Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.06.2022, Az. V R 25/21

5. Senat | REWIS RS 2022, 5032

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz


Leitsatz

Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt Saarbrücken vom 20.01.2021 - C-288/19, EU:C:2021:32).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 29.07.2021 - 1 K 1034/21 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit der Überlassung von Fahrzeugen zur privaten Nutzung in den Jahren 2013 und 2014 (Streitjahre).

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung im [X.] ([X.]). Unternehmensgegenstand der Klägerin ist das Halten und Verwalten von Kapitalanlagen. Sie unterhielt in den Streitjahren keine feste Niederlassung im Inland.

3

Die Klägerin überließ ihren beiden im Inland wohnenden Angestellten [X.] (in 2013 und 2014) und [X.] (ab Februar 2014) jeweils ein zum Unternehmensvermögen gehörendes, von ihr geleastes Firmenfahrzeug, das [X.] und [X.] auch für Privatfahrten verwenden konnten. Mit [X.] vereinbarte die Klägerin eine Eigenbeteiligung von 2.640 € jährlich, die sie aber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht einforderte. Vom Gehalt des [X.] behielt die Klägerin 5.688 € ein, da die für das Dienstfahrzeug zu zahlende Leasingrate insoweit das mit dem Mitarbeiter für die Überlassung von Dienstwagen vereinbarte Budget (700 €) überschritt. Zudem bestand eine gesonderte Dienstwagenvereinbarung.

4

In [X.] wurde weder die Fahrzeugüberlassung besteuert noch kam es dort zu einem Vorsteuerabzug.

5

Die Klägerin reichte beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein, in denen sie für die beiden Fahrzeugüberlassungen sonstige Leistungen im Inland ab Juli 2013 mit einer Bemessungsgrundlage von 7.904 € (2013) und von 20.767 € (2014) zum Regelsteuersatz anmeldete. Dies ermittelte die Klägerin nach der [X.] 1 %-Regelung für private Fahrten nebst Zuschlägen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten. Gegen die zu [X.] führenden Umsatzsteuererklärungen legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

6

Im finanzgerichtlichen Verfahren richtete das Finanzgericht ([X.]) ein in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2019, 986 veröffentlichtes Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] ([X.]) mit folgender Frage:

        

"Ist Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL [Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Amtsblatt der Europäischen Union --[X.]-- 2006, Nr. L 347, 1) in der durch die Richtlinie 2008/8/[X.] ([X.] 2008, Nr. L 44, 11) geänderten Fassung] dahin auszulegen, dass mit "Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige" auch die Überlassung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs (Firmenfahrzeug) an sein Personal zu verstehen ist, wenn dieses dafür kein Entgelt leistet, das nicht in seiner (teilweisen) Arbeitsleistung besteht, also keine Zahlung erbringt, keinen Teil seiner Barvergütung dafür verwendet und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf Nutzung des [X.] mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, zwischen verschiedenen vom Steuerpflichtigen angebotenen Vorteilen wählt?"

7

Hierauf antwortete der [X.] mit Urteil Finanzamt [X.] vom 20.01.2021 - [X.]/19 ([X.]:[X.]) wie folgt:

        

"Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 [MwStSystRL] ist dahin auszulegen, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, wenn dieser Umsatz keine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Buchst. c darstellt. Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 [MwStSystRL] findet dagegen auf einen solchen Umsatz Anwendung, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Buchst. c handelt und der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer von mehr als 30 Tagen dauerhaft über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschließen."

8

Im [X.] hieran gab das [X.] mit seinem in [X.] 2021, 2099 veröffentlichten Urteil der Klage überwiegend statt. Die Klägerin habe das Fahrzeug an [X.] nicht gegen Entgelt überlassen, da [X.] für die Gebrauchsüberlassung keine Zahlung geleistet und hierfür auch keinen Teil seiner Barvergütung verwendet habe. [X.] habe die Fahrzeugüberlassung zudem nicht unter Verzicht auf andere Vorteile unter mehreren angebotenen Vorteilen ausgewählt. Auch in der (teilweisen) Arbeitsleistung des [X.] sei kein Entgelt für die Fahrzeugüberlassung zu sehen. Des Weiteren setze ein Mietzins voraus, dass dieser in Geld entrichtet werde und genüge es nicht, dass im Rahmen der Einkommensteuer die private Nutzung als geldwerter Vorteil angesehen werde. Demgemäß sei auch die Fahrzeugüberlassung an [X.] nur in Höhe des [X.] in Höhe von 5.688 € brutto im Inland steuerbar. Die sog. [X.] sei nicht anzuwenden.

