Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2004, Az. IX ZB 349/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3300

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[X.]BESCHLUSS

[X.] 349/02
vom 6. Mai 2004 in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja

ZPO § 577 Abs. 2 Satz 1

Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) gilt im Beschwerde-verfahren, auch nach Aufhebung und Zurückverweisung.

[X.] § 63 Abs. 1

Wer sich mit falschem Diplomtitel unter Vorspiegelung nicht vorhandener Qualifikation in strafbarer Weise die Bestellung zum Insolvenzverwalter er-schleicht, ist von der Festsetzung einer Vergütung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausgeschlossen.

BGB § 812, [X.] § 63 Abs. 1, § 64
- 2 -

Ein Insolvenzverwalter, dem ein Anspruch auf Vergütung nach § 63 Abs. 1 [X.] zu versagen ist, kann einen Bereicherungsanspruch nicht im Vergü-tungsfestsetzungsverfahren nach § 64 [X.] geltend machen.

[X.], [X.]uß vom 6. Mai 2004 - [X.] 349/02 - [X.] [X.]
- 3 -

Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Kreft und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]
am 6. Mai 2004 beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der [X.]uß der 4. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 18. Juli 2002 und der [X.]uß des Amtsgerichts [X.] vom 11. Januar 2002 unter Zurückweisung im übrigen wie folgt abgeändert:
Zugunsten des Antragstellers werden für die vorläufige Insolvenz-verwaltung eine Vergütung von 5.551,55 • (10.857,89 DM) und Auslagen von 296,55 • (580,00 DM), für die Insolvenzverwaltung eine Vergütung von 12.336,78 • (24.128,64 DM) und Auslagen von 889,65 • (1.740,00 DM) jeweils einschließlich 16 % [X.] zu Lasten der Insolvenzmasse festgesetzt. Die [X.] Anträge werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Beschwerdeverfahren 4 [X.]/00 [X.] Zwei-brücken und 3 [X.]/00 O[X.] [X.] tragen der [X.] 85 %, die Insolvenzmasse 15 %. Von den Kosten des [X.]/02 [X.] [X.] und des Rechts-beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 88 %, die [X.] 12 %.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 154.329,70 •
(301.842,66 DM). - 4 -

Gründe:
[X.]
Das Amtsgericht hat den Antragsteller unter dem Titel "[X.]" mit [X.]uß vom 2. Dezember 1999 zum vorläufigen Insolvenzverwal-ter, mit Eröffnungsbeschluß vom 23. Dezember 1999 zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 22. März 2000 wurde er von der Gläubigerversammlung abgewählt. Tatsächlich besitzt der Antragsteller, der in seinen Schreiben und auf seiner Internetseite als "Diplom-Kaufmann" auftrat, keinen Hochschulabschluss und wurde deswegen im Jahre 2002 wegen Missbrauchs von Titeln rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt.

Seinem Antrag, die Vergütung und Auslagen für seine Insolvenzverwal-tertätigkeit auf insgesamt 250.056,13 DM festzusetzen, hat das Amtsgericht mit [X.]uß vom 8. August 2000 nur in Höhe von 37.306,53 DM entsprochen und das weitergehende Begehren zurückgewiesen. Die hiergegen beim [X.] eingelegte Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos. Das Oberlandesge-richt hat die weitere Beschwerde zugelassen, den [X.]uß des [X.]s aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zu-rückverwiesen, weil Amts- und [X.] eine neue Rechtsprechung des [X.] nicht berücksichtigt hatten, die sich zugunsten des [X.] auswirken konnte.

Der Antragsteller hat sein Begehren korrigiert und verlangt nunmehr Ver-gütung und Auslagen von insgesamt 301.842,66 DM. Das Amtsgericht hat die-sen Antrag mit [X.]uß vom 11. Januar 2002 in vollem Umfang zurückgewie-sen, weil sich nunmehr herausgestellt habe, daß der Antragsteller für das Amt - 5 -

des Insolvenzverwalters ungeeignet gewesen sei und einen Hochschulabschluß vorgetäuscht habe. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde hiergegen zurückgewiesen. Der Antragsteller verfolgt sein Begehren mit der Rechtsbe-schwerde weiter.

