Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2014, Az. 3 StR 351/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 2556

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 351/14
vom
30. September 2014
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
schwerer räuberischer Erpressung
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 30.
September 2014 einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21.
Februar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Ange-klagten ergeben hat (§
349 Abs.
2 [X.]).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

In Ergänzung der Antragsschriften des [X.] bemerkt der Senat:
Die Rüge des Angeklagten A.

, seine Ablehnungsgesuche gegen [X.] seien zu Unrecht abgelehnt worden (Ziffer I.1. der Re-visionsbegründung), ist schon unzulässig, weil die Revision die dienstlichen Erklärungen [X.] nicht mitteilt.
Die Rüge, sein Recht auf vollständige Akteneinsicht sei verletzt worden, weil ihm keine Einsicht in die Akten des Jobcenters gewährt worden sei (Ziffer I.2. der Revisionsbegründung
des Angeklagten A.

), ist unbegründet, weil die [X.] diese Akten nicht beigezogen hat und folglich insoweit keine Akteneinsicht gewähren konnte und musste.
-
3
-
Die Rüge des Angeklagten A.

, das [X.] habe gegen [X.] verstoßen, weil es den in einem Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls enthaltenen aufklärungsbedürftigen Anhaltspunkten nicht nachgegangen sei (Ziffer I.5. der Revisionsbegründung), ist unzulässig, weil die Revision nicht mitteilt, welche Beweiserhebungen die [X.] hätte durch-führen sollen und zu welchem bestimmten Beweisergebnis diese geführt [X.]. Letzteres gilt auch für die Aufklärungsrüge unter Ziffer I.6. der Revisions-begründung. Ob der in dieser Rüge mitgeteilte Antrag auf Vernehmung der Sit-zungsvertreterin der Staatsanwaltschaft mit [X.] Begründung ab-gelehnt worden ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die Beanstandung aus-drücklich als Aufklärungsrüge, nicht aber als Rüge der Verletzung des §
244 Abs. 3 Satz 2 [X.] erhoben worden ist (zum Wahlrecht des Revisionsführers, die Ablehnung eines Beweisantrages mit der Rüge der Verletzung des [X.] oder / und mit der Aufklärungsrüge anzugreifen, vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 -
3 [X.], [X.], 471, 472; [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 380).
Die Rüge des Angeklagten A.

, sein Recht auf ein faires Verfah-ren und auf vollständige Akteneinsicht seien verletzt worden, weil ihm nicht die Einsicht in die Akten anderer Ermittlungsverfahren gegen ihn gewährt und das Verfahren
nicht
bis dahin ausgesetzt worden sei (Ziffer I.7. der Revisionsbe-gründung) ist schon deshalb unzulässig, weil die Revision den zu diesem [X.] gehörenden Ablehnungsbeschluss der [X.] nicht mitteilt, sondern
stattdessen -
erneut -
den Beschluss, mit dem der Aussetzungsantrag, der [X.] der Verfahrensrüge unter Ziffer I.6. der Revisionsbegründung ist, [X.] worden war.
-
4
-
Die Aufklärungsrüge des Angeklagten A.

unter Ziffer I.8. der Re-visionsbegründung ist unzulässig, weil die Revision nichts dazu vorträgt, was die [X.] zu der beantragten Beweiserhebung gedrängt haben könnte. Gleiches gilt für die vom [X.] nicht erörterte neunte Verfah-rensbeanstandung, die aufgrund eines Zählfehlers des Verteidigers des Ange-klagten ebenfalls mit der Ziffer I.8. versehen worden ist.
Die Rüge, der Antrag auf Vernehmung des Zeugen M.

sei unter Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 [X.] mit unzureichender Begründung ab-gelehnt worden (Ziffer I.9. der Revisionsbegründung
des Angeklagten
A.

