Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.08.2023, Az. 2 WDB 7/23

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2023, 6057

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Gegenstand

Beschwerde gegen die Bestellung eines Pflichtverteidigers


Tenor

Auf die Beschwerde des früheren Soldaten wird der Beschluss des Vorsitzenden der [X.] des [X.] vom 22. Mai 2023 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem früheren Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem [X.] auferlegt.

Tatbestand

1

Der frühere Soldat wendet sich gegen die Bestellung eines Pflichtverteidigers.

2

1. Der ... geborene frühere Soldat schied am 30. November 2018 im Dienstgrad eines Hauptfeldwebels aus dem aktiven Dienstverhältnis aus. Er erhielt bis Ende Mai 2023 Übergangsgebührnisse von monatlich netto 2 256,20 €. Von der Übergangsbeihilfe in Höhe von 25 564,96 € wurden 14 026,52 € einbehalten.

3

2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2023 hat der Vorsitzende der [X.] des [X.] dem früheren Soldaten in dem gegen diesen gerichteten gerichtlichen Disziplinarverfahren ([X.] VL 32/18) Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger bestellt (Beschluss). Von einer hinreichend schwierigen Sachlage sei schon deshalb auszugehen, weil es sich um einen umfangreichen Sachverhalt handle. Daneben erscheine zumindest nicht ausgeschlossen, dass die [X.] verhängt werde.

4

3. In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren, in dem der frühere Soldat sich im [X.] nach Belehrung geäußert hat, wird dieser durch Anschuldigungsschrift vom 21. August 2018 angeschuldigt, gegen §§ 7, 10 Abs. 3 und 6, § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG sowie gegen § 7 [X.] m. § 3 Abs. 4 und § 7 Abs. 2 [X.] durch folgende Verhaltensweisen verstoßen zu haben:

"1. Zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum vom 06.02.2017 bis 08.03.2017, während der von ihm als Fahrlehrer durchgeführten Kraftfahrausbildung in und um ..., tätigte er unaufgefordert und zumindest dem Sinne nach folgende Äußerungen bzw. nahm folgende Handlungen gegenüber der ihm unterstellten Frau [X.] bzw. in deren Anwesenheit vor, obwohl er wusste, zumindest jedoch hätte wissen können und müssen, dass derartige Äußerungen und Handlungen die Ehre und Würde seiner Untergebenen verletzten oder verletzen konnten:

- Er sprach die Empfehlung aus, dass sie vor Fahrstunden bzw. der Prüfung masturbieren solle, um zu entspannen.

- Er beschrieb seine Phantasien, welche sexuellen Handlungen er sich mit ihr oder den anderen Angehörigen der Ausbildungsgruppe vorstellen könnte.

- Er erkundigte sich nach den sexuellen Vorlieben der Zeugin [X.]

- Er sagte wörtlich oder sinngemäß, dass es die [X.] in der Fahrprüfung leichter haben würden, 'wenn er dabei zuschauen dürfe, wenn die Fahrschülerinnen miteinander 'rummachen' würden.

2. Zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum vom 08.03.2017 bis 07.04.2017, während der von ihm als Fahrlehrer durchgeführten Kraftfahrausbildung in und um ..., tätigte er unaufgefordert und zumindest dem Sinne nach folgende Äußerungen bzw. nahm folgende Handlungen gegenüber den ihm unterstellten [X.] vor, obwohl er wusste, zumindest jedoch hätte wissen können und müssen, dass derartige Äußerungen und Handlungen die Ehre und Würde seiner Untergebenen verletzten oder verletzen konnten:

a) Er sagte zu der damals im Dienstgrad eines Hauptgefreiten stehenden [X.], dass sie zu kleine Brüste habe.

b) Er tätigte gegenüber der damals im Dienstgrad eines Unteroffiziers stehenden Zeugin [X.] folgende Aussagen:

- 'Du trägst zu kleine BHs.'