9

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision. Das Urteil des [X.] verletze § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Nach der Rechtsprechung des [X.] könne die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers eine Vergütung für Zuwendungen des Arbeitgebers darstellen. Der [X.] habe sich hierzu in seinem den Streitfall betreffenden Urteil nur aufgrund der Fragestellung des [X.] nicht geäußert. Die Fahrzeugüberlassung zu privaten Zwecken sei als Vergütungsbestandteil anzusehen, weshalb die anteilige Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes ein Entgelt für die Fahrzeugüberlassung darstelle. Soweit das [X.] eine Entgeltlichkeit für die Fahrzeugüberlassung an [X.] nur in Höhe der Zuzahlung annehme, sei die [X.] nach § 10 Abs. 5 UStG jedenfalls dann anzuwenden, wenn die Nichtsteuerbarkeit einer unentgeltlichen Fahrzeugüberlassung --wie hier nach Auffassung des [X.]-- allein auf der Ortsbestimmung beruhe.

Das [X.] beantragt,
   das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
   die Revision zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Umsatzbesteuerung der Fahrzeugüberlassung im Inland über den Umfang hinaus, der vom [X.] entschieden wurde, nicht vorlägen und verweist insbesondere auf das im Streitfall ergangene [X.]-Urteil. Der [X.] habe für den hier zu entscheidenden Fall insoweit eine Entgeltlichkeit verneint.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat rechtsfehlerhaft einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der teilweisen Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) verneint. Die Sache ist spruchreif. Die Fahrzeugüberlassung ist als Vermietung eines Beförderungsmittels im Inland gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG steuerbar. Die in den Umsatzsteuererklärungen der Klägerin erklärten Beträge sind als Bemessungsgrundlage anzusetzen.

1. Das [X.] hat eine "entgeltliche Vermietung" rechtsfehlerhaft verneint.

a) Ob der Unternehmer sonstige Leistungen gegen Entgelt erbringt, bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unter Berücksichtigung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. [X.].

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und des [X.] ([X.]) werden sonstige Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gegen Entgelt ausgeführt und unterliegen Dienstleistungen, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. [X.] gegen Entgelt erbracht werden, der Mehrwertsteuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen [X.] und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Leistung bildet (z.B. [X.]-Urteil [X.] - [X.] vom 22.11.2018 - [X.]/17, [X.]:C:2018:942, [X.] 39; [X.]-Beschluss vom 12.11.2020 - V R 22/19, [X.]E 271, 279, [X.] 2021, 544, [X.] 16).

bb) Nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG handelt es sich auf dieser Grundlage um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, die als tauschähnlicher Umsatz mit [X.] auch mit einer Barzahlung verbunden werden können (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 31.07.2008 - V R 74/05, [X.]/NV 2009, 226, unter [X.]).

cc) Obwohl die MwStSystRL keine § 3 Abs. 12 UStG entsprechende Bestimmung enthält, sind Gegenleistungen in Form von Geldzahlungen und in Form von Sachleistungen auch unionsrechtlich nach der Rechtsprechung des [X.] gleich zu behandeln, wobei es genügt, dass die Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden kann ([X.]-Urteile Goldsmiths vom 03.07.1997 - [X.]/95, [X.]:[X.], [X.] 23, und Orfey vom 19.12.2012 - [X.]/11, [X.]:C:2012:832, [X.] 35 und 44; vgl. auch [X.]-Urteil [X.] vom 16.09.2020 - [X.]/19, [X.]:[X.], [X.] 44 f.). Dementsprechend kann die Gegenleistung für eine Lieferung in einer Dienstleistung bestehen und Besteuerungsgrundlage der Lieferung sein, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung und der Dienstleistung besteht und wenn der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann ([X.]-Urteile [X.] vom 23.11.1988 - [X.]/87, [X.]:C:1988:508, [X.] 11, 12 und 16; [X.] vom 02.06.1994 - [X.]/93, [X.]:[X.], [X.] 12; [X.] vom 03.07.2001 - [X.]/99, [X.]:C:2001:372, [X.] 17; A vom 10.01.2019 - [X.]/17, [X.]:[X.], [X.] 35 f.). Gleiches gilt, wenn eine Dienstleistung gegen eine andere Dienstleistung getauscht wird, sofern genau diese Voraussetzungen erfüllt sind ([X.]-Urteil [X.] vom 26.09.2013 - [X.]/12, [X.]:C:2013:599, [X.] 38).

