Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2004, Az. II ZR 322/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1247

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 322/03 Verkündet am: 11. Oktober 2004 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2004 durch [X.] Dr. Goette, [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 10. Dezember 2002 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von ihr wegen [X.] gekündigter Darlehen in Anspruch, mit denen dieser seinen [X.] zur [X.], Fonds Nr. 32 (im folgenden: Fonds, [X.]), finanzierte.
Die [X.] war von der [X.] (im folgenden: [X.]) und deren Geschäftsführer [X.] am 17. März 1993 gegründet worden. [X.] 3 - schaftszweck war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnützung und Verwaltung der Grundstücke [X.] 6 und [X.] in [X.] sowie [X.] in D.. Die Einlage des Beklagten betrug [X.] (2 x 30.650,00) DM und wurde in vollem Umfang durch zwei von der Klägerin gewährte, durch [X.] besicherte Kredite finanziert, für welche der Beklagte am 22. September 1993 zwei Darlehensanträge unterzeichnet hatte.
Das Vertriebssystem des Fonds brach 1997 zusammen. Im Oktober 1997 wurde über das Vermögen der [X.] das Konkursverfahren eröffnet. Der Initiator des Fonds, [X.], wurde 2001 wegen Betruges, Un- treue, Konkursverschleppung und Bankrotts hinsichtlich einiger der von ihm initiierten Fonds rechtskräftig verurteilt.
Der Beklagte hat bereits vorprozessual von der Klägerin Schadensersatz gefordert, weil diese ihre Aufklärungspflichten über die "wirtschaftliche Sinnlo-sigkeit" des Projekts verletzt habe und ihr insbesondere auch die grob falschen Angaben des nicht nur für den Initiator, sondern auch für die Klägerin tätigen Vermittlers [X.] zuzurechnen seien. Im Rechtsstreit hat er deswegen die Ansicht vertreten, die Klägerin könne von ihm Rückzahlung des Darlehens nicht verlangen und habe Zug um Zug gegen Abtretung seiner Fondsbeteili-gungen - abzüglich erhaltener Ausschüttungen - die von ihm gezahlten Zinsen zu erstatten. Ferner hat er während des Rechtsstreits den Widerruf der [X.] nach dem [X.] erklärt.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit ihrer vom [X.]at zugelassenen Revision will die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils erreichen. - 4 - Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] 1. Mit Recht - von der Revision, da ihr günstig, auch nicht angegriffen - hält das Berufungsgericht den Widerruf der Darlehensverträge durch den [X.] für unwirksam. Ein Telefonanruf des Anlage- und Kreditvermittlers am Arbeitsplatz des Beklagten zur Vereinbarung eines Beratungsgesprächs in den Räumen des Vermittlers erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht (vgl. [X.], [X.]. v. 16. Januar 1996 - [X.], [X.], 373, 374 f.).
2. Mit der Begründung, dem Beklagten stehe ein Schadensersatzan-spruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß wegen unzureichender Aufklärung gegen die Klägerin zu, läßt sich - wie die Revision zutreffend rügt - die Abweisung der Klage nicht rechtfertigen.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] hat die [X.], die eine Vermögensanlage finanziert, aber mit dem Kreditnehmer - wie hier - keinen Beratungsvertrag geschlossen hat, keine allgemeine Aufklä-rungs- und Hinweispflicht. Solche Pflichten bestehen nur, wenn die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinaus geht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder bezüglich der Risiken der Anlage einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat (vgl. [X.], [X.]. v. 23. März 2004 - [X.], [X.], - 5 - 1188, 1191 m.w.N.). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muß sich die Kläge-rin die Erklärungen des Vermittlers [X.], die dieser dem Beklagten unter der Überschrift "Warum [X.]?" schriftlich gegeben hat, nicht zurechnen lassen, weil dieser nicht im [X.] der Klägerin tätig war. Seine Erklä-rungen bezogen sich, wie schon die Überschrift erkennen läßt, allein auf die Fondsbeteiligung. Daß [X.] die Prüfung der Legitimation des Beklagten für die Klägerin durchgeführt hat, indem er die Nummer des Reisepasses des Beklagten, die ausstellende Behörde und das Ausstellungsdatum auf dem ent-sprechenden Formular der Klägerin vermerkte und das Formular über den vor-gedruckten Worten "Mitarbeiter der Bank" unterschrieb, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.
3. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Begründung des Berufungsurteils kommt eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils, wie sie die [X.] erstrebt, nach dem gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits nicht in Betracht. Zugunsten des Beklagten ist sein Vortrag als richtig zu unterstellen, daß [X.] ihn über das Anlageprojekt und die Liquiditätsberechnung bewußt falsch informiert und dadurch zu dem Beitritt bewogen hat. Daß sich daraus auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) gestützte Gegenrechte des Beklagten ergeben können, hat das Berufungsge-richt schon mit der Erwägung abgelehnt, es liege kein verbundenes Geschäft vor. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Wie der [X.]at in seinem [X.]eil vom 21. Juli 2003 ([X.], [X.], 1592, 1593 f.; ebenso [X.]eile vom 14. Juni 2004 - [X.], [X.], - 6 - 1394, 1396 und [X.], [X.], 1402, 1405, sowie [X.], [X.]. v. 23. September 2003 - [X.], [X.], 2232, 2233 f.) entschieden hat, finden auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer [X.] gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltli-che Leistung gleichzustellen ist. Der Beitritt des Beklagten zur Fondsgesell-schaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der [X.] sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des [X.]ats vor, wenn sich die [X.] und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. [X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 1592, 1594; v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1394, 1396, 1398 und [X.], [X.], 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin, die nach den Feststellungen des erstinstanzlichen [X.]eils die Finanzierung der Beteiligungen der [X.] Gesellschafter bereits vorab gebilligt hatte, hat sich bei der Darlehensver-gabe des von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmens bedient und diesem ihre Vertragsformulare zur Verfügung gestellt.
b) Wird der Anleger bei dem Beitritt über die Bedingungen der Fondsan-lage getäuscht, so kann er bei Vorliegen eines [X.] nicht nur sei-ne Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem [X.] alle [X.] entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Grün-dungsgesellschafter des Fonds hat. Denn diese sind in dem Dreiecksverhältnis des [X.] Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu [X.]. Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung, Verschulden bei [X.] 7 - schluß und ggf. § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 bzw. § 264 a StGB sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der [X.] nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darle-hensvertrag geschlossen ([X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1394, 1400 und [X.], [X.], 1402, 1406).

