Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.07.2012, Az. XI R 31/10

11. Senat | REWIS RS 2012, 4858

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Gegenstand

Zum Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes zwischen dem Auftraggeber/Herausgeber einer Schriftenreihe und dem mit der Herstellung beauftragten Verlag


Leitsatz

NV: Beauftragt eine GmbH als Herausgeber einen Verlag mit der Herstellung und dem Versand einer Schriftenreihe, erfordert die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes konkrete Feststellungen zu der Gegenleistung des Auftraggebers/Herausgebers, wenn der redaktionelle Teil einschließlich aller Text- und Bildbeiträge entgeltlich von einem Dritten geleistet wird.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gmb[X.], in der [X.] vom 1. Januar bis 31. Mai 2004 ([X.]treitzeitraum) mit der [X.]erstellung und dem Vertrieb einer [X.]chriftenreihe tauschähnliche Umsätze gegenüber ihrer Alleingesellschafterin ausgeführt hat.

2

Die Klägerin ist eine Verlagsgesellschaft mb[X.]. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Betrieb einer Verlagsgesellschaft, der Vertrieb von [X.]schriften und anderen Druckerzeugnissen, die Werbung und der Vertrieb von anderen [X.] sowie die Vermittlung von Werbung jeglicher Art.

3

Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war im [X.]treitzeitraum die [X.]-Gmb[X.] ([X.]). Deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war [X.] Geschäftsführer der Klägerin war im [X.]treitzeitraum zunächst [X.], danach A, der im Juni 2004 die Anteile der [X.] an der Klägerin übernahm und seitdem deren Alleingesellschafter war.

4

Die Klägerin hat im [X.]treitzeitraum im Zusammenwirken mit der [X.] ([X.]) die [X.]chriftenreihe "…" hergestellt und vertrieben.

5

Grundlage dafür war nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) ein schriftlicher [X.] der Klägerin mit dem [X.] Danach stellte der [X.] fachliche Beratung und Unterstützung bei allen von der Klägerin im Auftrag der [X.] als [X.]erausgeberin verlegten Publikationen und Druckerzeugnissen gegen Entgelt zur Verfügung. Die Klägerin war berechtigt, bei der Werbung von Anzeigenkunden, auf den Anzeigenauftragsformularen sowie den Publikationen und Druckerzeugnissen den Namen und das Logo des [X.] mit dem [X.]inweis "in Zusammenarbeit mit ..." zu benutzen. Der [X.] war ferner verpflichtet, den redaktionellen Teil einschließlich aller Text- und Bildbeiträge für alle von der Klägerin im Auftrag der [X.] verlegten Publikationen und Druckerzeugnisse mit Ausnahme des Layouts und der sonstigen drucktechnischen [X.]erstellung zu liefern. Zudem war der [X.] im [X.]inne des Presserechts verantwortlich (§ 2 des Vertrags). Für die fachliche Beratung und Unterstützung, für die Zurverfügungstellung des Namens und des Logos sowie für die Lieferung des redaktionellen Teils der [X.]chriftenreihe "…" war die Zahlung von pauschalen Aufwandsentschädigungen der Klägerin an den [X.] vorgesehen (§ 3 des Vertrags). Die Klägerin und der [X.] waren sich ferner einig, dass alle Rechte an Artikeln, Text- oder Bildbeiträgen, die im Rahmen des Vertrags geschaffen oder erstellt werden, allein der [X.] zustehen. Insoweit handele es sich um "einen Vertrag zugunsten Dritter" (§ 4 des Vertrags).

