Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2016, Az. 6 AZR 396/15

6. Senat | REWIS RS 2016, 10287

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Gegenstand

Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses - vertragliche Verlängerung der Probezeit um Zeiten einer Unterbrechung der Ausbildung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. Juni 2015 - 4 Sa 1465/14 - aufgehoben.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. September 2014 - 4 [X.]/14 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines [X.].

2

Die Beklagte betreibt ua. eine Kfz-Werkstatt. Die Parteien schlossen am 7. Januar 2014 unter Verwendung eines Formulars der [X.] einen Berufsausbildungsvertrag. Demnach war der Kläger ab dem 1. Januar 2014 zum Kfz-Mechatroniker auszubilden. [X.]uf die dreieinhalbjährige [X.]usbildungsdauer wurde eine bei einem anderen [X.]usbildenden bereits absolvierte [X.]usbildungszeit von 29 Monaten angerechnet. Die betriebliche [X.]usbildung sollte deshalb nur bis zum 31. Januar 2015 erfolgen. Unter [X.]bschn. B des [X.] wurde eine Probezeit von vier Monaten vereinbart. § 1 der sog. „weiteren Vertragsbestimmungen“ lautet auszugsweise wie folgt:

        

„2.     

Dauer und Probezeit (siehe [X.] und B)

                 

Wird die [X.]usbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.“

3

§ 7 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ entspricht § 22 [X.]bs. 1 BBiG, wonach das Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann.

4

Bis zum 30. [X.]pril 2014 war der Kläger sieben Wochen wegen Krankheit arbeitsunfähig. Im Monat [X.]pril fehlte er wegen einer Verletzung beim Fußballspiel vollständig. Die Beklagte unterrichtete den bei ihr gebildeten Betriebsrat mit Schreiben vom 28. [X.]pril 2014 über ihre [X.]bsicht, das Berufsausbildungsverhältnis wegen dieser Fehlzeiten innerhalb der Probezeit zu kündigen. Der Betriebsrat erklärte am 5. Mai 2014, dass gegen die Kündigung keine Bedenken bestünden. Die Beklagte kündigte daraufhin das Berufsausbildungsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 6. Mai 2014, welches dem Kläger noch am selben Tag zuging.

5

Mit seiner am 15. Mai 2014 beim [X.]rbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Zudem hat er den zuständigen „[X.]usschuss zur Schlichtung von Lehrlingsstreitigkeiten“ bei der Innung des [X.] und [X.] angerufen. Der Spruch des [X.]usschusses wurde nicht von beiden Parteien anerkannt.

6

Der Kläger setzte seine [X.]usbildung bei einem anderen [X.]usbildenden fort und bestand Ende Januar 2015 die [X.]bschlussprüfung.

7

Nach seiner [X.]uffassung ist die Kündigung unwirksam. Sie sei nicht innerhalb der gesetzlichen Probezeit von höchstens vier Monaten erklärt worden. Die in § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ des [X.] formularmäßig vorgesehene Verlängerung der Probezeit weiche zuungunsten des [X.]uszubildenden von den gesetzlichen Regelungen der Probezeit in § 20 BBiG ab und sei deshalb gemäß § 25 BBiG nichtig. Die Vertragsklausel halte auch einer Kontrolle nach dem Recht der [X.]llgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stand. Zudem sei die Kündigung treuwidrig. Ein [X.]usbildender müsse mit Sportverletzungen des [X.]uszubildenden rechnen und dürfe sich wegen deren Folgen nicht auf eine Verlängerung der Probezeit berufen oder die entstandenen Fehlzeiten zum [X.]nlass für eine Kündigung nehmen.

8

Der Kläger hat daher beantragt

        

festzustellen, dass das [X.]usbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 6. Mai 2014 nicht aufgelöst wurde.

9

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Wirksamkeit der Kündigung begründet. Es handle sich um eine Kündigung während der Probezeit, welche durch § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ zulässigerweise verlängert worden sei. Da während einer tatsächlichen Unterbrechung der [X.]usbildung der Zweck der Probezeit nicht erfüllt werden könne, entspreche ihre Verlängerung jedenfalls bei erheblichen Zeiträumen einer Unterbrechung der gesetzlichen Konzeption. Ein [X.]uszubildender werde durch eine solche Verlängerung der Probezeit nicht benachteiligt. Die während der Probezeit für beide Seiten erleichterte Möglichkeit der Beendigung des [X.] liege auch in seinem Interesse.