Im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG bedeutet das, daß der [X.] dem [X.] nur seine Fondsanteile einschließlich der aus der Fehlerhaftigkeit ihres Erwerbs folgenden Schadensersatzansprüche abtreten muß, ihm jedoch die Darlehensvaluta, die nicht an ihn, sondern an den [X.] geflossen ist, nicht zurückzuzahlen braucht. Zugleich hat er im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. [X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 1592, 1595) gegen die Bank Anspruch auf Rückgewähr der von ihm auf Grund des [X.], soweit sie aus seinem Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds stammten. Im Wege des [X.] muß er sich die [X.] anrechnen lassen, denen keine Nachzahlungsansprüche des [X.] gegenüberstehen (vgl. [X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.] 1394, 1400 und [X.], [X.], 1402, 1407).
c) Danach braucht der Beklagte - ausgehend von seinem für das [X.]sverfahren maßgeblichen Vortrag - der Klägerin die Darlehen nicht zurückzu-zahlen, sondern schuldet ihr nur die - ihr vorprozessual mit Anwaltsschreiben vom 10. November 1999 bereits angebotene - Überlassung der ihr als Sicher-heit abgetretenen Fondsanteile.
I[X.] Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es klärt, ob der Beklagte durch falsche Prospektangaben oder den Gründungsge-- 8 - sellschaftern und Fondsinitiatoren zuzurechnende falsche Angaben des [X.] zu dem [X.] veranlaßt worden ist.

[X.] [X.]

Gehrlein [X.]

Meta

II ZR 322/03

11.10.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2004, Az. II ZR 322/03 (REWIS RS 2004, 1247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1247

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