Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.02.2014, Az. B 12 KR 43/13 B

12. Senat | REWIS RS 2014, 8140

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - unmissverständliche Bezeichnung einer bestimmten Rechtsfrage des revisiblen Rechts - Bezeichnung der Divergenz - Ausführungen zum Widerspruch im Grundsätzlichen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. März 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. sozialversicherungspflichtig (abhängig) beschäftigt ist.

2

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21.3.2013 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 [X.] als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 [X.] [X.] keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das [X.] darf gemäß § 160 Abs 2 [X.] die Revision gegen eine Entscheidung des [X.] nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht ([X.]) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden ([X.] 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen.

4

Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom [X.] auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) und den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]).

5

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ([X.] § 160a [X.] 60 und 65; [X.]-1500 § 160a [X.]6 mwN - stRspr; vgl auch [X.], 304 und [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll ([X.] § 160a [X.] 31).

6

Die Klägerin wirft auf Seite 6 der Beschwerdebegründung die Frage auf,

        

"ob die [X.]-Rechtsprechung zu 'Arbeitnehmerbürgschaften bzw. Arbeitnehmerdarlehen' Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von 'mithelfenden Familienangehörigen' haben kann oder muss".

7

Zur Begründung führt sie aus, es sei in der Rechtsprechung des [X.] zu dem Problem der mithelfenden Familienangehörigen "noch nicht abschließend geklärt", ob das Eingehen von Bürgschaften bzw Betriebsdarlehen, welche im Sinne der [X.]-Rechtsprechung (Hinweis auf [X.], 302) für Arbeitnehmer als sittenwidrig nach § 138 BGB zu betrachten wären, "automatisch" für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spreche, oder ob diesem Kriterium nur "Indizwirkung" zukomme.

8

Hierdurch legt die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer die Zulässigkeit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde begründenden Weise gemäß § 160a Abs 2 [X.] [X.] dar. Mit ihrer Frage formuliert sie bereits keine hinreichend konkrete Rechtsfrage, die einer Klärung in einem späteren Revisionsverfahren zugänglich wäre, sondern fragt nur nach dem möglichen oder zwingenden "Einfluss" höchstrichterlicher zivilrechtlicher Rechtsprechung "auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung". Es fehlt damit bereits an einer unmissverständlichen Bezeichnung einer bestimmten Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl hierzu allgemein [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 160a Rd[X.]4a mwN). Es ist nicht Aufgabe des [X.], die möglicherweise klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage selbst herauszufinden oder aus ungeordnetem Vorbringen "herauszufiltern" ([X.], aaO, mwN). Weiterhin zeigt die Klägerin auch nicht die Klärungsbedürftigkeit ihrer Frage auf. Im Zusammenhang mit einem von ihr genannten "Merkmalkatalog" nennt sie zwar verschiedene Fundstellen von Entscheidungen des [X.], beschränkt sich dann aber auf die bloße Feststellung, die von ihr formulierte Frage sei noch nicht abschließend geklärt. Die Klägerin befasst sich weder mit rechtssystematischen Zusammenhängen noch mit der Rechtsprechung des [X.] zur Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit und (abhängiger) Beschäftigung.

9

2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das [X.] tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das [X.] eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das [X.] Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das [X.] weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] von einer Entscheidung ua des [X.] ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des [X.] entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der instanzabschließenden Entscheidung des [X.] enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann ([X.] § 160a [X.]4, 21, 29 und 67; [X.]-1500 § 160 [X.]6 mwN).

Die Klägerin führt auf Seite 3 der Beschwerdebegründung aus, die angefochtene Entscheidung beruhe auf folgendem Rechtssatz:

        

"Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 07.09.1972, [X.] ([X.] 1972, 944) bzw. BFH-Urteil vom [X.], [X.] ([X.]. 1987, 336), besteht für den Senat kein Anlass, an den Entscheidungen der zuständigen Steuerbehörden im Besteuerungsverfahren über die Veranlagung der Klägerin als Arbeitnehmerin ihres Ehegatten als Inhaber des Unternehmen zu zweifeln."

        

"Unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.] vom 24.01.2007, [X.] KR 31/06 R, ist auf die Beurteilung des Gesamtbildes auf die tatsächlichen Verhältnisse des Arbeitsverhältnisses abzustellen."

Zur Begründung führt die Klägerin auf Seite 3 ff der Beschwerdebegründung aus, im Unterschied zur Rechtsprechung des [X.] (Hinweis auf [X.] [X.] 4-2400 § 7 [X.] 7) werde aber gerade nicht auf ein "Gesamtbild" der Tätigkeit und der tatsächlichen Verhältnisse abgestellt, sondern vielmehr würden einzelne Bestandteile der Merkmale herausgenommen, welche als angebliche "Messlatten" für das Vorhandensein der angeblich unselbstständigen Tätigkeit herhalten sollten. Die "Ausführungen der Beklagten" im Hinblick auf die Verbuchung des Arbeitsentgeltes als Betriebsausgabe sowie die ordnungsgemäße Entrichtung der Lohnsteuer seien unverständlich. Das [X.] sei nicht auf ein erhebliches Unternehmerrisiko der Klägerin eingegangen. Zudem wären nach den vom [X.] aufgestellten Grundsätzen (erneut Hinweis auf [X.], 302) die seitens der Klägerin aufgenommenen Betriebsdarlehen "schlichtweg" gemäß § 138 Abs 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig, weil eine "krasse Überforderung des Arbeitnehmers" vorliege. Schließlich habe das [X.] im Hinblick auf den Klägervortrag über das Bestehen einer [X.] einseitig darauf abgestellt, dass kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer stillen [X.] zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. geschlossen worden sei.

Damit bezeichnet die Klägerin keine entscheidungserhebliche Abweichung in zulässigkeitsbegründender Weise gemäß § 160a Abs 2 [X.] [X.]. Sie entnimmt bereits dem angefochtenen Urteil keine abstrakten Rechtssätze, sondern gibt nur Textpassagen daraus wieder. Darüber hinaus zeigt sie keinen Widerspruch im Grundsätzlichen zu einem Urteil des [X.], des [X.] oder des [X.] (vgl § 160 Abs 2 [X.] [X.]) auf, aus dem sich das Bedürfnis nach Herbeiführung von Rechtseinheit in einem Revisionsverfahren ergibt. In der Beschwerdebegründung muss ein Widerspruch im genannten Sinn deutlich und konkret zum Ausdruck kommen. Schon deshalb sind Ausführungen zur angeblichen Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Darstellung eines Widerspruchs im abstrakten Rechtssatz nicht ausreichend (vgl [X.], aaO, Rd[X.]5c mwN). Im [X.] rügt die Klägerin nur die Unrichtigkeit der Rechtsanwendung des [X.] in ihrem Einzelfall. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen, § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.].

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.].

Meta

B 12 KR 43/13 B

05.02.2014

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Nürnberg, 31. Januar 2012, Az: S 7 KR 20/10, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.02.2014, Az. B 12 KR 43/13 B (REWIS RS 2014, 8140)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8140

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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