Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2012, Az. X R 47/09

10. Senat | REWIS RS 2012, 3745

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Gegenstand

Kein neuer Ertragsanteil im Hinblick auf Rentenerhöhungen durch Überschussbeteiligung - Erhöhungsbetrag als selbständige Rente nur bei zusätzlicher Werterhöhung auch des Rentenrechts


Leitsatz

1. Werden Rentenleistungen aufgrund einer Überschussbeteiligung erhöht, sind die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge keine eigenständigen Renten. Das gilt auch dann, wenn darüber eine Mitgliederversammlung entscheiden muss und satzungsgemäß eine andere Verwendung des Überschusses z.B. in Form einer Beitragsminderung möglich wäre, sofern der Überschuss nur zugunsten der Versicherten zu verwenden ist .

2. Die Rentenleistungen unterliegen insgesamt mit dem Ertragsanteil der Besteuerung, der dem Alter des Steuerpflichtigen bei Beginn der Rentenzahlung entspricht .

Tatbestand

1

I. [X.]er im Jahre 1929 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhält seit dem 1. Oktober 1986 aufgrund des Eintritts des Versicherungsfalles Leistungen aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung der [X.], einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG). [X.]iese Leistungen sind unstreitig Leibrenten gemäß § 22 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG), die mit dem Ertragsanteil erfasst werden, der sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 [X.]uchst. a [X.]oppelbuchst. [X.] EStG ergibt. In den zwanzig Jahren bis zum Streitjahr 2006 wurden die dem Kläger zufließenden laufenden Leistungen aufgrund von [X.]eschlüssen der Mitgliederversammlung der [X.] [X.] erhöht, [X.] zum 1. Oktober des jeweiligen Jahres. [X.] vertrat dabei die Ansicht, diese "[X.]onusrenten" seien steuerrechtlich jeweils als eigenständige Renten anzusehen und mit dem --im Vergleich zum Ertragsanteil im Jahr des [X.] Ertragsanteil zu besteuern, der sich im [X.] der Zahlung des jeweiligen [X.] ergebe. Im Streitjahr 2006 flossen dem Kläger insgesamt 18.894,33 € an Leistungen zu, die nach den [X.]erechnungen der [X.] auf Grundlage ihrer Rechtsauffassung mit einem Ertragsanteil in Höhe von 4.123,06 € zu besteuern waren.

2

[X.]er [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte den [X.]erechnungen der [X.] nicht, sondern erfasste die gesamte Rentenleistung mit dem einheitlichen Ertragsanteil in Höhe von 25 % (= 4.723 €), der sich aus dem Alter des [X.] im Jahr der Zahlung der erstmaligen Versicherungsleistungen ergab.

3

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der [X.]egründung, lediglich die Grundleistung werde aufgrund des originären Versicherungsvertrages gewährt. [X.]emgegenüber erwerbe ein Mitglied der [X.] erst dann einen Anspruch auf Erhöhung der Pension, wenn [X.] einen Überschuss erwirtschaftet habe, die in der jeweiligen Satzung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt worden seien und die Mitgliederversammlung die Verwendung eines Überschusses zur Erhöhung der Pensionsleistungen beschließe. Er, der Kläger, habe keinen Anspruch auf laufende Pensionserhöhungen gehabt, da weder in der Satzung noch in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der [X.] eine [X.]ynamisierung der Leistungen bzw. ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf automatische Rentenerhöhung oder eine Wertsicherungsklausel enthalten gewesen seien. Zwar sei [X.] als Pensionskasse aufgrund der gesetzlichen Vorschriften verpflichtet, erwirtschaftete Überschüsse ihren Mitgliedern zu [X.] kommen zu lassen. Es bestehe aber keine rechtliche, in der Satzung niedergelegte Verpflichtung der Kasse, einen Überschuss in Form von weiteren [X.]onusrenten an die Mitglieder auszuschütten. § 19 Teil [X.] der aktuellen Satzung besage nur, ein [X.]onus sei --sofern nicht Fehlbeträge ausgeglichen werden müssten-- in die Rückstellung für [X.]eitragsrückerstattungen einzustellen, und § 19 Teil E ermögliche der Mitgliederversammlung verschiedene Verwendungen; die Gewährung einer zusätzlichen [X.]onusrente sei nur eine von ihnen.