b) Dies hat das [X.] bei seinem Urteil nicht beachtet.

aa) Seine Auffassung, es liege kein tauschähnlicher Umsatz vor, begründet das [X.] unter I.3.1.2.2. seiner Entscheidung letztlich damit, dass der [X.] in dem auf Ersuchen durch das [X.] ergangenen Urteil, [X.] 31, eine Entgeltlichkeit nur in drei Fällen angenommen habe und in [X.] 43 zudem ausgeführt habe, dass es unerheblich sei, ob "im Rahmen der Einkommensteuer die private Nutzung des dem in Rede stehenden Unternehmen zugeordneten Gegenstands als ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil und somit in gewisser Weise als ein Teil der Vergütung angesehen wird, auf die der Begünstigte als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des fraglichen Gegenstands verzichtet hat".

bb) Beides entspricht weder formal noch inhaltlich der [X.]-Rechtsprechung, nach der sich ein Entgelt auch aus einer Sachleistung ergeben kann (s. oben [X.]).

Zudem bezieht sich der [X.] in [X.] 31 seines Urteils lediglich auf die Vorlagefrage des [X.], bei der der tauschähnliche Umsatz unerwähnt blieb. Der Umstand, dass der [X.] die ihm vom [X.] unterbreitete Fragestellung nicht von sich aus um den Aspekt eines Sachentgelts erweitert hat, deutet aber nicht darauf hin, dass er nunmehr entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entscheidet. Damit ergibt sich der Rechtsfehler des [X.] daraus, dass es bei seinem Vorabentscheidungsersuchen die Unentgeltlichkeit der Fahrzeugüberlassung unterstellt ([X.], Umsatzsteuer- und [X.] --UVR-- 2021, 189, 190), ohne dem [X.] eine Auslegungsfrage zur Arbeitsleistung als Sachentgelt zu unterbreiten, um dann das Stillschweigen des [X.] zu einer nicht gestellten Frage als Antwort und dabei als Ablehnung des Sachentgelts im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes anzusehen ([X.]/[X.], [X.] 2022, 93, 97). Eine derartige Ablehnung ergibt sich entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung auch nicht aus den --positiv [X.] Fällen einer Entgeltlichkeit in den Leitlinien des nach Art. 398 MwStSystRL eingesetzten [X.] (101. Sitzung vom 20.10.2014, Dokument [X.] - taxud.c.1[2015]721834 - 832), da diesen nicht zu entnehmen ist, dass es sich um eine abschließende Aufzählung handeln könnte, die eine Entgeltlichkeit in anderen Fällen ausschließt.

Weiter ergibt sich aus der Unerheblichkeit der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung geldwerter Vorteile nichts für die Frage, ob aufgrund eines umsatzsteuerrechtlich zu würdigenden unmittelbaren Zusammenhangs eine Sachleistung des Empfängers als Entgelt für eine an diesen erbrachte Leistung anzusehen ist.

Daher schließt sich der Senat der im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht an, dass ein tauschähnlicher Umsatz ausgeschlossen sei, wenn nur die Arbeitsleistung als Entgelt für die Fahrzeugüberlassung in Frage komme (so [X.], [X.] 2021, 150, 152, im [X.]inblick auf die "Verneinung der Entgeltlichkeit in [X.]. 32 [des [X.]-Urteils] i.Z.m. der Vorlagefrage"; [X.]/[X.]aack, [X.], 71, 72; [X.]/[X.], [X.], 540; ebenso wohl [X.]/Korn, UStG, 21. Aufl., § 3a [X.] 52; vgl. aber differenzierend nach einer konkreten Gehaltsauswirkung [X.]einrichshofen in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 3a [X.] 146). Gegen die allgemeine Ablehnung eines Sachentgelts spricht auch, dass vom nationalen Gericht zu prüfen ist, ob die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer eine Dienstleistung gegen Entgelt i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. [X.] ist ([X.]-Urteil Finanzamt [X.], [X.]:[X.], [X.] 32).