Das [X.]rbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. [X.]uf die Berufung des [X.] hat das [X.] der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Kündigung der [X.]eklagten vom 6. Mai 2014 das [X.]erufsausbildungsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag gemäß § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist beendet.

I. Die Klage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, obwohl die Ausbildungszeit und damit das [X.]erufsausbildungsverhältnis mangels Erfüllung eines Verlängerungstatbestands spätestens mit dem 31. Januar 2015 geendet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.]iG). Wäre die streitgegenständliche Kündigung unwirksam, so hätte dies Konsequenzen für den Inhalt des nach § 16 [X.][X.]iG zu erteilenden Zeugnisses. Der Kläger könnte zudem ggf. weitere Vergütung sowie Schadensersatz verlangen ([X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 14, [X.]E 150, 380).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die schriftliche Kündigung der [X.]eklagten vom 6. Mai 2014 hat das [X.]erufsausbildungsverhältnis aufgelöst.

1. Eines Kündigungsgrundes bedurfte es gemäß § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG nicht, weil die Kündigung während der Probezeit erklärt wurde.

a) Nach § 20 Satz 2 [X.][X.]iG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßgaben die Probezeit zu bemessen ist. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar ([X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 39, [X.]E 150, 380). Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag des Ausbildenden enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Kontrolle nach §§ 307 ff. [X.], da es sich insoweit um eine normausfüllende (rechtsergänzende) Allgemeine Geschäftsbedingung handelt ([X.] 19. November 2015 - 6 [X.] 844/14 - Rn. 27).

b) [X.]ei der hier vorliegenden Probezeitvereinbarung im [X.]erufsausbildungsvertrag vom 7. Januar 2014 handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Hiervon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dies entspricht dem äußeren Erscheinungsbild des auf einem Formular der Handwerkskammer erstellten Vertrags (vgl. [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 17, [X.]E 150, 380). Die Parteien haben darin unter Abschn. [X.] eine Probezeit von vier Monaten vereinbart. Dies begegnet keinen [X.]edenken (vgl. [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 38 ff., aaO). Die in § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ vorgesehene Verlängerung der Probezeit knüpft ausweislich ihrer Überschrift an die unter Abschn. [X.] des Vertrags vereinbarte Probezeit an und macht damit in einer hinreichend transparenten Weise deutlich, dass eine kalendarisch zu bestimmende Verlängerung der Probezeit bei einer tatsächlichen Unterbrechung der Ausbildung im festgelegten Umfang erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des [X.] hat sich die [X.]eklagte damit keine Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung iSd. § 308 Nr. 1 [X.] vorbehalten.

c) Die Regelung in § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ ist weder gemäß § 25 [X.][X.]iG nichtig noch handelt es sich um eine unangemessene [X.]enachteiligung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.].

aa) Nach § 25 [X.][X.]iG ist eine Vereinbarung, die zuungunsten Auszubildender ua. von § 20 [X.][X.]iG abweicht, nichtig. Eine solche Vereinbarung liegt hier nicht vor.

(1) Ob die Abweichung zuungunsten des Auszubildenden wirkt, ist objektiv zu bestimmen ([X.]eckOK [X.]/[X.] Stand 1. Juni 2016 [X.][X.]iG § 25 Rn. 2; [X.]/C.S.[X.] 7. Aufl. § 25 [X.][X.]iG Rn. 2; [X.]/[X.] 16. Aufl. § 25 [X.][X.]iG Rn. 1). Es sind die in einem offensichtlich inneren Zusammenhang stehenden vertraglichen [X.]estimmungen mit den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften im Hinblick auf die Lage des Auszubildenden miteinander zu vergleichen. Damit sind hier nicht nur die gesetzlichen und vertraglichen [X.]estimmungen über die Dauer der Probezeit einander gegenüberzustellen. Vielmehr ist auch die in innerem sachlichen Zusammenhang stehende Regelung über die Kündigung während und nach Ablauf der Probezeit in den Günstigkeitsvergleich einzubeziehen (vgl. zu § 18 [X.][X.]iG aF [X.] 15. Januar 1981 - 2 [X.] 943/78 - zu II 3 c der Gründe, [X.]E 36, 94).

