Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.12.2016, Az. 3 StR 193/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 901

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Gegenstand

Strafverfahren: Anforderungen an die Ablehnung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2015 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 [X.]).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zu den [X.] bemerkt der Senat:

1. [X.] unter Ziffer I.4. der Revisionsbegründung der Angeklagten De.    ist jedenfalls unbegründet, weil die Begründung im Ablehnungsbeschluss vom 23. Juli 2015 und die Urteilsgründe aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift dargelegten Erwägungen nicht in Widerspruch zueinander stehen. Ob der Beschluss des [X.] ungeachtet dessen den an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit zu stellenden Darlegungsanforderungen genügt (vgl. hierzu etwa [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 3 [X.], [X.], 110, 111), bedarf keiner Entscheidung. Denn mit der Stoßrichtung, der Beschluss sei unzureichend begründet, ist die Rüge nicht erhoben (vgl. zur Maßgeblichkeit der Angriffsrichtung einer Rüge [X.], Urteil vom 26. August 1998 - 3 StR 256/98, [X.], 94 mwN).

2. [X.] des Angeklagten [X.], der Antrag auf Vernehmung des Zeugen     S.   sei rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, ist teilweise unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet:

Soweit sich die Revision in Bezug auf den Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 5 Satz 2 [X.] gegen die von ihr erachtete Verletzung der Aufklärungspflicht des [X.] richtet, genügt das [X.] nicht den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.], weil es sich nicht dazu verhält, weshalb sich das [X.] zu der Beweiserhebung - insbesondere im Hinblick auf das seinerzeitige, im Ablehnungsbeschluss nur pauschal in Bezug genommene Ergebnis der Beweisaufnahme - gedrängt sehen musste (vgl. zur Darlegungslast für den Revisionsführer [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 380 mwN). Ob der Ablehnungsbeschluss insoweit den an ihn zu stellenden Anforderungen gerecht wird (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 [X.], [X.]St 40, 60, 63; [X.]/[X.] aaO, § 244 Rn. 350; [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 244 Rn. 43h), bedarf keiner Entscheidung, weil dies hinsichtlich der Ablehnung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 [X.] nicht vom Angriff des Beschwerdeführers erfasst wird.

Soweit sich die Revision gegen die unzureichende Begründung des Ablehnungsbeschlusses im Hinblick auf den vom [X.] zusätzlich herangezogenen Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Variante 2 [X.]) wendet, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Allerdings ist es nicht rechtsbedenkenfrei, dass das [X.] in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt hat, die mit dem Beweisantrag vorgebrachten Umstände ließen - ihre Bestätigung durch den Zeugen unterstellt - "nur mögliche und keine zwingenden Schlüsse auf die Verbindung einzelner Mitglieder der Musikgruppe oder der    [X.]insgesamt zur [X.] und zum Inhalt von deren Veranstaltungen zu". Die Ablehnung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit erfordert in aller Regel, dass der Beschluss konkrete Erwägungen darüber enthält, warum das Tatgericht aus der [X.] keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss geblieben ist (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 3 [X.], [X.], 110, 111 mwN). Jedoch beruht das Urteil schon deshalb nicht auf dem Rechtsfehler (vgl. zur Beruhensfrage auch [X.]/[X.] aaO, § 244 Rn. 226 mwN), weil das Unterbleiben der beantragten Beweiserhebung durch die von der Revision - wie dargelegt - nicht in zulässiger Weise angegriffene Ablehnung des Beweisantrags nach § 244 Abs. 5 Satz 2 [X.] gedeckt war. Ungeachtet dessen stellte die Organisation der Konzerte eine den Schuldspruch tragende mitgliedschaftliche Beteiligungshandlung des Beschwerdeführers dar, ohne dass es darauf ankäme, welche Verbindung zwischen der    [X.]bzw. einzelner ihrer Mitglieder zu der [X.] bestand und in welchem Rahmen auf den Konzerten für die Vereinigung geworben wurde. Wie auch im Beweisantrag selbst ausgeführt, verstand sich die Musikgruppe als Repräsentantin der "revolutionär ausgerichteten [X.]", so dass schon durch die Veranstaltung der Konzerte die Voraussetzungen geschaffen wurden, weitere sich mit den Zielen der [X.] identifizierende Anhänger zu gewinnen. Auch soweit die beantragte Beweiserhebung darauf abzielte, diese Beteiligungsakte im Hinblick auf die Strafzumessung "in ihrer [X.]samtheit zu würdigen", ist auszuschließen, dass sich die unterbliebene Beweiserhebung zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgewirkt hat oder dieser durch die unzureichende Begründung sonst in seinem Verteidigungsverhalten beeinträchtigt worden ist.

