Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.03.2017, Az. VI R 82/14

6. Senat | REWIS RS 2017, 13212

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Gegenstand

Treu und Glauben bei rechtsfehlerhafter Übertragung einer § 6c-Rücklage


Leitsatz

1. NV: Wer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entgeltlich erwirbt, ihn aber nicht selbst bewirtschaftet, sondern im unmittelbaren Anschluss an den Erwerb verpachtet, kann als Verpächter nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nicht aber Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beziehen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung) .

2. NV: Der Grundsatz von Treu und Glauben bringt keine Steueransprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen, er kann allenfalls verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann .

3. NV: Die Veräußerung von Privatvermögen kann daher nach Treu und Glauben nicht wie die Veräußerung von Betriebsvermögen behandelt werden. Dies gilt auch dann, wenn FA und Steuerpflichtiger in der Vergangenheit rechtsirrtümlich eine in einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gebildete Rücklage nach § 6c EStG um die Anschaffungskosten der Grundstücke des (vermeintlichen) Betriebsvermögens gekürzt haben .

4. NV: Ein Feststellungsbescheid darf nicht allein mit der Begründung angefochten werden, er sei vom örtlich unzuständigen FA erlassen worden .

Tenor

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 24. März 2014 13 K 2635/12 aufgehoben.

Der Feststellungsbescheid 1990 des Beklagten über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 23. Februar 2011 wird geändert.

Es werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.332 DM festgestellt.

Diese Einkünfte werden der Klägerin zu 1. in Höhe von 4.750 DM und den [X.] zu 2. und 3. zu je 791 DM zugerechnet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Beklagte zu 93 %, die [X.] zu 7 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob veräußerte Grundstücke zu einem verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten oder Privatvermögen waren.

2

Der im Februar 1990 verstorbene [X.]hemann ([X.]) der Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) und Vater der [X.] und Revisionsklägerinnen zu 2. und 3. ([X.] zu 2. und 3.) bewirtschaftete bis zum Jahr 1978 einen [X.]of in [X.], der in seinem Alleineigentum stand. Nach erheblichen Flächenverkäufen in den Jahren 1971 bis 1978 belief sich die im [X.]igentum des [X.] stehende landwirtschaftliche Nutzfläche auf nur noch 4,204 ha. Davon waren 3,8358 ha verpachtet. Das Betriebsgebäude nebst dazugehörender Fläche nutzten [X.] und die Klägerin zu 1. weiter. [X.] erwarb zusammen mit der Klägerin zu 1. im [X.]eptember 1979 einen landwirtschaftlichen Betrieb in [X.], dessen Anschaffungskosten sich auf 840.881,41 DM beliefen. Dieser Betrieb wurde sogleich an den vormaligen [X.]igentümer verpachtet.

3

Die Klägerin zu 1. und [X.] gaben zunächst keine [X.]inkommensteuererklärungen und auch keine [X.]rklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung ab. Bei einer Außenprüfung im Jahre 1981 wurde erstmals für die Wirtschaftsjahre ab 1974/1975 der Gewinn nach § 13a des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.][X.]tG) ermittelt und festgestellt, dass [X.] aus Grundstücksverkäufen im Jahr 1977 einen Veräußerungsgewinn in [X.]öhe von 1.738.672,32 DM erzielt hatte. [X.]ierfür bildete der Betriebsprüfer auf Antrag des [X.] eine Rücklage nach § 6c [X.][X.]tG in gleicher [X.]öhe. Im Wirtschaftsjahr 1979/1980 übertrug er hiervon einvernehmlich mit der Klägerin zu 1. und [X.] einen [X.]eilbetrag in [X.]öhe von 840.881,41 DM auf die Anschaffungskosten des mit Kaufvertrag vom [X.]eptember 1979 von [X.] und der Klägerin zu 1. je zur ideellen [X.]älfte erworbenen landwirtschaftlichen Betriebs in [X.].

4

[X.], der seine [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ab dem Wirtschaftsjahr 1980/1981 durch [X.] gemäß § 4 Abs. 1 [X.][X.]tG ermittelte, erwarb im März 1981 weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen ([X.]tückländereien) in [X.], die er seinem [X.]inzelbetrieb in [X.] widmete und sofort verpachtete. Von der verbleibenden Rücklage übertrug [X.] 825.634,81 DM auf deren Anschaffungskosten. Die restliche Rücklage löste er in der Bilanz zum 30. Juni 1981 auf.