6

Mit [X.]chreiben vom 12. August 2004 nahm Rechtsanwalt M im Auftrag der [X.] gegenüber dem Gesellschafter der Klägerin, [X.]errn A, zu dem [X.] [X.]tellung. Er teilte im Wesentlichen mit, dass die Publikationen auf Wunsch der [X.] von der Klägerin hergestellt, von der Klägerin mit akquirierten Anzeigen versehen und mit dem [X.]inweis auf die [X.] als [X.]erausgeber verteilt worden seien. Die Klägerin habe für ihre Tätigkeit von der [X.] kein Entgelt erhalten. Die Klägerin habe sich aus den akquirierten Werbeanzeigen finanziert. [X.]oweit hieraus ein Gewinn bei ihr entstanden sei, sei er an die [X.] als Muttergesellschaft auszukehren gewesen. Das beschriebene Prozedere sei beendet worden, als die [X.] die Anteile an der Klägerin im Juni 2004 verkauft habe.

7

Nach der Feststellung des [X.] wurden der Druckauftrag für die [X.]chriftenreihe sowie die Werbung der Anzeigenkunden von der Klägerin an andere Unternehmen vergeben. Die Verträge über die Anzeigenaufträge schloss sie selbst ab. Nach ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen umfasste die [X.]chriftenreihe "…" 18 Einzelausgaben und erschien in maximal 50 verschiedenen [X.] monatlich mit einem neuen Thema. Je [X.] und Einzelausgabe erhielt jeder [X.] persönliche Exemplare mit seiner Anzeige auf der Titelseite.

8

Die Klägerin stellte in dem [X.]treitzeitraum nur die [X.]chriftenreihe "…" her. In den [X.]eften wird auf der vorletzten [X.]eite unter "Impressum" als [X.]erausgeber die [X.] genannt, als Verlag und verantwortlich für den Anzeigenteil wird die Klägerin aufgeführt, des Weiteren wird auf die Unterstützung des [X.] und dessen Verantwortlichkeit für den redaktionellen Teil hingewiesen.

9

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) gelangte nach einer Umsatzsteuer-[X.]onderprüfung bei der Klägerin zu der Auffassung, die Klägerin sei von der [X.] mit der [X.]erstellung und dem Vertrieb sowie der Anzeigenwerbung für die [X.]chriftenreihe beauftragt worden. [X.]ie erhalte für ihre Tätigkeit von der [X.] zwar keine Zahlungen; diese dulde aber, dass die Klägerin die Broschüren für eigene Rechnung mit Werbung von Anzeigenkunden versehe. Die [X.]erstellung und der Vertrieb der [X.]chriftenreihe stelle einen tauschähnlichen Umsatz zwischen der Klägerin und der [X.] dar, bei dem der [X.]erstellung und dem Vertrieb die Einräumung der Möglichkeit, Werbekunden zu akquirieren und die Druckerzeugnisse mit der Fremdwerbung zu versehen, als Gegenleistung gegenüberstehe. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang ausgeführten Leistungen bestünden in Lieferungen der Druckerzeugnisse sowie in [X.] (sonstige Leistung). Insoweit seien die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 [X.]atz 2 des Umsatzsteuergesetzes (U[X.]tG) zu schätzen.

Dementsprechend setzte das [X.] für den [X.]raum Januar bis Mai 2004 hinsichtlich [X.] der Klägerin Umsätze zu 16 % in [X.]öhe von [X.] sowie hinsichtlich Lieferungen der [X.]schriften Umsätze zu 7 % in [X.]öhe von [X.] an. Daraus ergab sich eine Erhöhung der Umsatzsteuer um [X.] auf [X.], die das [X.] (zuletzt) mit Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 9. Oktober 2006 festsetzte.

Der Einspruch und die Klage blieben ohne Erfolg. Das [X.] führte aus, das [X.] habe die [X.]erstellung und den Vertrieb der [X.]chriftenreihe zutreffend als einen tauschähnlichen Umsatz gegenüber der [X.] beurteilt.