4

[X.]er Anspruch der Mitglieder auf die erwirtschafteten Überschüsse der [X.] resultiere zum einen aus der Satzung der [X.] und zum anderen aus § 38 des Gesetzes über die [X.]eaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz --[X.]--). [X.]ie Überschussbeteiligung i.S. des § 38 [X.] sei der Anteil des Versicherten am Vereinsüberschuss und gehe insoweit nicht auf das Versicherungsverhältnis zurück, sondern auf die Tatsache der Zugehörigkeit zum Gegenseitigkeitsverein. [X.]amit seien die selbständig gewährten [X.]onusrenten nicht unselbständige Erhöhungen der seit 1986 gezahlten Grundpension, welche allein aufgrund des Versicherungsverhältnisses gewährt werde.

5

Im Übrigen werde in den Anlagen I und [X.] zu § 11 der Satzung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine [X.]eitragserhöhung oder -verminderung als eine zusätzliche Neuversicherung gelte.

6

[X.]ereits aus den Einkommensteuer-Richtlinien (R 22.3 EStR 2008) ergebe sich, dass in den Fällen, in denen die Höhe einer Rente von mehreren selbständigen Voraussetzungen abhängig sei, einkommensteuerrechtlich eine lebenslängliche Leibrente erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden könne, in dem die Voraussetzungen für eine fortlaufende Gewährung der Rente in gleichmäßiger Höhe bis zum Lebensende des [X.]erechtigten erstmals gegeben seien. [X.]as müsse auch im Streitfall gelten, da zwingende Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf die [X.]onusrente u.a. ein entsprechender [X.]eschluss der Mitgliederversammlung der [X.] sei.

7

[X.]as Finanzgericht ([X.]) gab mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 2034 veröffentlichten Urteil der Klage statt.

8

[X.]as [X.] begründet seine Revision damit, dass der nach Maßgabe der jeweiligen Satzungen der [X.] bestehende Anspruch auf Überschussbeteiligung (hier in Form der jährlichen [X.]onusrenten) auf der Mitgliedschaft in der [X.] beruhe, die Erhöhung von vornherein im Rentenrecht als dem zugrunde liegenden [X.]auerschuldverhältnis angelegt und damit Teil des Rentenrechts sei.

9

[X.]as [X.] beantragt sinngemäß,
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]er Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er führt ergänzend aus, erst mit der satzungsmäßigen [X.]eschlussfassung durch die Mitgliederversammlung der [X.] komme es zu einem neuerlichen Vertragsschluss zwischen der [X.] und dem Empfänger der [X.]onusrente. Eine andere Rechtsauffassung trage der Vereinsautonomie nicht ausreichend Rechnung. In dem Zeitpunkt der Rentenerhöhung sei zwar die Mitgliedschaft des [X.] in der [X.] beendet gewesen, so dass sich eine Verpflichtung zur Annahme der Zahlung nicht aus der Satzung ergeben könne. Werde eine Erhöhung beschlossen, müsse diese dem [X.]egünstigten nach Maßgabe der §§ 145 ff. des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) angeboten werden. [X.]er Zugang der Annahme sei aber gemäß § 151 Satz 1 [X.]G[X.] entbehrlich.

Ob die Erhöhungen einer Leibrente von vornherein oder erst im Laufe des [X.]ezugs vereinbart worden seien, sei ohne [X.]elang. Auch sei unerheblich, aus welchen Mitteln die [X.]onusrenten stammten. Es sei ebenso unschädlich, dass die [X.]onusrente pro rata des [X.]eckungskapitals des jeweiligen Mitglieds verteilt werde, da dieser Aufteilungsmaßstab zu sachgerechten Ergebnissen führe.