I[X.]

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 7 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO), hat jedoch nur teilweise Erfolg.

1. Die angefochtene Entscheidung ist [X.], soweit die Festsetzungsanträge auch in dem Umfang, in dem das Amtsgericht ihnen mit [X.]uß vom 8. August 2000 stattgegeben hatte, zurückgewiesen werden. Dies verstößt gegen das prozessuale Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius), das entsprechend den Vorschriften für die Berufung (§ 528 Satz 2 ZPO; vgl. [X.]/[X.]/[X.], 24. Aufl. § 528 Rn. 24 ff; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 528, Rn. 23), die Revision (§ 557 Abs. 1 ZPO; vgl. [X.]/[X.] [X.]O § 557 Rn. 1; Musielak/Ball, [X.]O § 557 Rn. 7) und die Rechtsbeschwerde (§ 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. Musielak/Ball, [X.]O § 577 Rn. 3) für diese Rechtsmittel gleichermaßen zur Anwendung kommt. Dasselbe gilt für die [X.], auf die das [X.] [X.] entschieden hat, sowie für die Beschwerde allgemein (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl. § 575 Rn. 8; Musielak/Ball, [X.]O § 572 Rn. 14).
- 6 -

a) Die vollständige Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung durch das [X.] im Streitfall steht der Geltung des [X.] nicht entgegen.

Die teilweise vertretene Auffassung, das Untergericht sei nach vollstän-diger Aufhebung und Zurückverweisung "frei" und habe die nunmehr "richtige" Entscheidung zu treffen, auch wenn dadurch die Position des [X.] verschlechtert werde [X.], [X.] 1978, 525, 529; [X.] 1980, 481, 484 f; [X.]/[X.]/[X.], [X.]O § 538 Rn. 61, § 572 Rn. 43), vermag nicht zu überzeugen. Wenn das Rechtsmittelgericht nicht in der Sache ent-scheidet, sondern die angefochtene Entscheidung aufhebt und zurückverweist, darf dies den Rechtsmittelführer nicht schlechter stellen als eine eigene Sach-entscheidung des Rechtsmittelgerichts. Vielmehr ist es auch nach dem Grund-satz des fairen Verfahrens geboten, ihn davor zu schützen, auf sein eigenes Rechtsmittel hin in seinen Rechten über die mit der angegriffenen Entscheidung verbundene Beschwer hinaus weiter beeinträchtigt zu werden ([X.] 85, 180, 185 f; [X.], [X.]. v. 18. Dezember 1985 - [X.], NJW 1986, 1494, 1495). Das Verschlechterungsverbot hat deshalb auch in diesen Fällen zu [X.], so daß die neue Entscheidung dem Rechtsmittelführer zumindest das ge-währen muß, was ihm die allein von ihm ursprünglich angefochtene Entschei-dung zubilligte ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 1985 [X.]O; [X.]. v. 24. Mai 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 1404; [X.]. v. 15. Oktober 1993 - [X.], NJW 1994, 586, 588; Musielak/Ball, [X.]O § 563 Rn. 16; [X.], ZPO 5. Aufl. § 565 Rn. 4).

Die Entscheidung des VII[X.] Zivilsenat vom 15. Februar 1995 zum [X.] ([X.] ZR 126/94, NJW 1995, 1673 unter [X.]) steht dem nicht entgegen, weil das Berufungsgericht in dem dort entschiedenen Fall auch - 7 -

in seinem ersten, in der Revisionsinstanz aufgehobenen [X.]eil das Rechtsmittel gegen das klageabweisende Ersturteil in vollem Umfang zurückgewiesen hatte und in seiner neuen Entscheidung lediglich eine Parteierklärung nunmehr ab-weichend und zum Nachteil des [X.] wertete.

b) Das Verbot der reformatio in peius tritt im Streitfall auch nicht hinter anderen, bei Abwägung als vorrangig zu wertenden Rechtsgrundsätzen (vgl. hierzu [X.], [X.]. v. 18. Dezember 1985 [X.]O) zurück.

