Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2016, Az. 3 StR 5/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15807

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2016:230216B3STR5.16.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS
3 StR 5/16
vom
23. Februar 2016
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung

-
2
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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 23.
Februar 2016 gemäß §
349 Abs. 4, §
357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6.
Oktober 2015, auch soweit es den Mitangeklag-ten B.

betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter "gemeinschaft-licher" räuberischer Erpressung zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die sich hiergegen richtende Revision des Angeklagten, die auf die allgemein erhobene Sachbeschwerde gestützt ist, hat Erfolg (§
349 Abs.
4 StPO).
I.
Das [X.] hat das Folgende festgestellt:
1. Der Angeklagte und der nicht revidierende Mitangeklagte B.

hatten dem Zeugen [X.].

Ende des Jahres 2013 zur Besorgung von Mari-1
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der Zeuge mehreren Aufforderungen der Angeklagten, die Geldbeträge zurück-zuzahlen, nicht nachgekommen war, entschlossen sich diese am 26.
März 2015, sich "ihr Geld zurückzuholen". Am Abend begaben sie sich daher zu dem Mehrfamilienhaus, in dem sich die Wohnung des Zeugen S.

befand; in dieser wohnte auch der Zeuge [X.].

. Sie führten in einer Tasche einen Spachtel, ein Brecheisen sowie zwei ungeladene Schreckschusswaffen der Marken [X.] und [X.] mit sich, verschafften sich mit [X.]ilfe des [X.] zum [X.]aus und klingelten an der Wohnung des Zeugen S.

, der daraufhin öffnete. Da sie die Auskunft des S.

, der Zeuge [X.].

sei nicht anwesend, nicht glaubten, drängte der Mitangeklagte B.

den [X.] S.

in die Wohnung, wobei er diesem mit der einen [X.]and an den [X.]als griff und mit der anderen [X.]and die Schreckschusswaffe der Marke [X.] an den Kopf hielt. Da der Zeuge [X.].

anschließend der Aufforderung der Angeklagten, seine verschlossene Zimmertür zu öffnen, nicht nachkam, brach der Mitangeklagte B.

diese mit dem Brecheisen auf. Sodann forderten beide Angeklagte von dem Zeugen -
unter Vorhalt der ungeladenen Schreck-schusspistole [X.] durch den Angeklagten N.

-
die [X.]erausgabe von 1.00.

kein Geld aushändigte, drohten sie ihm, in vier Wochen wiederzukommen und verließen anschließend die Woh-nung.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hätte das [X.] prüfen und erörtern müssen, ob die Angeklagten strafbefreiend von der versuchten Tat zurückgetreten sind; denn sie belegen weder, dass der Versuch fehlgeschlagen war, noch schließen sie es aus, dass die Angeklagten freiwillig vom unbeende-ten Versuch der Tat zurückgetreten sind.
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a) [X.] ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach der letzten von ihm vorgenommenen Tathandlung erkennt, dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur [X.]and liegenden Mitteln der erstrebte [X.] nicht mehr herbeigeführt werden kann, ohne dass er eine neue [X.]andlungs-
und Kausalkette in Gang setzt (s. etwa nur BG[X.], Urteile
vom 30. November 1995
-
5 [X.], BG[X.]St 41,
368, 369; vom 19. Mai
2010
-
2 StR 278/09,
NStZ 2010, 690, 691 mwN). Die subjektive Sicht des [X.] ist auch dann maßgeb-lich, wenn der Versuch zwar objektiv fehlgeschlagen ist, der Täter dies aber nicht erkennt; zumindest soll ein freiwilliger Verzicht auf weitere Tathandlungen zur Straffreiheit nach §
24 Abs. 1 Satz 2 StGB führen (vgl. BG[X.], Beschluss vom 24. November 2004 -
5 [X.], [X.], 70, 71).
Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe einen fehlgeschlage-nen Versuch nicht. Entgegen der Ansicht des [X.] ergibt sich auch daraus, dass die Angeklagten -
nach der erfolglosen Forderung an den Zeugen [X.].

-
äußerten, in vier
Wochen wiederzukommen, nicht hinreichend, dass zu diesem Zeitpunkt der [X.] nicht mehr eintreten konnte und die Angeklagten dies erkannt hatten. Zu den Vorstellungen der Angeklagten in Bezug zu dem von ihnen erstrebten [X.] in dem Zeitpunkt, als sie den Zeugen [X.].

verließen, verhalten sich die Urteilsgründe auch im Rahmen der rechtlichen Würdigung nicht.
Sie lassen auch offen, wie sich die Sache weiterentwickelte und aus welchen Gründen es dazu kam, dass die Angeklagten entgegen ihrer Ankündigung nicht zu einem späteren Zeitpunkt zurückkehrten, um ihr Vorhaben weiter zu verfol-gen (vgl. auch BG[X.], Beschluss vom 15.
Mai 2014 -
3 [X.], [X.], 8).

