Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2008, Az. StB 25/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 882

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[X.]BESCHLUSS __________ StB 25/08 vom 12. November 2008 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschwerdeführers und seiner Verteidiger am 12. November 2008 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen: Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.] vom 21. Oktober 2008 - 6 [X.] 156/2008 - wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-gen. Gründe: [X.] Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrich-ters des [X.] vom 16. März 1999 (2 [X.] 85/99) am 1. Oktober 2008 bei seiner Einreise aus [X.] festgenommen und befindet sich seit dem Folgetag in Untersuchungshaft. Auf Antrag des Generalbundesanwaltes hat der Ermittlungsrichter des [X.] am 21. Oktober 2008 den früheren Haftbefehl aufgehoben und diesen zugleich durch einen neuen [X.] ersetzt. 1 Dieser ist auf den dringenden Verdacht gestützt, der Beschuldigte habe sich von November 1993 bis März 1994 in [X.] als Mitglied an einer (inländischen) [X.] beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerich-tet war, gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306 c StGB zu begehen, die bestimmt waren, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzu-2 - 3 - schüchtern und eine Behörde rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat erheblich schädigen konnten. Der Beschuldigte sei in diesem Zeit-raum Regionsverantwortlicher der [X.]/ENRK für [X.]/Süd ([X.] Süd) und [X.] dieser damals terroristischen [X.] und habe in dieser Funktion (durch dieselbe Handlung) jeweils am 4. November 1993 durch andere in zwei Fällen ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt und dadurch in einem Fall wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen verursacht sowie in weiteren je zwei Fällen versucht, ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient bzw. eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen, in Brand zu setzen. Der Beschuldigte sei danach der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] in Tateinheit mit Brandstiftung mit Todesfolge, schwerer und ver-suchter schwerer Brandstiftung gemäß § 129 a Abs. 2 Nr. 2, § 306 a Abs. 1 Nrn. 1, 3, §§ 306 c, 22, 23 Abs. 1, § 25 Abs. 1 2. Alt., § 52 StGB dringend ver-dächtig. Es bestünden die Haftgründe der Flucht- und der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 StPO) sowie der weitere nach § 112 Abs. 3 StPO. 3 Gegen diesen Haftbefehl wendet sich der Beschuldigte mit seiner Be-schwerde und beantragt, den Haftbefehl aufzuheben oder seinen Vollzug aus-zusetzen. 4 I[X.] Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. 5 - 4 - 1. Der Beschuldigte ist der im angefochtenen Haftbefehl bezeichneten Straftaten dringend verdächtig. 6 a) Der dringende Tatverdacht ergibt sich im Wesentlichen aus den [X.] der Zeugen S. und A. sowie aus den [X.] der im Haftbefehl näher bezeichneten Urteile des [X.], des [X.] sowie der Oberlandesgerichte [X.], [X.], [X.] und [X.]. 7 Die beiden Zeugen haben zu den organisatorischen und personellen Strukturen der [X.] sowie zu Planung und Durchführung der beiden [X.] am 23. Juni und 4. November 1993 umfangreiche Angaben [X.]. Der Zeuge A. war als Aktivist in [X.] ([X.] Nord) in die Planung und Durchführung der beiden Anschlagsserien des Jahres 1993 eingebunden und an einem der am 4. November 1993 dort verübten Brandanschläge direkt beteiligt. Der Zeuge S. - damaliger Raumverantwortlicher der [X.] für [X.] - hat zusätzlich bekundet, dass der Beschuldigte, den er zutref-fend beschrieben und auf Lichtbildern erkannt hat, unter dem Decknamen "[X.]. " als Verantwortlicher für die Region Süd ([X.] einschließ-lich Dietzenbach, [X.], [X.] und [X.]) vor dem 24. Juni 1993 eine Versammlung zur Vorbereitung der damaligen Aktionen einberufen und geleitet hat. Aus einem überwachten Telefonat vom 17. Februar 1994 und an-deren Erkenntnissen ergibt sich, dass "[X.]. " auch zum Zeitpunkt der zweiten Anschlagsserie im November 1993 und zumindest noch bis Februar 1994 [X.] für die Region Süd war. 8 Die Organisationsstrukturen der Führung der [X.]/[X.] in [X.] und in [X.], die Zwecke und Tätigkeiten dieser [X.] sowie die [X.] - 5 - fehlskette von der Zentrale der [X.] über die [X.] bis zu den unmittelbaren Tätern der Anschläge wurden für beide [X.] in Urteilen der vorbezeichneten Gerichte fest-gestellt. Die nach der Neufassung des § 129 a Abs. 2 StGB durch das Gesetz vom 22. Dezember 2003 ([X.] 2836) zusätzlich erforderlichen Feststellungen zur terroristischen Zwecksetzung (Bestimmung und Schädigungseignung) der von der [X.] begangenen gemeingefährlichen Straftaten ergeben sich insbesondere aus dem Urteil des [X.] vom 23. Januar 2008, das auf die Revision des Angeklagten durch den [X.]nat unbeanstandet geblie-ben ist (§ 349 Abs. 2 StPO). Die [X.] ist dem [X.]nat zudem aus weite-ren Verfahren bekannt. Im Übrigen sprechen auch die Tatumstände für eine zentrale Organisation auch der Anschlagsserie vom 4. November 1993 sowie für die Anordnung und Steuerung der an diesem Tag verübten einzelnen [X.] über die Weisungs- und Befehlsstrukturen der [X.] in [X.]