Insbesondere ist ein Wiederaufnahmegrund für das Verfahren nicht er-sichtlich. Das [X.] ist zwar gemäß § 4 [X.], §§ 578 ff ZPO entsprechend auf [X.]üsse in Insolvenzverfahren anwendbar (O[X.] Karlsruhe NJW 1965, 1023; MünchKomm-[X.]/Ganter, § 6 Rn. 86 f m.w.[X.]; HK-[X.]/ Kirchhof, 3. Aufl. § 6 Rn. 38 m.w.[X.]; [X.]/[X.], [X.]O Rn. 14 vor § 578; Musielak [X.]O, § 579 Rn. 13, 18). Der gegen den Antragsteller ergangene Strafbefehl vom 12. September 2001 und die [X.] vom 27. Februar und 15. Mai 2002 stellen auch Urkunden im Sinne von § 580 Nr. 7b ZPO, § 4 [X.] dar (vgl. [X.], [X.]. v. 6. Juli 1979 - [X.], [X.], 1000, 1001; [X.]. v. 7. November 1990 - [X.], NJW-RR 1991, 380, 381; Musielak [X.]O, § 580 Rn. 20). Diese lagen jedoch erst vor, als der Festsetzungsbeschluß be-reits ergangen war. Urkunden, auf die ein Restitutionsverfahren gestützt werden soll, müssen indes spätestens in dem Zeitpunkt errichtet worden sein, in dem sie im Vorprozeß noch hätten benutzt werden können ([X.] 30, 60, 65; [X.], [X.]O § 580, Rn. 21). Dies ist bei nachträglich erlassenen Strafbefehlen und [X.]n nicht der Fall (vgl. [X.], [X.]. v. 6. Juli 1979 [X.]O).

Darüber hinaus wäre dem Schuldner bzw. dem neuen Insolvenzverwalter auch eine Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO gegen einen rechts-- 8 -

kräftigen, als Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dienen-den [X.] verwehrt gewesen. Gegen den [X.] als Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet zwar gemäß § 795 Satz 1 ZPO die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO entsprechende Anwendung ([X.], [X.]. v. 5. Januar 1995 - [X.] ZR 241/93, [X.], 290, 291). Die tatsächlichen Umstände, auf die Amts- und [X.] den Ausschluß der Vergütung gestützt haben, lagen aber von Anfang an vor. Auf diese Einwendung kann gemäß § 767 Abs. 2 ZPO eine Voll-streckungsabwehrklage nicht gestützt werden, weil es insoweit nur auf das [X.] des [X.], nicht auf eine Kenntnis hiervon ankommt ([X.] 61, 25, 26; [X.]/[X.], [X.]O § 767 Rn. 14). Die strafrechtliche Verur-teilung als solche ist keine für eine Vollstreckungsgegenklage relevante neue Tatsache im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO.

2. Keinen Erfolg hat das Rechtsmittel indes, soweit die Instanzgerichte dem Antragsteller über das vom Grundsatz des Verschlechterungsverbotes [X.] hinaus eine Vergütung nicht zuerkannt haben.

a) Der Antragsteller genießt wegen des Verbots der Schlechterstellung nur Besitzstandsschutz hinsichtlich der vom Amtsgericht ursprünglich im Ge-samtergebnis der Höhe nach zuerkannten Vergütungsfestsetzung. Dem Insol-venzgericht war es jedoch nicht verwehrt, die Berechtigung der Vergütungsfor-derung dem Grunde nach zu überprüfen.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die Gerichte bei der Prüfung der Frage, ob dem Rechtsmittelführer dem Grunde nach [X.] zustehen, entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO a.F. nicht daran gebunden, daß das Rechtsmittelgericht in seiner Entscheidung von der Berechtigung des [X.]

