Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.02.2012, Az. 30 W (pat) 541/10

30. Senat | REWIS RS 2012, 9565

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ROAD & SEA" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 002 563.8

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 2. Februar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet ist

2

[X.] & SEA

3

für:

4

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computersoftware; [X.]; Zeitungen; Zeitschriften".

5

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 24. August 2010 gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Begründend ist unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid ausgeführt, dass die Marke in der Bedeutung "Straße und Meer" ein Hinweis auf Bestimmung, Eignung sowie inhaltliche Thematik der Waren sei. Bei den "Datenverarbeitungsgeräten und Computern; Computersoftware" könne es sich um Navigationshilfen handeln, die sowohl auf der Straße wie auch auf hoher See einsetzbar seien. Die "[X.]; Zeitungen; Zeitschriften" könnten Themen zu "Straße und Meer" betreffen. Dass "Road" und auch "[X.]" noch weitere Bedeutungen haben könnten ("Strecke, Weg" bzw. "Ozean"), sei nicht entscheidend, weil es nur auf die Bedeutung im Zusammenhang mit den maßgeblichen Waren ankomme. Weder die Schreibweise noch von der Anmelderin angeführte [X.] könnten ein Recht auf Eintragung begründen.

6

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen in der Gesamtheit und unter Anwendung eines großzügigen [X.] für schutzfähig, weil ein enger sachlicher Bezug zu den Waren nicht bestehe. Bezüglich der von der Markenstelle angeführten Navigationshilfen existierten solche für den Einsatz auf Straße und See gar nicht, da sich Fahrzeuge nur an Land oder nur auf See aufhielten; herkömmliche Geräte funktionierten im Übrigen an jedem Ort der [X.]. Hinsichtlich der weiteren Waren der [X.] enthalte der Beschluss der Markenstelle nicht einmal eine Begründung. Auch diese Waren seien im Übrigen überall einsetzbar. Bezüglich der Waren der [X.] fehle es am konkreten Sachbezug. Die Anmelderin hat sich weiterhin auf die Voreintragung ihrer Meinung nach vergleichbarer Marken bezogen.

7

Mit [X.] vom 2. Dezember 2012 hat der Senat unter Übersendung von 13 Anlagen unter anderem auf Folgendes hingewiesen:

8

"Soweit ein Zusammenhang zwischen Straße und Meer in Frage gestellt wird, so gibt es zum Beispiel im Bereich des Transportwesens, in dem wohl auch die Anmelderin Anbieter ist, zahlreiche Regelungen und Übereinkommen für den Transport von Gefahrgütern zu Lande, zu Wasser und in der Luft; dazu werden unter Verwendung der Begriffe "Road" und "[X.]" Trainings angeboten, wie die beigefügten [X.] belegen (Anlagen 1 - 5). Ähnliches gilt für die Personenbeförderung. Unter diesen Umständen dürfte es doch wohl naheliegen, Gedrucktes zu diesen Themen anzubieten, zumal eine Kombination dieser Beförderungswege, wie Trainingsangebote zeigen, auch tatsächlich vorkommt. Auch die Anmelderin gibt einen Newsletter mit dieser Themenkombination heraus (Anlage 6)".

9

Was die beanspruchten Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger" anbetrifft, so können diese im Transportbereich im Rahmen einer Transportüberwachung, sei es hinsichtlich der Beförderungsmittel oder auch des [X.] zum Einsatz kommen; auf die beigefügten Anlagen dazu wird Bezug genommen (Anlagen 7 - 10). Dazu gibt es im Bereich der Transportlogistik ein umfassendes Angebot an Computerprogrammen (Anlage 11).

"Datenverarbeitungsgeräte und Computer" werden, wie die beigefügten Ausdrucke aus dem [X.] zeigen, zum Beispiel bei Navigationsgeräten unter Bezugnahme auf Eignung für Straße, Meer und [X.] angeboten (Anlagen 12, 13)".