- 'Du schnallst dir deine Brüste zu hoch.';

- Nach einem Fahrfehler der Zeugin [X.] sagte er sinngemäß, dass er ihr am liebsten ins Gesicht schlagen wolle.

c) Gegenüber der damals im Dienstgrad eines Obergefreiten ([X.]) stehenden Zeugin [X.] äußerte er:

- 'Ich würde mit euch allen schlafen, auch wenn ihr nicht so hell im Kopf seid - zum Vögeln reicht es.'

- dass die Fahrschülerinnen zu [X.] für ihn hüpfen könnten bzw. sollten, damit die 'Titten' mal richtig wackeln.

d) Während die Zeugin [X.] als Fahrschülerin das [X.] führte, nahm er die Hand der auf der Rückbank sitzenden Zeugin [X.] in seine Hände und pustete auf die Hand der Zeugin [X.], um zu demonstrieren, wie man seiner Meinung nach 'eine Frau anpusten solle', kurz bevor diese beim Oralverkehr zum Orgasmus komme.

3. Während der Fahrausbildung in ... bzw. im Umkreis von etwa zwei Fahrtstunden von ... tätigte er zumindest dem Sinne nach folgende Äußerungen bzw. nahm folgende Handlungen vor:

a) gegenüber der Zeugin [X.] bzw. in deren Anwesenheit äußerte er zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im unter 1) genannten Zeitraum:

- 'Alle Asylanten gehören erschossen', wobei er mit seinen Händen mindestens einmal eine 'Pistole' formte und damit alle ausländisch wirkenden Passanten 'erschoss'; und

- dass die Zeugin [X.] selbstständig abbiegen solle, wenn sie ausländisch wirkende Passanten sah, damit er noch mehr 'Asylanten/Kanacken' 'erschießen' könnte.

b) gegenüber der [X.] bzw. in deren Anwesenheit sagte er zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im unter 2) genannten Zeitraum, dass Asylbewerber 'Dreckspack' seien.

4. In dem unter Ziffer 1 benannten Zeitraum drohte er während der von ihm geleiteten Fahrausbildung in und um ... den Zeuginnen [X.] und [X.], dass er erst deren Karrieren bei der [X.] und dann deren Leben beenden würde, wenn sie die zuvor beschriebenen Vorfälle melden würden."

5

4. Sachgleich zum [X.] 4 wurde der frühere Soldat durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 29. November 2017 wegen versuchter Nötigung mit versuchtem Unterdrücken von Beschwerden zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt. Das [X.] hat ihn zudem am 13. Februar 2019 wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt.

6

5. Der frühere Soldat hat gegen den Beschluss am 9. Juni 2023 Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, er wolle sich selbst verteidigen. Er bitte nochmals, in finanzieller Hinsicht Rücksicht auf seine Verlobte und seine zwei Kinder zu nehmen. Wie von ihm mitgeteilt, sei er bereits in einem Strafverfahren (vor dem [X.]) anwaltlich vertreten gewesen und habe dort einen mittleren vierstelligen Betrag an Anwaltskosten zu entrichten gehabt. Zudem sei er dort zu 90 Tagessätzen verurteilt worden. Er glaube auch nicht, im disziplinargerichtlichen Verfahren einen Freispruch erwirken zu können, sodass für ihn erneut sehr hohe Kosten entstünden, die er seiner Verlobten und seinen Kindern nicht zumuten wolle. Bei alledem sei er sich durchaus bewusst, dass er viele Fehler im Umgang mit seinen Fahrschülern gemacht habe. Er sei aber nicht der schlechte Mensch und Soldat wie er dargestellt werde. Dies alles habe ihn auch derart belastet, dass er sich in psychologische Behandlung habe begeben müssen.

