Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 110/13

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16214

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160216BXZR110.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZR 110/13
vom
16. Februar 2016
in der Patentnichtigkeitssache
-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am
16.
Februar 2016
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richter
Dr.
Grabinski
und Hoffmann, die Richterin Schuster und den Richter Dr.
Deichfuß

beschlossen:

Die Gegenvorstellung
der Klägerin
zu
2 gegen die Kostenent-scheidung wird verworfen.
Auf die Gegenvorstellung der Klägerin zu
2 gegen die Bestim-mung des Streitwertes durch Beschluss vom 25.
August 2015 wird der Streitwert für beide Instanzen auf 20.000.000

Gründe:
[X.] Mit Urteil vom 25.
August 2015 hat der Senat die Berufung der [X.] gegen das am 4.
April 2013 verkündete Urteil des Patentgerichts zurückge-wiesen und die im
zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten zu einem Viertel der Klägerin zu
2 und zu drei Vierteln der Beklagten auferlegt, die auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 zu tragen hat. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat der Senat zudem den Streitwert für beide Instanzen des Patentnichtigkeitsverfahrens auf 25.000.000

festgesetzt.
Die Klägerin zu
2 beantragt, die Gerichtskosten der Beklagten aufzuerle-gen und den Streitwert für
beide Instanzen auf 5.000.000

festzusetzen.
1
2
-
3
-
I[X.] 1.
Der Antrag, die Gerichtskosten der Beklagten insgesamt aufzuerle-gen, ist nicht statthaft. Ein entsprechender Ausspruch würde eine Änderung der Kostengrundentscheidung des Urteils vom 25.
August 2015 bedeuten. Der [X.] ist jedoch entsprechend §
318 ZPO zu einer Änderung dieser Entscheidung nicht befugt (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
November
2008

III
ZR
16/06, BeckRS 2009, 87613, Rn.
2).
Im Übrigen ist eine
Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel einge-legt wird (§
99 Abs.
1 ZPO
i.V.m.
§
121 Abs.
2 Satz
2
PatG), was
auch dann
gilt, wenn die Entscheidung in der Hauptsache

wie das Berufungsurteil im Pa-tentnichtigkeitsverfahren

keinem Rechtsmittel unterliegt und deshalb nicht zu-lässig eingelegt werden kann ([X.], Beschluss vom 15.
Mai 2012

VI
ZB
27/11, Rn.
20, MDR
2012, 795; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 7.
Aufl., 2015, §
99, Rn.
2).
Die Gegenvorstellung der Klägerin zu
2
kann auch nicht als Anhörungs-rüge
verstanden werden. Die Klägerin zu
2 zeigt nicht auf, dass der Senat rele-vantes Vorbringen gehörsrechtswidrig nicht berücksichtigt hat.
2. Soweit sich die Gegenvorstellung der Klägerin zu 2 gegen die Streit-wertbestimmung des Senats richtet, hat sie teilweise Erfolg.
Der Streitwert im Patentnichtigkeitsverfahren ist nach §
51 Abs.
1 GKG nach billigem
Ermessen zu bestimmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dafür der gemeine Wert des Patents bei Erhebung der Klage bzw. der Einlegung der Berufung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstan-denen Schadensersatzforderungen maßgeblich ([X.], Beschluss vom 11.
Ok-tober 1956
I
ZR
28/55, [X.], 79; Beschluss vom 7.
November 2006

X
ZR
138/04, [X.], 175
Sachverständigenentschädigung
IV; Be-3
4
5
6
7
-
4
-
schluss vom 28.
Juli 2009
X
ZR
153/04, [X.], 1100
Druckmaschinen-Temperierungssystem
III). Ist zu diesem Zeitpunkt über die streitige Höhe des wegen Verletzung des [X.] bereits entstandenen Schadens noch keine abschließende gerichtliche Entscheidung ergangen, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, den bezifferten Betrag der Schadensersatzforderung in vol-ler Höhe in die Wertbestimmung einzustellen (Beschluss vom 28.
Juli 2009, aaO). Mangels solcher oder weiterer Anhaltspunkte legt der Senat in ständiger Rechtsprechung die (vorläufige) Streitwertfestsetzung im Verletzungsverfahren zugrunde. Diese beziffert regelmäßig das Interesse des [X.] an der erstrebten Vernichtung des [X.], mit der der Patentverletzungskla-ge die Grundlage entzogen werden soll. Eine Streitwertfestsetzung im [X.] unterhalb dieses Betrages, der sich in der Regel unter dem Ge-sichtspunkt der Eigennutzung des [X.] durch den Patentinhaber um 25

erhöht, kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht
(grundlegend:
[X.], Beschluss vom 12.
April 2011

X
ZR
28/09, [X.], 757,
Rn.
2
f.