spruchs dem Grunde nach ausgegangen ist. Eine Bindungswirkung besteht nur hinsichtlich der rechtlichen Würdigung, die der Aufhebung unmittelbar zugrunde lag, nicht aber insoweit, als das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entschei-dung (stillschweigend) billigt (vgl. [X.] 3, 321, 326; 22, 370, 374; [X.], [X.]. v. 15. Februar 1995 - [X.] ZR 126/94, NJW 1995, 1673; [X.], [X.]O § 565 Rn. 10, 13). Das [X.] [X.] hat die Aufhebung und Zurückverweisung damit begründet, daß bei der Festsetzung der Vergütung die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des [X.] vom 14. Dezember 2000 ([X.] 146, 166 ff) zur Einbeziehung von mit Aus- oder Absonderungsrechten belasteten Gegenständen noch keine Berücksichtigung habe finden können, was sich als Rechtsfehler darstelle, der sowohl für die [X.] als auch die endgültige Verwaltervergütung eine erneute Befassung des [X.] erforderlich mache. Eine Bindung hinsichtlich der logisch vorrangigen Frage, ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines [X.] dem Grunde nach vorliegen, kommt danach nicht in Betracht.

Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung auch dann, wenn das [X.], an das zurückverwiesen wird, neue Tatsachen feststellt und auf der Grundlage eines geänderten maßgeblichen Sachverhaltes entscheidet (vgl. [X.] 45, 316, 319; 132, 6, 10; [X.], [X.]. v. 27. November 1991 - [X.] ZR 225/90, NJW-RR 1992, 611, 612; [X.]/[X.], [X.]O § 575 Rn. 13). So liegt der Fall hier. Der Umstand, daß der den Titel "Diplom-Kaufmann" führende Antragsteller nicht über einen Hochschulabschluß verfügt, war mangels entsprechender Feststellungen zum damaligen Zeitpunkt nicht Gegenstand der Prüfung durch das [X.].

b) Das [X.] hat seine Entscheidung, dem Antragsteller eine [X.] insgesamt zu versagen, darauf gestützt, daß er die - 10 -

gesetzlichen Anforderung an die Qualifikation eines Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 [X.]) nicht erfülle. Er habe entgegen dem von ihm erweckten Anschein über keinen kaufmännischen Hochschulabschluß verfügt und im übrigen Hinrei-chendes für seine persönliche Qualifikation und die zur Amtsführung erforderli-che ausreichende Geschäftskunde im [X.] nicht hinreichend darzulegen vermocht.

Diese Würdigung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.

[X.]) Das [X.] hat zutreffend angenommen, daß der Antragsteller für das Amt eines Insolvenzverwalters als fachlich ungeeignet anzusehen ist. Die Auffassung, ein Insolvenzverwalter habe seine Geeignetheit für dieses Amt darzutun und zu belegen, wenn er bei seiner Bestellung einen Hochschulab-schluß vorgetäuscht hat, ist rechtsfehlerfrei. Der gemäß § 5 [X.] - auch für das [X.] geltende (vgl. HK-[X.]/Kirchhof, [X.]O § 5 Rn. 5) - [X.] steht dem nicht entgegen, weil das Gericht ausreichende Erkenntnismöglichkeiten über persönliche Umstände des [X.] nicht hat und insoweit auf dessen Mitwirkung angewiesen ist. Die ausführlich begründete Würdigung, mit der das Beschwerdegericht die zum beruflichen Werdegang vorgetragen Umstände und Belege nicht als [X.] erachtet hat, ist ebenfalls frei von [X.]: Wenn das Beschwer-degericht die Vorlage unbeglaubigter Kopien von Arbeitszeugnissen und Visi-tenkarten nicht als ausreichend erachtet, begegnet dies wegen der Täuschung über den Hochschulabschluß und vor dem Hintergrund, daß im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens beim Antragsteller eine gefälschte Ab-lichtung von einer Diplomurkunde sichergestellt wurde, keinen Bedenken. - 11 -