(2) Demnach weicht die Verlängerung der Probezeit nach § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ nicht zuungunsten des [X.] als Auszubildenden ab.

(a) Auch der Auszubildende hat ein Interesse daran, während der Probezeit das Ausbildungsverhältnis jederzeit gemäß § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG lösen zu können, denn sein Kündigungsrecht ist nach Ablauf der Probezeit, falls kein wichtiger Grund iSd. § 22 Abs. 2 Nr. 1 [X.][X.]iG vorliegt, gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 [X.][X.]iG sowohl an eine Frist als auch an abschließend im Gesetz festgelegte sachliche Gründe - [X.]erufsaufgabe oder [X.]erufswechsel, nicht aber bloßer Wechsel der Ausbildungsstätte - gebunden (so bereits bzgl. § 15 [X.][X.]iG aF [X.] 15. Januar 1981 - 2 [X.] 943/78 - zu II 3 c der Gründe, [X.]E 36, 94). Soweit davon ausgegangen wird, dass die erforderlichen Kündigungsgründe stets vorliegen dürften (so Weber AnwZert [X.] 8/2016 [X.]. 2), ist dies nicht belegbar.

(b) Aus Sicht des Auszubildenden verringert sich durch eine Verlängerungsvereinbarung zudem das Risiko, dass der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis zum Ende der ansonsten nicht verlängerten Probezeit gemäß § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG kündigt, weil ihm die Dauer der tatsächlichen Erprobung wegen erheblicher Fehlzeiten des Auszubildenden als nicht ausreichend erscheint und er die Geltung des § 22 Abs. 2 Nr. 1 [X.][X.]iG verhindern möchte (zu den Anforderungen einer Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 [X.][X.]iG vgl. [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 845/13 - Rn. 38, [X.]E 151, 1). Die Verlängerung der nach § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG erleichterten Kündigungsmöglichkeit für den Ausbildenden ist bei praktischer [X.]etrachtungsweise insoweit auch im Sinne des Auszubildenden, der ohne Verlängerung häufig keine „zweite Chance“ bekommt. Dies lässt das Landesarbeitsgericht unberücksichtigt.

(c) Entgegen der Ansicht des [X.] steht eine vertraglich vorgesehene Verlängerung der Probezeit im Ausbildungsverhältnis auch nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Regelung der Wartezeit in § 1 Abs. 1 [X.]. Diese kündigungsschutzrechtliche Norm findet nach § 10 Abs. 2 [X.][X.]iG auf den [X.]erufsausbildungsvertrag keine Anwendung, weil der Gesetzgeber die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses mit § 22 [X.][X.]iG speziell geregelt hat. Deshalb kann § 1 Abs. 1 [X.] auch keinen Maßstab für den hier nach § 25 [X.][X.]iG vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich darstellen. Die Interessenlage eines Auszubildenden in der Probezeit entspricht bezogen auf die Möglichkeit der Probezeitverlängerung nicht der eines Arbeitnehmers in der Wartezeit. Der Ablauf der Wartezeit hat für den Arbeitnehmer nur positive Konsequenzen, wenn die Voraussetzungen des § 23 [X.] erfüllt sind und eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nunmehr der [X.] Rechtfertigung bedarf. Der Arbeitnehmer ist nämlich bzgl. einer ordentlichen Kündigung weiterhin nur an die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gebunden. Demgegenüber ist der Auszubildende nach Ablauf der Probezeit selbst hinsichtlich seines Kündigungsrechts durch § 22 Abs. 2 [X.][X.]iG beschränkt.

(d) Die hier vereinbarte Verlängerung der Probezeit dient der Erfüllung des Zwecks der Probezeit und liegt damit im Interesse beider Vertragsparteien.