[X.]ie von [X.] zeitlich nach [X.]eginn der Grundrente gewährten [X.]onusrenten hätten eine teilweise erheblich kürzere Laufzeit als die Grundrente. [X.]amit habe sich das Verhältnis zwischen Zins- und Tilgungsleistungen verändert; dem sei durch Anpassung des Ertragsanteils Rechnung zu tragen. Andernfalls werde dem Grundsatz der [X.]esteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht Genüge getan. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66 ([X.]FHE 97, 31, [X.]St[X.]l [X.] 1970, 9) zu den gesetzlichen Renten.

[X.]urch die Zahlung der [X.]onusrente werde ein echtes "Mehr" geschaffen und somit der Status quo verbessert. [X.]emgegenüber hätten die Erhöhungen der Sozialversicherungsrenten auf der Grundlage des [X.] (--AnVNG--, [X.]G[X.]l I 1957, 88) den Zweck, die Stellung des Rentners im Lohngefüge zu erhalten. Sie hätten somit einer Wertsicherungsklausel entsprochen. Um eine solche Wertanpassung gehe es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Vielmehr sei der Fall der Erhöhung einer betrieblichen Veräußerungsrente vergleichbar, wenn die Parteien im Nachhinein zu der Auffassung kämen, die Rente sei gemessen am Wert des übertragenen [X.]etriebes zu gering. Es sei unstreitig, dass dann die Erhöhung eine selbständige Rente sei.

[X.]as [X.]undesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten, ohne einen Antrag zu stellen. Seiner Ansicht nach wird durch die Erhöhungsleistung der [X.] kein eigenständiges Rentenstammrecht begründet. Es fehle an der hierfür erforderlichen Eigenständigkeit des dem [X.]erechtigten gewährten Rechts.

Entscheidungsgründe

[X.] Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Zu Unrecht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Erhöhungsleistungen der [X.] eigenständige Leibrenten gemäß § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG seien, deren Ertragswert nach § 22 Nr. 1 Satz 3 [X.]uchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG gesondert zu ermitteln sei. Vielmehr war die vom [X.] vorgenommene [X.]esteuerung der Rentenleistungen mit dem ursprünglichen Ertragsanteil in Höhe von 25 % rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.

1. Nachdem die Anknüpfung an den bürgerlich-rechtlichen Leibrentenbegriff aufgegeben worden ist (siehe [X.]eschluss des [X.] des [X.]FH vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, [X.]FHE 165, 225, [X.]St[X.]l II 1992, 78), setzt der steuerrechtliche [X.]egriff der Leibrente gleichbleibende Leistungen/[X.]ezüge für die Lebensdauer einer [X.]ezugsperson voraus. Mit der Ertragswerttabelle bezweckt das Gesetz, bei einer von der Lebensdauer einer Person abhängigen Verrentung der Höhe nach feststehender [X.] den abziehbaren/steuerbaren Zinsanteil von der nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung zu sondern. Diese Fälle der Vermögensumschichtung sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Versorgung der [X.]ezugsberechtigten allenfalls Motiv für den Leistungsaustausch ist, nicht aber Vertragsinhalt in dem Sinne, dass die Höhe der Leistungen bei Änderungen in der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder des Versorgungsbedürfnisses des [X.]erechtigten schwanken könnte (Senatsurteil vom 11. März 1992 [X.], [X.]FHE 166, 564, [X.]St[X.]l II 1992, 499, im [X.] an den [X.]eschluss des [X.] des [X.]FH in [X.]FHE 165, 225, [X.]St[X.]l II 1992, 78).