), ist unbegründet. Soweit die [X.] hierzu lediglich ausgeführt hat, die unter Beweis gestellte
Tatsache stehe in keinem Zusammenhang mit der vorgeworfenen Tat, ist dies allerdings nicht rechtsbedenkenfrei: Die Ableh-nung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit erfordert in aller Regel, dass der Beschluss konkrete Erwägungen darüber enthält, warum das Tatge-richt aus der [X.] keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerun-gen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grund-sätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz-
oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeu-gungsbildung ohne Einfluss geblieben ist
(st. Rspr., vgl. etwa [X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2013 -
3 [X.], [X.], 110 mwN). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt indes in Fällen, in denen die Bedeutungslosigkeit für jeden Verfahrensbeteiligten offensichtlich ist. So verhält es sich hier: Der Zeuge sollte bekunden, dass die Reparatur seines Fahrzeuges durch den Zeugen
I.

mangelhaft gewesen sei. Dass die durch den Zeugen I.

durchge-führten Reparaturen Anlass zu Reklamationen geben konnten, hatte die [X.] indes bereits durch die Vernehmung des Schwagers des Angeklagten -
5
-
festgestellt. Angesichts dessen war offensichtlich, dass die Vernehmung des Zeugen -
lediglich ein weiterer unzufriedener Kunde des I.

-
keinen Ein-fluss auf die Überzeugungsbildung der [X.] -
auch nicht betreffend die Glaubwürdigkeit des Zeugen I.

-
haben konnte; die knappe Begründung der [X.] war deshalb ausreichend. Aus den gleichen Gründen würde das Urteil -
wollte man die Begründung nicht ausreichen lassen -
auf dem Ver-fahrensmangel nicht beruhen (vgl. zum Ganzen [X.]/[X.], aaO,
§ 244 Rn.
226 mwN).
Die Rüge unter Ziffer [X.] der Revisionsbegründung des Angeklagten A.

ist ebenfalls unbegründet. Die Verteidigung hatte die Einholung ei-nes fachpsychiatrischen/fachpsychologischen Sachverständigengutachtens dazu beantragt, dass der Angeklagte zur Tatzeit an einer bipolaren affektiven Störung sowie an pathologischer Spielsucht gelitten habe und deshalb seine Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit aufgehoben, jedenfalls aber erheblich
ein-geschränkt gewesen sei. Diesen Antrag habe die [X.] mit rechsfehler-hafter Begründung abgelehnt. In der Tat begegnet die Begründung des Land-gerichts, die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei ein völlig unge-eignetes Beweismittel, weil es
an Anknüpfungstatsachen fehle, erheblichen rechtlichen Bedenken: Bei der Beantwortung, ob ein Beweismittel völlig unge-eignet ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt auch für den [X.]. Von völliger Ungeeignetheit kann deshalb etwa dann nicht ausgegangen werden, wenn der Sachverständige die erforderlichen An-knüpfungstatsachen aufgrund eigener Sachkunde selbst zu ermitteln vermag ([X.],
Beschluss vom 1.
Dezember 1989 -
2
StR 541/89, [X.] 1990, 98, 99). Auch reicht es aus, wenn der Sachverständige hinsichtlich der Beweisfrage nur Möglichkeiten oder mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeiten aufzeigen kann; denn auch solche Bekundungen eines Sachverständigen können Ein--
6
-
fluss auf die Beweiswürdigung haben ([X.]/[X.], aaO, §
244 Rn.
239 mwN). Entgegen der Auffassung des [X.] ist hier auch von einem Beweisantrag auszugehen. Mit der Nennung zweier Diagnosen, die der Sach-verständige stellen soll, bezeichnet der Beweisantrag -
schlagwortartig -
Tatsa-chenbehauptungen, die über die bloße Schlussfolgerung der Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit hinausgehen. Auf einem etwaigen Verfahrensfehler beruht das Urteil indes nicht, weil ausgeschlossen werden kann, dass die [X.] -
sachverständig beraten -
zu der Überzeugung hätte gelangen können, der Angeklagte sei bei Begehung der Taten aufgrund einer
bipolaren Störung und einer Spielsucht (je für sich oder in Kombination) in seiner Einsichts-
oder Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen: Aus dem von dem [X.] vorgelegten Attest ergibt sich, dass mit Blick auf die bipolare Störung depressive Erscheinungen
imponieren, die im Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Strafverfahren stehen. Angesichts dessen kann insoweit eine er-hebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit -
für eine Beein-trächtigung der Einsichtsfähigkeit ist angesichts des Krankheitsbildes ohnehin kein Raum -
sicher ausgeschlossen werden. Auch "Pathologisches Spielen" oder "Spielsucht" stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine "Spielsucht" gravierende psychische Veränderun-gen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die "Spielsucht" zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei [X.] unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebli-che Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB anzuneh-men sein
([X.], Beschluss vom 17.
September 2013 -
3 [X.], juris
Rn.
5 mwN). Solche Besonderheiten in der Persönlichkeit des Angeklagten sind nach
-
7
-
den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der [X.] -
insbesonde-re auch mit Blick auf das planvolle Vorgehen des Angeklagten über einen län-geren Zeitraum -
nicht ersichtlich.
Die Rüge unter Ziffer I.11. der Revisionsbegründung des Angeklagten A.