Die [X.]erstellung und der Vertrieb der [X.]chriftenreihe durch die --in die "Muttergesellschaft" ([X.]) nicht organisatorisch eingegliederte und deshalb umsatzsteuerrechtlich selbständige-- Klägerin beruhten auf einem zwischen dieser und der [X.] bestehenden Rechtsverhältnis. Die Klägerin sei ausdrücklich "beauftragt" gewesen, als Verlag für die [X.] als [X.]erausgeberin die [X.]erstellung und den Vertrieb der [X.]chriftenreihe durchzuführen. Dieser Leistung stehe "in der Berechtigung der Klägerin, auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung Anzeigen für die [X.]chriftenreihe werben zu dürfen, eine Gegenleistung gegenüber".

Das [X.] habe die [X.]öhe des Entgelts gemäß § 10 Abs. 2 [X.]atz 2 U[X.]tG zutreffend ermittelt. Da die Klägerin in dem streitigen [X.]raum ausschließlich die [X.]chriftenreihe hergestellt und vertrieben habe, könnten die der Klägerin entstandenen Aufwendungen zugrunde gelegt werden.

Das [X.] habe auch zutreffend das Entgelt für den Vertrieb der [X.]schriften nicht dem ermäßigten [X.]teuersatz unterworfen, weil dieser nicht als Nebenleistung für die dem ermäßigten [X.]teuersatz unterliegende Lieferung von Druckerzeugnissen anzusehen sei.

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2011, 576 veröffentlicht.

Die Klägerin stützt ihre Revision auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts. [X.]ie rügt eine ungenügende [X.]achaufklärung (§ 76 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), weil das [X.] nicht geklärt habe, ob ein übertragbares Recht, Inserenten für zu vertreibende Druckstücke akquirieren zu dürfen, überhaupt bestehe, und, wenn es bestehen sollte, ob ihr, der Klägerin, dieses Recht von einem Inhaber übertragen worden sei. Entgegen der Auffassung des [X.] habe die [X.] als [X.]erausgeberin der [X.]chriftenreihe ihr, der Klägerin, als Verlag nicht das Recht übertragen, Werbung zu betreiben.

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass das [X.] einerseits die [X.]erstellung und den Vertrieb der [X.]chriftenreihe als einheitliche Leistung ansehe, andererseits aber hinsichtlich des anzuwendenden [X.]teuersatzes von zwei unterschiedlichen Leistungen ausgehe.

Außerdem würden § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG und § 3 Abs. 12 U[X.]tG durch die Vorentscheidung verletzt. Die Rechtsverletzung ergebe sich daraus, dass das [X.] § 3 Abs. 12 U[X.]tG als konstitutiv ansehe und umsatzsteuerbare Leistungen kreiere, die nicht gegeben seien.

Aus der Ansicht des [X.], dass sie, die Klägerin, die Druckstücke ohne die Berechtigung, Werbung zu betreiben, nicht hätte herstellen können, folge ferner, dass diese Werbeberechtigung ein der [X.]erstellung und dem Vertrieb immanenter Umsatzteil sei. Daher habe die [X.] diese Rechte ihr, der Klägerin, beigestellt, aber nicht als Entgelt überlassen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 9. Oktober 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf [X.] herabgesetzt wird,
hilfsweise die streitigen Leistungen einheitlich mit dem ermäßigten [X.]teuersatz zu besteuern.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es trägt vor, ein Verstoß gegen die [X.]achaufklärungspflicht liege nicht vor. Die Feststellungen des [X.] beruhten auf einer Auslegung der verfügbaren Beweismittel. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung sei das [X.] zu der Überzeugung gelangt, dass die Beteiligten im Rahmen eines Rechtsverhältnisses umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausgetauscht hätten. Das [X.] sei zutreffend davon ausgegangen, dass die hergestellten Druckerzeugnisse "von der [X.] her" der [X.] zuzurechnen gewesen seien.

Die Vertragsauslegung obliege dem [X.] als Tatsacheninstanz und sei frei von Verfahrensfehlern. Das [X.] sei im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] aus ihrer Rechtsposition als Eigentümerin der Druckerzeugnisse und des damit verbundenen alleinigen Verwertungsrechts heraus es geduldet habe, dass die Klägerin das Anzeigengeschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben habe (Duldungsleistung i.[X.]. des § 3 Abs. 9 U[X.]tG).