a) [X.]ei einer Erhöhung der Rente ist, falls auch das Rentenrecht eine zusätzliche Werterhöhung erfährt, der Erhöhungsbetrag als selbständige Rente anzusehen, für die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an gesondert zu ermitteln ist; dabei ist unerheblich, ob die Erhöhung von vornherein vereinbart war oder erst im Laufe des [X.] vereinbart wird (R 22.4 Abs. 1 Satz 1 EStR 2008; ebenso [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 22 EStG Rz 334; dies. in [X.]/ [X.]/[X.], Renten, Raten, Dauernde Lasten, 14. Aufl., Rz 1466; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 22 Rz [X.] 141; [X.] in [X.]/[X.]itz/[X.], [X.], Kommentar, § 22 Rz 167; wohl auch Stöcker in [X.]ordewin/[X.], § 22 EStG Rz 363; [X.] in [X.], EStG, [X.] 2011, § 22 Rz 139 f.).

b) Eine neue Leibrente entsteht hingegen nicht, wenn die Erhöhung in Folge einer Währungs- oder [X.] eintritt, da sich in diesem Fall die Rente nicht verändert, sondern ihr innerer Wert erhalten bleibt (ständige [X.]FH-Rechtsprechung, vgl. z.[X.]. Urteile in [X.]FHE 97, 31, [X.]St[X.]l II 1970, 9, unter [X.]; vom 29. November 1983 VIII R 231/80, [X.]FHE 139, 403, [X.]St[X.]l II 1984, 109; vom 10. Juli 1990 IX R 138/86, [X.]FH/NV 1991, 227, unter 1., und vom 16. Dezember 1997 VIII R 38/94, [X.]FHE 185, 199, [X.]St[X.]l II 1998, 339, unter [X.]4.b cc). Der Mehrbetrag, der auf der [X.] beruht, ist vielmehr ein Teil der Rente, der die Kontinuität des inneren Wertes der Rente sicherstellt ([X.]FH-Urteil in [X.]FHE 185, 199, [X.]St[X.]l II 1998, 339, unter [X.]4.b cc).

c) Die gesetzliche Erhöhung der [X.] ist nach der [X.]FH-Rechtsprechung entsprechend zu beurteilen (Urteil in [X.]FHE 97, 31, [X.]St[X.]l II 1970, 9, unter [X.]). Die Erhöhung der Rentenzahlungen durch [X.] sei von vornherein im Stammrecht der Rente als einer Arbeitswertrente vorgesehen; das mit dem Eintritt des Versicherungsfalles begründete Rentenrecht habe die [X.] Funktion, die Stellung des Rentners im Lohngefüge für die Zeit des [X.] zu erhalten. Die der Anpassung dienenden [X.] seien Erträge dieses Rentenstammrechts. Da die Anpassung der Renten nur vorgenommen werde, wenn sich die allgemeine [X.]emessungsgrundlage des § 32 Abs. 2 [X.] verändere, entspreche die Anpassung der [X.] der Anwendung einer [X.] bei privaten Renten.

d) Der [X.]FH-Rechtsprechung kann somit entnommen werden, dass Erhöhungen der Rentenzahlungen dem Rentenrecht dann immanent sind und keine eigenständigen Renten darstellen, wenn sie die in der Rente bereits angelegte Funktion und ihren Zweck lediglich umsetzen. Das betrifft sowohl die Stellung des Rentners im Lohngefüge als auch die Sicherung der Werthaltigkeit. Dass ggf. weitere Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung vorliegen müssen, ist unschädlich, sofern diese Voraussetzungen auch der Sicherung dieser Funktion dienen bzw. damit im Zusammenhang stehen. So können z.[X.]. unterschiedliche Entscheidungen in [X.]ezug auf die Werthaltigkeit und Teilhabe an den Wertsteigerungen getroffen werden. Ebenso ist es möglich, bei den [X.] die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung, insbesondere die abstrakte [X.]erechnungsformel in § 68 des Sozialgesetzbuchs Sechstes [X.]uch, zu ändern und den tatsächlichen gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gegebenheiten anzupassen (vgl. dazu [X.], in von [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 17 Rz 122 ff.). Anders als der Kläger meint, sind daher auch in der gesetzlichen Rentenversicherung die einzelnen Rentenerhöhungen keinesfalls starr, sicher und vorherbestimmt.