. Das Beschwerdevorbringen ist demgegenüber nicht geeignet, den be-stehenden dringenden Tatverdacht zu entkräften. Es erschöpft sich im [X.] darin, die vorliegenden Tatsachen und Beweismittel anders als der [X.] zu würdigen. 10 b) Die Verfolgung der Straftaten, auf die der angefochtene Haftbefehl ge-stützt ist, ist bislang nicht verjährt. 11 Ausgehend von den Verjährungsfristen für die einzelnen Delikte (§ 78 Abs. 2 und 3 StGB) und dem jeweiligen Beginn der Verjährung (§ 78 a StGB) käme solches allenfalls für das Verbrechen der Mitgliedschaft in einer terroristi-schen [X.] (§ 129 a Abs. 2 Nr. 2 StGB) in Betracht, für das gemäß § 78 12 - 6 - Abs. 3 Nr. 3 StGB eine Frist von zehn Jahren gilt. Insofern wurde die [X.] zunächst durch den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 5. April 1994 - 1 [X.] 212/94 - unterbrochen (§ 78 c Abs. 1 Nr. 5 StGB). Eine weitere Unterbrechung mit der Folge des erneuten Beginns der Verjährung (§ 78 c Abs. 3 Satz 1 StGB) ist durch den Haftbefehl des Ermitt-lungsrichters des [X.] vom 16. März 1999 - 2 [X.] 85/99 - ein-getreten, der den ersten Haftbefehl unmittelbar ersetzte und neben dem [X.] bestehenden) dringenden Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer terroris-tischen [X.] zusätzlich auf den dringenden Tatverdacht der strafrechtli-chen Verantwortlichkeit des Beschuldigten für sieben im Einzelnen [X.] vom 4. November 1993 in der Region Süd gestützt war. Dieser Haftbefehl war eine richterliche Entscheidung, mit der der Haftbefehl aus dem Jahre 1994 im Sinne des § 78 c Abs. 1 Nr. 5 StGB aufrechterhalten worden ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Aufrechterhaltung eines Haftbefehls in diesem Sinne kann etwa durch eine Entscheidung nach § 115 Abs. 4 StPO oder jede Haftprüfungs- und Haftbeschwerdeentscheidung erfolgen (vgl. [X.] in LK 12. Aufl. § 78 [X.]. 29). Nach der Rechtsprechung des [X.] wird ein Haftbefehl auch dadurch aufrechterhalten, dass gemäß § 116 StPO (lediglich) ein Haftver-schonungsbeschluss durch den Wegfall einer [X.] geändert wurde. Wegen der Vorschrift des § 120 Abs. 1 StPO wird bei jeder Entscheidung über die [X.] und auch die [X.] inzident zugleich über den Bestand des Haftbefehls entschieden. Derartige Beschlüsse enthalten daher auch ohne ausdrücklichen Ausspruch die Entscheidung, dass die Vor-aussetzungen des Haftbefehls weiterhin vorliegen (vgl. BGHSt 39, 233, 236; ebenso Fischer, StGB 55. Aufl. § 78 [X.]. 15; [X.] aaO; [X.] in [X.] [X.] 12; [X.]/[X.] in [X.]. § 78 [X.]. 13 - 7 - 20). Erst Recht muss dies für einen haftrichterlichen Beschluss gelten, der die Aufrechterhaltung und Erweiterung eines bestehenden Haftbefehls zum [X.] hat. So war es hier: Der Ermittlungsrichter des [X.] hat durch seinen Haftbefehl vom 16. März 1999, der zum Zwecke der Anpas-sung des früheren Haftbefehls an den aktuellen Ermittlungsstand erging (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 114 [X.]. 18), nicht nur inzident, sondern in der Hauptsache über den dringenden Verdacht (auch) der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] entschieden und damit in seiner Wirkung den [X.] Haftbefehl aufrechterhalten (vgl. [X.] aaO § 78 [X.]. 12 [X.]). Dass der Ermittlungsrichter dabei den Weg gewählt hat, den Haftbefehl vom 5. April 1994 (formell) aufzuheben und zugleich durch den neuen Haftbefehl zu ersetzen, ist allein eine Frage der Zweckmäßigkeit und hinsichtlich der materiellen Wirkung der Entscheidung ohne Belang (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 114 [X.]. 18; [X.] aaO). Danach wurde durch die Entscheidung vom 16. März 1999, die den [X.] Haftbefehl im Hinblick auf die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereini-gung aufrechterhalten hat, die Verjährung insoweit (erneut) unterbrochen mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die zehnjährige Verjährung neu zu laufen begonnen hat. Auch die Verfolgung dieses Delikts ist demnach - entgegen der Ansicht der Verteidigung - nicht verjährt. 14 2. Der Ermittlungsrichter hat zutreffend die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie den besonderen Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO angenommen. Insoweit nimmt der [X.]nat auf die Gründe des angefochtenen Haftbefehls Bezug. 15 - 8 - 3. Der Zweck der Untersuchungshaft kann angesichts der Schwere des [X.] und der bestehenden Haftgründe nicht durch weniger einschnei-dende Maßnahmen als den Vollzug der Untersuchungshaft erreicht werden (§ 116 StPO). Das Beschwerdevorbringen, insbesondere auch zum Lebensweg des Beschuldigten von 1994 bis zu seiner Verhaftung sowie zu seinen derzeiti-gen persönlichen und familiären Verhältnissen, ist nicht geeignet, eine Voll-zugsaussetzung zu rechtfertigen. Im Hinblick darauf, dass der Beschuldigte im Falle seiner Verurteilung zumindest eine Freiheitsstrafe von nicht unter zehn Jahren zu erwarten hat (§§ 306 c, 52 Abs. 2 StGB), ist die Anordnung der [X.] auch nicht unverhältnismäßig. 16 [X.]Pfister Hubert

Meta

StB 25/08

12.11.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2008, Az. StB 25/08 (REWIS RS 2008, 882)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 882

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