[X.] & SEA.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Hilfsweise regt sie an, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das Verfahren an das [X.] zurückzuverweisen. Weiter hilfsweise regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; [X.] GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - [X.]; [X.], 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - [X.]; [X.], 935 - Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 - Rn. 13 - [X.]; [X.], 952 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 257 - Bürogebäude; [X.] GRUR 2003, 1050 - [X.]; [X.] GRUR 2001, 1153, 1154 - anti [X.]). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der [X.] als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ([X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 29 m. w. N.; vgl. z. B. [X.] [X.], 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als [X.] versteht ([X.] GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren hergestellt wird ([X.] WRP 2010, 1504, 1506 - Rn. 23 - [X.]!; [X.], 949, 951 - Rn. 20 - My World; [X.], 411 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 19 - [X.]).

Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die aus den zum Grundwortschatz der [X.] gehörenden Wörtern "road" und "[X.]" gebildete Anmeldung im [X.] "Straße" bzw. "Meer, See" bedeuten; das Zeichen "&" ist das kaufmännische "Und-Zeichen" und wird als "und" (englisch "and") gesprochen, zum Beispiel in der Gesellschaftsbezeichnung "[X.]". Das begriffliche Verständnis der [X.] im Sinn von "[X.] AND SEA", in die [X.] übertragen "Straße und Meer/See", bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit den hier maßgeblichen Waren allgemeine Verkehrskreise, aber auch [X.] angesprochen werden, wobei es sich im Hinblick auf die Verwendung von Oberbebriffen um Spezialprodukte des Transportwesens handeln kann, die mit Bedacht und nicht im Vorübergehen erworben werden.

Bei diesem Verständnis der Anmeldung werden die beteiligten Verkehrskreise einen direkten Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren herstellen. Worauf der Senat bereits hingewiesen hat, können die hier maßgeblichen Waren der [X.] nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung und die Waren der [X.] nach ihrem Inhalt beschrieben werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den [X.] des Senats nebst Anlagen Bezug genommen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass gerade beim Gütertransport der länderübergreifende, internationale Verkehr sowie wechselnde Transportwege (Land, Wasser, Luft) und wechselnde Transportmittel eine große Rolle spielen so dass, von der hier vorliegenden Verwendung von Wörtern des [X.] Grundwortschatzes abgesehen, englisch als Fachsprache gelten kann.

[X.] & SEA keinen betrieblichen Herkunftshinweis für diese Waren erkennen.

Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt.

Weder die werbeübliche Gestaltung der Marke in Großbuchstaben noch die von der Anmelderin angeführten [X.] können zu einem anderen Ergebnis führen. Etwaige Entscheidungen über ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.], [X.], 667 Rn. 17 und 19 - Bild digital und [X.]). [X.] identischer oder vergleichbarer Marken haben hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.], [X.], 667 Rn. 18 - Bild digital und [X.]; [X.], [X.], 230 Rn. 12 - [X.]; [X.], 349 Rn. 12 - [X.] Rätsel Woche; [X.], a. a. [X.], - [X.]). Insoweit liegt auch der behauptete Verfahrensmangel wegen unterbliebener Auseinandersetzung der Markenstelle mit den betreffenden [X.] nicht vor (vgl. [X.] a. a. [X.]).

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass. Eine grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. § 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) steht nicht im Raum. Von grundsätzlicher Bedeutung wäre zwar die Frage, ob das Erfordernis einer strengen und vollständigen Prüfung für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sich auf Prüfungsumfang und Prüfungsmaßstab bezieht (vgl. [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 8 Rdn. 118 f.). Darauf kommt es aber vorliegend nicht an, da der vorliegenden Anmeldung auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs bei der Feststellung der Unterscheidungskraft jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Für das Vorliegen der weiteren Zulassungsgründe des § 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist weder etwas ersichtlich noch von der Anmelderin etwas vorgetragen. Zur Frage der Bedeutung von [X.] hat der [X.] zuletzt in der bereits genannten Sache im August 2011 entschieden ([X.], a. a. [X.], - [X.]). Neue Gesichtspunkte, die eine Entscheidung des [X.]s erfordern, liegen nicht vor.

Meta

30 W (pat) 541/10

02.02.2012

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.02.2012, Az. 30 W (pat) 541/10 (REWIS RS 2012, 9565)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9565

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