2. Die Sache ist spruchreif im Sinne einer Klageabweisung. Der für einen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung besteht. Die Fahrzeugüberlassung an [X.] und [X.] ist im Inland steuerbar. Die in den angefochtenen Umsatzsteuererklärungen erklärte Bemessungsgrundlage für diese Umsätze ist nicht zu beanstanden.

a) Im Streitfall ist der für einen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung zu bejahen.

aa) Der unmittelbare Zusammenhang ergibt sich regelmäßig daraus, dass die Nutzungsüberlassung im Rahmen eines [X.] individuell vereinbart wird ([X.]-Urteile vom 18.02.2016 - V R 23/15, [X.]E 253, 432, BStBl II 2016, 496, [X.] 24, und vom 06.06.2019 - V R 18/18, [X.]E 265, 538, BStBl II 2020, 293, [X.] 14; vgl. auch [X.]-Urteil Medicom und [X.] vom 18.07.2013 - [X.]/11 und [X.]/11, [X.]:[X.], [X.] 30, und [X.], [X.], 189, 190; [X.], Der Betrieb 2021, 588, 590, und von Streit, Der [X.]-Umsatz-Steuer-Berater 2021, 21, 24 f.). Demgegenüber genügt der bloße Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis nicht. Ebenso ist die einkommensteuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung ([X.]-Urteil Finanzamt [X.], [X.]:[X.], [X.] 43; [X.]-Urteil in [X.]E 265, 538, [X.] 2020, 293, [X.] 14).

bb) Im Streitfall ist danach der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung zu bejahen, da die Klägerin und der jeweilige Angestellte das Recht zur Privatnutzung des [X.] individuell arbeitsvertraglich vereinbart hatten und unter Beachtung der wirtschaftlichen Realität davon auszugehen ist, dass von der Zusage dieser Nutzungsmöglichkeit die Entscheidung des jeweiligen Angestellten abhing, ob er das Beschäftigungsverhältnis zu den angebotenen oder nur zu anderen Bedingungen einging. Damit besteht kein "bloßer", sondern ein das Dienstverhältnis mitprägender Zusammenhang, der sich auch nicht lediglich aus einer einkommensteuerrechtlichen Betrachtung ableitet.

Die Klägerin bot [X.] und [X.] als Mitgliedern der Geschäftsführung im Rahmen individueller arbeitsvertraglicher Vereinbarungen die Nutzung der Fahrzeuge zu privaten Zwecken aufgrund und für die Dauer der bestehenden Arbeitsverhältnisse an und trug die Leasingaufwendungen für diese Fahrzeuge. Mit [X.] vereinbarte die Klägerin arbeitsvertraglich eine Eigenbeteiligung, die nach den vom [X.] in Bezug genommenen Unterlagen von dessen Brutto-Tantieme in Abzug gebracht werden sollte. Damit wurde für die Fahrzeugüberlassung an [X.] ein teilweiser Gehaltsverzicht vereinbart. Dass der vereinbarte Abzug aufgrund der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterblieb, ändert nichts an der zuvor getroffenen Regelung, die nicht mit Rückwirkung aufgehoben werden konnte.

Die Vergütung, die die Klägerin mit [X.] in seinem Arbeitsvertrag vereinbarte, enthielt unter 4. (1) in Absatz 3 ausdrücklich die Überlassung eines Dienstwagens, wobei [X.] das für den Dienstwagen vorgesehene Budget bis zur Lieferung des Fahrzeugs zeitanteilig als Reisekostenzuschuss erhalten sollte. Tatsächlich behielt die Klägerin vom Gehalt des [X.] einen Betrag in [X.]öhe des Teils der Leasingraten ein, um den die monatliche Leasingrate, die [X.] arbeitsvertraglich zustand, überschritten wurde.

