilenden Falls kommt es dar-auf jedoch nicht an. Die Zuordnung des Vertrages über die Verschaffung des [X.]zugangs zu einem bestimmten Vertragstyp des Bürgerlichen Gesetz-buchs gibt die Beantwortung der Frage, ob dem Anbieter oder dem Abnehmer nach Beendigung des Rechtsverhältnisses die Sperre des Zugangs für Kunden des Abnehmers obliegt, ohnehin nicht vor. Dessen ungeachtet war es [X.] aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts Angelegen-heit der Klägerin, eine solche Zugangssperre für die Kunden der Beklagten und ihrer Mitgliedsbanken einzurichten.

Es beruhte auf den Eigentümlichkeiten des Geschäfts der Klägerin, daß die Rufnummer 01910-– nicht einfach abgeschaltet werden konnte. Über - 7 -

diese Nummer verschaffte die Klägerin nicht nur den Kunden der Beklagten und ihrer Mitgliedsbanken die Einwahl in das [X.], sondern auch ihren ei-genen Endnutzern. Damit diese nicht von dem Zugriff auf das [X.] ausge-schlossen wurden, war es erforderlich, speziell die Daten der Nutzer der [X.] zu löschen. Da die Notwendigkeit, den Zugang für deren Kunden auf diese Weise zu sperren, allein den Interessen der Klägerin diente, traf sie bei einer an Treu und Glauben orientierten Auslegung des vorliegenden [X.]s unabhängig von der allgemeinen rechtlichen Qualifizierung derartiger Verträge die Obliegenheit, die Maßnahmen, die zur Sperrung der Nutzer der Beklagten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des [X.]zugangs für die eigenen Endkunden notwendig waren, selbst durchzuführen.

Überdies stand nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allein die Klägerin in vertraglichen Beziehungen zur [X.]

GmbH, deren Mitwir-kung an der Löschung der Beklagtenkunden als Zugangsberechtigte notwendig war. Allein die Klägerin hatte deshalb die notwendigen rechtlichen Befugnisse, auf die Durchführung der dafür erforderlichen Schritte hinzuwirken. Die gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts erhobenen [X.] der Beschwerde enthalten keine Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ab.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann

Meta

III ZR 338/04

23.03.2005

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2005, Az. III ZR 338/04 (REWIS RS 2005, 4348)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4348

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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