3. Die weitere Rüge des Angeklagten [X.], das [X.] habe die Verteidigung in einem wesentlichen Punkt beschränkt, indem sie ihr die Einsichtnahme in Beweismittel versagt habe, ist zwar auch im Hinblick auf eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht erhoben. Aufgrund des unterbliebenen Vortrags zu den in der Antragsschrift des [X.]s aufgeführten Urkunden ist sie jedoch auch insoweit unzulässig.

4. [X.] des Angeklagten [X.] , das [X.] habe den Beweisantrag vom 16. Juni 2015 auf Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen      [X.].      rechtsfehlerhaft abgelehnt, ist jedenfalls unbegründet. Allerdings begegnet es angesichts der - oben dargelegten - an den Ablehnungsbeschluss zu stellenden Anforderungen wiederum erheblichen rechtlichen Bedenken, dass sich die Begründung des [X.] zu der von ihr angenommenen Bedeutungslosigkeit der [X.] darin erschöpft, die "entsprechende ([X.](n)" ließen keine "zwingenden Schlüsse" zu, weil im Ablehnungsbeschluss darzulegen gewesen wäre, weshalb das [X.] die von ihm für möglich gehaltenen Schlüsse hinsichtlich der für die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage bedeutsamen Umstände nicht ziehen wollte. Indes beruht das Urteil nicht auf dem Rechtsfehler. Auch im Fall seines [X.] hätte das bloße Vorhandensein der im Beweisantrag genannten Metadaten keine Rückschlüsse auf den Beweiswert der auf dem Datenträger gespeicherten Daten und der insoweit in der Hauptverhandlung verlesenen Dokumente zugelassen. Derartige Erkenntnisse hätten allenfalls aus dem konkreten Inhalt der Metadaten gewonnen werden können; hierauf bezog sich der Beweisantrag jedoch nicht. Zu einer solchen Beweisermittlung drängte auch unter Aufklärungsgesichtspunkten nichts.

5. Die weitere Rüge des Angeklagten [X.] , der Beweisantrag vom 16. Juni 2015 auf Vernehmung des Zeugen [X.]sei rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, ist zulässig erhoben. Die in der Antragsschrift des [X.]s aufgeführten [X.] beziehen sich nur auf die im Beweisantrag vom 16. Juni 2015 beantragte Vernehmung des Sachverständigen Z.    sowie die Beiziehung der dort genannten Akten. Indes ist die Rüge unbegründet. Soweit das [X.] in seinem Ablehnungsbeschluss vom 23. Juni 2015 pauschal ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, welche "zwingenden Schlüsse" die "([X.]n" zulassen sollten, begegnet dies zwar wiederum rechtlichen Bedenken. Indes beruht das Urteil auch auf diesem Rechtsfehler nicht, weil die [X.]n - wie in der Antragsschrift des [X.]s dargelegt - überhaupt keine Rückschlüsse auf die Schuld- oder Straffrage zuließen und sei es auch nur hinsichtlich des [X.] einzelner Beweismittel.

[X.]     

       

[X.]ricke     

       

Tiemann

       

Berg     

       

Hoch     

       

Meta

3 StR 193/16

13.12.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Stuttgart, 28. Juli 2015, Az: 2 StE 1/14 - 7

§ 244 Abs 2 StPO, § 244 Abs 3 S 2 Alt 2 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.12.2016, Az. 3 StR 193/16 (REWIS RS 2016, 901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 901

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 132/18

4 StR 146/19

3 Ss OWi 800/17

5 StR 332/21

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