7

6. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die na[X.]h § 114 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und au[X.]h im Übrigen zulässige Bes[X.]hwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Verteidigerbestellung liegen ni[X.]ht vor. Ist die Bestellung eines Pfli[X.]htverteidigers ni[X.]ht wegen der s[X.]hwerwiegenden Folgen einer drohenden Disziplinarmaßnahme oder der besonderen S[X.]hwierigkeiten der Sa[X.]h- und Re[X.]htsfragen geboten, ist dem Wuns[X.]h des Betroffenen, si[X.]h selbst zu verteidigen, grundsätzli[X.]h Re[X.]hnung zu tragen (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 20. Dezember 2019 - 2 [X.] 5.19 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 5 LS).

9

1. Na[X.]h § 90 Abs. 1 Satz 2 [X.] bestellt der Vorsitzende der Truppendienstkammer dem Soldaten, der no[X.]h keinen Verteidiger gewählt hat (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 27. April 2021 - 2 [X.] 2.21 - juris Rn. 9 ff.), auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn die Mitwirkung eines sol[X.]hen geboten ers[X.]heint. Der Wortlaut der Norm räumt dem Vorsitzenden ein weites Ermessen ein und verlangt eine prognostis[X.]he, summaris[X.]he Betra[X.]htung des Verfahrens. Die Norm ist - wie die strafprozessuale Parallele des § 140 Abs. 2 StPO - Konkretisierung des Re[X.]htsstaatsgebotes in seiner Ausgestaltung als Gebot fairer Verfahrensführung und stellt si[X.]her, dass der Bes[X.]huldigte ni[X.]ht Objekt des gegen ihn geführten Verfahrens ist, sondern die Mögli[X.]hkeit hat, auf dessen Gang und Ergebnis Einfluss zu nehmen ([X.], Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 2 Rn. 23 f.).

2. Geboten im Sinne von § 90 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist die Bestellung eines Verteidigers, wenn sie zum S[X.]hutz des Anges[X.]huldigten erforderli[X.]h ist. Die Gewährleistung eines fairen Verfahrens kann aus in dem Verfahren, seinem Ablauf und Gegenstand liegenden Gründen, aber au[X.]h aus in der Person des Anges[X.]huldigten liegenden Umständen - insbesondere einer (psy[X.]his[X.]hen) Erkrankung oder einer Suizidgefahr - und wegen der Auswirkungen der drohenden Sanktion auf den Anges[X.]huldigten die Mitwirkung eines Verteidigers gebieten. Dazu gehört au[X.]h, dass ein Anges[X.]huldigter die Kosten eines Verteidigers ni[X.]ht aufzubringen vermag ([X.], Bes[X.]hlüsse vom 20. Dezember 2019 - 2 [X.] 5.19 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 5 Rn. 8 m. w. N. und vom 27. März 2023 - 2 [X.] 11.22 - juris Rn. 9). Ents[X.]heidet si[X.]h das [X.] indes - wie vorliegend - für eine Verteidigerbestellung, ist ohne Bedeutung, ob ein Soldat dem - wie ebenfalls vorliegend - mit Rü[X.]ksi[X.]ht auf die ihm im Falle einer Verurteilung drohenden finanziellen Folgen widerspri[X.]ht ([X.], Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 2 Rn. 30 und Bes[X.]hluss vom 10. März 2009 - 2 [X.] 2.09 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 5). Denn bei einer re[X.]htskräftigen Verurteilung hätte er zwar au[X.]h die Kosten für den zunä[X.]hst von der Staatskasse vergüteten Pfli[X.]htverteidiger zu tragen (§ 137 Abs. 2 Nr. 5 [X.]), könnte im Falle seiner Mittellosigkeit jedo[X.]h eine Stundung oder Ratenzahlung beantragen ([X.], Bes[X.]hlüsse vom 10. März 2009 - 2 [X.] 2.09 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 5 und vom 27. März 2023 - 2 [X.] 11.22 - juris Rn. 13).

a) Besondere S[X.]hwierigkeiten der Sa[X.]h- oder Re[X.]htsfragen gebieten die Beiordnung eines Verteidigers ni[X.]ht.

