Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.09.2015, Az. VI R 13/15

6. Senat | REWIS RS 2015, 5900

STEUERRECHT BUNDESFINANZHOF (BFH) HAUSTIERE EINKOMMENSTEUER

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Gegenstand

Versorgung und Betreuung eines Haustieres als haushaltsnahe Dienstleistung


Leitsatz

Die Versorgung und Betreuung eines im Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Haustieres kann als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein (entgegen BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014, BStBl I 2014, 75, Anlage 1, ersetzt BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010, BStBl I 2010, 140, Anlage 1).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Februar 2015  15 K 1779/14 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für die Versorgung und Betreuung von Haustieren in der Wohnung des Steuerpflichtigen nach § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2012) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

3

In der [X.] vom 8. Januar 2012 bis 15. Januar 2012, vom 27. Mai 2012 bis 1. Juni 2012 und vom 8. September 2012 bis zum 15. September 2012 ließen die Kläger ihre Hauskatze von der "Tier- und Wohnungsbetreuung A" in ihrer Wohnung betreuen. Hierfür stellte ihnen Frau A --pro [X.], [X.] Benzinzuschläge und eines Feiertagszuschlags für [X.] insgesamt-- einen Betrag in Höhe von 302,90 € in Rechnung. Die Rechnungen beglichen die Kläger im Streitjahr per Überweisungen.

4

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 beantragten sie für diese Aufwendungen vergeblich eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) als unbegründet zurück. Nach dem Schreiben des [X.] ([X.]) vom 10. Januar 2014 (BStBl I 2014, 75) sei u.a. für [X.] keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 650 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 4. Februar 2015  15 K 1779/14 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass den Klägern für die Kosten der Betreuung und Versorgung ihrer Hauskatze die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG zu gewähren ist.

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind und in einem in der [X.] oder dem [X.] liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).

a) Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen oder damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (Senatsurteil vom 20. März 2014 VI R 55/12, [X.], 45, [X.], 880, m.w.N.).

b) Der Begriff "haushaltsnah" ist hierbei als sinnverwandt mit dem Begriff "hauswirtschaftlich" anzusehen. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden (Senatsurteil in [X.], 45, [X.], 880, m.w.N.). Dazu gehören jedenfalls das Einkaufen von Verbrauchsgütern, das Kochen, die Wäschepflege, die Reinigung und Pflege der Räume, des [X.] und auch die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen (BTDrucks 15/91, 19).

c) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich dieser Aufzählung nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Versorgung und Betreuung von Haustieren damit von der Steuerermäßigung nach § 35a EStG ausgenommen hat. Insoweit verkennt das [X.], dass eine Gesetzesbegründung keine [X.] entfaltet. Hätte der Gesetzgeber lediglich bestimmte haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigen wollen, hätte es einer abschließenden Regelung in § 35a EStG bedurft. Auch trägt die Gesetzesbegründung nicht den von der Revision gezogenen Schluss, dass durch § 35a EStG --mit Ausnahme der [X.] lediglich personenbezogene hauswirtschaftliche Leistungen steuerlich entlastet werden sollen. Für ein derart eingeschränktes Begriffsverständnis bietet der Wortlaut der Norm keinen Anhalt. So sind beispielsweise bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2005 auch (einfache, nicht aber qualifizierte) handwerkliche Tätigkeiten (Ausbesserungs- und Erhaltungsmaßnahmen, die üblicherweise durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte, beispielsweise einen Hausmeister, erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen) in der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder im Haus des Steuerpflichtigen, etwa Schönheitsreparaturen oder kleine Ausbesserungsarbeiten, von den Finanzbehörden (BMF-Schreiben vom 1. November 2004 IV C 8-S 2296b-16/04, [X.], 958 Rz 5) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (z.B. Senatsurteile vom 29. Januar 2009 VI R 28/08, [X.], 255, [X.], 166, und vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, [X.], 534, [X.], 909) zu den haushaltsnahen Dienstleistungen i.S. von § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Fassung gezählt worden.

Zwar werden seit dem Veranlagungszeitraum 2006 sämtliche handwerklichen Tätigkeiten, also auch einfache handwerkliche Verrichtungen, etwa regelmäßige Ausbesserungs- und Erhaltungsmaßnahmen, die bislang als haushaltsnahe Dienstleistungen unter § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG angesehen worden sind, von dem neuen § 35a Abs. 2 Satz 2 i.d.[X.] zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 erfasst (Senatsurteil in [X.], 534, [X.], 909). Mehr als die "Ausgrenzung" der einfachen Handwerkerleistungen aus dem Anwendungsbereich des Satzes 1 folgt daraus jedoch nicht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung lediglich die Steuerermäßigung nach § 35a EStG auf handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern sowie Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegebauarbeiten, ausgeweitet (BTDrucks 16/643, 10, und BTDrucks 16/753, 11).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind auch die Versorgung und Betreuung eines im Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Haustieres haushaltsnahe Dienstleistungen (entgegen BMF-Schreiben in [X.], 75, Anlage 1, ersetzt BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010, [X.], 140, Anlage 1). Denn Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Tieres oder im Zusammenhang mit dem Tier erforderliche Reinigungsarbeiten fallen regelmäßig an und werden typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erledigt ([X.] Münster, Urteil vom 25. Mai 2012  14 K 2289/11, E[X.] 2012, 1674). Dies wie auch das Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG hat die Vorinstanz im Streitfall zutreffend bejaht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 13/15

03.09.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 4. Februar 2015, Az: 15 K 1779/14 E, Urteil

§ 35a Abs 2 S 1 EStG 2009, § 35a Abs 4 EStG 2009, EStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.09.2015, Az. VI R 13/15 (REWIS RS 2015, 5900)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 527 REWIS RS 2015, 5900

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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