Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2004, Az. IX ZB 46/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 5041

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[X.] ZB 46/03vom15. Januar 2004in dem [X.]:ja[X.]Z:nein [X.] § 13 Abs. 1 Satz 3Für Treuhänder, die ab 1. Januar 2004 in einem masselosen Verbraucherinsolvenz-verfahren bestellt werden, ist die Beschränkung auf eine Mindestvergütung [X.] verfassungswidrig (im Anschluß an [X.], [X.]. v. 15. Januar 2004 - [X.]/03).[X.], [X.]uß vom 15. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.]AG Nordenham- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] 15. Januar 2004beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der [X.] vom 19. Februar 2003 wird auf Ko-sten des [X.] zurückgewiesen.Der Gegenstandswert des [X.] wird auf3.162,50 Gründe:[X.] Beschwerdeführer wurde mit [X.]uß des Amtsgerichts - Insol-venzgerichts - vom 8. August 2002 zum Treuhänder in dem Verbraucherinsol-venzverfahren über das Vermögen des H. (im folgenden: Schuldner)bestellt. Dem Schuldner wurden die Kosten des Verfahrens bis zur Erteilungder Restschuldbefreiung gemäß § 4a [X.] gestundet. In seinem Schlußberichtstellte der Beschwerdeführer fest, daß keine verteilungsfähige Masse vorhan-den sei. Er beantragte, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf3.480 tzen.- 3 -Zur Begründung machte der Beschwerdeführer geltend, die [X.] des Treuhänders von "mindestens 250 Euro" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3[X.] sei nicht annähernd kostendeckend. Die Auswertung von über 300Klein- und Verbraucherinsolvenzverfahren in seinem Büro habe ergeben, daßdie Bearbeitung eines durchschnittlichen, dem gesetzlichen Leitbild entspre-chenden Verfahrens - das durch einen redlichen, mitwirkungswilligen Schuld-ner, geordnete Unterlagen und bis zu zwanzig Gläubiger gekennzeichnet [X.] - einen Zeitaufwand von mindestens 30 Stunden erfordere. Als Stundensatzseien 100 seines Büros würden etwa 65 % der Einkünfte durch Kosten aufgezehrt. [X.] seiner durchschnittlichen persönlichen Belastung seien nur noch 17,5 %als Einkommenszufluß anzusetzen.Anstelle eines [X.] machte der Beschwerdeführer [X.] gemäß § 8 Abs. 3 [X.] in Höhe von 15 % der gesetzlichenVergütung geltend.Das Insolvenzgericht hat dem Antrag mit [X.]uß vom 29. Januar 2003nur in Höhe von 290 o) und weiteren 43,50 8˝brutto) stattgegeben. Es hat ausgeführt, die [X.] ([X.]) vom 19. August 1998 lasse nur eine Vergütung von250 8Landgericht mit [X.]uß vom 19. Februar 2003 aus den für zutreffend erach-teten Gründen des Insolvenzgerichts zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbe-schwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren [X.] 4 -II.Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 7 [X.]) undzulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO); es hat indessen keinen Erfolg.1. § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 [X.], der bei massearmen Verbrau-cherinsolvenzverfahren eine Regelvergütung des Treuhänders von 250 Ir-sieht, ist auf Treuhänder, die nach dem 31. Dezember 2003 bestellt wurden,nicht mehr anzuwenden, weil die dargestellte Beschränkung der Vergütung abdiesem Zeitpunkt als verfassungswidrig anzusehen [X.]) Wie der Senat in einem weiteren [X.]uß vom heutigen Tage ([X.]/03, z.[X.]. in [X.]Z) im einzelnen dargelegt hat, ist die in § 2 Abs. 2 [X.]für massearme Regelinsolvenzverfahren vorgesehene Gebühr von 500 ˜n-gesichts des durchschnittlichen Bearbeitungsaufwands eines Insolvenzver-walters bei weitem nicht mehr auskömmlich; sie stellt deshalb einen unverhält-nismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.b) Für die in § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 [X.] vorgesehene, bei [X.] Verbraucherinsolvenzverfahren zum Tragen kommende Regelgebührdes Treuhänders von 250 aa) Eine Vergütung von 250 Eine Umfrage im Bezirk des [X.] hat ergeben, daß derdurchschnittliche Kostenaufwand eines Treuhänders im [X.] 8˝QPHamburg [X.], 331; Frind Z[X.] 2003, 639, 642 f).Aufschlußreich sind auch Zahlen, die im Bezirk des Amtsgerichts [X.] 5 -schweig für das [X.] erhoben wurden. In diesem Zeitraum hat das dortigeAmtsgericht auf etwa zwanzig Treuhänder hundert Verfahren mit einem nichtgedeckten Aufwand von insgesamt 150.000 :8SR214, 215).Was die Verteilung der Tätigkeiten, die der Treuhänder persönlich erle-digen muß, und denjenigen, die er einem qualifizierten Mitarbeiter überlassenkann, und die Höhe der Stundensätze angeht, besteht kein wesentlicher Unter-schied zwischen Regelinsolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfahren.In beiden Verfahrensarten dürften etwa ein Drittel des zeitlichen Aufwands aufden Verwalter/Treuhänder und zwei Drittel auf