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b) Auch für die Frage, ob ein Versuch unbeendet oder beendet ist, kommt es maßgeblich darauf an, welche Vorstellung der Täter nach seiner letz-ten Ausführungshandlung von der Tat hat (sog. Rücktrittshorizont; s. nur BG[X.], Urteil vom 19.
März 2013 -
1 [X.], [X.], 273, 274 mwN). [X.] liegt ein unbeendeter Versuch vor, wenn der Täter nach seiner Vorstel-lung noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist; in diesem Fall kann er allein durch das freiwillige Unterlassen weiterer auf den [X.] abzielender [X.]andlungen strafbefreiend vom Versuch zurücktreten

24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1
StGB). [X.]ält er dagegen den Eintritt des [X.] für möglich, so ist der Versuch beendet; der strafbefreiende Rücktritt setzt dann voraus, dass der Täter den
[X.] freiwillig durch [X.] verhin-dert (§
24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2
StGB) oder zumindest entsprechende ernsthafte Bemühungen entfaltet, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (§
24 Abs. 1 Satz 2 StGB; s. BG[X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 -
GSSt 1/93, BG[X.]St 39, 221, 227
mwN). Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so wird gemäß §
24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese [X.] kann indes schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; s. BG[X.], Beschlüsse vom 4. April 1989 -
4 [X.], BG[X.]R StGB §
24 Abs. 2 Ver-hinderung 2;
vom 19. Juni 1991 -
3 [X.], BG[X.]R StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 4,
sowie Urteil vom 19. März
2013 -
1 [X.], [X.], 273, 274 mwN). Ob darin ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gesehen werden kann, hängt wiederum entscheidend von dem Vorstellungsbild der Täter nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung ab: Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur [X.]erbeiführung des [X.]s erforderlich oder zumindest aus-reichend ist und liegt mithin ein unbeendeter Versuch vor, so können sie durch bloßes [X.] zurücktreten. Lässt sich das Vorstellungsbild der 7
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Täter im maßgeblichen Zeitpunkt, das auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung ist, den Feststellungen nicht entnehmen, so hält
das Urteil insoweit sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil es die
revisionsrechtliche Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts nicht ermöglicht (BG[X.] aaO, vgl. auch BG[X.], Beschlüsse vom 13.
November 2012
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3 [X.], juris Rn. 3; vom 29. September 2011 -
3 [X.], [X.], 263,
und Urteil vom 12. Juni 2014 -
3 [X.], [X.], 507, 509
mwN).
So liegt es auch hier. Nach den getroffenen Feststellungen ist bereits ein freiwilliger Rücktritt der Angeklagten vom unbeendeten Versuch nicht ausge-schlossen. Ihnen lässt sich insbesondere nicht entnehmen, welche Vorstellun-gen sich die Angeklagten vom Erreichen des von ihnen erstrebten [X.]s machten, als sie die Wohnung verließen. Die bisherigen Feststellungen
schließen auch die Freiwilligkeit eines Rücktritts nicht
aus.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei-dung.
II.
1. Nach §
357 Satz 1 StPO ist die Revisionsentscheidung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten B.

zu erstrecken, da insoweit das Urteil auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel beruht.
2. [X.] wird darauf hingewiesen, dass nach der [X.] der Angeklagten bestanden haben ([X.], unklar geblieben 8
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ist, welche genaue Geldsumme der Zeuge [X.].

den Angeklagten [X.] und wovon die Angeklagten
insofern ausgegangen sind. Auch wenn sie sich irrig ein Recht auf eigenmächtige Befriedigung ihrer (berechtigten) Geld-forderungen nur vorgestellt haben sollten, hätten sie sich im [X.]inblick auf die räuberische Erpressung gemäß §§
253, 255 StGB in einem den
Vorsatz aus-schließenden Tatbestandsirrtum befunden (vgl. BG[X.], Urteil vom 12.
Januar 1962 -
4 [X.], BG[X.]St 17, 87, 90 f.; Beschlüsse vom 17.
Juni 1999
-
4 [X.], [X.], 79 und vom 28.
August 2003 -
4 [X.], [X.], 45).
3. Ferner
könnte nach den bisherigen Feststellungen, wonach der Ange-klagte N.

infolge eines länger dauernden Konsums von [X.] "in einem gewissen Grad abhängig" gewesen sei und "die verfahrens-gegenständliche Tat aufgrund dieser Betäubungsmittelabhängigkeit begangen"

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habe ([X.]), Anlass bestehen, die Anordnung der Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 StGB -
unter [X.]eranziehung eines Sachverständigen (§
246a Abs. 1 StPO) -
zu prüfen und zu erörtern.
[X.]

[X.]ubert Schäfer

Gericke Ri'inBG[X.] Dr. Spaniol befindet

sich im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Meta

3 StR 5/16

23.02.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2016, Az. 3 StR 5/16 (REWIS RS 2016, 15807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15807

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