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei das [X.]-Urteil nicht widersprüchlich. Das [X.] gehe ausweislich der Entscheidungsgründe davon aus, dass die Klägerin zwei Leistungen in Gestalt tauschähnlicher Umsätze ausgeführt habe. Der Umstand, dass in den Entscheidungsgründen gelegentlich von nur einer Leistung der Klägerin gesprochen werde, begründe keinen Verfahrensfehler.

Ein Verstoß gegen materielles [X.]teuerrecht liege ebenfalls nicht vor. Das [X.] habe § 1 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 U[X.]tG und § 3 Abs. 12 U[X.]tG zutreffend angewandt; auch die Voraussetzungen für eine nichtsteuerbare Leistungsbeistellung seien nicht erfüllt.

Der [X.]ilfsantrag der Klägerin sei ebenfalls zurückzuweisen. Die Lieferung der Druckerzeugnisse und der Vertrieb derselben als sonstige Leistung stellten keine einheitliche Leistung dar, sondern zwei selbständige Leistungen, die getrennt zu beurteilen seien.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die [X.]ache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]O).

Die getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen nicht die rechtliche Beurteilung der Vorinstanz, die Leistungen der Klägerin gegenüber der [X.] in Gestalt der Herstellung und Versendung der [X.]chriftenreihe seien i.[X.]. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG und § 3 Abs. 12 [X.]atz 2 U[X.]tG "gegen Entgelt" erbracht worden.

1. Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.[X.]. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 18. März 2004 V R 101/01, [X.], 342, B[X.]tBl II 2004, 798; vom 18. August 2005 V R 31/04, [X.], 551, B[X.]tBl II 2007, 183; vom 26. Januar 2006 V R 36/03, [X.], 1525; vom 6. Dezember 2007 V R 42/06, [X.], 74, B[X.]tBl II 2009, 493, unter [X.], m.w.N.).

a) Der Gegenwert kann bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen i.[X.]. von § 3 Abs. 12 U[X.]tG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht werden, die nicht in Geld bestehen, aber in Geld ausdrückbar sein muss (vgl. [X.]-Urteile vom 1. August 2002 V R 21/01, [X.], 101, B[X.]tBl II 2003, 438; in [X.], 1525; in [X.], 74, B[X.]tBl II 2009, 493; Urteile des Gerichtshofs der [X.] vom 2. Juni 1994 [X.]/93 --Empire [X.]tores [X.], [X.]lg. 1994, [X.], Rz 12, 16 und 17; vom 3. Juli 2001 [X.]/99 --Bertelsmann [X.], [X.]/NV Beilage 2001, 192, Rz 17).

Voraussetzung für die Annahme einer tauschähnlichen Leistung ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i.[X.]. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG gegenüberstehen, die durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind ([X.]-Urteile in [X.], 74, B[X.]tBl II 2009, 493, unter [X.]a; vom 16. April 2008 XI R 56/06, [X.], 475, B[X.]tBl II 2008, 909; vom 17. März 2010 XI R 17/08, [X.]E 230, 466, [X.]/NV 2010, 2359).

b) § 3 Abs. 12 U[X.]tG steht im Einklang mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der [X.]echsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (vgl. z.B. [X.]/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 741; Nieskens in [X.], Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 4081, m.w.N.).

2. Das [X.] ist zutreffend in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass zwischen der Klägerin und der [X.] keine Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 U[X.]tG und damit kein nicht steuerbarer Innenumsatz vorliegt.

Die Klägerin und die [X.] hatten unterschiedliche Geschäftsführer; es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine organisatorische Eingliederung i.[X.]. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 U[X.]tG (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 28. Oktober 2010 V R 7/10, [X.]E 231, 356, B[X.]tBl II 2011, 391, unter II.2.; vom 7. Juli 2011 V R 53/10, [X.]E 234, 548, [X.]/NV 2011, 2195) vor.