Der Antragsteller war im übrigen unter Zugrundelegung der Feststellun-gen des [X.]s für das Amt auch persönlich ungeeignet. Zu den persönli-chen Anforderungen an den Insolvenzverwalter gehören neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, beispielsweise seine Ehrlichkeit (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O § 56 Rn. 36). Wer eine akademische Ausbildung vortäuscht und sich dabei eines Mißbrauchs von Titeln gemäß § 132a Abs. 1 StGB strafbar macht, um seine Bestellung zu erschleichen, wird den charakterlichen und persönlichen Anforderungen, die an einen Insolvenz-verwalter zu stellen sind, nicht gerecht. Im Hinblick auf die mit diesem Amt ver-bundene besondere Vertrauensstellung sind Insolvenzverwalter, die schwerwie-gende Zweifel an ihrer beruflichen Zuverlässigkeit und Redlichkeit begründen, für die Verfahrensbeteiligten nicht tragbar.

[X.]) Die Ungeeignetheit für das Amt allein rechtfertigt es entgegen der Auffassung des [X.] indes nicht, dem Antragsteller die Festset-zung einer Vergütung nach den Vorschriften der [X.] zu versagen.

Anders als beispielsweise bei den Gebühren für Anwälte, Notare oder Ärzte ist das Bestehen eines Anspruchs auf Insolvenzverwaltervergütung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht davon abhängig, daß der Leistende über einen bestimmten akademischen Abschluß verfügt. Während z.B. nur ein approbierter Arzt Vergütung für kassenärztliche Leistungen verlangen kann, so daß die kas-senärztliche Vereinigung Honorare im Verwaltungsverfahren zurückfordern darf, wenn der Leistungsempfänger seine ärztliche [X.] vorgespiegelt hat (vgl. [X.] ZfS 1970, 223, 225), gelten für die Vergütung eines wirksam bestellten Insolvenzverwalters entsprechend enge [X.] nicht. Auch die Anwendung der Vergütungsregelungen für Vormünder, Be-- 12 -

treuer und Pfleger (vgl. §§ 1835 ff, § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1915 Abs. 1 BGB) setzt eine bestimmte berufliche Ausbildung nicht voraus. Entsprechendes gilt für die [X.], die nach der Rechtsprechung des [X.] nicht nur für eingetragene Architekten und Ingenieure, sondern grundsätzlich für alle na-türlichen Personen maßgebend ist, die Architektenleistungen erbringen ([X.], [X.]. v. 22. Mai 1997 - [X.], NJW 1997, 2329, 2330). Daß in der Insol-venzordnung eine akademische Ausbildung des Insolvenzverwalters nicht aus-drücklich verlangt wird, hat auch das Beschwerdegericht nicht verkannt.

Die Insolvenzverwaltervergütung ist als reine Tätigkeitsvergütung ausge-staltet, so daß der Einwand mangelhafter oder erfolgloser Leistung - von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen abgesehen - die Höhe der Vergütung grundsätzlich nicht zu beeinflussen vermag (vgl. [X.], [X.]O § 63 Rn. 14; H[X.]rmeyer/Wutzke/[X.], [X.] 3. Aufl. vor § 1 Rn. 49). [X.] hat erst recht dann zu gelten, wenn konkrete Fehler bei der [X.] nicht festgestellt sind, sondern es lediglich um die mangelhafte fachliche und persönliche Eignung des Verwalters zur Ausübung des Amtes geht. Deshalb hat auch ein Verwalter, der gemäß § 59 Abs. 1 [X.] vom Insol-venzgericht aus wichtigem Grund entlassen worden ist, grundsätzlich einen [X.] auf Festsetzung der Vergütung für seine bisherige Tätigkeit (vgl. Uhlen-bruck, [X.]O § 59 Rn. 24).