Nichtig-keitsstreitwert).
Dem gegenüber diesen Grundsätzen von der Klägerin zu
2 vorgebrach-ten
Bedenken, der Streitwert eines Verletzungsverfahrens sei nicht als Anhalts-punkt für den angemessenen Streitwert eines [X.]s geeignet, wenn die angegriffenen Produkte nicht in den Schutzbereich des Patentes fie-len, kann nicht beigetreten werden. Die Klägerin zu
2 übersieht, dass sich der gemeine Wert des [X.] nach dem objektiven Interesse an der Vernich-tung des [X.] richtet, mit dem zum Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. der Berufungseinlegung anhängigen Verletzungsverfahren die Grundlage ent-zogen werden soll, und damit auch unabhängig von dem
endgültigen
Ausgang dieser Verfahren ist.
8
-
5
-
Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 2 steht der Streitwert auch nicht zur Disposition des Nichtigkeitsbeklagten (=
Patentinhabers), wenn nach der Rechtsprechung des Senats die von den Verletzungsgerichten im Verletzungs-verfahren (vorläufig)
festgesetzten Streitwerte bei der [X.] im [X.] zugrunde gelegt werden. Im Übrigen steht es den [X.] des [X.]s frei, Umstände vorzutragen, die es im Einzelfall rechtfertigen, den Streitwert im [X.] höher oder niedriger
fest-zusetzen,
als es die in den Verletzungsverfahren bestimmten Streitwerte zuzüg-lich eines regelmäßigen Zuschlags von 25
% für die Eigennutzung des [X.] indizieren. Von einem Verstoß gegen Art.
3 und 19 Abs.
4 GG durch die Rechtsprechung des Senats zur [X.] im [X.] kann danach keine Rede sein.
Nach den Angaben der Beklagten, die von den Klägerinnen nicht in Ab-rede gestellt worden sind, war das Streitpatent Gegenstand von Verletzungs-verfahren gegen drei Beklagte und mit
diesen verbundene
Unternehmen, deren Streitwert auf 10.000.000

, 4.000.000

und zweimal 2.500.000

festgesetzt oder vorläufig festgesetzt wurden. Im Hinblick auf den (unbestrittenen)
Vortrag der Klägerin zu
2 in ihrer Gegenvorstellung, dass die Klägerin zu 1 und deren Muttergesellschaft in zwei getrennten Verletzungsverfahren wegen derselben Ausführungsformen in Anspruch genommen worden seien, ist der der in diesen Verfahren festgesetzte Streitwert von 2.500.000

allerdings nur einmal anzu-setzen, so dass sich
ein [X.] Streitwert der Verletzungsverfahren von 16.500.000

ergibt. Dieser erhöht sich im Hinblick
auf die Eigennutzung des [X.] um 25
%, woraus sich für das vorliegende [X.] in beiden Instanzen jeweils ein (abgerundeter) Streitwert von 20.000.000

er-rechnet. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Gegenstand des [X.]
von der Beklagten, einem der führenden Anbieter von tragbaren elektroni-schen Vorrichtungen mit berührungsempfindlichem Bildschirm, in der Vergan-9
10
-
6
-
genheit selbst verwertet
wurde
und das Streitpatent bei Einreichung der Klagen bzw. der Berufungen noch eine potentielle Laufzeit von etwa fünfzehn bzw. dreizehn Jahren
hatte. Im Übrigen sind der
Gegenvorstellung
keine Umstände
zu entnehmen, die
eine weitere Reduzierung des Streitwertes für das vorlie-gende Verfahren rechtfertigen.

Meier-Beck
Grabinski
Hoffmann

Schuster
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.04.2013 -
2 Ni 59/11 (EP)
verbunden mit 2 Ni 64/11 (EP) -

Meta

X ZR 110/13

16.02.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 110/13 (REWIS RS 2016, 16214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16214

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19 W (pat) 21/17

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X ZR 110/13

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