3. Die Vorentscheidung hält der Revision auch insoweit stand, als das [X.] angenommen hat, entsprechend den zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG geltenden Grundsätzen könne sich der den Tausch bzw. den tauschähnlichen Umsatz begründende unmittelbare Zusammenhang sowohl aus einer schuldrechtlichen Vereinbarung als auch auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage ergeben (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, [X.]E 219, 455, B[X.]tBl II 2009, 486, unter [X.]b, zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 U[X.]tG; vom 15. April 2010 V R 10/08, [X.]E 229, 406, B[X.]tBl II 2010, 879).

4. Allerdings sind die Ausführungen des [X.], der Leistung der Klägerin stehe "in der Berechtigung, auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung Anzeigen für die [X.]chriftenreihe werben zu dürfen, eine Gegenleistung gegenüber", unzureichend.

a) Für die vom [X.] getroffene Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes fehlen Feststellungen, ob der Klägerin von der [X.] ein Recht, Anzeigenkunden für die [X.]chriftenreihe akquirieren zu dürfen, überlassen worden ist.

aa) Im [X.]treitfall lieferte nach § 2 des [X.] der e.V. und nicht die [X.] der Klägerin den redaktionellen Teil einschließlich aller Text- und Bildbeiträge für alle von der Klägerin im Auftrag der [X.] verlegten Publikationen und Druckerzeugnisse mit Ausnahme des Layouts und der drucktechnischen Herstellung. Er stellte ferner die fachliche Beratung und Unterstützung zur Verfügung und ermächtigte die Klägerin, den Namen und das Logo des e.V. zu benutzen. Dies spricht dafür, dass die Rechte an den erstellten Artikeln, Text- oder Bildbeiträgen zunächst dem e.V. zustanden und die Verwertungsrechte von dem e.V. auf die Klägerin übergingen, für die sie nach § 3 des Vertrags ein Entgelt gegenüber dem e.V. entrichtete.

bb) Keine abweichende rechtliche Beurteilung ergibt sich aus § 4 des Vertrags, wonach die Rechte an Artikeln, Text- oder Bildbeiträgen auf Grund eines "Vertrags zugunsten Dritter" unmittelbar der [X.] zustehen sollen.

Nach § 328 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) kann zwar durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirkt, die Leistung zu fordern. Die Vorschrift ist aber auf dingliche Rechte weder unmittelbar noch analog anwendbar (vgl. z.B. Urteile des [X.] --BGH-- vom 29. Januar 1964 V ZR 209/61, [X.], 95, 96; vom 16. Februar 1965 V ZR 264/62, [X.]/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1965, 464; vom 17. April 1986 IX ZR 54/85, [X.], 749, 750; BGH-Beschluss vom 9. November 1989 V ZR 18/89, BGHR [X.] § 328 Abs. 1; [X.] vom 8. Juli 1993 IX ZR 222/92, [X.], 178, unter [X.]a; [X.]/ [X.], [X.], 71. Aufl., Einführung vor § 328 Rz 9; [X.], [X.], 13. Aufl., § 328 Rz 2).

Die (ausdrückliche oder konkludente) Überlassung eines urheberrechtlichen (einfachen oder ausschließlichen) Nutzungsrechts hat dinglichen Charakter (vgl. [X.] vom 29. April 2010 I ZR 69/08, [X.], 291, Neue Juristische Wochenschrift 2010, 2731, unter [X.] aa).

b) [X.]oweit das [X.] vorträgt, das [X.] sei zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] Eigentümerin der Druckerzeugnisse geworden sei und aus dieser Rechtsposition heraus in Ausübung des mit der [X.] einhergehenden alleinigen Verwertungsrechts geduldet habe, dass die Klägerin das Anzeigengeschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben habe, vermag der [X.]enat dem nicht zu folgen.