[X.]) Dem Antragsteller ist eine Vergütung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] jedoch deshalb zu versagen, weil er gegenüber dem Insolvenzgericht über sei-ne akademische Qualifikation in strafbarer Weise getäuscht und sich dadurch die Bestellung zum Insolvenzverwalter erschlichen hat.
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(1) Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des [X.]s hat sich der Antragsteller in den beim Insolvenzgericht anhängigen Verfahren, in denen er als Verwalter oder Sachverständiger eingesetzt war, auf seiner [X.] und auch gemäß den Verlautbarungen des Handelsregisters unzutref-fend als Diplom-Kaufmann ausgegeben, so daß auch der damalige [X.] bei seiner Bestellung davon ausging, er habe ein betriebswirtschaftliches Studium erfolgreich abgeschlossen und die vorgespiegelte Qualifikation tat-sächlich besessen.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedarf es darüber hin-aus keiner tatrichterlichen Feststellungen, daß der [X.] den [X.] gerade aufgrund der vorgespiegelten Qualifikation bestellt hatte und es umgekehrt zu dessen Ernennung nicht gekommen wäre, wenn der fehlende akademische Abschluss bekannt gewesen wäre. Der Antragsteller war fachlich und aufgrund der strafbaren Täuschung auch persönlich ungeeignet für das Amt. Dem [X.] wäre es deshalb bei Kenntnis der zugrunde liegen-den Umstände aus Rechtsgründen verwehrt gewesen, ihn zum [X.] zu bestellen. Die Täuschungshandlung des Antragstellers ist danach als ursächlich für seine Bestellung anzusehen.

(2) Wer sich mit falschem Diplomtitel unter Vorspiegelung nicht vorhan-dener Qualifikation das Amt des Insolvenzverwalters erschleicht, ist von der Festsetzung einer Vergütung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausgeschlossen.

[X.]) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, daß nach dem Grundge-danken des § 654 BGB ein an sich begründeter Gebühren- oder Vergütungsan-spruch verwirkt sein kann, wenn ein Dienstverhältnis besondere Treuepflichten begründet und der Dienstleistende gegen diese verstößt. Besonders schwer-- 14 -

wiegende, insbesondere strafrechtlich relevante Pflichtverstöße können [X.] entfallen lassen.

Nach der Rechtsprechung des [X.] enthält die Bestim-mung des § 654 BGB einen von der [X.] und Sorgfaltspflicht des Maklers aus-gehenden allgemeinen Rechtsgedanken und ist demgemäß auch allgemein dann anzuwenden, wenn ein Makler unter vorsätzlicher oder grob leichtfertiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seiner Auftraggeber in wesentlicher Weise zuwidergehandelt hat. Die Verwirkung des Anspruchs auf [X.] hat Strafcharakter und soll den Makler bei Vermeidung des Verlu-stes seiner Vergütung dazu anhalten, die ihm gegenüber seinem Auftraggeber obliegende Treuepflicht zu wahren. Daß dem Auftraggeber ein Schaden ent-standen ist, setzt die Anwendung der Vorschrift nicht voraus. Entscheidendes Gewicht liegt bei der Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit der Treupflichtverlet-zung, aufgrund derer sich der Makler den Lohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat, sondern sich seines Lohnes "unwürdig" erweist ([X.] 36, 323, 327; [X.], [X.]. v. 24. Juni 1981 - [X.], NJW 1981, 2297; [X.]. v. 13. März 1985 - [X.], [X.], 1276, 1277).

Diese Grundsätze hat die höchstrichterliche Rechtsprechung im Falle vorsätzlicher oder mindestens grob fahrlässiger Pflichtverletzungen entspre-chend angewandt auf den Testamentsvollstrecker ([X.], [X.]. v. 5. Mai 1976 - [X.], [X.], 771, 772; [X.]. v. 13. Juni 1979 - [X.], [X.] 1980, 164, 165), den Rechtsanwalt (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Januar 1981 - [X.], NJW 1981, 1211, 1212; [X.]. v. 30. März 1995 - [X.] ZR 182/94, [X.], 1288) sowie den Vormund oder Pfleger (BayOb[X.]Z 1991, 272, 275). - 15 -