Die angeführten Urteile sind zwar nicht zu Renten ergangen, die wie die [X.]onusrenten der [X.] der betrieblichen Altersvorsorge und damit --legt man die Konzeption des [X.] zugrunde-- der zweiten Schicht der Alterseinkünfte zuzurechnen sind. Dennoch gelten diese Aspekte auch im Streitfall, da die Frage, wann eine eigenständige Rentenerhöhung mit einem neu zu berechnenden Ertragsanteil vorliegt, für alle Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 [X.]uchst. a EStG einheitlich zu beantworten ist.

2. [X.]etrachtet man vor diesem Hintergrund den Anspruch des [X.] gegen die [X.] auf Zahlung einer [X.]onusrente, ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden für den Streitfall relevanten Satzungen Folgendes: Die Rentenleistungen beruhen auf einem [X.]eschluss der Mitgliederversammlung, die Überschussrücklage oder Rückstellung für [X.]eitragsrückerstattung für eine Erhöhung der Leistungen zu verwenden. In diese Rückstellung bzw. Rücklage war der sich am Ende eines Wirtschaftsjahres ergebende Überschuss --ggf. nach Zuführung eines Teils des Überschusses in die [X.] (so § 31 Ziffer 4 der Satzung [X.] einzustellen.

Die [X.]onusrente entsteht zwar nicht automatisch, sobald ein Überschuss gegeben ist, da --wie der Kläger zu Recht ausgeführt hat-- die Mitgliederversammlung auch andere Möglichkeiten der Überschussverwendung beschließen kann. Die Mitgliederversammlung ist aber in der Verwendung der Überschussrücklage bzw. Rückstellung für [X.]eitragsrückerstattung ihrerseits nicht völlig frei. Sie hat den Grundsatz zu beachten, dass die Rückstellung bzw. Rücklage nur zugunsten der Versicherten verwendet werden darf (§ 28 Ziffer 3 Satz 4 der Satzung 1977; § 31 Ziffer 4 Satz 3 Halbsatz 2 der Satzung 2006).

Infolgedessen ist in dem Rentenanspruch des [X.] bereits ein Anspruch auf Teilhabe an den künftigen Überschüssen, und damit auch auf den Erhalt einer [X.]onusrente, enthalten, zumal die Möglichkeit der Erhöhung der Leistungen und damit der Zahlung der [X.]onusrenten in § 28 Ziffer 4 der Satzung 1977 und in § 31 Ziffer 5 [X.]uchst. a der Satzung 2006 ausdrücklich als erste Möglichkeit der Überschussverwendung vorgesehen ist. Auch ist der auf den Kläger konkret entfallende Anteil bereits grundsätzlich dadurch satzungsmäßig festgelegt, dass die Erhöhung pro rata des Deckungskapitals eines Mitglieds vorzunehmen ist, sofern nicht der Versicherungsmathematiker bzw. der Verantwortliche Aktuar eine andere Verteilung aufgrund der Entstehung des Überschusses vorschlägt (kritisch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], Rz 1468).

3. In [X.]ezug auf eine private Leibrente, bei der sich der Versicherer zur Zahlung einer feststehenden Grundrente sowie von in der Höhe nicht garantierten [X.]onusrenten aus der Überschussbeteiligung verpflichtet, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 20. Juni 2006 [X.] ([X.]FHE 214, 185, [X.]St[X.]l II 2006, 870) eine getrennte steuerliche [X.]ehandlung von Grund- und [X.]onusrente dann abgelehnt, wenn sie zu einer gekünstelten und deshalb bei wirtschaftlicher [X.]etrachtung nicht gerechtfertigten Aufsplittung des im Streitfall gegen Einmalbeitrag erworbenen einheitlichen Rentenrechts führen würde.