ist zulässig erhoben. Die in dem Ablehnungsbeschluss zitierte [X.] 5, deren Vortrag der [X.] vermisst, ist der Beweisantrag, den die Revision vollständig mitgeteilt hat. Die Rüge ist indes aus den [X.] Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet.
Die von beiden Angeklagten erhobene Rüge, der Antrag auf erneute Vernehmung des Zeugen L.

sei unter Verletzung des § 244 Abs.
3 Satz 2 [X.] mit unzureichender Begründung abgelehnt worden, ist unbegründet: Angesichts der [X.] Ablehnung des [X.] drängte auch unter [X.] nichts zu der erneuten Vernehmung des Zeugen. Gleiches gilt hinsichtlich der unter Ziffer I.13. der Revisionsbe-gründung des Angeklagten
A.

erhobenen Aufklärungsrüge. Auch inso-weit hat die [X.] die Anträge des Angeklagten mit [X.] Begründung abgelehnt; deshalb war sie nicht gedrängt, die Beweise gleichwohl zu erheben.
Hinsichtlich der Verfahrensbeanstandungen Ziffer
I.14. und [X.] aus der Revisionsbegründung des Angeklagten A.

ist bereits die Stoßrichtung der [X.] unklar. Im Übrigen hat das [X.] auch hier die Anträge der Verteidigung jeweils mit [X.] Begründung abgelehnt.
Die
Rüge unter Ziffer
I.16. der Revisionsbegründung des Angeklagten A.

ist unbegründet. Die Formulierung der [X.], die Beweistat-sache, dass das bei der Tat mitgeführte Messer sich bei zwei Kontrollen im -
8
-
März 2012 in der Ablage der Fahrertür
befunden habe, lasse keinen Schluss darauf zu, wo sich das Messer während der Tat befunden habe, ist allerdings nicht rechtsbedenkenfrei, weil sich auch der Schluss hätte ziehen lassen, dem Angeklagten sei seine Einlassung, er habe das Messer erst nach der Tat in seine Jackentasche gesteckt, nicht zu widerlegen. Dem Beschluss lässt sich indes bei verständiger Würdigung entnehmen, dass die Kammer damit nur zum Ausdruck gebracht hat, dass das Beweisergebnis einen zwingenden Schluss nicht zulasse, sie den bloß möglichen Schluss aber nicht ziehen wollte.
Den Antrag auf Vernehmung einer Leumundszeugin (Ziffer [X.]

) hat die [X.] zu Recht abgelehnt, weil sie sich zu der Beweiserhebung nicht gedrängt sehen
musste. Angesichts der Vielzahl der Beweismittel, die die Aussage des Zeugen I.

stützten,
lag eine Situation "Aussage gegen Aussage" ohnehin nicht vor.
[X.]Pfister [X.] befindet sich

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Gericke Spaniol

Meta

3 StR 351/14

30.09.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2014, Az. 3 StR 351/14 (REWIS RS 2014, 2556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2556

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 351/14

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