Dem Konkurs- oder Insolvenzverwalter wurde der Vergütungsanspruch aberkannt, wenn er besonders schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzungen in Form von strafbaren Handlungen (z.B. Unterschlagungen) zum Nachteil der Masse begangen hatte (O[X.] Karlsruhe Z[X.] 2000, 617; [X.] Konstanz Z[X.] 1999, 589; [X.] Z[X.] 2000, 517, 518; [X.] Z[X.] 2001, 69, 70; vgl. auch [X.], Vergütungsrecht/[X.] 2. Aufl. vor § 1, Rn. 16a; H[X.]rmeyer/Wutzke/[X.], [X.]O § 3 Rn. 78).

[X.]) Vergütungsansprüche können über die genannten Fälle schwerwie-gender Verletzungen von Amtspflichten hinaus auch dann ausgeschlossen sein, wenn ein Amtsträger vor seiner Bestellung und vor der Begründung von Amtspflichten im engeren Sinne durch erfolgreiche Täuschung eine fehlende Qualifikation vorspiegelt. Wer durch solches Verhalten in strafbarer Weise die Bestellung zum Insolvenzverwalter erschleicht und damit zur Verfolgung eige-ner wirtschaftlicher Interessen eine Gefährdung der erfolgreichen Abwicklung des Insolvenzverfahrens in Kauf nimmt, kann eine Festsetzung der Vergütung nach der [X.] nicht verlangen.

Die Versagung der Vergütung kommt allerdings nur bei gewichtigen, vor-sätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtverstößen in Betracht. Da der Insolvenzverwalter einen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich ver-bürgten Anspruch auf eine seiner Qualifikation und Tätigkeit angemessene Vergütung hat (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Januar 2004 - [X.] 96/03, [X.], 589, 590 f), gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist. - 16 -

Die strafbare Täuschung über die Qualifikation hat jedoch so erhebliches Gewicht, daß ein Ausschluß von der Vergütungsfestsetzung nicht unverhältnis-mäßig ist.

Das Insolvenzgericht hat bei der Auswahl für den konkreten Fall geeigne-ter, insbesondere geschäftskundiger Verwalter im Sinne von § 56 [X.] deren persönliche und fachliche Eignung sorgfältig zu überprüfen und ist dabei auf wahrheitsgemäße Angaben angewiesen. Auch wenn das Gesetz eine bestimm-te Aus- und Vorbildung nicht verlangt, liefert eine formelle Qualifikation wie die eines Diplom-Kaufmanns ein wichtiges Indiz für die betriebswirtschaftliche Sachkunde, die neben weiteren Kriterien für die generelle Eignung eines [X.] entscheidend ist (vgl. [X.] Z[X.] 2002, 309, 311). Daß die vom jeweiligen Bewerber angegebene Ausbildung der tatsächlich vorhandenen entspricht, ist von erheblicher Bedeutung: Ohne nachgewiesene juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse kommt eine Bestellung zum Insolvenzverwal-ter nur in Ausnahmefällen in Betracht ([X.] [X.]O). Im Hinblick auf die [X.] schwierige Prüfung der Geeignetheit des Bewerbers für den konkreten Fall und der praktischen Geschäftserfahrenheit muß jedenfalls über die formale Qualifikation von vornherein Gewißheit bestehen.

Wegen der zentralen Rolle, die dem Insolvenzverwalter als wichtigstem Organ des Verfahrens zukommt, bestimmt dessen Qualifikation das Schicksal des Insolvenzverfahrens wesentlich (vgl. [X.], [X.]O § 56 Rn. 1). Wer sich wie der Antragsteller die besondere Vertrauensstellung, die der [X.] bei Wahrnehmung der ihm obliegenden treuhänderischen Aufgaben ge-nießt, durch Täuschung über seine Qualifikation in strafbarer Weise erschleicht, gefährdet damit die Belange des Schuldners und der Insolvenzgläubiger erheb-lich. Er handelt darüber hinaus grob rücksichtslos, weil er sich im Interesse ei-- 17 -

gener wirtschaftlicher Vorteile über die Belange der übrigen Verfahrensbeteilig-ten hinwegsetzt. Diese subjektive Vorwerfbarkeit und die erhebliche Gefähr-dung des Insolvenzverfahrens rechtfertigen es, ihm den Rechtsanspruch auf eine Vergütung zu versagen, die er anderenfalls auf Kosten der [X.] und aller Verfahrensbeteiligten, die auf seine berufliche Lauterkeit ver-traut haben, erzielen würde.

