Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2023, Az. 3 StR 434/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 3171

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Gegenstand

Ablehnung eines Strafrichters: Sofortige Beschwerde gegen den die Ablehnung als unzulässig verwerfenden oder als unbegründet zurückweisenden Beschluss im Rahmen der Revision


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2022 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und teilweise weiterer Delikte zu ([X.] verurteilt. Die dagegen gerichteten, auf die [X.] der Verletzung materiellen und teils auch formellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben aus den in den [X.] des [X.] genannten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 [X.]).

2

Der ergänzenden Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensbeanstandung der Angeklagten [X.]und [X.]     , ihr Befangenheitsgesuch gegen vier Mitglieder des erkennenden [X.]ssenats sei im Sinne des § 338 Nr. 3 [X.] zu Unrecht verworfen worden. Auf eine solche Rüge kann die Revision gegen ein erstinstanzliches Urteil des [X.]s grundsätzlich nicht gestützt werden; sie ist unzulässig. Das ergibt sich aus Folgendem:

3

Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, die sofortige Beschwerde eröffnet. Betrifft die Entscheidung - wie hier - erkennende Richter, kann sie nach § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden, im Fall der Revision mit einer Verfahrensrüge nach § 344 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 [X.]. Eine solche Rüge bleibt ihrer Natur nach aber eine sofortige Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Deshalb finden die für das Beschwerdeverfahren geltenden Grundsätze und Vorschriften Anwendung (st. Rspr.; s. etwa [X.], Beschlüsse vom 5. Januar 1977 - 3 [X.], [X.]St 27, 96, 98; vom 28. Juli 2015 - 1 [X.], [X.], 164 Rn. 35). Die Anfechtung ist mithin auch im Rahmen einer Revision ausgeschlossen, wenn eine Beschwerde nicht statthaft wäre.

4

So liegt es hier. Denn nach § 304 Abs. 4 Satz 1, 2 [X.] können Beschlüsse in Sachen, in denen das [X.] im ersten Rechtszug zuständig ist, nur in Ausnahmefällen angefochten werden. Keiner der dort genannten [X.] ist hier einschlägig. Infolgedessen ist eine revisionsrechtliche Verfahrensrüge, die sich gegen eine Entscheidung richtet, durch die ein im ersten Rechtszug zuständiges [X.] die Ablehnung eines Richters als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen hat, ebenfalls unzulässig ([X.], Beschlüsse vom 5. Januar 1977 - 3 [X.], [X.]St 27, 96, 98 f.; vom 16. Januar 2007 - 3 StR 251/06, [X.]R [X.] § 28 Rechtsmittel 2; MüKo[X.]/[X.]/[X.], § 338 Rn. 58; [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl., § 28 Rn. 30; SK-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 28 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 338 Rn. 26).

5

Verfassungsrechtlich ist der in einer solchen Konstellation fehlende Instanzenzug unbedenklich ([X.], Beschluss vom 21. Juni 1977 - 2 BvR 308/77, [X.]E 45, 363, 375). Es bedarf vorliegend auch keiner Entscheidung darüber, ob mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG eine revisionsgerichtliche Nachprüfung unter dem Gesichtspunkt der Willkür in Betracht kommt (offengelassen von [X.], Beschlüsse vom 5. Januar 1977 - 3 [X.], [X.]St 27, 96, 98 f.; vom 16. Januar 2007 - 3 StR 251/06, [X.]R [X.] § 28 Rechtsmittel 2). Denn die von den [X.] angebrachten Ablehnungsgesuche wurden nicht aus willkürlichen Erwägungen zurückgewiesen. Sie stützten sich auf die Vorbefassung [X.] mit einem einen anderen Tatbeteiligten betreffenden Strafverfahren. Eine solche Vorbefassung begründet die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 24 Abs. 2 [X.] regelmäßig nicht. Anderes gilt nur, wenn im Ursprungsverfahren hinsichtlich der nun angeklagten Beteiligten Feststellungen getroffen oder rechtliche Bewertungen vorgenommen wurden, die über das für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch Erforderliche hinausgehen (s. im Einzelnen EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17, NJW 2021, 2947; [X.], Beschluss vom 27. Januar 2023 - 2 BvR 1122/22, juris Rn. 27 ff.; [X.], Beschlüsse vom 18. Mai 2022 - 3 StR 181/21, NStZ 2023, 168 Rn. 48 ff.; vom 7. Juni 2022 - 5 StR 460/21, NStZ 2023, 53, 54; [X.], Beschluss vom 10. Juni 2022 - 1 Ws 203/22 u.a., NJW 2022, 2631 Rn. 7 ff.). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Wie der [X.] in seinen [X.] zutreffend ausgeführt hat, finden sich im gegen den gesondert Verfolgten ergangenen Urteil keine für dessen Schuldumfang und Strafmaß nicht gebotene Feststellungen oder Würdigungen.

6

Auf die in der Zuschrift des [X.] aufgezeigten weiteren, die Zulässigkeit der [X.] in Frage stellenden Darlegungsmängel (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]) kommt es nach allem für die Entscheidungen nicht mehr an.

Schäfer     

  

Berg     

  

Erbguth

  

Kreicker     

  

Voigt     

  

Meta

3 StR 434/22

08.03.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Düsseldorf, 31. Mai 2022, Az: III-6 StS 1/21

§ 28 Abs 2 S 1 StPO, § 28 Abs 2 S 2 StPO, § 304 Abs 4 S 1 StPO, § 304 Abs 4 S 2 StPO, § 344 Abs 2 S 1 Alt 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2023, Az. 3 StR 434/22 (REWIS RS 2023, 3171)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3171

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Referenzen
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Zitiert

5 StR 460/21

3 StR 181/21

2 BvR 1122/22

1 StR 602/14

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