Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2023, Az. 2 StR 226/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 8128

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Gegenstand

Hehlerei in Form des Sich-Verschaffens bei Erlangen der eigenen Verfügungsgewalt


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2022, soweit es ihn betrifft, mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte der Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug und versuchter Hehlerei sowie des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Von der Auferlegung von Kosten wird abgesehen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen sowie wegen Hehlerei verwarnt. Es hat gegen ihn einen [X.] von vier Tagen verhängt und ihm aufgegeben, binnen fünf Monaten ab Rechtskraft 70 Arbeitsstunden nach Weisung der Jugendgerichtshilfe zu leisten sowie innerhalb eines halben Jahres ab Rechtskraft fünf Gesprächstermine bei dem Verein [X.] wahrzunehmen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Das ohne nähere Ausführungen zum Angriffsziel auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel ist hier zulässig. Der ohne Einschränkung auf Aufhebung des Urteils gerichtete Revisionsantrag macht – anders als bei der strukturell anders gelagerten Nebenklage − noch hinreichend deutlich, dass sich der Revisionsangriff gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtet. Anhaltspunkte, dass mit dem Rechtsmittel ein unzulässiges Angriffsziel verfolgt werden soll, sind der [X.] nicht zu entnehmen. Auch die [X.], ausweislich derer der Angeklagte in der Hauptverhandlung die Tatvorwürfe bestritten hat, bietet − anders als bei geständigen Angeklagten (vgl. hierzu [X.], Beschlüsse vom 10. Juli 2013 – 1 [X.], juris Rn. 14; vom 7. September 2017 – 5 [X.], juris Rn. 3) − keinen Anhaltspunkt für eine Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung aus § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG (vgl. auch [X.], Beschluss vom 28. Juni 2020 – 2 StR 64/20 mwN).

3

2. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur, da die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangener vollendeter Hehlerei nicht tragen. Das [X.] hat den Tatbestand der Hehlerei bereits dadurch als erfüllt angesehen, dass der Angeklagte das von der Gruppierung betrügerisch erlangte Mietfahrzeug zur Veräußerung übernommen habe, obwohl er wusste, dass es sich um ein Mietfahrzeug handelte und er zur Veräußerung nicht berechtigt war. Dabei ist das Gericht erkennbar von einer Hehlerei in der Form des [X.] ausgegangen. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn der Hehler die Sache zur eigenen Verfügungsgewalt erlangt hat, und zwar in dem Sinn, dass er über die Sache in ihrem wirtschaftlichen Wert als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen kann und dies auch will (Senat, Beschluss vom 20. Mai 2020 – 2 [X.] mwN). Nach diesen Maßstäben belegen die Feststellungen aber nicht, dass sich der Angeklagte das Fahrzeug im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB verschafft hat. Denn danach wurde das Fahrzeug dem Angeklagten zwar an einem nicht genau festgestellten Tag im Zeitraum zwischen dem 18. Januar 2020 und dem 4. Februar 2020 zum Zweck der Veräußerung übergeben. Die Veräußerung sollte nach den Urteilsfeststellungen jedoch im Auftrag der Gruppierung erfolgen, die zudem insoweit in den Verkauf eingebunden war, als sie die in dem [X.] angegebene Telefonnummer auf eine tatsächlich nicht existente Person mit der Anschrift des [X.] in [X.]     registriert und falsche Zulassungspapiere für das Fahrzeug erstellt hatte, die sie dem Angeklagten zur Verfügung stellte. Demnach konnte der Angeklagte nicht zu eigenen Zwecken unabhängig vom Willen der Bandenmitglieder über das Fahrzeug verfügen, sondern handelte bei dem versuchten Verkaufsgeschäft in deren Auftrag und Interesse. Allein durch die Übernahme des Fahrzeugs zum Zweck der Veräußerung war daher der Tatbestand der Hehlerei noch nicht erfüllt. Der Angeklagte hat sich jedoch durch die im Einverständnis mit den [X.] und in deren Interesse vorgenommenen Verkaufsbemühungen – tateinheitlich zum versuchten Betrug und der Urkundenfälschung – der Hehlerei in der Begehungsform des [X.] schuldig gemacht. Da ein Absatzerfolg nicht eingetreten ist, nachdem der Verkauf letztlich am Misstrauen des Käufers scheiterte, liegt insoweit nur ein Versuch vor. Der Schuldspruch ist daher entsprechend zu ändern. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da nicht ersichtlich ist, wie sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf anders hätte verteidigen können.

4

3. Da die [X.] bei der Straffindung von einem zutreffenden Unrechtsgehalt ausgegangen ist und sich ohnedies vorwiegend am Erziehungsgedanken orientiert hat, bleibt der – auch im Übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisende – Strafausspruch von der Schuldspruchänderung unberührt.

Appl     

  

Eschelbach     

  

Zeng

  

Grube     

  

[X.]     

  

Meta

2 StR 226/23

26.10.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Darmstadt, 19. Dezember 2022, Az: 133 Js 95187/22 - 10 KLs

§ 259 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2023, Az. 2 StR 226/23 (REWIS RS 2023, 8128)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8128

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2 StR 611/19

2 StR 64/20

1 StR 278/13

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