Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2020, Az. VII ZB 38/19

7. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1180

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Gegenstand

Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung durch Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle


Leitsatz

Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist (Anschluss an BGH, Bes. v. 4. September 2019 - VII ZB 91/17, NJW 2019, 3237).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der Zivilkammer 1 des [X.] vom 12. September 2019 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - [X.] vom 2. Juli 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Änderung des unpfändbaren Betrags gemäß § 850f Abs. 2 ZPO, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Der Gläubiger hat bei dem Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - [X.] den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem angebliche Forderungen des Schuldners gegen dessen Arbeitgeber [X.] werden sollen, unter Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze gemäß § 850f Abs. 2 ZPO beantragt.

2

Zum Nachweis dafür, dass bezüglich der Hauptforderung die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben werde, hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle betreffend das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners vor dem Amtsgericht - Insolvenzgericht - [X.] zu dem Aktenzeichen 53 [X.] vorgelegt. Darin heißt es zum Grund der Forderung:

"Forderung aus Schadenersatz [sic] aus Verkehrsunfall gem. Rechnungs-Nr.: [X.]/[X.]/208.925 v. 28.06.2012 sowie [X.]. Schreiben vom 04.10.2012 - Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung".

3

Ferner ist unter "Berichtigungen/Bemerkungen" festgehalten:

"Angemeldet aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Der Tatsache, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zu Grunde liegt, wurde nicht widersprochen."

4

Mit Beschluss vom 2. Juli 2019 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - [X.] den "Antrag des Gläubigers vom [X.] auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 850f Abs. 2 ZPO" insgesamt zurückgewiesen.

5

Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Gläubiger mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Änderung des unpfändbaren Betrags gemäß § 850f Abs. 2 ZPO nicht abgelehnt werden.

7

1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in [X.] 2019, 458 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der vorgelegte Auszug aus der Insolvenztabelle genüge für den Nachweis, dass der Gläubiger wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung die Zwangsvollstreckung betreibe, nicht. Der [X.] habe bereits entschieden, dass ein solcher Nachweis durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheids nicht erbracht werden könne ([X.], Beschluss vom 5. April 2005 - [X.], [X.], 1663, juris Rn. 10).

8

Dementsprechend scheide auch der Nachweis durch einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle aus. Auch im Rahmen der Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle finde eine richterliche [X.] oder gar eine materiell-rechtliche Prüfung der angemeldeten Forderung und damit des [X.] der angemeldeten Forderung nicht statt.

9

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Wie der [X.] bereits - kurz vor Erlass des angefochtenen Beschlusses des [X.] - mit Beschluss vom 4. September 2019 - [X.]/17 Rn. 6 ff., NJW 2019, 3237, entschieden hat, kann der Gläubiger durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist. An dieser Rechtsprechung hält der [X.] aus den in dem genannten Beschluss aufgeführten Gründen fest.

b) Ein solcher Fall liegt hier nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen vor.

3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss des [X.] nicht bestehen bleiben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Er macht entsprechend § 572 Abs. 3 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch, zugleich auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, das über den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Änderung des unpfändbaren Betrags gemäß § 850f Abs. 2 ZPO neu zu befinden haben wird, § 577 Abs. 4 Satz 1, § 572 Abs. 3 ZPO.

[X.]     

      

[X.]     

      

Jurgeleit

      

Sacher     

      

Brenneisen     

      

Meta

VII ZB 38/19

11.03.2020

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Hildesheim, 12. September 2019, Az: 1 T 42/19, Beschluss

§ 850f Abs 2 ZPO, § 174 Abs 2 InsO, § 175 Abs 2 InsO, § 201 InsO, § 302 Nr 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2020, Az. VII ZB 38/19 (REWIS RS 2020, 1180)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 630 WM2020,750 REWIS RS 2020, 1180

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZB 14/19

VII ZB 38/19

Zitiert

VII ZB 91/17

Zitieren mit Quelle:
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