Diese Überlegungen haben auch im Streitfall [X.]edeutung. Eine steuerliche Trennung der ersten an den Kläger im Oktober 1986 ausgezahlten Rentenleistung als sog. [X.]asisrente von den in den späteren Jahren nachfolgenden Rentenerhöhungen erscheint bereits deshalb gekünstelt, weil die Mitgliederversammlung selbst nicht zwischen der [X.]asis- und der [X.]onusrente differenziert. So hat die Mitgliederversammlung 2005 eine prozentuale Erhöhung der Leistungen beschlossen, wobei sich die anteilige Erhöhung aber nicht auf die [X.]asisrente bezog, sondern auf den zuletzt gezahlten Rentenbetrag, der auch alle kumulierten Erhöhungen umfasste. [X.]asisleistungen und [X.]onusrenten wurden damit im Rahmen der Leistungserhöhung als Einheit behandelt.

Eine unterschiedliche steuerliche [X.]ehandlung der [X.]asis- und [X.]onusrenten würde damit sowohl den sich aus der Satzung ergebenden Ansprüchen des [X.] als auch der tatsächlichen Handhabung durch die Mitgliederversammlung nicht gerecht.

4. Die vom Kläger gegen dieses Ergebnis vorgetragenen [X.]edenken schlagen nicht durch.

a) Dem Vorbringen des [X.], es komme zu einem gesonderten Vertrag über die Gewährung einer [X.]onusrente, wobei die [X.]eschlüsse der Mitgliederversammlung der [X.] empfangsbedürftige Willenserklärungen seien, kann nicht gefolgt werden.

Die Vorschriften des [X.]G[X.] über den Zugang von Willenserklärungen finden keine Anwendung, da der [X.]eschluss einer Mitgliederversammlung nicht zugangsbedürftig ist; er bindet auch diejenigen, die entweder nicht an der [X.]eschlussfassung beteiligt waren ([X.]/Ellenberger, [X.]ürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., Überbl v § 104 Rz 12) oder die die Feststellung des [X.]eschlussergebnisses nicht wahrgenommen haben (vgl. [X.], Handbuch Vereins- und [X.], 12. Aufl., Rz 1819).

Die Rentenerhöhungen beruhen im Streitfall nicht auf einem gesonderten Vertrag, sondern auf den jeweiligen [X.]eschlüssen der Mitgliederversammlung der [X.], die ihre Rechtsgrundlage in § 28 Ziffer 4 der Satzung 1977 bzw. in § 31 Ziffer 5 Satz 1 [X.]uchst. a und Satz 2 der Satzung 2006 haben. Die Höhe der Rente --inklusive der [X.]onusrenten-- selbst kann aus der Satzung (§ 11 I. Teil A Ziffer 3 der Satzung 1977 bzw. § 11 Teil [X.] Ziffer 2 der Satzung 2006) in Verbindung mit den Pensions-Versicherungs-Tabellen ermittelt werden.

b) Die Darlegungen des [X.] zur Überschussverwendung gemäß § 38 [X.] treffen nicht [X.] des Problems, da es sich bei den [X.]onusrenten der [X.] nicht um die Überschussverwendung gemäß § 38 Abs. 1 [X.] handelt. Nach dieser Vorschrift wird ein sich nach der [X.]ilanz ergebender Überschuss, soweit er nicht nach der Satzung der [X.] oder anderen Rücklagen zuzuführen ist, an die in der Satzung bestimmten Mitglieder verteilt.

aa) In der Satzung eines VVaG können auch andere als die in § 38 [X.] genannten Möglichkeiten der Überschussverwendung vorgesehen werden (siehe Sieg, Rechtsfragen zur Überschussverwendung beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, in Festschrift für [X.], 1976, 593, 600). So konnte der --ggf. nach Dotierung der [X.] und Rückzahlung einer Zuwendung eines Trägerunternehmens-- verbleibende Überschuss der [X.] satzungsgemäß der Rückstellung für [X.]eitragsrückerstattung bzw. Überschussrücklage zugeführt werden. Diese Rückstellung bzw. Rücklage ist eine "andere Rücklage" i.S. des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Für eine Überschussverwendung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.], die sich auf einen Überschuss bezieht, der nicht in eine andere Rücklage eingestellt wurde, ist im Streitfall damit kein Raum (vgl. dazu [X.] in [X.], Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 38 Rz 1 und 13).