3. Ob ein Anspruch des Antragstellers aus ungerechtfertigter Bereiche-rung in Betracht kommt, hat der [X.] nicht zu entscheiden. Ein solcher [X.] könnte jedenfalls nicht im [X.] gemäß § 64 [X.] geltend gemacht werden. Das gemäß § 3 Nr. 2e [X.] dem Rechtspfleger übertragene Verfahren auf Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung ist nicht dafür vorgesehen und geeignet, über materiell-rechtliche Ansprüche zu entscheiden, die ein Antragsteller außerhalb der insolvenzrechtlichen [X.] geltend macht. Das ist auch deshalb sachgerecht, weil im Ver-fahren der Vergütungsfestsetzung der Schaden nicht berücksichtigt werden könnte, welcher der Masse aufgrund der notwendig gewordenen Bestellung eines weiteren Insolvenzverwalters entstanden sein kann. Ebenso wie im Ko-stenfestsetzungsverfahren ist nämlich eine Aufrechnung gegen den [X.] mit einer streitigen Schadensersatzforderung prozessual ausge-schlossen, weil der hiermit befaßte Rechtspfleger nicht befugt ist, über eine nach Bestand und Höhe streitige Gegenforderung zu entscheiden ([X.], [X.]. v. 5. Januar 1995 - [X.] ZR 241/93, [X.], 290, 291). Ebensowenig wie der neue Insolvenzverwalter Schadensersatzforderungen gegen den Antragsteller im Rahmen des [X.] geltend machen darf, sondern - z.B. ge-gen den im Streitfall aus prozessualen Gründen aufrechtzuerhaltenden Festset-zungsbeschluß - Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO erheben müss-te (vgl. [X.] [X.]O), kann der Antragsteller im Verfahren nach § 64 [X.] eine - 18 -

Festsetzung etwaiger Ausgleichsansprüche verlangen, die ihm unter [X.] außerhalb der insolvenzrechtlichen Vergütungsregelungen zustehen.

4. Ob die für den Ausschluß der Vergütung geltenden Gründe auch den Anspruch des Antragstellers auf Festsetzung von Auslagen betreffen (ableh-nend [X.] Z[X.] 2000, 517, 518), kann dahinstehen, weil die insoweit ursprünglich erkannte Festsetzung des Amtsgerichts wegen des pro-zessualen Verbots der Schlechterstellung aufrechtzuerhalten ist.

Weitergehende Ansprüche auf Auslagenerstattung stehen dem [X.] nicht zu. Soweit er für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter eine pau-schalierte Auslagenerstattung nach den gemäß § 8 Abs. 3 [X.] geltenden Höchstsätzen für einen Zeitraum von vier Monaten beansprucht hatte, hat das Amtsgericht ihm zu Recht lediglich Auslagen für den Zeitraum seiner Bestellung von drei Monaten in Höhe von insgesamt 1.500,00 DM zuzüglich [X.] zuerkannt. Er war Insolvenzverwalter vom 23. Dezember 1999 bis 22. März 2000 und damit gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB lediglich für - 19 -

drei Monate. Maßgeblich ist die konkrete Dauer der Verwaltertätigkeit, nicht die Zahl der angefangenen Kalendermonate (H[X.]rmeyer/Wutzke/[X.], [X.]O § 8 Rn. 11; [X.], [X.] Vergütungsrecht 2. Aufl. § 8 Rn. 29).
Kreft [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

IX ZB 349/02

06.05.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2004, Az. IX ZB 349/02 (REWIS RS 2004, 3300)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3300

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