5

[X.] erklärte die [X.]inkünfte aus dem verpachteten [X.]of in [X.] und den verpachteten [X.]tückländereien seines [X.]inzelbetriebs in der Folgezeit als [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Klägerin zu 1. erklärte keine [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. [X.]ine Feststellungserklärung bezüglich des [X.]ofes in [X.] wurde ebenfalls nicht abgegeben.

6

Mit Verträgen vom 15. Januar 1991 und vom 11. Juli 1991 veräußerten die [X.], die [X.] beerbt hatten, verschiedene zu dem [X.]of in [X.] gehörende landwirtschaftliche Flächen. Den hieraus in [X.]öhe von 162.812 DM erzielten Gewinn erklärten sie zunächst als [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das Finanzamt [X.] erließ daraufhin einen [X.]inkommensteuerbescheid für das [X.]treitjahr (1990), in dem es die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke zur [X.]älfte als [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfasste.

7

Mit ihrem hiergegen gerichteten [X.]inspruch machten die [X.] erstmals unter [X.]inweis auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des [X.] (BF[X.]) vom 20. April 1989 IV R 95/87 (BF[X.][X.] 157, 365, B[X.]tBl II 1989, 863) vergeblich geltend, der [X.]of in [X.] sei Privatvermögen und die Veräußerung daher nicht steuerbar. Die Klage wies das [X.] ab. Das Urteil ist in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 1994, 875 veröffentlicht.

8

Der BF[X.] hob mit Urteil vom 7. November 1996 IV R 72/95 (BF[X.]/NV 1997, 574) die [X.]ntscheidung des [X.] auf und verwies die [X.]ache an dieses Gericht zurück. [X.]r war der Auffassung, dass zunächst eine gesonderte Feststellung der [X.]inkünfte hätte vorgenommen werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob die streitbefangenen [X.]inkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung oder solche aus Land- und Forstwirtschaft seien. Das [X.] hätte in dieser verfahrensrechtlichen [X.]ituation das Klageverfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) aussetzen müssen.

9

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1990 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.] --[X.]--) die [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft letztlich mit 87.582 DM fest. Darin enthalten ist ein laufender Gewinn, der nicht auf die Grundstücksveräußerungen entfällt, in [X.]öhe von 6.332 DM.

Die dagegen nach erfolglosem [X.]inspruch erhobene Klage wies das [X.]essische Finanzgericht ([X.]) ab. [X.]s teilte die Auffassung des [X.], bei den zum [X.]of in [X.] gehörenden Grundstücken habe es sich nach [X.]reu und Glauben um Betriebsvermögen und nicht um Privatvermögen gehandelt.

Mit ihrer Revision rügen die [X.] eine Verletzung materiellen Rechts.

[X.]ie beantragen,
das Urteil des [X.] vom 24. März 2014  13 K 2635/12 und den Feststellungsbescheid 1990 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. Dezember 1996 in der geänderten Fassung vom 23. Februar 2011 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist überwiegend begründet. Das Urteil des [X.] ist daher aufzuheben und der Feststellungsbescheid zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). [X.] und [X.] sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke einkommensteuerbar ist. Die laufenden [X.]inkünfte sind aber --ungeachtet dessen, dass es sich insoweit um solche aus Vermietung und Verpachtung handelt-- zu Recht mit 6.332 DM erfasst worden. Sie sind den Klägerinnen entsprechend ihrer [X.] zuzurechnen.

1. Das landwirtschaftliche Anwesen in [X.] war kein ruhender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb des [X.] und der Klägerin zu 1.