aa) Die dem früheren Soldaten vorgeworfenen Handlungen und die bemessungsrelevanten Tatsa[X.]hen stellen einen übers[X.]haubaren Lebenssa[X.]hverhalt dar, den der frühere Soldat aus eigenem Erleben kennt, über den er Auskunft geben kann und im truppendienstgeri[X.]htli[X.]hen Verfahren augens[X.]heinli[X.]h au[X.]h Auskunft geben will. [X.] zu vernehmen werden zu den [X.] 1 bis 3 zwar voraussi[X.]htli[X.]h sieben Sa[X.]hzeuginnen sein, zum [X.] 4 jedo[X.]h keine, da insoweit ein re[X.]htskräftiges Strafurteil vorliegt, dessen Ri[X.]htigkeit der frühere Soldat - jedenfalls na[X.]h dem gegenwärtigen Sa[X.]hstand - na[X.]h Maßgabe des § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] au[X.]h ni[X.]ht substantiell infrage gestellt hätte ([X.], Urteil vom 7. November 2007 - 2 WD 1.07 - [X.]E 130, 12 Rn. 19). Im Übrigen folgt aus den Äußerungen des Soldaten im [X.] ebenfalls, dass er zahlrei[X.]he Äußerungen au[X.]h jenseits des [X.]es 4 ni[X.]ht bestreitet und er sie ledigli[X.]h in einem anderen Kontext gewürdigt wissen will.

bb) [X.] S[X.]hwierigkeiten, zu deren Klärung es der Mitwirkung eines Re[X.]htsanwalts bedürfte, wirft weder die Würdigung des anges[X.]huldigten Ges[X.]hehens als Dienstvergehen no[X.]h die Bemessung der tat- und s[X.]huldangemessenen Maßnahme auf. Die re[X.]htli[X.]h zentralen Fragen, die si[X.]h bei einer re[X.]htli[X.]hen Würdigung der Äußerungen jedenfalls als sexuelle Belästigung (§ 3 Abs. 4 [X.]) und/oder als versu[X.]hte Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) - anders bei dem versu[X.]hten Unterdrü[X.]ken von Bes[X.]hwerden (§ 35 Abs. 1 und 3 [X.]) - darstellen, sind ebenso geklärt wie ihre grundsätzli[X.]he disziplinaris[X.]he Ahndung (vgl. [X.], Urteile vom 7. Mai 2020 - 2 WD 13.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 74, vom 28. September 2021 - 2 WD 11.21 - juris, vom 30. Juni 2022 - 2 WD 14.21 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 99, vom 10. November 2022 - 2 WD 20.21 - [X.] 450.2 § 105 [X.] 2002 Nr. 1 und Bes[X.]hluss vom 21. September 2022 - 2 [X.] 1.22 - [X.]E 176, 296). Au[X.]h das Prozessre[X.]ht begründet keine besonderen S[X.]hwierigkeiten.

b) Es liegen ferner keine Hinweise darauf vor, dass der frühere Soldat ni[X.]ht in der Lage wäre, si[X.]h selbst zu verteidigen. Dementspre[X.]hend ers[X.]heint eine Pfli[X.]htverteidigerbestellung für ihn, der über einen Reals[X.]hulabs[X.]hluss, eine Ausbildung zum Kfz-Me[X.]haniker und einen na[X.]h vielen Dienstjahren erworbenen Portepeeunteroffiziersgrad verfügt, unter Fürsorgegesi[X.]htspunkten ni[X.]ht zwingend. Dies gilt vor allem, weil weder Hinweise auf eine Verhandlungsunfähigkeit oder psy[X.]his[X.]he Erkrankung des früheren Soldaten vorliegen. Es gibt au[X.]h keine e[X.]hten Belege dafür, dass er finanziell außerstande wäre, einen Wahlverteidiger zu mandatieren. Das Erfordernis einer Verteidigerbestellung ist folgli[X.]h au[X.]h ni[X.]ht zur Gewährleistung der verfassungsre[X.]htli[X.]h gebotenen weitgehenden Re[X.]htss[X.]hutzglei[X.]hheit [X.] und un[X.] Anges[X.]huldigter (Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 14. August 2017 - 2 [X.] 5.17 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 4 Rn. 8) erforderli[X.]h. Zudem hat der frühere Soldat betont, si[X.]h selbst verteidigen zu wollen. Dies ist bei der Ermessensents[X.]heidung über die Pfli[X.]htverteidigerbestellung zu berü[X.]ksi[X.]htigen (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 25. September 2001 - 2 BvR 1152/01 - NJW 2001, 3695 <3696 f.> unter Verweis auf Art. 6 Abs. 3 Bu[X.]hst. [X.] EMRK).