(aa) Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit soll einerseits sicherstellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden dahingehend überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden [X.]eruf geeignet ist und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss die Prüfung, ob der gewählte [X.]eruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht, auch dem Auszubildenden möglich sein (vgl. [X.] 16. Dezember 2004 - 6 [X.] 127/04 - zu II 2 b der Gründe). Letztlich soll die Probezeit beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit einräumen, die für das Ausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen ([X.]T-Drs. 15/4752 S. 35; [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 28, [X.]E 150, 380; 19. November 2015 - 6 [X.] 844/14 - Rn. 16).

([X.]) Diese Prüfung ist bei einer tatsächlichen Unterbrechung der Ausbildung, z[X.] aufgrund einer Erkrankung des Auszubildenden, nicht möglich. Eine dem Zeitraum der Unterbrechung entsprechende Verlängerung der Probezeit gibt den Parteien die Möglichkeit, die Dauer der vorgesehenen Probezeit tatsächlich auszunutzen. Dies liegt im Interesse beider Seiten und kann eine Verlängerung der Probezeit auch dann rechtfertigen, wenn eine Verlängerung dazu führt, dass die Probezeit seit dem rechtlichen [X.]eginn des Ausbildungsverhältnisses mehr als vier Monate beträgt (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Stand April 2015 § 620 [X.] Rn. 81; [X.]enecke in [X.]enecke/[X.] [X.][X.]iG § 20 Rn. 7; [X.]/[X.]iebl 4. Aufl. § 22 [X.][X.]iG Rn. 5; [X.]/[X.] [X.]-Hd[X.] 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/[X.] 11. Aufl. §§ 21 - 23 [X.][X.]iG Rn. 40). Die Problematik einer Erweiterung der Dauer der tatsächlichen Erprobung auf insgesamt mehr als vier Monate (vgl. hierzu [X.]/[X.] §§ 20 - 23 [X.][X.]iG Rn. 7) stellt sich nicht, wenn der Zeitraum der Verlängerung wie hier dem der tatsächlichen Unterbrechung der Ausbildung entspricht. Die Dauer der tatsächlichen Erprobung bleibt damit letztlich unverändert.

(cc) Die hier vorliegende Verlängerungsvereinbarung greift auch nicht schon bei einer nur geringfügigen Unterbrechungsdauer, welche die Erreichung des Zwecks der Probezeit nicht beeinträchtigen würde (vgl. [X.] 15. Januar 1981 - 2 [X.] 943/78 - zu II 4 der Gründe, [X.]E 36, 94). Nach § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ verlängert sich die Probezeit erst dann um den Zeitraum einer Unterbrechung, wenn die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen wird. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. AR/[X.] 7. Aufl. § 20 [X.][X.]iG Rn. 4; [X.]enecke in [X.]enecke/[X.] [X.][X.]iG § 20 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.] [X.][X.]iG 5. Aufl. § 20 Rn. 19; [X.]/[X.] [X.][X.]iG 2. Aufl. § 20 Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Der vorformulierte Arbeitsvertrag Rn. 705; [X.] in [X.] [X.][X.]iG § 20 Rn. 20; Schulien in Hurlebaus/[X.]aumstümmler/Schulien [X.]erufsbildungsrecht Stand November 2015 § 20 Rn. 18, 19).

[X.]) Die Verlängerung der Probezeit nach § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ stellt deshalb auch keine unangemessene [X.]enachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] dar.

(1) Die streitgegenständliche Regelung unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 [X.] der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.]. Sie ergänzt die gesetzliche Regelung der Probezeit in § 20 [X.][X.]iG, welche keine automatische Verlängerung der Probezeit bei Unterbrechungen der Ausbildung vorsieht (vgl. zu § 13 [X.][X.]iG aF [X.] 15. Januar 1981 - 2 [X.] 943/78 - zu II 2 der Gründe, [X.]E 36, 94).