Unerheblich ist, dass der konkrete Umfang der Arbeitsleistung von [X.] und [X.] und der ihnen ausgezahlte Barlohn unabhängig davon war, ob und in welchem Umfang sie die Fahrzeugüberlassung in Anspruch nahmen. Der Wert der jeweiligen anteiligen Arbeitsleistung kann zudem in Geld ausgedrückt werden.

cc) Für die Frage, ob die Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes Entgelt für die Fahrzeugüberlassung zu privaten Zwecken ist, kommt es [X.] als bei der [X.] nach § 3 Abs. 1b UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG-- nicht darauf an, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Fahrzeuge zustand.

dd) Ob eine entgeltliche Fahrzeugüberlassung bei einer bloß faktischen betrieblichen Übung (vgl. Abschn. 15.23 Abs. 9 Satz 2 des [X.]) oder in den Fällen anzunehmen ist, in denen das Fahrzeug dem Arbeitnehmer faktisch für eine gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich zur Privatnutzung überlassen wird (Abschn. 15.23 Abs. 9 Satz 3 UStAE), ist vorliegend nicht zu entscheiden.

b) Der Ort der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung (als langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels) liegt gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG in der ab dem 30.06.2013 geltenden Fassung (Art. 10 Nr. 2 Buchst. b, Art. 31 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften --Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz-- vom 26.06.2013, [X.], 1809, [X.], 802) im Inland.

aa) Die Klägerin hat die Fahrzeuge nicht nur kurzfristig an [X.] und [X.] zu privaten Zwecken überlassen. Die Möglichkeit der Klägerin, "die Fahrzeugnutzung zu dienstlichen Zwecken vorzugeben", steht dabei der Annahme einer Vermietung nicht entgegen, wenn "das Fahrzeug dem Mitarbeiter dauerhaft auch für seinen privaten Bedarf zur Verfügung bleibt" ([X.]-Urteil Finanzamt [X.], [X.]:[X.], [X.] 54), wovon auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen und der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebenen Erklärungen auszugehen ist. Der Umstand, dass die Klägerin die Fahrzeuge geleast hatte, ist unerheblich ([X.]-Urteil Finanzamt [X.], [X.]:[X.], [X.] 51).

bb) Die Zahlung eines Mietzinses ergibt sich in Form einer Sachvergütung aus der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung zu erbringenden Arbeitsleistung. Dem steht das [X.]-Urteil Medicom und [X.] ([X.]:[X.]) nicht entgegen. Zwar ist danach die Zurverfügungstellung eines Teils eines einer juristischen Person gehörenden Gebäudes für den privaten Bedarf ihres Geschäftsführers, ohne dass vom Begünstigten als Gegenleistung für die Nutzung dieses Gebäudes ein in Geld zu entrichtender Mietzins verlangt wird, keine von der Steuer befreite Vermietung eines Gebäudes ([X.]-Urteil Medicom und [X.], [X.]:[X.], [X.] 34). Allerdings verweist der [X.] im [X.]inblick auf "die Voraussetzung der Zahlung eines Mietzinses" auf den "Begriff der Dienstleistung gegen Entgelt" und damit darauf, dass "zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht", der die Steuerbarkeit begründet ([X.]-Urteil Medicom und [X.], [X.]:[X.], [X.] 28). Danach kann sich der Mietzins aus dem Entgelt für die Vermietung und damit im Rahmen einer Vermietung, die Teil eines tauschähnlichen Umsatzes ist, auch aus einer vom Mieter zu erbringenden Sachleistung ergeben.

c) Die Bemessungsgrundlage richtet sich bei der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG. Danach gilt bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz.

aa) Der Wert des anderen Umsatzes wird in richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG --auch für den Tausch mit [X.]-- durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt. Er umfasst alle Ausgaben einschließlich der Nebenleistungen, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu erhalten ([X.]-Urteile [X.], [X.]:[X.], [X.] 18 f.; [X.], [X.]:C:1988:508, [X.] 16, und [X.], [X.]:C:2001:372, [X.] 24; [X.]-Urteil vom 25.04.2018 - XI R 21/16, [X.]E 261, 436, BStBl II 2018, 505, [X.] 22). Es ist nicht zu beanstanden, wenn insoweit die der Klägerin --mit oder ohne Vorsteuerabzug-- entstandenen Kosten angesetzt werden ([X.]-Urteile vom 10.06.1999 - V R 87/98, [X.]E 189, 196, [X.] 1999, 580, unter [X.], und in [X.]/NV 2009, 226, unter [X.]). Soweit der Wert nicht ermittelt werden kann, ist er nach § 162 der Abgabenordnung zu schätzen ([X.]-Urteil in [X.]E 261, 436, [X.] 2018, 505, [X.] 22).