[X.]) Zudem war der Kläger --worauf das [X.] zu Recht hinweist-- in den Jahren, in denen die im Streit stehenden [X.]onusrenten beschlossen wurden, bereits kein Mitglied der [X.] mehr, da seine Mitgliedschaft mit dem Versicherungsfall endete, also im Zeitpunkt des [X.]ezugs der ersten Rentenleistungen.

c) Die [X.]eurteilung der [X.]onusrente als unselbständige Rente steht nicht im Widerspruch zur [X.]FH-Rechtsprechung zur [X.]esteuerung von [X.]. In dem vom Kläger gebildeten [X.]eispiel wird die betriebliche Veräußerungsrente erhöht, weil die Veräußerer und Erwerber der Ansicht sind, dass die Rente gemessen am Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter zu gering und insoweit für die erhöhten Leistungen ein eigenständiger Ertragsanteil zu berechnen sei. Damit bleibt der innere Wert der Rente eben nicht gleich, sondern wird erhöht, weil die Rente an den Wert eines von der Rente unabhängigen Wirtschaftsgutes angepasst wird und diese Werterhöhung der Rente nicht immanent war.

d) Auch der Hinweis des [X.] darauf, dass in den Satzungen in den Anmerkungen unter Nr. 1 der Anlage II ausdrücklich darauf verwiesen werde, eine Erhöhung eines [X.]eitrags werde als zusätzliche Neuversicherung mit dem dann geltenden Alter behandelt, ändert nichts an der [X.]eurteilung der [X.]onusrenten.

Zum einen können Satzungsregelungen privater Versicherer keinen Einfluss auf die Auslegung des § 22 Nr. 1 Satz 3 [X.]uchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG haben. Zum anderen kann es zu einer neuen selbständigen Rente aufgrund erhöhter [X.]eiträge im Streitfall auch deshalb nicht kommen, weil ein Rentner --hier der [X.] satzungsgemäß keine [X.]eiträge, also auch keine erhöhten [X.]eiträge, zahlen darf. Mit dem erstmaligen Erhalt der Rentenzahlungen, dem relevanten Zeitpunkt zur Ermittlung des Ertragsanteils, endet grundsätzlich die Mitgliedschaft des Rentenberechtigten in der [X.] (vgl. § 6 Teil [X.] Ziffer 1 der Satzungen 1977 und 2006) und damit verbunden die [X.]eitragspflicht gemäß § 10 der Satzungen 1977 und 2006. Freiwillige [X.]eitragsleistungen sind in den Satzungen nicht vorgesehen.

e) Da es sich bei den [X.]onusrenten der [X.] nicht um selbständige Renten handelt, ist der klägerische Hinweis auf die unterschiedlichen Laufzeiten der einzelnen [X.]onusrenten verfehlt. Für unselbständige [X.]estandteile einer Rente ist kein gesonderter Ertragsanteil zu ermitteln, er entspricht dem zum [X.]eginn des Versicherungsfalles maßgeblichen Vomhundertsatz (vgl. z.[X.]. [X.]FH-Urteile in [X.]FHE 97, 31, [X.]St[X.]l II 1970, 9, und in [X.]FH/NV 1991, 227).

Meta

X R 47/09

22.08.2012

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 30. September 2009, Az: 2 K 124/08, Urteil

§ 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst bb EStG 2002 vom 05.07.2004, § 22 Nr 5 S 2 EStG 2002 vom 05.07.2004, EStG VZ 2006, R 22.4 Abs 1 S 1 EStR 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2012, Az. X R 47/09 (REWIS RS 2012, 3745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3745

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