[X.]) Im Übrigen ist eine Beiordnung au[X.]h ni[X.]ht deswegen geboten, weil die Auswirkungen der im Raum stehenden Sanktion für den früheren Soldaten besonders s[X.]hwerwiegend wären. Besteht die Hö[X.]hstmaßnahme etwa in der Aberkennung eines Dienstgrades, ohne dass der Soldat dauernde Einkünfte oder sonstige Zahlungsansprü[X.]he gegen den Dienstherrn verliert, ist sein objektives Interesse am Verfahrensausgang deutli[X.]h geringer, weil es typis[X.]herweise an wirts[X.]haftli[X.]hen Auswirkungen fehlt (vgl. [X.], Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - [X.] 450.2 § 90 [X.] 2002 Nr. 2 Rn. 32). So läge es au[X.]h hier, falls die Hö[X.]hstmaßnahme in der Aberkennung des Ruhegehalts na[X.]h § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 67 Abs. 4 [X.] bestehen sollte, was angesi[X.]hts des bisherigen Sa[X.]hstandes und jedenfalls wegen der auss[X.]hließli[X.]h verbalen Äußerungen in den [X.] 1 bis 3 und au[X.]h der - jenseits der Hö[X.]hstmaßnahme Bedeutung erlangenden - Verfahrensdauer zudem ni[X.]ht zwingend ers[X.]heint.

Der frühere Soldat gilt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] im Sinne der Wehrdisziplinarordnung zwar deshalb als Soldat im Ruhestand, weil er no[X.]h Anspru[X.]h auf Dienstzeitversorgung na[X.]h dem 2. Teil des [X.] in Gestalt zwar ni[X.]ht von monatli[X.]hen [X.]n (§ 11 SVG), jedo[X.]h von Übergangsbeihilfe (§ 12 SVG) in Höhe von 25 564,96 € hat, die ihm bis auf 14 026,52 € ausgezahlt worden ist ([X.], Urteil vom 14. November 2007 - 2 WD 29.06 - juris Rn. 65). Der zurü[X.]kgehaltene und gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 [X.] im Falle der Hö[X.]hstmaßnahme ni[X.]ht mehr zur Auszahlung kommende Betrag ist angesi[X.]hts der dem früheren Soldaten bis Mai 2023 über 54 Monate monatli[X.]h ausgezahlten [X.] von etwa 2 250 € jedo[X.]h ni[X.]ht derart ho[X.]h, dass dem wirts[X.]haftli[X.]hen Interesse an einer Verteidigerbestellung dem Interesse des Soldaten, si[X.]h selbst vertreten zu wollen, Vorrang eingeräumt werden müsste.

3. Die Kostenents[X.]heidung folgt aus § 139 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Meta

2 WDB 7/23

14.08.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 22. Mai 2023, Az: S 6 VL 32/18, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 7 SG, § 10 Abs 3 SG, § 10 Abs 6 SG, § 12 S 2 SG, § 17 Abs 2 S 1 Alt 1 SG, § 3 Abs 4 SoldGG, § 7 Abs 2 SoldGG, § 1 Abs 3 S 1 WDO 2002, § 90 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 240 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.08.2023, Az. 2 WDB 7/23 (REWIS RS 2023, 6057)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6057

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