bb) Die Klägerin hat in ihren Umsatzsteuererklärungen, die aufgrund der Erfolglosigkeit der von ihr hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe Grundlage der Besteuerung sind, zur Schätzung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG bei Umsätzen i.S. des § 3 Abs. 12 UStG von einer "Vereinfachungsregelung" der Finanzverwaltung Gebrauch gemacht. Anstelle der Ausgaben ist die Klägerin von lohnsteuerrechtlichen Werten ausgegangen und hat aus diesen die Umsatzsteuer herausgerechnet (vgl. Schreiben des [X.] vom 27.08.2004, [X.], 864, [X.]. 4.2.1.3; ab 05.06.2014 Abschn. 15.23 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 UStAE). Dies wird vom [X.] im Interesse einer erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht beanstandet ([X.]-Urteil in [X.]E 261, 436, BStBl II 2018, 505, [X.] 27). Die Klägerin hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trotz eines hierauf bezogenen [X.]inweises erklärt, dass sie sich nicht --hilfsweise-- gegen eine Besteuerung auf dieser Grundlage wendet. Eine weitergehende Sachaufklärung hinsichtlich der der Klägerin für die [X.] entstandenen Kosten ist daher nicht erforderlich.

cc) Die Frage nach einer Anwendung der [X.] gemäß § 10 Abs. 5 UStG stellt sich somit nicht.

3. Ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ist nicht veranlasst (vgl. zu den Voraussetzungen [X.]-Urteil [X.] vom 06.10.2021 - [X.]/19, [X.]:C:2021:799, Tenor, [X.] 33 und 41).

Ob und unter welchen Umständen die (teilweise) Arbeitsleistung als Entgelt i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. [X.] für die vereinbarte Fahrzeugüberlassung an den Arbeitnehmer eines Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken anzusehen ist, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des [X.] danach, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen besteht und ob der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann (s. unter [X.]). Demgemäß hat das nationale Gericht nach Maßgabe der in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Kriterien zu prüfen, ob die für eine Entgeltlichkeit erforderlichen Voraussetzungen vorliegen (s. unter II.1.b).

Ebenso wenig ist ein Vorabentscheidungsersuchen zu der Frage zu stellen, ob die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer den Begriff "Vermietung eines Beförderungsmittels" i.S. von Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL erfüllt, wenn der zu zahlende Mietzins in der Erbringung von Dienstleistungen in Form der (teilweisen) Arbeitsleistung besteht. Die Gleichstellung von Geldzahlungen und Dienstleistungen als Gegenleistung ist bereits durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt (s. unter [X.]).

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

V R 25/21

30.06.2022

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 18. März 2019, Az: 1 K 1208/16, EuGH-Vorlage

Art 2 Abs 1 Buchst c EGRL 112/2006, Art 56 Abs 2 UAbs 1 EGRL 112/2006, § 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, § 3 Abs 12 S 2 UStG 2005, § 3a Abs 3 Nr 2 S 3 UStG 2005 vom 26.06.2013, § 10 Abs 2 S 2 UStG 2005, § 10 Abs 5 UStG 2005, UStG VZ 2013, UStG VZ 2014, Abschn 15.23 Abs 9 S 2 UStAE, Abschn 15.23 Abs 9 S 3 UStAE, Art 267 AEUV, § 96 Abs 1 S 1 FGO, Art 398 EGRL 112/2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.06.2022, Az. V R 25/21 (REWIS RS 2022, 5032)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5032

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V R 18/18 (Bundesfinanzhof)

Behandlung von Umzugskosten beim Arbeitgeber


V R 37/21 (V R 16/19), V R 37/21, V R 16/19 (Bundesfinanzhof)

Steuerentstehung bei Vermittlungsleistungen


XI R 27/21 (Bundesfinanzhof)

Keine Durchschnittssatzbesteuerung bei entgeltlichem Verzicht auf ein vertragliches Lieferrecht


V R 16/19 (Bundesfinanzhof)

EuGH-Vorlage zur Steuerentstehung


V R 41/17 (Bundesfinanzhof)

Grenzüberschreitender Apothekenrabatt


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.