a) Der Steuerpflichtige hat auch im Fall der Verpachtung seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 [X.]StG i.V.m. § 14 [X.]StG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen will (grundlegend Urteil des Großen Senats des BF[X.] vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BF[X.][X.] 78, 315, BStBl [X.], 124; BF[X.]-Urteile vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BF[X.][X.] 79, 195, BStBl [X.], 303, und in BF[X.][X.] 157, 365, [X.] 1989, 863). Dieses Recht des Steuerpflichtigen findet seine Rechtfertigung darin, dass die [X.]instellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit im Fall der Verpachtung nicht endgültig sein muss, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme durch die Beendigung des Pachtverhältnisses besteht (BF[X.]-Urteile vom 13. März 1986 IV R 176/84, BF[X.][X.] 146, 399, [X.] 1986, 601, und vom 6. April 2016 [X.], BF[X.][X.] 253, 359, [X.] 2016, 710). Damit soll zugunsten des Steuerpflichtigen vermieden werden, dass bei der Betriebsverpachtung im Ganzen zwangsläufig durch die Annahme einer Betriebsaufgabe steuerpflichtige stille Reserven aufgelöst werden, ohne dass dem Steuerpflichtigen --wie z.B. bei einer Betriebsveräußerung-- Mittel zufließen, mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende [X.]inkommensteuer bezahlen könnte (BF[X.]-Urteil in BF[X.][X.] 157, 365, [X.] 1989, 863).

Dieses Wahlrecht steht jedoch nur dem bisherigen Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu, nicht hingegen dem [X.]rwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der den Betrieb zu keinem [X.]punkt selbst bewirtschaftet, sondern in unmittelbarem [X.] an den entgeltlichen [X.]rwerb verpachtet. [X.]in solcher [X.]rwerber hat keine Land- und Forstwirtschaft betrieben, die er bei Verpachtung entweder aufgeben oder deren Betriebsvermögen er als aussetzender Betrieb ohne Auflösung der stillen Reserven fortführen könnte. [X.]r besitzt grundsätzlich überhaupt kein Betriebsvermögen mit im Lauf der Jahre angewachsenen stillen Reserven, deren Auflösung er vermeiden könnte. Vielmehr erwirbt er käuflich nur Vermögen, das er weiter verpachtet, ohne mit diesem Vermögen durch eigene betriebliche Tätigkeit als Land- und Forstwirt [X.]inkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben bzw. erzielen zu wollen. Der [X.]rwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der nur das [X.]igentum erwirbt, aber zu keinem [X.]punkt als Land- und Forstwirt tätig wird, bezieht daher im Fall der sofortigen Verpachtung des erworbenen Betriebes nur [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BF[X.]-Urteil in BF[X.][X.] 157, 365, [X.] 1989, 863; seither ständige Rechtsprechung, z.B. BF[X.]-Urteile vom 17. Juni 1993 IV R 110/91, BF[X.][X.] 171, 481, [X.] 1993, 752; vom 29. März 2001 IV R 88/99, BF[X.][X.] 195, 267, [X.] 2002, 791, und vom 19. Juli 2011 IV R 10/09, BF[X.][X.] 234, 212, [X.] 2012, 93).

b) [X.]iernach wurden [X.] und die Klägerin zu 1., die vor dem [X.]rwerb keinen gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hatten, allein durch den [X.]rwerb des landwirtschaftlichen Anwesens in [X.] nicht land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Sie haben den [X.]of in [X.] unmittelbar nach dessen [X.]rwerb gemeinschaftlich an den bisherigen [X.]igentümer verpachtet und hatten zu keinem [X.]punkt vor, ihn selbst zu bewirtschaften (vgl. dazu BF[X.]-Urteile vom 12. September 1991 IV R 14/89, BF[X.][X.] 165, 518, [X.] 1992, 134; in BF[X.][X.] 171, 481, [X.] 1993, 752; in BF[X.][X.] 234, 212, [X.] 2012, 93, Rz 38). Sie überließen daher nur Privatvermögen zur Nutzung und erzielten [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 [X.]StG). Die Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens ist jedoch nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Nr. 1 [X.]StG einkommensteuerbar. Diese Frist von (im Streitjahr) zwei Jahren war zum [X.]punkt der Veräußerung der Grundstücke abgelaufen und der Verkauf somit nicht einkommensteuerbar.

Ob die Grundstücke des verpachteten Betriebs in [X.], soweit sie im [X.]igentum des [X.] standen, Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen [X.]inzelunternehmens des [X.] in S waren (bei einer [X.]ntfernung von mehr als 100 Kilometern scheidet dies grundsätzlich aus, dazu BF[X.]-Urteil in BF[X.][X.] 234, 212, [X.] 2012, 93), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Denn der Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) bezieht sich stets nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale. [X.]rzielt eine Grundstücksgesellschaft oder -gemeinschaft [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung und hält ein Gesellschafter die Beteiligung (anteiligen Grundstücke) in einem Betriebsvermögen, werden die [X.]inkünfte erst im Rahmen der Veranlagung zur [X.]inkommensteuer in betriebliche [X.]inkünfte umqualifiziert (Beschluss des Großen Senats des BF[X.] vom 11. April 2005 GrS 2/02, BF[X.][X.] 209, 399, [X.] 2005, 679, unter [X.] aa; BF[X.]-Urteil vom 18. April 2012 [X.], BF[X.][X.] 237, 135, [X.] 2012, 647).

2. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] kann der Grundsatz von [X.] und Glauben keine Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne begründen.

a) Zwar ist der Grundsatz von [X.] und Glauben, wonach jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht zu nehmen hat und sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen darf, auch im Steuerrecht anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung des BF[X.] bringt jedoch der Grundsatz von [X.] und Glauben keine [X.] zum [X.]ntstehen oder zum [X.]rlöschen, sondern kann allenfalls verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann. [X.]in treuwidriges Verhalten kann daher nicht dazu führen, Steuerrechtsfolgen zu begründen oder zu verneinen, die materiell-rechtlich nicht bestehen (BF[X.]-Urteile vom 8. August 2013 III R 3/13, BF[X.][X.] 243, 198, [X.] 2014, 576, Rz 28 f.; vom 30. Juli 1997 I R 7/97, BF[X.][X.] 184, 88, [X.] 1998, 33; vom 8. Februar 1996 V R 54/94, BF[X.]/NV 1996, 733, und vom 29. Januar 2009 VI R 12/06, BF[X.]/NV 2009, 1105; ebenso [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 [X.] Rz 164).

Die unrechtmäßige Übertragung der Rücklage nach § 6c [X.]StG im Wirtschaftsjahr 1979/1980 auf die Anschaffungskosten der Grundstücke des Anwesens in [X.] kann daher nach [X.] und Glauben nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Steuerpflicht der streitgegenständlichen Veräußerungsgewinne führen. Die Frage kann daher offenbleiben, ob sich ein Beteiligter [X.] oder [X.] überhaupt treuwidrig verhält, wenn er sich die Rechtsauffassung eines BF[X.]-Urteils zu eigen macht, dem eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt als diejenige, die beide Beteiligten im Rahmen des ursprünglichen, bestandskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahrens vertreten haben.

b) Das BF[X.]-Urteil vom 15. März 1990 IV R 90/88 (BF[X.][X.] 160, 317, [X.] 1990, 689) steht diesem [X.]rgebnis schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger in jenem Fall unstreitig einen Gewinn aus der Auflösung einer Rücklage nach § 6c [X.]StG erzielt hatte und die Beteiligten nur darüber stritten, in welchem Wirtschaftsjahr der Gewinn zu erfassen war. Der BF[X.] führte aus, ein Steuerpflichtiger verhalte sich treuwidrig, wenn er zunächst die Auffassung vertrete, die mangels Reinvestition anzusetzende fiktive Betriebseinnahme nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 [X.]StG i.V.m. § 6b Abs. 3 Satz 5 [X.]StG in der damals gültigen Fassung sei erst nach Ablauf des vierten Wirtschaftsjahres nach der Veräußerung zu erfassen, später dann aber den Zuschlag als Betriebseinnahme mit der Begründung anfechte, dieser hätte nach der (damaligen) gesetzlichen Regelung bereits zum [X.]nde des zweiten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres berücksichtigt werden müssen. Ungeachtet der Frage, ob dieses widersprüchliche Verhalten nicht mittels § 174 Abs. 4 [X.] (s. dazu zuletzt BF[X.]-Urteil vom 25. Oktober 2016 [X.], BF[X.][X.] 255, 399, [X.] 2017, 287, m.w.[X.]) hätte aufgelöst werden können, liegt dem BF[X.]-Urteil in BF[X.][X.] 160, 317, [X.] 1990, 689 jedenfalls nicht die Meinung zugrunde, [X.] und Glaube könnten materiell-rechtlich nicht bestehende [X.] begründen. Das Urteil verhält sich vielmehr allein dazu, ob widersprüchliches Verhalten eines Beteiligten dazu führen kann, dass ein unstreitig entstandener Gewinn in einem anderen Wirtschaftsjahr erfasst werden darf als gesetzlich vorgesehen. Auch nach dem BF[X.]-Urteil vom 17. Juni 1992 [X.] (BF[X.][X.] 169, 103, [X.] 1993, 174) kann der Grundsatz von [X.] und Glauben nur dazu führen, dass ein Beteiligter einen Anspruch nicht mehr durchsetzen kann.

3. Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und der Feststellungsbescheid dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn aus der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke nicht mehr erfasst wird.

4. Unbegründet ist die Revision jedoch, soweit die Klägerinnen die Aufhebung des [X.] auch insoweit begehren, als laufende [X.]inkünfte aus der Verpachtung der Grundstücke des Anwesens in [X.] von 6.332 DM festzustellen sind. Diese [X.]inkünfte hat das [X.] anhand der Pachtbeiträge geschätzt. Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzungen unzutreffend sind, liegen nicht vor. [X.]inwendungen hiergegen haben die Klägerinnen nicht erhoben. Zwar ist das [X.] für die Feststellung der [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung örtlich nicht zuständig. Denn für [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist nicht das [X.] (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), sondern das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk die Verwaltung dieser [X.]inkünfte ausgeht (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 [X.]), im Streitfall demnach das für die [X.]inkommensbesteuerung des [X.] und der Klägerinnen zuständige Finanzamt ... .

Nach § 127 [X.] kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 [X.] nichtig ist, jedoch nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere [X.]ntscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Der Regelung des § 127 [X.] ist der Rechtsgedanke immanent, dass das Interesse an einer gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuerfestsetzung dasjenige der Steuerpflichtigen an einem formal rechtmäßigen Verfahren überwiegt (BF[X.]-Urteil vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BF[X.][X.] 184, 255, [X.] 1998, 461, unter [X.]). Deshalb soll gemäß § 127 [X.] die Aufhebung dann ausgeschlossen sein, wenn der Fehler für die [X.]ntscheidung der Behörde nicht kausal gewesen sein kann (BF[X.]-Urteil vom 18. Juli 1985 VI R 41/81, BF[X.][X.] 144, 240, [X.] 1986, 169, unter 2.). So liegt der Fall hier. Der Feststellungsbescheid ist, soweit er laufende [X.]inkünfte von 6.332 DM feststellt, mit der Maßgabe richtig, dass es sich dabei um [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt. Da der Bescheid insoweit rechtmäßig ist und ein neuer Feststellungsbescheid gleichen Inhalts ergehen müsste, können die Klägerinnen mit ihrem Begehren in diesem Punkt keinen [X.]rfolg haben.

Die [X.]inkünfte sind den Klägerinnen nach den [X.] zuzurechnen, der Klägerin zu 1. zu 3/4 und den Klägerinnen zu 2. und 3. zu jeweils 1/8. Nach den Feststellungen des [X.] haben die Klägerinnen zwar schuldrechtlich vereinbart, dass die laufenden [X.]inkünfte allein der Klägerin zu 1. zugerechnet werden sollen. [X.]s handelt sich jedoch insoweit nur um eine [X.]inkommensverwendungsabrede, die an der Zurechnung der [X.]inkünfte entsprechend den [X.] nichts ändert. Den objektiven Tatbestand der [X.]inkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer einem anderen eines der in § 21 Abs. 1 [X.]StG genannten Wirtschaftsgüter entgeltlich auf [X.] zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt und in diesem Zusammenhang Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. [X.]insichtlich des objektiven Tatbestands der [X.]inkunftsart Vermietung und Verpachtung kommt es mithin darauf an, wer die maßgebenden wirtschaftlichen [X.] über das Mietobjekt hat und damit eine Vermietertätigkeit selbst ausübt (z.B. BF[X.]-Urteil vom 12. Juli 2016 IX R 21/15, BF[X.]/NV 2016, 1695). [X.]s ist nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen zu 2. und 3. sich ihrer wirtschaftlichen [X.] über das Mietobjekt in [X.] begeben hätten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.]O.

Meta

VI R 82/14

29.03.2017

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 24. März 2014, Az: 13 K 2635/12, Urteil

§ 18 Abs 1 Nr 1 AO, § 18 Abs 1 Nr 4 AO, § 127 AO, § 174 Abs 4 AO, § 180 Abs 1 Nr 2 AO, § 4 Abs 1 EStG, § 6c EStG, § 13a EStG, § 14 EStG, § 16 Abs 3 EStG, § 21 EStG, § 74 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.03.2017, Az. VI R 82/14 (REWIS RS 2017, 13212)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13212

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