qualifizierte Mitarbeiter entfal-len. Für den Verwalter hält der Senat einen Stundensatz von 95 qualifizierten Mitarbeiter ein solchen von 35 e-schluß vom heutigen Tage in der Sache [X.]). Diese Sätze sind aufden Treuhänder und seine qualifizierten Mitarbeiter zu übertragen. [X.] eine Vergütung von 250 [X.] abzugelten. Mit einem solchen Zeitaufwand kann ein [X.] Verbraucherinsolvenzverfahren nicht abgewickelt werden (vgl. Senatsbe-schluß vom heutigen Tage [X.]).bb) Die Vergütung ist auch relativ - verglichen mit der Vergütung [X.] im massearmen Regelverfahren - zu niedrig. In massear-men Verfahren gesteht der Verordnungsgeber dem Treuhänder mit 250 die Hälfte der Vergütung zu, die er dem Insolvenzverwalter zubilligt (§ 2 Abs. 2[X.]: 500 9˜Iz-verfahren zu leistende Aufwand möglicherweise etwas niedriger als derjenigeder Insolvenzverwalter in den Regelinsolvenzverfahren, weil manches im Vor-- 6 -feld durch die Schuldnerberatungsstellen aufbereitet worden ist. Eine Verringe-rung um die Hälfte findet jedoch nicht statt. Ein vorgeschaltetes gerichtlichesSchuldenbereinigungsplanverfahren ist in der Praxis unüblich. Sofern [X.] Einkommen oder Massegegenstände, die zur Verteilung in einem Schul-denbereinigungsplan geeignet sind, nicht zur Verfügung stehen, kommt nur ein"Nullplan" in Betracht. In solchen Fällen wird auf die Durchführung eines ge-richtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens verzichtet, weil es [X.] wäre. Praktisch wird somit jedes Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet,damit der Schuldner in den Genuß der Restschuldbefreiung kommt, die in [X.] Fällen das eigentliche Verfahrensziel darstellt. Einige nehmen sogar an,daß der durchschnittliche Aufwand für ein Verbraucherinsolvenzverfahren,wenn es nicht im schriftlichen Verfahren bearbeitet wird, etwa gleich hoch zuveranschlagen sei wie für ein Regelinsolvenzverfahren ([X.] aaO; [X.][X.] 2002, 393, 398).cc) Auch für die in Verbraucherinsolvenzverfahren zum Einsatz kom-menden Treuhänder kann der Gesichtspunkt der Mischfinanzierung - nicht ge-deckte Kosten und Gewinnausfälle bei massearmen Verfahren werden [X.] massereiche Verfahren kompensiert - nur noch eingeschränkt Be-rücksichtigung finden, weil sich das Verhältnis massereicher und [X.] grundlegend verändert hat. Die Veränderung ist im Bereich der [X.] sogar noch dramatischer als im Bereich der Re-gelinsolvenzverfahren. Nach Angaben des [X.] ist dieZahl der Verbraucherinsolvenzverfahren im [X.] um etwa 60 % gegen-über dem Vorjahr angestiegen ([X.] für die [X.]). Im ersten Halbjahr 2003 war nochmals ein Anstiegum 70,4 % zu verzeichnen ([X.] aktuell 2004 Heft 2, [X.]). [X.] 7 -reiche Verbraucherinsolvenzverfahren sind nach Einführung der Möglichkeiteiner Kostenstundung nach § 4a [X.] seltene Ausnahmen.dd) Die Insolvenzgerichte sind deshalb teilweise dazu übergegangen,den Treuhändern - mit unterschiedlichen Begründungen - höhere Vergütungenzuzuerkennen (vgl. AG Hamburg [X.], 331; [X.] [X.], 506,507; [X.] 2003, 373; ablehnend LG Bremen [X.] 2002, 387; [X.] [X.]2003, 488 f). Auch im Schrifttum wird dieses Anliegen für berechtigt gehalten(vgl. [X.]/Wutzke/[X.], [X.] 3. Aufl. § 13 Rn. 12; [X.] [X.]) § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 [X.] ist wegen seines eindeutigen [X.] einer verfassungskonformen Anpassung durch Anhebung desvorgesehenen [X.] nicht zugänglich. Der Weg über [X.] § 3 [X.] (dafür [X.] aaO) ist durch § 13 Abs. 2 [X.] versperrt; auchwäre der regelmäßige Aufwand gerade nicht als ein besonderer, einen [X.] rechtfertigender Umstand anzusehen. Der Verordnungsgeber wird nun-mehr eine verfassungsgemäße Neuregelung zu finden haben. Wenn er dembis zum 1. Oktober 2004 nicht nachkommt, werden die Gerichte eine angemes-sene Mindestvergütung festzulegen haben.2. Auf Treuhänder, die - wie der Beschwerdeführer - vor dem [X.] bestellt wurden, bleibt die Vorschrift jedoch anwendbar. Ebenso wie § 2Abs. 2 (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom heutigem Tage in der Sache [X.]/03) ist auch § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 [X.] nicht als von Anfang an ver-fassungswidrig anzusehen. Dem Verordnungsgeber stand bei der [X.] angemessenen Mindestvergütungssatzes ein Prognosespielraum zu, und- 8 -es ist nicht ersichtlich, daß ihm eine von Anfang an untragbare Fehleinschät-zung vorzuwerfen ist. Der dem Verordnungsgeber für die Überprüfung und An-passung der [X.] [X.] ist erst mit Ablaufdes Jahres 2003 verstrichen.[X.] Ganter [X.] [X.] Cierniak

Meta

IX ZB 46/03

15.01.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2004, Az. IX ZB 46/03 (REWIS RS 2004, 5041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 5041

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