Denn dafür findet sich im vorinstanzlichen Urteil keine (ausreichende) Grundlage. In seiner rechtlichen Würdigung geht das [X.] weder auf die [X.] an den [X.]chriften noch auf ein "Dulden von Anzeigen" ein. Das [X.] führt lediglich aus, der klägerischen Leistung stehe "in der Berechtigung der Klägerin, auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung Anzeigen für die [X.]chriftenreihe werben zu dürfen, eine Gegenleistung gegenüber". Zudem fehlen tatsächliche Feststellungen über einen Eigentumserwerb der [X.] nach §§ 929 ff. [X.] an den [X.]chriften.

Darüber hinaus würde die Annahme einer Gegenleistung der [X.] in Form der Duldung, dass die Klägerin das Anzeigengeschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreiben dürfe, den vom [X.] getroffenen Feststellungen widersprechen. Denn die Klägerin selbst hat den redaktionellen Teil, der ihr das Platzieren von Anzeigen erst ermöglichte, nach § 2 und § 3 des [X.] einschließlich aller Text- und Bildbeiträge entgeltlich unmittelbar von dem e.V. bezogen.

5. Das Urteil des [X.] war danach aufzuheben.

Ob die Entscheidungsgründe des vorinstanzlichen Urteils darüber hinaus --wie die Klägerin ferner vorbringt-- widersprüchlich sind, weil das [X.] hinsichtlich der Herstellung und dem Vertrieb der [X.]chriftenreihe von "einem" tauschähnlichen Umsatz gegenüber der [X.] ausgehe, während es später ausführe, das Verhalten der Klägerin gegenüber der [X.] bestehe nicht aus einem Umsatz, sondern aus zwei Umsätzen in Form von Herstellung und Vertrieb, bedarf im vorliegenden Revisionsverfahren keiner Entscheidung mehr.

Ebenso erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren [X.] der Klägerin.

6. Die [X.]ache ist nicht spruchreif. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang (konkrete) Feststellungen dazu treffen müssen, ob die [X.] gegenüber der Klägerin eine Leistung --und ggf. welche-- erbracht hat. Dabei kommt --soweit entsprechend dem Vortrag des [X.] hierzu weitere schriftliche Unterlagen nicht vorhanden sind-- auch die Vernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und der [X.] in Betracht. Es wird auch zu berücksichtigen sein, dass das [X.] die Feststellungslast für das Vorliegen einer Leistung der [X.] trägt.

7. Für den Fall, dass das [X.] im zweiten Rechtsgang einen entgeltlichen Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und der [X.] bejaht, wird es seine Auffassung überprüfen müssen, dass die Herstellung und der Versand der [X.]chriftenreihe umsatzsteuerrechtlich als zwei selbständige Leistungen (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil vom 15. Oktober 2009 XI R 52/06, [X.]E 227, 231, B[X.]tBl II 2010, 869, unter [X.]) zu beurteilen seien, von denen nur die Herstellung (Lieferung) dem ermäßigten [X.]teuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 U[X.]tG i.V.m. Nr. 49 der Anlage 2 zum U[X.]tG unterliege (a.A. [X.]ächsisches [X.], Urteil vom 23. Februar 2011  2 K 1894/10, E[X.] 2012, 1096).

8. Der [X.]enat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 121 [X.]atz 1, § 90 Abs. 2 [X.]O).

Meta

XI R 31/10

10.07.2012

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 18. Mai 2009, Az: 4 K 173/06, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 1999, § 2 Abs 2 Nr 2 UStG 1999, § 3 Abs 12 UStG 1999, Art 2 Nr 1 EWGRL 388/77, Art 5 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 6 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 2 Abs 1a EGRL 112/2006, Art 14 EGRL 112/2006, Art 24 EGRL 112/2006, § 328 BGB, § 929 BGB, §§ 929ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.07.2012, Az. XI R 31/10 (REWIS RS 2012, 4858)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4858

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