(2) § 1 Nr. 2 der „weiteren Vertragsbestimmungen“ beinhaltet keine unangemessene [X.]enachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.]. Die Feststellung einer unangemessenen [X.]enachteiligung setzt eine wechselseitige [X.]erücksichtigung und [X.]ewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus ([X.] 23. März 2016 - 7 [X.] 828/13 - Rn. 49; 17. März 2016 - 8 [X.] 665/14 - Rn. 22 mwN). Aus den genannten Gründen entspricht die hier vereinbarte Verlängerung der Probezeit auch den Interessen des Auszubildenden und weicht nicht iSd. § 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von den wesentlichen Grundgedanken des § 20 [X.][X.]iG ab. Sie gefährdet auch nicht die Erreichung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Das Gegenteil ist der Fall. Die Verlängerung der Probezeit dient letztlich dem Ziel einer erfolgreichen Durchführung der [X.]erufsausbildung. Sie steht darum im [X.] mit der gesetzlichen [X.]ewertung und Gewichtung der von § 307 [X.] geschützten Interessen des Auszubildenden im Einklang (vgl. [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 40, [X.]E 150, 380).

d) Die [X.]eklagte ist nicht gehindert, sich auf die Verlängerung der Probezeit zu berufen.

aa) Die Verlängerung soll, wie dargelegt, die tatsächliche Erprobung gewährleisten. Grundsätzlich kommt es deshalb nicht darauf an, aus welchen Gründen die Ausbildung ausgefallen ist und aus wessen Sphäre sie stammen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der Ausbildende aber nicht auf die vertragliche Verlängerung der Probezeit berufen, wenn er die Unterbrechung selbst vertragswidrig herbeigeführt hat (vgl. [X.] 15. Januar 1981 - 2 [X.] 943/78 - zu II 5 der Gründe, [X.]E 36, 94; [X.]/[X.]iebl 4. Aufl. § 22 [X.][X.]iG Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.] [X.][X.]iG 5. Aufl. § 20 Rn. 19; [X.]/[X.] [X.]-Hd[X.] 16. Aufl. § 174 Rn. 86; KR/[X.] 11. Aufl. §§ 21 - 23 [X.][X.]iG Rn. 40).

[X.]) Diese Konstellation ist hier nicht gegeben. Die Unterbrechung der Ausbildung ist auf krankheitsbedingte Fehlzeiten des [X.] zurückzuführen, welche der [X.]eklagten nicht zugerechnet werden können.

e) Demnach erfolgte die streitgegenständliche Kündigung während der Probezeit gemäß § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG. Die nach Abschn. [X.] des [X.]erufsausbildungsvertrags eigentlich zum 30. April 2014 ablaufende Probezeit wurde um die Dauer der Unterbrechung von sieben Wochen verlängert. Die Kündigung ging dem Kläger bereits am 6. Mai 2014 zu.

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des [X.]etriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Schreiben vom 28. April 2014 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 [X.]etrVG unterrichtet (vgl. hierzu [X.] 19. November 2015 - 6 [X.] 844/14 - Rn. 31). Dies stellt der Kläger nicht mehr in Abrede.

3. Die [X.]eklagte verhielt sich durch die Erklärung der Kündigung nicht treuwidrig iSv. § 242 [X.].

a) Eine Rechtsausübung kann gemäß § 242 [X.] unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen ([X.] 15. Januar 2015 - 6 [X.] 646/13 - Rn. 34 mwN).

b) Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Dabei kann dahinstehen, ob die [X.]eklagte mit Sportverletzungen rechnen musste. Der Kläger behauptet nicht, dass die [X.]eklagte ihm in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben habe, die daraus resultierenden Fehlzeiten nicht zum Anlass für eine Kündigung zu nehmen. Die [X.]eklagte hat sich durch die Kündigung auch sonst nicht treuwidrig verhalten. Sie hat lediglich von dem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, welches ihr nach § 22 Abs. 1 [X.][X.]iG iVm. den vertraglichen Vereinbarungen zur Probezeit zusteht.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Wollensak     

        

    C. Klar     

                 

Meta

6 AZR 396/15

09.06.2016

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 23. September 2014, Az: 4 Ca 3481/14, Urteil

§ 20 BBiG 2005, § 22 Abs 1 BBiG 2005, § 22 Abs 2 BBiG 2005, § 25 BBiG 2005, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 307 Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 KSchG, § 10 Abs 2 BBiG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2016, Az. 6 AZR 396/15 (REWIS RS 2016, 10287)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2972 REWIS RS 2016, 10287

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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