Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. IX ZR 5/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14141

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

IX ZR 5/13

Verkündet am:

12. März 2015

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2015
durch [X.] [X.], den
Rich-ter
Vill, die Richterin [X.], [X.] Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 4. Dezember 2012 im Kosten-punkt sowie insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung der [X.] gerichtete Berufung gegen das Urteil der [X.] des [X.] [X.] vom 29. Juni 2010 in [X.] eines je erstrangigen Teilbetrages von 10 v.H. zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. September 2003 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen der L.

mbH i.L. Die Beklagte ist eine Beteiligungsgesellschaft, die 94
v.H. der 1
-
3
-
Geschäftsanteile der Schuldnerin hält. Ein Antrag auf Eröffnung des [X.] über das Vermögen der [X.] ist mangels Masse abgewiesen worden. Aufgrund eines Vertrages vom 10. Januar 2002 gewährte die Schuld-nerin der [X.]

einmaliger Verlängerung am 31. Dezember 2003 endete. Aufgrund eines [X.] vom 31. Juli 2002 gewährte die Schuldnerin der [X.] ein weiteres m-ber 2003 endete.

Der Kläger hat unter Darlegung von Einzelheiten behauptet, die
Schuld-nerin sei planmäßig "ausgenommen"
und in die Insolvenz geschickt worden. Er hat neben der Rückzahlung der beiden Darlehen auch die Rückgewähr von Kostenumlagen für Dienstleistungen sowie Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Verkauf von Ersatzteilen verlangt, insgesamt Zahlung von

Die Beklagte hat gegenüber den [X.] mit nachberechneten Dienstleistungsvergütungen und Zinsen aufgerechnet.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der
[X.] hat die Revision hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsansprüche zuge-lassen, welche der Kläger jeweils in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 10
v.H. des seiner Ansicht nach bestehenden Anspruchs
von insgesamt 609.003,79

weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur münd-lichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des [X.] durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht 2
3
-
4
-
auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81; vom 4. Juli 2013 -
IX
ZR 229/12, [X.], 1615 Rn. 6; insoweit in [X.]Z 198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision im Umfang ihrer Zulassung begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die [X.] betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der Darlehen gerichtete Klage ohne nähere Erläuterung wegen der von der [X.] erklärten
"Aufrechnung/
Verrechnung mit nachberechneten Dienstleistungshonoraren"
abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die Berufung des [X.] insoweit zurückzuweisen, auf die Klageschrift Bezug genommen
und gemeint, die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] seien wegen Fehlens einer Gläubigerbenachteiligung nicht erfüllt.

II.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Begründung ist dem [X.] nicht möglich. Das Urteil unterliegt
der Aufhebung, weil es, wie die Revision zutreffend rügt,
insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO).

1. Eine Entscheidung ist dann nicht mit Gründen versehen, wenn aus ihr
-
insgesamt oder bezogen auf einzelne prozessuale Ansprüche
-
nicht zu er-kennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwä-4
5
6
-
5
-
gungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Der "fehlenden"
Begründung gleichzusetzen ist der Fall, dass zwar Gründe vorhanden sind, [X.] aber unverständlich und verworren oder aber sachlich inhaltslos sind und sich auf leere Redensarten oder einfach auf die Wiedergabe des [X.] beschränken ([X.], Beschluss vom 21. Dezember 1962 -
I
ZB 27/62, [X.]Z 39, 333, 337).

2. In der Klageschrift, auf welche das Berufungsurteil hinsichtlich des Erlöschens der [X.] verweist,
hat der Kläger Forderungen dargestellt, welche die Beklagte vorprozessual gegen die [X.] verrechnet habe. Die Summe dieser Forderungen beträgt 452.603,79

.
Dieser Betrag findet sich auch im Tatbestand des landgerichtli-chen Urteils.

ö-sie fällig und einredefrei bestehen.
Warum das Berufungsgericht das [X.] Urteil des [X.] gleichwohl vollumfänglich bestätigt hat, lässt sich nicht nachvollziehen.

III.

Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist [X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache
ist
nicht zur Endentscheidung reif. [X.] rechnerisch ist der nun noch geltend geals die Differenz zwischen der Summe der ursprünglichen Forderungen von 609.003,79

h-len jedoch Feststellungen dazu, welche der Gegenforderungen gegen welche Ausgangsforderung zur Aufrechnung gestellt oder verrechnet worden
ist. Die 7
8
-
6
-
Sache wird daher
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs-gericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO), welches die von der [X.] erklärten Aufrechnungen oder vorgenommenen Verrechnungen den nunmehr noch geltend gemachten Teilforderungen zuzuordnen und zu prüfen haben wird, ob und wie weit es auf diese noch ankommen kann. Der [X.] weist
vor-sorglich
auf folgende
rechtliche
Gesichtspunkte
hin:

Hinsichtlich der in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Verrechnungen werden im Hinblick auf §
96 Abs.
1 Nr.
3 [X.] die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130, 131 [X.]) und der Vorsatzanfechtung (§
133 Abs.
1 [X.]) zu prüfen sein. Ergibt sich der
An-spruch zur Auf-
oder Verrechnung nicht aus dem zuerst zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsgeschäft, ist die Aufrechnungslage
inkongruent erlangt (vgl. [X.], Urteil vom 9. Februar 2006 -
IX
ZR 121/03, [X.], 345 Rn. 14).

Eine
objektive Gläubigerbenachteiligung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb verneint werden, weil die fehlende Werthaltig-keit des Anspruchs auf die Pauschalvergütung nicht festgestellt wurde. Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] benachteiligt die Aufrech-nung
die übrigen Insolvenzgläubiger
schon deshalb, weil die Forderung der Masse im Umfang der Aufrechnung zur Befriedigung der Forderung eines [X.] verbraucht wird ([X.], Urteil vom 5. April 2001
-
IX
ZR 216/98, [X.]Z 147, 233, 238). Bereits die Herstellung der Aufrech-nungslage ist gläubigerbenachteiligend ([X.], Urteil vom 11. Dezember 2008
-
IX
ZR 195/07, [X.]Z 179, 137 Rn. 12).

9
10
-
7
-

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.] 45 a, [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Kayser
Vill
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 29.06.2010 -
87 O 27/05 -

KG [X.], Entscheidung vom 04.12.2012 -
14 U 158/10 -

11
12

Meta

IX ZR 5/13

12.03.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. IX ZR 5/13 (REWIS RS 2015, 14141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14141

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 5/13 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Unzulässigkeit der Aufrechnung bei durch anfechtbare Rechtshandlung erlangter Aufrechnungsmöglichkeit


IX ZR 103/17 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 155/08 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 191/12 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 185/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 5/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.